Malerei

[167] Malerei, die Kunst, mit Farben auf einer Fläche Gegenstände des menschlichen und des Naturlebens in dem Schein körperlichen Daseins zur Darstellung und Anschauung zu bringen. Es ist hierbei die ideelle, die praktische und die historische Seite zu unterscheiden. In erster Beziehung sind die Grenzen der M. und die organische Gliederung ihrer einzelnen Fächer nachzuweisen; in zweiter sind die Technik und die verschiedenen Arten der M. zu behandeln, in letzter die genetische Entwickelung der M. in bezug auf ihre verschiedenen Schulen und Abteilungen darzulegen. Die ideelle Seite der M. betrifft nicht schlechthin das künstlerische Objekt, sondern im besondern das malerische Objekt im Gegensatz zum plastischen etc. Äußerlich unterscheidet sich die M. von der Plastik dadurch, daß diese das Darstellungsobjekt körperlich als Form, meist auch mit Absehung von der natürlichen Farbe, veranschaulicht, während die M. es in seinem natürlichen Schein, als Farbe, mit Absehung von der natürlichen, greifbaren Form, darstellt. In beiden findet also eine Abstraktion statt und, insofern jede gerade von dem abstrahiert, was das Wesen der Darstellungsweise der andern ist, auch ein Gegensatz, der aber von der modernen Kunst immer weniger beachtet wird, so daß sich die Grenzen zwischen M. und Plastik oft verwischen (vgl. Polychromie). Hält man aber an dem im Wesen beider Künste begründeten Gegensatz fest, so folgt daraus, daß die Farbe, wie in der Natur das konkreteste Anschauungs mittel, so in der Kunst das konkreteste Darstellungs mit tel ist, und daß folglich die M. die realste der bildenden, ja aller Künste ist; und weiter folgt, daß, da Gegenstand und Mittel der Darstellung in einem innern Zusammenhang stehen, die Grenzen der M. gegen die abstrakten Darstellungsmotive hin enger zu ziehen sind als bei der Plastik, daß diese dagegen wieder in der Darstellung der realen Objekte beschränkt ist.

Die von der Philosophie (Ästhetik) aufgestellten theoretischen Kunstbegriffe haben vor der geschichtlichen Entwickelung der Kunst und insbes. der M. nicht standgehalten. Der wesentliche Punkt, um den sich jetzt die ästhetische Erkenntnis und Beurteilung von Erzeugnissen der M. dreht, ist das Verhältnis des Künstlers zur Natur, und dabei unterscheidet man zwei Hauptströmungen, die man Idealismus und Realismus nennt. Die ältere Ästhetik begrenzte ihre Gebiete in folgender Weise: Je höher das Objekt steht, d. h. je mehr es der rein ideellen Sphäre angehört, wie die Motive der religiösen und historischen M., desto mehr hat das realistische Moment vor dem idealistischen zurückzutreten; je mehr dagegen das Darstellungsobjekt der realen Sphäre angehört, desto mehr hat sich das realistische Moment geltend zu machen. Eine historische Figur ist daher anders, nämlich idealistischer aufzufassen und darzustellen als eine Genrefigur, die religiöse M. anders zu behandeln als ein Stilleben. Diese Beziehung zwischen der Art der Behandlung und der Qualität des Inhalts ist jenes besondere Gepräge nicht nur jeder Gattung der M., sondern auch jedes einzelnen Bildes, das man mit Stil zu bezeichnen pflegt. Ist also ein wesentlich ideelles Objekt zu realistisch oder ein wesentlich reales zu idealistisch behandelt, so ist die daraus entspringende Differenz zwischen Inhalt und Form Stillosigkeit. Die Extreme des an sich berechtigten Idealismus und Realismus nennt man Spiritualismus (in neuerer Zeit auch Mystizismus) und Naturalismus. Die beiden Gebiete der menschlichen und der Naturwelt, denen die M. ihre Objekte entnimmt, stehen einander gegenüber, jedoch so, daß das erstere in seiner besondern Stufenfolge höher steht als das zweite Gebiet in der seinigen. Das erste umfaßt die Geschichts- (Historien-) Malerei, die Genremalerei und das Bildnis, das zweite die Landschaftsmalerei, die Tiermalerei und das Stilleben. Die Geschichtsmalerei begreift die religiöse M. und die Geschichtsmalerei im engern Sinn. Als tatsächlich vorhandene, aber ihrem Wesen nach unberechtigte Gattungen sind zu nennen die Allegorie und die Symbolik. Die Geschichtsmalerei hat sich mit geschichtlich bedeutsamen Tatsachen zu beschäftigen; sie faßt daher den Menschen als Träger einer historischen Idee auf und muß ihn als solchen von den unwesentlichen Zufälligkeiten entkleiden. Den Übergang von der Historienmalerei zum Genre bildet das sogen. historische Genre, das geschichtliche Personen oder Figuren, die ihrer Erscheinung nach einer bestimmten Geschichtsepoche angehören, in genrehafter Aktion zur Darstellung bringt. Das Genre im engern Sinne hat es nur mit dem Menschen in seiner besondern Existenz zu tun: Volksszenen, Familienidylle und Einzelsituationen liefern hier die Motive. Je nachdem der Ernst oder der Humor, das soziale Leben oder das naive Fürsichsein darin vorwaltet, kann man das Genre einteilen in soziales Genre, Familiengenre, Volksgenre, naives Genre, und bei allen diesen besondern Gattungen kann entweder die ernste (tragische oder rührende) oder die heitere Seite zur Darstellung gebracht werden. Im Bildnis verbindet sich hinsichtlich der Auffassung und Behandlung des Charakters das historische Element mit dem genrehaften, das idealistische mit dem realistischen. Das Bildnis soll den Menschen auch nicht bloß in seiner zufälligen Existenz darstellen, sondern bei aller Naturtreue auch die ideelle Seite des Charakters, d. h. den gewordenen Menschen, das geistige Lebensresultat seines Daseins, in die Erscheinung treten lassen. Die zweite Stufenfolge verbindet sich ebenfalls mit der ersten durch eine Zwischengattung, das landschaftliche Genre oder die Genrelandschaft, in der die sonst untergeordnete figürliche Staffage ein so großes Gewicht in räumlicher wie inhaltlicher Beziehung erhält, daß sie fast zur Hauptsache wird. Eine besondere Nebengattung ist die heroische oder historische Landschaft, worunter man entweder eine Landschaft mit biblischen, mythologischen oder historischen Figuren versteht oder eine stilisierte oder idealisierte Landschaft. Die Landschaftsmalerei im eigentlichen Sinne zerfällt der künstlerischen Wirkung nach in stilisierte Landschaft, romantische Landschaft, Stimmungslandschaft (paysage intime) und Vedute (s. Landschaftsmalerei), dem Gegenstand nach in Landschaft im engern Sinn, Architektur und Marine, Die Tiermalerei entwickelt sich insofern aus der Landschaftsmalerei, als die in der Landschaft vorhandene Tierstaffage eine so große Bedeutung gewinnt, daß dagegen der landschaftliche Hintergrund zurücktritt. Auch in der Tiermalerei gibt es verschiedene Abstufungen: das Tierbildnis, das Tiergenre, das Jagdstück etc. Das Stilleben behandelt die Darstellung der toten Natur in Beziehung zum menschlichen Genießen; die Darstellung des toten Tieres, einer Jagdbeute etc. lehnt sich an die Tiermalerei an; auch die Zubereitungsgegenstände und Räumlichkeiten (Küche) gehören dazu, sodann Früchte, endlich Blumen, untermischt mit Geräten etc. Eine besondere Gattung der M. bildet die ornamentale M. (Arabesken- etc. Malerei), die jedoch nicht für sich bestehende [167] Kunstwerke schafft, sondern nur Werke eines andern Kunstgebiets, der Architektur vornehmlich, zu schmücken sucht oder auf Textillustration, z. B. in Randzeichnungen, verzierten Initialen etc., und den gesamten Buchschmuck Anwendung findet. In ihrer noch weitern Ausdehnung gehört sie dem Kunstgewerbe an.

Die realistische Strömung in der neuern M. hat die Klassifizierung der ältern Ästhetik beseitigt. Alle Fächer der M. gelten jetzt als gleichberechtigt, ebenso wie jede Gattung der M. idealistisch, realistisch oder naturalistisch behandelt wird. Nicht mehr der Inhalt der Darstellung, sondern die künstlerische Kraft der Darstellung gibt den Maßstab der Beurteilung und Wertschätzung eines Erzeugnisses der M. Auch werden die Fächer der M. nicht mehr so streng voneinander abgegrenzt wie früher.

Die praktische Seite der M. bezieht sich auf die technischen Erfordernisse, und zwar einerseits auf die Unterschiede der technischen Darstellungsmittel, aus denen verschiedene Arten der Maltechnik entspringen, anderseits auf gewisse Hilfswissenschaften. Benannt werden die verschiedenen Arten der Technik teils nach dem besondern Material, womit gemalt wird, teils nach dem Material, worauf gemalt wird. Zu der erstern Gattung gehören die Ölmalerei, die Aquarellmalerei, die Temperamalerei, die Wachsmalerei, die Pastellmalerei, die Gouachemalerei, die Miniaturmalerei, die Mineralmalerei; zu der zweiten die Emailmalerei, die Enkaustik, die Glasmalerei, die Porzellanmalerei, die M. auf Holztafeln, Metall oder Leinwand etc. (vgl. die einzelnen Artikel und Artikel »Liebhaberkünste«).

Die Hilfswissenschaften, welche die M. zum großen Teil mit der Zeichenkunst gemeinsam hat, sind die Lehren von der Perspektive und von der Proportion, die Anatomie, die Kostümkunde und die Lehre von der chemischen und optischen Natur der Farben (s. Farbstoffe, Malgrund und Maltechnik). Über die Eigentümlichkeiten der einzelnen technischen Gattungen sowohl als über die zur M. gehörigen Hilfswissenschaften sind die betreffenden Artikel nachzulesen. Hier sei nur so viel bemerkt, daß die Ölmalerei die eigentliche Hauptgattung der M., wenigstens der Staffeleimalerei, d. h. derjenigen M. ist, die transportable Gemälde schafft. Vgl. Unger, Das Wesen der M. (Leipz. 1851); Völker, Die Kunst der M. nach rein praktischer Methode (3. Aufl., das. 1882); Ehrhardt, Die Kunst der M. (2. Aufl., Braunschw. 1895); Raupp, Handbuch der M. (4. Aufl., Leipz. 1904); Söllner, Malschule (Nürnb. 1892); P. Schultze-Naumburg, Technik der M. (Leipz. 1901). – Über die in jüngster Zeit gemachten Versuche, der M. durch Mitwirkung der Chemie eine solide Grundlage zu geben und namentlich die Farben dauerhaft zu machen, s. Maltechnik.

Geschichte der Malerei.

I. Die antike Malerei.

Als Vorstufe der Entwickelung der M. sind die orientalische und die antike M. zu betrachten, die sich zum größten Teil als ornamentale oder dekorative oder monumentale M. an die Architektur anlehnen, und zwar mit mehr oder weniger vorwaltender lehrhaft-religiöser Tendenz. In der orientalischen M. ist als am meisten unabhängig von der Architektur die chinesische und japanische M. zu erwähnen. Jedoch reicht nur die chinesische M. bis in die vorchristliche Zeit zurück. Ihre geschichtliche Entwickelung ist noch nicht genügend erforscht. Die Geschichte der japanischen M., die von China eingeführt wurde, beginnt erst mit dem 5. Jahrh. n. Chr. Näheres s. Japanische Kunst (nebst Tafeln). Nur wenig älter ist die indische M., deren Denkmäler aus Wandbildern in buddhistischen Grottentempeln bestehen. Die ägyptischen Malereien sind die ältesten Denkmäler, die uns aus dieser Kunst überkommen sind; man bemalte die Wände und Säulen, Mumiensärge etc. mit Figuren in bunten Farben, ohne Schattengebung und Perspektive. Es sind Götterdarstellungen, Herrscherbilder, Schlachten und Szenen aus dem Leben (vgl. Ägypten, S. 193 u. 194). Ähnlich sind die Reste der assyrischen M. aus den Trümmern Ninives, Babylons und Assurs; doch sind hier die Figuren gedrungener, und oft ist neben allem konventionellen Wesen Naturgefühl bemerkbar.

Die antike M. im engern Sinne, d. h. die griechische und römische, entwickelte sich bei den Griechen weit später als Architektur und Plastik, erreichte aber nach dem Urteil der Alten dieselbe Stufe der Vollendung wie jene. Da von den Schöpfungen der großen griechischen Maler nichts auf uns gekommen ist, so sind wir, um eine Vorstellung von ihrem Charakter zu gewinnen, auf die Erzeugnisse des Handwerks angewiesen, die unter dem Einfluß der hohen Kunst entstanden sind, namentlich die Wandgemälde der vom Vesuv verschütteten Städte Kampaniens und diejenigen, die sich in einzelnen antiken Villen und Thermen Roms und in den Grabkammern Etruriens, Lykiens und andrer von griechischer Kultur und Kunst abhängiger Länder erhalten haben. Neben ihnen haben die Gemälde auf griechischen Tongefäßen, von denen sich sowohl in Griechenland als in Italien und in fast allen dem griechischen Handel zugänglichen Orten der Alten Welt erstaunliche Mengen gefunden haben (s. Vasen), den besondern Wert, daß sie zusammenhängende Reihen gleichartiger Kunstprodukte liefern, in denen sich die Entwickelung der M. von ihren ersten Anfängen bis zur Zeit des Verfalls selbst mit Unterscheidung bestimmter Schulrichtungen verfolgen läßt. Endlich geben uns Nachrichten der alten Schriftsteller Anhalt, die verschiedenen Perioden und die Hauptrichtungen der griechischen M. sowie ihre hervorragendsten Vertreter und ihre Schöpfungen wenigstens im Überblick kennen zu lernen. Schon die bessern unter den Vasenbildern, noch mehr aber die pompejanischen und römischen Wandgemälde zeigen eine unerschöpfliche Fülle künstlerischer Motive, ein erstaunliches Geschick für Anordnung und Komposition der Figuren und Gruppen, nicht wenige auch den feinsten Sinn für maßvolle Verhältnisse und anmutige Zeichnung, Vorzüge, die wir in noch höherm Grad in den gepriesenen Werken der großen Meister voraussetzen dürfen. Immerhin scheint aber auch in diesen das spezifisch malerische Element, das im Helldunkel und in der Wirkung der Luftperspektive liegt, wesentlich zurückgetreten zu sein, so daß die Darstellung sich im allgemeinen der im Reliefstil üblichen Auffassung näherte und auf die Bestimmtheit der Zeichnung, die gleichmäßige Verteilung der Massen und der Beleuchtung den Nachdruck legte.

In technischer Beziehung scheidet sich die antike M. in zwei Gattungen, die der Wand- und die der Tafelmalerei. Die Wandgemälde wurden in der Regel auf einem sehr sorgfältig zubereiteten und sein geglätteten Stuck mit einfachen Wasserfarben a fresco ausgeführt. Bei der Tafelmalerei, die seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrh. vorwiegend gepflegt[168] wurde, trug man die Farben in tempera, d. h. durch eine leimartige Substanz verbunden, auf weiß grundierte Holztafeln auf. Über das in der Blütezeit der antiken Kunst aufkommende Verfahren der Enkaustik (s. d.), wobei mit Wachs vermischte Farben verwendet wurden, die, durch Einwirkung der Hitze ineinander vertrieben, eine große Brillanz der Farbentöne erzielten, sind wir erst durch die Auffindung der Mumienbildnisse (s. d.) in Fayûm näher unterrichtet worden. Daneben beschränkte sich die Mosaikmalerei, die ihre Darstellungen aus kleinen, verschiedenfarbigen Stiften zusammensetzt, anfänglich auf die Ausschmückung ver Fußböden, bis sie allmählich eine größere Verwendung auch zur Ausschmückung der Wände erlangte.

Die geschichtliche Entwickelung der griechisch-römischen M. gliedert sich in zwei Hauptperioden, an deren Wendepunkt der Maler Apollodoros steht. Die ersten Erfindungen schrieb die Sage einzelnen Künstlern von Korinth, Sikyon und Athen zu. Die erste wirklich bedeutende Künstlerpersönlichkeit in historischer Zeit ist Polygnotos von Thasos, der Zeitgenosse des Kimon. In Athen schuf er im Verein mit mehreren Genossen (Panänos, Mikon u. a.) eine Reihe von Gemäldezyklen zur Ausschmückung von Tempeln und öffentlichen Hallen, so in der Bunten Halle (Stoa Poikile) das Treffen zwischen Athenern und Lakedämoniern bei Önoë in Argolis, eine Amazonenschlacht, den Kampf bei Marathon und die Einnahme von Troja. Im Heiligtum der Dioskuren (Anakeion) führte er mit Mikon Darstellungen der Heroensage aus. Vor allem aber trugen die Gemälde in der Lesche zu Delphi den Ruhm des Meisters weithin. In figurenreichen Darstellungen war auf der einen Seite der Halle der Untergang Trojas und die Einschiffung der siegreichen Hellenen, auf der andern der Besuch des Odysseus in der Unterwelt geschildert. Trotz der noch unentwickelten Technik (die Gemälde waren in einfach kolorierten Umrißzeichnungen ohne alle Perspektive und selbst ohne Schatten und Modellierung ausgeführt) bewunderte man noch in späterer Zeit die sein abgewogene Komposition, den geistigen Gehalt, den würdevollen und ernstreligiösen Charakter dieser Schöpfungen. Auf perspektivische Wirkung ging die Bühnenmalerei (Skenographie) aus, als deren Meister Agatharchos von Samos genannt wird. In dieser Richtung fortstrebend, erreichte die M. durch Apollodoros die volle Illusion farbigen, natürlichen Lebens, indem sie durch genaue Beobachtung von Licht und Schatten dazu gelangte, die Gestalten kräftiger zu modellieren, den Schein des Körperlichen hervorzurufen. Mehr indes als dieser Meister verhalfen zwei seiner jüngern Zeitgenossen, Zeuxis und Parrhasios, der neuen Nichtung zu allgemeiner Anerkennung. Sie galten als Hauptvertreter der ionischen (d. h. kleinasiatischen) Schule, deren wesentliches Verdienst die Entwickelung des koloristischen Elements ist. Von Zeuxis aus Heraklea rühmte man besonders seine Frauenbilder (Helena, Penelope), von Parrhasios dagegen die männlichen Gestalten, namentlich Heroen (Prometheus, Theseus, Odysseus etc.). Durch sinnige Erfassung des psychologischen Moments fesselten die Gemälde des Timanthes, dessen Opferung der Iphigenia wegen der wohlerwogenen Abstufung der Empfindungen noch in römischer Zeit viel bewundert wurde. Hatte die griechische M. in Athen ihre ersten Triumphe gefeiert, ehe Kleinasien dem Mutterlande den Vorrang ablief, so wurde die Hauptstadt von Attika zum zweitenmal der Schauplatz einer Blüte dieser Kunst, als sie die anfänglich in Theben tätige, sogen. thebanisch-attische Schule bei sich aufnahm. Zu ihren Begründern zählte man Aristäos und Aristeides, ihr größter Vertreter war Euphranor. Den ionischen Künstlergruppen trat eine spezifisch dorische in der Schule von Sikyon gegenüber, die, von Eupompos gegründet, durch Pamphilos und Melanthios ausgebreiteten Ruf erlangte. Aus Pamphilos' Schule gingen bedeutende Künstler hervor, Pausias von Sikyon, ein durch vollendete Behandlung der enkaustischen Technik und kühne Verkürzungen seiner Figuren ausgezeichneter Meister, vor allen aber Apelles, durch den die griechische M. den Gipfel der Vollendung erreichte. An seinen zahlreichen Werken, von denen die aus dem Meer auftauchende Aphrodite das berühmteste war, bewunderte man den höchsten Reiz der Zeichnung wie des Kolorits, die sicherste Beherrschung aller Mittel der Kunst, die mit dem feinsten Gefühl für harmonische Wirkung vorgetragen wurden. Auch Protogenes, ein Zeitgenosse des Apelles, Aëtion, Antiphilos und Theon werden mit hohem Lob erwähnt, und unter denen, die ihre Stoffe aus dem Alltagsleben schöpften, besonders Peiraïkos. Erst in der Zeit des zunehmenden Luxus, als die Kunst auch dem Schmuck des Wohnhauses dienstbar gemacht wurde, scheint die Mosaikmalerei größere Bedeutung erlangt zu haben. Anfänglich lediglich zur Verzierung des Fußbodens verwandt, worin besonders Sosos Hervorragendes leistete, griff sie allmählich auf das Gebiet der selbständig wirkenden M. über und wagte sich selbst an die Wiedergabe größerer historischer Kompositionen von der Art der berühmten Alexanderschlacht (im Museum zu Neapel).

Die M. in Italien scheint sich wesentlich unter griechischem Einfluß entfaltet zu haben. Einzelne aus Griechenland eingewanderte Künstler (Damophilos und Gorgasos) fanden um 493 v. Chr. in Rom Beschäftigung. Daneben wußten sich aber auch einheimische Künstler, wie Fabius Pictor und Marcus Pacuvius, Anerkennung zu erringen, und in der Folgezeit wuchs die Beliebtheit dieser Kunst, da sie der Verherrlichung kriegerischer Großtaten dienstbar gemacht und zum Schmuck der Triumphe verwendet ward. In der Kaiserzeit lenkte die M. durchaus in griechische Bahnen ein und schloß sich nicht bloß in der Dekorationsweise (Einteilung der Wandflächen in Felder, deren Mittelpunkt ein kleineres, ursprünglich besonders gearbeitetes Tafelbild enthielt), sondern auch in der Wahl der Gegenstände und Motive eng an die Schöpfungen der alexandrinischen Zeit an, in der die Entwickelung der griechischen M. ihren Abschluß erreicht hatte. Von den Erzeugnissen dieser griechischrömischen Kunst geben uns die in Pompeji, in Rom etc. ausgegrabenen Wandmalereien reichliche Anschauung. Die Mehrzahl der Darstellungen ist dem Kreise der griechischen Heroen- und Göttersage entlehnt. Andre Bilder beziehen sich auf den öffentlichen und Hausgottesdienst. Seltener sind Stoffe der römischen Mythologie und Geschichte, sehr häufig dagegen kleine Genrebilder aus dem Volkstreiben; Landschaften und Seestücke kommen gelegentlich vor, vor allem aber ist eine unübersehbare Fülle reizender Einzelfiguren, besonders schwebender Genien, Amoretten etc., in Verbindung mit einer phantastischen Architektur zum Schmuck der Wandflächen verwendet worden.

Einer ältern Epoche gehören die Gemälde der unterirdisch angelegten Grabkammern Etruriens an, in denen meist griechischer Einfluß zu erkennen ist, neben dem sich aber auch Äußerungen einer eigenartigen lokalen Kunstweise vorfinden. Von diesen Malereien, die[169] nur bei künstlicher Beleuchtung sichtbar sind (worauf die Farbengebung Rücksicht nimmt), sind die bedeutendsten in Corneto (Tarquinii; jetzt zum Teil in Rom, Museo Kircheriano), andre in Chiusi (Clusium), Veji etc. entdeckt worden. Sie behandeln mit Vorliebe düstere Szenen, welche die Schrecken des Todes und der Unterwelt veranschaulichen. Doch kommen daneben auch Schilderungen heiterer Gelage, festlicher Spiele vor, in denen sich ein lebhafter Sinn für realistisch getreue Behandlung des Alltagslebens bemerkbar macht. Vgl. Brunn, Geschichte der griechischen Künstler, Bd. 2 (2. Aufl., Stuttg. 1889); Helbig, Untersuchungen über die kampanische Wandmalerei (Leipz. 1872); Woermann, Die Malerei des Altertums (in Woltmann-Woermanns »Geschichte der M.«, Bd. 1, das. 1879); Berger, Die Maltechnik des Altertums (Münch. 1904).

II. Die christliche Malerei.

Das Christentum schloß sich in seinen ältesten, in den römischen Katakomben erhaltenen Wandmalereien eng an die römische M. an, nur daß an die Stelle der heidnischen Götter Figuren aus dem neuen Glaubenskreis, aber in antiker Gewandung, und christliche Symbole traten. Im 4. Jahrh. entwickelte sich aus der Katakombenmalerei die Heiligenbildermalerei für Kirchen und den Privatbedarf, und damit wurde der Grund zu der christlichen M. im engern Sinne gelegt. Diese läßt sich bis zum Ausgang des Mittelalters in drei Perioden (die folgenden drei Abschnitte bis 1500) teilen, die teils durch die Länder, in denen der jeweilige Schwerpunkt der Kunsttätigkeit lag, teils durch das Vorherrschen von bestimmten künstlerischen Richtungen charakterisiert und abgegrenzt werden.

Erste Periode (ca. 300–600 n. Chr.).

Die altchristliche M. hat ihren Schwerpunkt in den Katakombendarstellungen, die zum Teil symbolisch konventioneller Art waren, indem die Symbole des Lammes, der Taube, der Weinlese, des Hirten etc. und alttestamentliche Gegenstände dargestellt wurden (Näheres s. Christliche Altertümer, nebst Tafeln), sowie in den Heiligenbildern und Mosaiken. Mit der Anerkennung des Christentums als Staatsreligion wandte man die M. auf die Ausschmückung der großen Basiliken an, und zwar durch Wandmalereien oder durch Mosaiken an Wänden, Decken und Kuppeln. Obwohl diese ersten Malereien in Stil und Technik trotz der Verschiedenheit der Motive an die Antike anknüpfen, so macht sich doch bereits ein Unterschied zwischen der abendländischen (römischen) und der morgenländischen (byzantinischen) M. geltend. Denkmäler der erstern aus dem 5. Jahrh. finden sich namentlich in Rom (Santa Maria Maggiore) und Ravenna. Auch die Miniaturmalerei kam bereits, im Anschluß an antike Vorbilder, in Ausnahme.

Zweite Periode [600–1200].

Die byzantinische M. bewahrte den Typus der ältesten christlichen Darstellungen am längsten. Äußerlich unterscheidet sie sich von der römischen dadurch, daß sie meist nur auf Goldgrund malte und durchgängig langgestreckte Figuren zeigte, während die Figuren der italienischen M. kurz und untersetzt erscheinen. Unter den Nachfolgern Konstantins d. Gr., besonders unter Justinian II., wurde viel für die Pflege der M. getan, die freilich bald eine Hinneigung zu äußerlicher Pracht und zu konventioneller Starrheit zeigte. Der 726 ausbrechende Bilderstreit bedrohte beinahe die ganze M. mit Vernichtung; die Künstler flüchteten nach Italien, bis das Konzil von Nicäa (787) und die Synode in Konstantinopel von 842 die Zulässigkeit der malerischen Darstellungen heiliger Gegenstände aussprachen. Bis ins 11. Jahrh. bewahrte die byzantinische M. eine große traditionelle Kunstfertigkeit, hielt aber in der Auffassung der Formen an einer bis zum starren Schematismus ausartenden Strenge fest. Nach auswärts verpflanzte sich der byzantinische Stil besonders nach Armenien und später nach Rußland, wo noch jetzt der kirchliche Kultus ganz ähnliche Formen erfordert. Auch nach Italien drang er vor; besonders in Sizilien, Unteritalien, Genua und Venedig hinterließ er starke Spuren. Von den übrigen Ländern ist in dieser Periode vorzüglich Irland hervorzuheben, wo sich in den Klöstern die Miniaturmalerei in Manuskripten für den kirchlichen Gebrauch zu einer besondern Kunstgattung entwickelte, die auch in Deutschland (Aachen, wo Karl d. Gr. eine Malerschule gründete), der Schweiz (St. Gallen) und Oberitalien Eingang fand und sich hier, namentlich durch die Einwirkung Alkuins, zu dem sogen. fränkischen Stil (vgl. Karolingische Kunst) ausbildete. Eine Mischung des fränkischen Stils, antiker Anschauung und byzantinischer Strenge zeigt sich in dem nach 1000 n. Chr. sich entwickelnden romanischen Stil, der sich jedoch in der Miniaturmalerei auf Oberitalien beschränkte, während der reine fränkische Stil in England, Frankreich, Deutschland festgehalten wurde und sich nicht nur in den Miniaturen, sondern auch in Mosaiken, Glas- und Emailmalereien, Teppichwirkereien etc. zur Geltung brachte.

Dritte Periode (1200–1500).

In der dritten Periode zeigt die italienische M. anfangs noch einen byzantinischen Charakter. Die Meister, die zuerst einen bedeutendern Fortschritt zur Selbständigkeit der italienischen M. herbeiführten, waren Cimabue in Florenz (1240–1302) und der etwas spätere Duccio in Siena, der erstere in einer mehr dem Großartigen und Erhabenen, der andre mehr dem Anmutigen und Lieblichen zugewandten Weise. Noch weiter ging Giotto di Bondone in Florenz (1276–1337), der eigentliche Gründer der italienischen M., der in Hinsicht der Freiheit und Bewegtheit der Komposition die letzte Schranke des Byzantinismus durchbrach. Fra Angelico da Fiesole (1387–1455) führte die M. durch seines Ein gehen in die seelischen Empfindungen weiter. Die sienesische Schule blieb dahinter zurück, und noch mehr war es in andern italienischen Städten der Fall. Was die M. in den andern Ländern betrifft, so hatte sich unter den Karolingern fast die ganze Kunsttätigkeit auf die Miniaturmalerei konzentriert, die hauptsächlich in den Klöstern geübt wurde. Die wenigen Wandmalereien, die vorhanden waren, sind untergegangen. Erst unter Heinrich I. und den Ottonen beginnt neben der Miniaturmalerei auch die Wandmalerei a fresco in großem Umfange gepflegt zu werden, wofür namentlich die Malereien im Bamberger Dom um das Jahr 1000 einen Beleg liefern. Um diese Zeit wird auch die Technik der M. durch die Erfindung der Glasmalerei (s. d.) bereichert, die bald sehr in Aufnahme kam. Hierzu trat die wahrscheinlich in den Anfang des 13. Jahrh. fallende Gründung der Malerzünfte und Bauhütten (s. d.), die der künstlerischen Disziplin Vorschub leisteten. Von den verschiedenen Malerschulen der ersten Zeit sind wenig Spuren zurückgeblieben: in Böhmen die merkwürdigen Wandmalereien auf dem Schloß; Karlstein (s. d.) bei Prag, in Niedersachsen die Wandmalereien im Braunschweiger Dom, am Rhein[170] die Wandmalereien in der Kirche zu Schwarzrheinsdorf bei Bonn, in Schwaben einige Überreste im Ulmer Münster u. a. O., am meisten aber in Köln, wo der Bau des Doms eine Menge Künstler vereinigte. Die Kölner Malerschule, deren Hauptrepräsentant Meister Wilhelm (um 1380) ist, zeichnete sich durch Zartheit und Lieblichkeit der Formen, weiche Gewandung, innigen Ausdruck aus, wozu sich in dem um 1450 geschaffenen berühmten Dombild des Meisters Stephan Lochener die Vorzüge eines gesättigten Kolorits und größerer Naturwahrheit gesellen. In Nürnberg und Prag blühten tüchtige Malerschulen. Eine neue Epoche beginnt mit der Vervollkommnung und sein ern Ausbildung der Ölmalerei durch die Brüder pan Eyck (Hubert, gest. 1426; Jan, gest. 1440), welche die flandrische M. (Brügge, Gent etc.) begründen. Umfassendes Naturstudium gibt sich bei ihnen kund, und sie eröffnen nicht bloß dem Geschichtsbild, sondern auch dem Bildnis, der Landschaft und dem Genre neue Wege. Feinste Ausführung, eckige Draperien und Bewegungen charakterisieren Jan van Eyck und seine Nachfolger, unter denen Roger van der Weyden (1400–64), der mit ihm verwandte Meiner von Flémalle, Dirk Bouts und Hans Memling (gest. 1495) hervorragen. Auch die deutsche M. kam unter den bestimmenden Einfluß der van Eyck. Martin Schongauer (gest. 1488) und Fr. Herlin bildeten sich unter dem Einfluß Rogers van der Weyden und verpflanzten dessen Stil nach Schwaben. Hier blühten die Schulen von Kolmar, Ulm, Augsburg u. a. O. und gewannen, obwohl sie noch nicht die alte Eckigkeit und Unbeholfenheit der Erscheinung überwinden konnten, eine große Kraft und Lieblichkeit des Ausdrucks und ein tief gestimmtes Kolorit. Besonders zu nennen sind: Barthol. Zeitblom und Martin Schaffnerin Ulm, Hans Holbein der Ältere (gest. 1524) in Augsburg. Derber in der Form, bunter im Kolorit ist die Nürnberger Schule, deren Hauptrepräsentant, Michael Wolgemut (1434–1519), sich ebenfalls von den flandrischen Malern beeinflußt zeigt. In der französischen M. treten in dieser Zeit (15. Jahrh.) bedeutende Meister noch nicht hervor; auch besitzt die französische M. noch keinen originalen Charakter, lehnt sich vielmehr in ihrer Auffassung an die van Eyck an. Jean Foucquet (geb. um 1420) ist hier zu nennen.

In der Geschichte der italienischen M. hat Fiesoles Tätigkeit eine hervorragende Bedeutung. Seine tiefe Empfindung für den idealen Inhalt der christlichen Tradition, seine keusche Frömmigkeit und reine Begeisterung lösten die konventionelle Starrheit der bisherigen Richtung. Zu der dadurch bewirkten Umwandlung des Stilgefühls trat eine Hinneigung zur Antike und Natur, Momente, die zusammen die Anmut und Empfindungstiefe der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. sich entwickelnden italienischen M. bilden und ihren Grundzug bis ins 16. Jahrh. hinein ausmachen. Namentlich war es neben Fiesole der Florentiner Masaccio (1401–28), dessen Darstellungsweise eine Großartigkeit und Naturwahrheit offenbarte, die lange als Vorbild diente. Ihm strebten nach Gozzoli und Dom. Ghirlandajo (1449–1494), von denen der letztere die religiösen Motive in das Gebiet menschlicher Anschauung stellte und durch eine im Detail nicht selten genrehafte Behandlung die religiöse M. volkstümlich zu machen suchte. Mit diesem Streben nach Naturwahrheit stehen die wissenschaftlich-technischen Bestrebungen in Verbindung, die, wie dies von Paolo Uccello geschah, die Gesetze der Perspektive und, wie dies Verrocchio (1435–88) tat, die der Anatomie des menschlichen Körpers untersuchten und für die Komposition anwendungsfähig zu machen strebten. An diese schließen sich an: Sandro Botticelli (1446–1510), Filippo Lippi (1406–1469) und dessen Sohn Filippino sowie Luca Signorelli (1441–1523), in der Komposition und in der Kraft und Größe der Auffassung der Vorläufer Michelangelos. Noch mehr als in der florentinischen Schule zeigte sich die Hinneigung zur Antike in der Schule von Padua, begründet von Francesco Squarcione (1394–1474). Ihr Hauptmeister war Andrea Mantegna (1431–1506), der sich später in Mantua niederließ, während durch seine Schüler eine neue Schule in Ferrara gegründet wurde. Zu ihr gehören unter andern Lorenzo Costa, Francesco Cossa, später Dosso Dossi und Garofalo, denen sich die eklektische Schule der Bonone anschloß. In Venedig, wo sich die byzantinische Stiltradition, gemischt mit germanischen Einflüssen, am längsten erhalten hatte, wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. der Geist der paduanischen Schule eingebürgert. Die Malerfamilien der Vivarini und Murano, die schon vor dem paduanischen Einfluß in Venedig tätig waren, zeigten sich noch streng und herb in der Form. Der eigentliche Gründer der venezianischen Schule ist Giovanni Bellini (1428–1516), der, von Antonello da Messina die Ölmalerei übernehmend, eine heitere Pracht des Kolorits und eine tief beseelte Empfindung offenbarte. Von ihm beeinflußt sind Carpaccio und Cima da Conegliano (tätig von 1489–1508). Die M. wendete sich allmählich dem wirklichen Leben zu und schöpfte aus ihm die für Entfaltung malerischen Glanzes und plastischer Formenschönheit ausgiebigsten Motive; namentlich kultivierte sie auch das Bildnis. Die lombardischen Schulen, besonders die Schule von Mailand, haben einen weniger scharf ausgeprägten Charakter, wogegen die umbrische Schule, deren Hauptsitz Perugia war, einen entschiedenen Gegensatz zu den Venezianern bildete. Sie schilderte die Innigkeit religiöser Empfindung in Schmerz, Sehnsucht, Frömmigkeit und Demut, suchte dabei Reinheit der Form und Lieblichkeit des Ausdrucks, Anmut der Haltung und Einfachheit der Gruppierung zur Anschauung zu bringen. Die Farbe war ernst und maßvoll, die Zeichnung von keuscher Strenge und Korrektheit. Der Hauptmeister war Pietro Perugino (1446–1523), der Lehrer Raffaels. In einer gewissen Verwandtschaft mit der umbrischen Schule stand die Schule von Bologna, die von Francesco Francia (1450–1518) begründet wurde, der ebenfalls eine große Innigkeit religiöser Empfindung besaß. Zu seinen Schülern gehören Timoteo delle Vite und Innocenzo da Imola, die sich später Raffael anschlossen.

Vierte Periode [1500–1550].

Während bisher in den verschiedenen Schulen ein beständiges Schwanken zwischen dem abstrakten Idealismus und der realistischen Naturnachahmung stattgefunden hatte, konzentrierte sich jetzt nach dem Vorgang einiger epochemachender Meister der künstlerische Gestaltungstrieb auf den ideellen Inhalt der christlichen Tradition, vertiefte sich in ihre poetische Wahrheit und tat allen Schematismus und die letzte Spur konventioneller Typik ab. Zugleich bildete sich auch die Technik zu großer Vollendung und universeller Fähigkeit aus. Der Hauptschauplatz dieses großartigen Kunstschaffens war Italien, wo kunstsinnige Päpste und Fürsten die Pflege der Kunst und die Beschäftigung[171] der hervorragenden Künstler als eine Ehrenaufgabe ihres Lebens betrachteten. Zwei Florentiner besonders waren es, die als die Haupt- und Lehrmeister der jetzt beginnenden Glanzepoche der italienischen M. betrachtet werden können, Leonardo da Vinci und Michelangelo Buonarroti. Leonardo da Vinci (1452–1519) ist einer der vielseitigsten und gelehrtesten Künstler, der sich namentlich auch um die wissenschaftliche Begründung der Kunsttechnik große Verdienste erworben hat. In Michelangelo kommt besonders das Element großartiger Formengestaltung und Reichtum an erhabenen Gedanken zur Geltung. Unter den Schülern Leonardos, deren Werke hauptsächlich in der Brera zu Mailand und in oberitalienischen Kirchen vertreten sind, ragen hervor: Bernardino Luini, Cesare da Sesto, Gaudenzio Ferrari; von den Schülern und Nachahmern Michelangelos Daniele da Volterra, Marcello Venusti, Sebastiano del Piombo u. a. Beeinflußt von Leonardo zeigen sich in Florenz Lorenzo di Credi, Fra Bartolommeo (1475–1517) und Andrea del Sarto (1486–1531). Die spätern Florentiner verfielen der manieristischen Nachahmung Michelangelos. Dazu gehören Vasari (1511–74), Salviati (1510–63), A. Bronzino u. a. In Rom hatte sich keine selbständige Schule ausgebildet, wenn es auch unter den kunstsinnigen Päpsten Julius II. (1503–13) und Leo X. (1513–22) zu einem fruchtbaren Feld künstlerischer Produktion gemacht wurde. Auf diesem Feld bildete Raffael Santi von Urbino (1483–1520), Schüler Peruginos, den hervorragenden und bestimmenden Mittelpunkt. Er vereinigte in seinen Werken die Vorzüge aller einzelnen Schulen: Strenge und Adel der Zeichnung mit Schönheit der Farbe, Tiefe und Zartheit der Empfindung mit Größe und Einfachheit der Anschauung. Von seinen Schülern vermochten es nur wenige, sich einzelne Seiten seiner universellen Meisterschaft anzueignen. Sie verfielen bald in eine Nachahmung der bloßen äußern Schönheitsformen, denen die Seele fehlte. Neben Raffael arbeitete auch Michelangelo, der, durch Julius II. nach Rom berufen, den Venezianer Sebastiano del Piombo (1485–1547) nach sich zog und zugleich nicht ohne Einfluß auf Raffael blieb. Der Manierismus, in den die Schüler Raffaels verfielen, zeigt sich schon in dem talentvollsten von ihnen, Giulio Romano (1492–1546), der bei großer Formengewandtheit teils in nüchterne Nachahmung, teils in sinnliche Lüsternheit verfiel. Von andern Schülern oder Nachahmern Raffaels im weitern Sinne sind zu nennen: Perino del Vaga, Primaticcio, Andrea Sabattini, Bagnacavallo, Giovanni da Udine. Die Schule Leonardos setzte sich inzwischen teils in Mailand, teils in Parma fort und nahm dann als lombardische Schule einen bestimmten Gesamtcharakter gegenüber der venezianischen an. Außer Luini (gest. nach 1533) sind zu nennen: Boltraffio, il Soddoma und (in Parma) vorzugsweise der Meister des Helldunkels, Antonio Allegri, genannt Correggio (1494–1534), der auf den Zauber der Farbe und des Lichtes das Hauptgewicht legte. Unter allen großen Meistern seiner Zeit hat er den bedeutendsten Einfluß auf die Kunst des 17. und 18. Jahrh. geübt; namentlich imponierte den Malern der spätern Zeit die Meisterschaft seiner Verkürzungen. Unter seinen Schülern und Nachahmern zeichnen sich aus Parmeggianino, Rondani, Gatti und Barocci, die jedoch bereits ins Süßliche und Manierierte verfielen. Mehr eklektisch verfuhren später Schidone (gest. 1615) und Procaccini. Diesen Schulen steht die venezianische Schule gegenüber, die, begünstigt durch den auf Sinnenreiz und Lebensfreude gerichteten Geschmack des venezianischen Adels, dem Kultus des schönen Fleisches, überhaupt des Stoffes, im üppigsten Farbenglanz huldigte. Einer der ersten und bedeutendsten ist Giorgione (1478–1511); noch höher steht Tiziano Vecellio (1477–1576), in dessen Werken die venezianische M. sich zur höchsten Kraft und Schönheit entfaltete. Neben Tizian und zum Teil als seine Schüler arbeiteten Palmail Vecchio, Lorenzo Lotto, Pordenone (1483–1539), Paris Bordone (1500–1570), besonders aber der glänzende Paolo Veronese (1528–88) und Tintoretto (1519–94), der, auch von Michelangelo beeinflußt, sein bedeutendes Talent durch Effekthascherei und Schnellmalerei schädigte.

In Deutschland nahm die M. in dieser Periode eine andre Richtung als in Italien. Vor der Reformation ward die Kunst, namentlich die Miniaturmalerei und der Holzschnitt, gewerbsmäßig und zünftig getrieben, und die daraus sich entwickelnde handwerksmäßige Trockenheit und Nüchternheit waren nicht ohne Einfluß auch auf die M. geblieben. Zu Beginn des 16. Jahrh. wich der flandrische Einfluß mehr dem der italienischen Renaissance; sie brachte in den Phantasiereichtum der deutschen Schule eine größere Formenschönheit und vielseitigere Anschauung. Auch die große Bewegung der Geister durch die Erfindung des Buchdrucks und die beginnende Reformation wirkten vorteilhaft, und so entfaltete sich jetzt in Deutschland eine hohe Blüte der M. Hervorzuheben sind unter den schwäbischen Malern Hans Burgkmair (1473–1531), der schon genannte Hans Holbein der Ältere und besonders dessen großer Sohn Hans Holbein (1497–1543), dessen Madonnen, Bildnisse und Zeichnungen für den Holzschnitt (Totentanz etc.) den Höhepunkt der deutschen M. in jener Periode bezeichnen. Der größte Meister der fränkischen Schule ist Wolgemuts Schüler Albrecht Dürer (1471–1528), der nicht nur als Maler, sondern auch als Kupferstecher und Zeichner für den Holzschnitt tätig war. Dürers bedeutendere Schüler und Nachahmer sind Hans v. Kulmbach (gest. 1523), Aldegrever, Schäuffelein (gest. 1540), Barthel Beham (1502–40) und dessen Bruder Hans Sebald Beham (1500–1550), Altdorfer (1480–1538), Georg Pencz (1500–1560) u. a. Einfluß von Dürer erfuhr H. Baldung, genannt Grien (1476–1545). Ein großer Meister ist auch der ziemlich unabhängige Aschaffenburger Matthäus Grünewald. Die obersächsische Schule hat nur einen bedeutenden Namen aufzuweisen, nämlich Lukas Cranach, Vater und Sohn; der erstere 1472–1553, der zweite 1515–86. In den Niederlanden gestaltete sich die M. hinsichtlich der Form nach den Traditionen der ältern Schulen, hinsichtlich des Inhalts auf besondere Weise. Nirgends übte die Reformation einen tiefer gehenden Einfluß auf die Kunstanschauung aus als hier, namentlich insofern der früher fast allein die M. beherrschende Madonnen- und Heiligenkultus aufhörte und an die Stelle der religiösen Motive solche des gewöhnlichen Lebens und der Natur traten. So entwickelten sich die Bildnis-, Genre-, Landschafts- und Stillebenmalerei und gelangten bald zu hoher Blüte. Die brabantische Schule wurde am Ende des 15. und zu Anfang des 16. Jahrh. besonders durch Gerard David und Quintin Massys (1450–1529) vertreten, die holländische [172] Schule durch Lucas van Leiden (1494 bis 1533), der besonders als Kupferstecher hervorragt, Jan Mostaert (1499–1553) u. a. Zu den niederländischen Schulen können auch die niederrheinischen Meister gerechnet werden, weil sich in ihrer Auffassungs- und Behandlungsweise niederländischer Einfluß kundgibt. Namentlich sind zu nennen: der Meister vom Tod Mariä (wahrscheinlich mit dem in Antwerpen tätigen Joos von Cleve identisch) und der von ihm beeinflußte B. Bruyn der Ältere (1493 bis 1555) in Köln, ferner die Meister der westfälischen Schule, wie Viktor und Heinrich Dünwegge und Ludger to Ring in Münster mit seinen Söhnen. Immer zahlreicher gingen niederländische Maler nach Italien und gaben zum Teil durch die Nachahmung der Manieristen daselbst ihren heimischen Stil auf. Zu nennen sind: Jan van Mabuse (1470–1541), B. van Orley (gest. 1541), die früher noch in alter Weise gearbeitet hatten, und Jan van Schorel (1495 bis 1562). Ganz der italienischen Manier verfallen erscheinen die Meister aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., wie M. van Heemskerk (1498–1574), Frans Floris (1517–70), H. Goltzius (1558–1617), Otto Venius (1558–1629), M. de Vos (1531–1603), M. van Coxcie (1499–1592), Cornelius Corneli (1562 bis 1638) u. a. Im Bildnis jedoch, das mehr auf die Natur hinwies, wurde Vorzügliches geleistet, so von Ant. Moor (gest. 1578). Einen eignen Weg schlug der sich mehr an die Natur haltende Genremaler P. Brueghel (gest. 1569) ein. In Deutschland ging man gleichfalls den Italienern nach; am erträglichsten sind noch die Meister, die, wie J. Rottenhammer (1564 bis 1623) und Chr. Schwarz (1550–97), die Venezianer nachahmten. Ein Feinmaler ist A. Elsheimer (1578–1620). In Spanien beginnt die M. im 15. Jahrh., zuerst besonders durch niederländischen Einfluß, einen Anlauf zu nehmen. Im 16. Jahrh. aber gewann die italienische M. und besonders die der venezianischen Schule, deren sinnliche Kraft dem Geschmack der Spanier entsprach, einen großen Einfluß. Tiefe und Kraft der Farbe bei schon früh vorwaltender Neigung zu starken Kontrasten in Hell und Dunkel charakterisieren die spanische M. um die Mitte des 16. Jahrh. Zu nennen sind: Luis de Morales, dessen Formen noch hart sind, während seine Farbe mild und klar ist; Luis de Vargas (1502–68), der sich der römischen Schule zuneigte; ferner Alonso Coello (1515–90) und Fernandez Navarrete (1526–79). Von der französischen M. dieser Periode läßt sich nichts bestimmt Charakterisierendes sagen, da sie verschiedene Schulen nachahmte. Die von Leonardo da Vinci am Hofe Franz' I. begründete Schule von Fontainebleau wurde namentlich durch Rosso de' Rossi (1496–1541) und Primaticcio (1504 bis 1570) sowie durch deren Schüler weiter gefördert, ihr eigentlicher Aufschwung fand aber erst unter Heinrich II. statt; zu ihr gehört auch der Franzose Jean Cousin (1501–89), während die Familie Clouet teils von den Niederländern, teils von Holbein beeinflußt war.

Fünfte Periode [1550–1610].

Die fünfte Periode der M. ist eine Zeit einerseits des allmählichen Verfalls oder doch des Stillstandes und anderseits einer Nachblüte oder nordischen Renaissance der Kunst, die durch die italienischen Akademiker (Carracci) und die niederländischen Koloristen (Rubens, Rembrandt etc.) bewirkt wurde. In Italien zeigte sich der allmähliche Verfall nicht in einer Abnahme an technischer Meisterschaft. Im Gegenteil erhielt diese, namentlich in der Zeichnung, durch das nähere Studium der Antike und durch den Austausch der Kunstmittel der einzelnen Schulen noch eine größere Bedeutung; aber der innere Begeisterungstrieb der Maler war erkaltet und hatte einer doktrinären Behandlung der Kunst Platz gemacht. Man nennt diese Richtung die akademische. Gegenüber dem bereits stark hervortretenden Manierismus der Italiener um die Mitte des 16. Jahrh. suchten die Carracci: Lodovico (1555–1619) mit seinen beiden Vettern Agostino (1557–1602) und Annibale (1560–1609), in Bologna auf Grund des Studiums der Antike die Stilreinheit der alten Meister wiederherzustellen. Die charakteristischen Unterschiede der einzelnen Schulen hörten mehr und mehr auf, indem man danach strebte, ihre großen Eigenschaften zu vereinigen. Dies Streben führte zum Eklektizismus, der die Konsequenz des Systems der Carracci war. Als Gegensatz dazu bildete sich eine andre Richtung, die sich lediglich die Natur zum Vorbild nahm und deshalb Naturalismus genannt wird. Zu den bedeutendsten Eklektikern gehören: Guido Reni (1575–1642) und dessen zahlreiche Schüler, Francesco Albani (1578–4660), der ebenfalls eine Menge Schüler hatte, Domenichino (1581–1641), Guercino da Cento (1590 bis 1666), Lanfranco (1581–1647), Sassoferrato. Annibale Carracci pflegte auch die Landschaftsmalerei in großem Stil, und Gaspard Dughet, genannt Poussin (1613–75), ist wesentlich durch ihn bestimmt; noch berühmter ist Claude Lorrain (1600 bis 1682), dessen Landschaften sich durch ideale Stimmung auszeichnen. Beide sind die Begründer der sogen. historischen Landschaft. Eine besondere, süßliche Richtung verfolgte Carlo Dolci (1616–86) mit seiner Tochter Agnese. Der Naturalismus entsprang zunächst aus einer Reaktion gegen die aus dem Eklektizismus erwachsene Charakterlosigkeit und Verflachung und kehrte sich sowohl gegen die nur auf das Technische in den verschiedenen Teilen gerichtete Auswählerei als gegen die Schwächlichkeit in der Darstellung der Natur. So wurde er durch diese Opposition zum Gewaltsamen in der Auffassung und, was die Gegenstände und die Auffassung betrifft, zur rohen Naturnachahmung getrieben. Michelangelo da Caravaggio (Amerighi, 1569–1609) steht an der Spitze der Naturalisten, die in ihrer Einseitigkeit ebenso weit gingen wie die römischen Manieristen, die das Ideale in schwächlicher Nachbildung der alten Formen suchten. Unter den Anhängern und Nachfolgern Caravaggios sind zu nennen: Simon Vouet aus Paris (1590–1649), Carlo Sarazeno (1585–1625), vorzüglich aber Giuseppe Ribera, genannt Spagnoletto, aus Valencia (1588–1656), welcher der Führer der neapolitanischen Naturalisten wurde. Bedeutende Naturalisten sind ferner der Schlachtenmaler Jacques Courtois, genannt Bourguignon (1621–76), und Salvator Rosa (1615–73), dessen Landschaften, voll poetischer Wildheit und Größe, bedeutender als seine Geschichtsbilder sind. Auch in Bologna wurde der Naturalismus durch den schon genannten Guercino heimisch. Unter den andern Richtungen der italienischen M. ist die Genremalerei zu erwähnen, die in den römischen Bambocciaden, begründet durch Peter Laar, genannt il Bamboccio, in Rom zur Geltung gelangte; ferner nahm die dekorative Ausmalung großer Räume überhand, worin namentlich Lanfranco, Pietro da Cortona u. a. sich hervortaten. Der genialste dieser Schnellmaler[173] ist Luca Giordano, genannt Fa Presto (1632–1705). In Frankreich war die Schule von Fontainebleau verschwunden, geschulte Korrektheit und etwas nüchterne Stilstrenge bildeten sich allmählich heraus. Hervorragend ist Nicolas Poussin (1594 bis 1665). Ludwig XIV., der die Kunst als ein notwendiges Attribut seines Herrscherglanzes betrachtete und auch eine Akademie begründete, ließ großartige Werke ausführen. Unter ihm arbeiteten Charles Lebrun (1619–90), das Haupt der sogen. Versailler Schule, sodann Nicolas Mignard (1608–1668) mit seinem Bruder Pierre, genannt le Romain (1612–95), denen sich noch eine Reihe weniger bedeutender Maler anschloß, die alle eine gewisse heroische Manier zur Schau trugen. In Spanien dagegen erlebte während dieser Periode die M. ihre höchste Blüte. Man unterscheidet drei Schulen, die von Madrid, von Sevilla und von Valencia, denen ein eigentümlich tiefes und kraftvolles Kolorit, Kühnheit der Komposition und edle naturalistische Auffassung gemeinsam sind. Bei äußerer scheinbarer Düsterheit verfügen die spanischen Meister doch über einen großen Schmelz der Farbe und wirkungsvolle Effekte im Helldunkel. Zur Schule von Sevilla gehören Juan de las Roelas (1558–1625), Herrera der Ältere (1576–1656) und der Jüngere (1622–85), Francisco Zurbaran (1598–1662), Alonso Cano (1601–67), besonders aber Diego Velazquez (1599 bis 1660) und Bartolomé Esteban Murillo (1617 bis 1682), die beiden Großmeister der spanischen M. Die Schule von Madrid hat weniger hervorragende Meister aufzuweisen. Zu nennen sind: Navarrete, Tristan, Antonio Pereda (1599–1669), Carreño de Miranda, Coello u. a. Inder Schule von Valencia zeichnet sich besonders aus Francisco Ribalta (1551–1628), dessen Schüler Ribera in Neapel war.

Nach der Berufung des Luca Giordano (s. oben) ging die spanische Schule gegen Ende des 17. Jahrh. ebenfalls rasch ihrem Verfall entgegen. In den Niederlanden tritt der Gegensatz zwischen der holländischen und brabantischen Schule jetzt schärfer hervor, indem die Meister der erstern sich hauptsächlich auf das Genre, das Bildnis und die Landschaft beschränken, wogegen die zweite durch Rubens eine zeitweilige Erneuerung des großen historisch-kirchlichen Stils herbeiführte. Die brabantische (oder flämische) Schule, durch Peter Paul Rubens (1577–1640), einen der fruchtbarsten, erfindungsreichsten und in der Komposition kühnsten Maler aller Zeiten, begründet, zählt eine große Reihe ausgezeichneter Maler, worunter besonders der geistvolle Schüler Rubens', Ant. van Dyck (1599–1641), durch Feinheit, Tiefe und Noblesse des Kolorits hervorleuchtet. In der derbern, farbenglühendern Manier des Rubens versuchten sich J. Jordaens (1593–1678), van Diepenbeeck u. a., während G. Zeghers (1591–1651), de Crayer (1584–1669) u. a. sich mehr den Italienern anschlossen. Auch auf die andern Fächer der M. übte Rubens Einfluß: Adriaen Brouwer (1605–38), der derbe, dramatisch belebte Szenen aus dem Bauernleben zu malen pflegte, bildete sich anfangs nach Frans Hals, später unter Rubens Einfluß. Das Genre pflegte weiter David Teniers (1610–90) in zahlreichen liebenswürdigen Bildern, ferner Tilborch, Ryckaert, Craesbeeck u. a. Als Feinmaler in der Landschaft und Meister des Stillebens ist Jan Brueghel (1568 bis 1625) bemerkenswert; der breiten Rubensschen Art folgten dagegen Wildens, J. d'Arthois. Die Tier- und Stillebenmalerei wurde namentlich von dem dramatisch veranlagten Frans Snyders (1579 bis 1657) und Jan Fyt (1611–61) unter Rubens' Einfluß gepflegt. Ein bedeutender Blumenmaler ist D. Seghers (1590–1661). Gegen das Ende des 17. Jahrh. erreichte die durch Rubens erweckte Blüte der Kunst wieder ihr Ende. Lebenskräftiger und vielseitiger war die holländische Schule und zwar nicht nur in der Landschafts- und Stillebenmalerei, sondern auch in der Geschichts- und ganz besonders in der Bildnismalerei. Viel verdankt sie Abraham Bloemaert (1564 bis um 1658); epochemachend aber wurde Frans Hals (1584–1666), der, vorzugsweise als Bildnismaler tätig, eine blühende Schule begründete (Dirk Hals, Codde, Palamedes, Duck u. a.). Als Bildnismaler sind noch zu nennen: M. Mierevelt, Moreelse, Ravesteijn, Th. de Keijser (1596–1667), J. van Ceulen, B. van der Helft (1613–70). Der Hauptmeister und zugleich der vielseitigste Maler der holländischen Schule ist Rembrandt van Ryn (1606–69), der durch das Element des Helldunkels die gesamte nordische M. seiner Zeit beeinflußte und bis auf den heutigen Tag in der M. bestimmend nachwirkt. Zu seinen Schülern sind zu rechnen: Gerbrandt van den Eeckhout (1621–74), Flink, Ferd. Bol (1616–80), Koninck, B. Fabritius, Maes u. a. Nach einer andern Richtung hin, besonders im kleinern Genre, zeichneten sich aus Gerard Don, ebenfalls ein Schüler Rembrandts (1613–75), und Terborch (1617–8 1), denen sich anschließen Metsu (1630–67), Kaspar Netscher (1639–84), Schalcken (1643–1706), Pieter de Hooch, J. van der Meer, Fr. van Mieris u. a. Mit satirisch-humoristischer Tendenz pflegte das niedere Genre Jan Steen (1626–79). Der hervorragendste Schilderer des Bauernlebens war Adriaen van Ostade (1610 bis 1685), dessen Bruder Isaak van Ostade sich ebenfalls als Schilderer des Volkslebens im Freien hervorgetan hat. Schlachten- und Jägerszenen malten Palamedes (1607–38), Huchtenburg, Ph. Wouwerman, während Honthorst (1590–1656) in der Art des Caravaggio arbeitete. Die holländische Landschaftsmalerei wurde besonders angebahnt durch J. van Goyen (1596–1656), der auf die einfache Natur hinwies; Sal. van Ruisdael war sein Schüler, während Jacob van Ruisdael (gest. 1682) zugleich auf poetische Stimmung, die meist ins Melancholische fällt, Gewicht legte. Ihm verwandt in der Darstellung von Waldlandschaften ist M. Hobbema (1638–1709). Neben ihnen arbeiteten in derselben oder doch in ähnlicher Richtung J. Wynants (1610 bis 1680), Aart van der Neer (1619 bis nach 1692), der sich namentlich in der Mondscheinlandschaft auszeichnete, besonders aber Allart van Everdingen (1621–75). Die zweite, durch das Studium der italienischen Landschaft bedingte Richtung, die sich an Claude Lorrain und Poussin anschließt, wird vertreten durch H. Sachtleven (1610–85), Jan Both, H. Swanevelt (ca. 1605–56), N. Berchem (1620–1683), Pynacker, Peter Molyn, Jan Hackaert, Joh. Glauber (1646–1726) u. a. Eine wichtige Stelle in der holländischen Landschaftsmalerei nimmt die Marinemalerei ein. Hier sind zu nennen: Simon de Blieger (gest. 1660) mit seinem Schüler Willem van de Velde (1633–1707), der namentlich die ruhige See meisterhaft behandelte, ferner J. van Ruisdael, L. Bakhuisen (1631–1708), der besonders Seestürme malte. In der Architekturmalerei sind hervorragend: Steenwijk (1550–1603), Peter Neefs (1577 bis nach[174] 1655), Jan van der, Heyden (1637–1712), Em. de Witte, Vliet. Die Tiermalerei, meist mit Landschaft verbunden, gelangte zu hoher Blüte durch A. Cuyp (1605–91), N. Berchem, K. Dujardin (gest. 1678), A. van de Velde (1635–72), Paul Potter (1625 bis 1654), den berühmtesten dieser Maler, J. H. Roos (1631–85) mit seinen Söhnen Phil. Peter, genannt Rosa di Tivoli (1651–1705), und J. Melchior Roos (1659–1731). Totes Wild und zahmes Geflügel in stillebenartiger Manier malten Hondecoeter (1636 bis 1695) und J. Weenix (1640–1719), Stilleben und Blumenstücke P. Claesz, J. D. de Heem, W. van Aelst, Heda, J. van Huysum (1682–1749), Rachel Ruysch (1664–1754), A. Mignon, W. Kalf. Die deutsche Schule dieser Zeit ahmt die Niederländer oder Italiener nach. Zu nennen sind Karl Loth und J. v. Sandrart.

Sechste Periode [1610–1180].

Schon gegen Ende des 17. Jahrh. ist eine Abnahme an Kraft und Originalität überall zu spüren. Die große M. verschwand bald ganz, und an ihre Stelle trat ein kleinliches Spiel mit Arabesken und die weichliche Pastellmalerei. In den Vordergrund trat die Vorliebe für das Schäferspiel u. galante Gesellschaftsszenen sowie für gefällige Dekoration von Schlössern und Privathäusern. Das bedeutendste dekorative Talent dieser Periode war in Frankreich Boucher (1703 bis 1770). An Genialität überlegen war ihm jedoch der geistreiche A. Watteau (1684–1721), der französische Hauptmeister dieser Epoche. Neben ihm sind A. Coypel (1661–1722), Vanloo (1684–1745), Lancret (1690–1743), Pater (1694–1736), J. B. Chardin (1698–1779), J. B. Grenze (1725–1805), der Landschafter J. Vernet (1712–89) zu nennen. Deutschland hat auch in dieser Periode keine selbständige Kunst. Hervorzuheben ist Balthasar Denner (1685–1747), der seinen Ruhm als Bildnismaler in peinlichster Kleinmalerei suchte. Chr. W. E. Dietrich (1712–74) ahmte besonders Rembrandt nach. Am besten sind seine Landschaften und Radierungen. Daneben der Porträtmaler J. Kupetzky (1667–1740).

Von den italienischen Malern dieser Periode sind die Venezianer Giov. Batt. Tiepolo (1696–1770), die Architektur- und Landschaftsmaler Antonio da Canale in Venedig (1697–1768) und seine Schüler Bellotto, genannt Canaletto (gest. 1780), und F. Guardi und Gius. Nogari (1699–1763) die hervorragendsten. England war lange arm an künstlerischen Talenten gewesen; zumeist waren es Fremde (Holbein, van Dyck, Lely etc.), die das künstlerische Bedürfnis befriedigten, das sich vorzugsweise auf das Bildnis erstreckte. Die eingebornen englischen Maler des 17. Jahrh. (Dobson, Jameson, Gibson etc.) waren fast nur Bildnismaler. Der tüchtige Kneller (1646–1723) war ein Deutscher. Im Beginn des 18. Jahrh. treten auf: J. Richardson, Thornhill, J. Highmore. Der erste originelle Künstler Englands ist in dieser Zeit Hogarth (1697–1764), dessen Humor freilich in seinen satirischen Karikaturen so viel moralische Absicht zur Schau trägt, daß das künstlerische Element darin fast erstickt wird.

Siebente Periode (1180–1840).

Der Beginn der siebenten Periode fällt mit dem Auftreten der neuen Ideen zusammen, die in Frankreich die Revolution hervorriefen. Die klassizistische Strömung, die bereits seit Mitte des 18. Jahrh. fühlbar wurde, hätte den Umschwung allein nicht bewirkt. Es sind daher auch von den Meistern der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. diejenigen, die sich nicht ganz und gar in der Rokokokunst bewegten, nicht als die Begründer, sondern nur als die Vorläufer der neuen Epoche zu betrachten. So stand vor allen Raffael Anton Mengs (1728–79) trotz des besten Willens, auf Vorbilder wie Raffael, Correggio und die Antike zurückzugehen, noch zu sehr unter dem Einfluß seiner Zeit, um der Kunst einen neuen Weg zu zeigen. Ebensowenig gelang es Angelika Kauffmann (1741–1807) und J. H. W. Tischbein (1751–1829), sich über Eklektizismus oder leeren Klassizismus aufzuschwingen, während an den von F. K. Füger, J. B. Berger, P. F. v. Hetsch, J. P. v. Langer und F. G. Weitsch geleiteten Kunstschulen in Wien, Prag, Stuttgart, Düsseldorf, München und Berlin nicht einmal der Versuch hierzu gemacht wurde. Selbst Winckelmann und Goethe waren in den Kunstanschauungen dieser Maler so befangen, daß sie von ihnen das Heil für eine neue Ära erwarteten. Eine erfreulichere Tätigkeit entfalteten Ferd. Kobell (1740–99) als Landschafter, Elias Ridinger (1695–1767) als Tiermaler und besonders Dan. Chodowiecki (1726–1801) als Illustrator, der als der Vorläufer des modernen Realismus anzusehen ist. Ein neuer Aufschwung der M., im engen Anschluß an die Antike, beginnt mit Carstens (1754–98) in Deutschland und mit David (1748–1825) in Frankreich. Der erstere war der unbeugsame Vertreter einer neuen Richtung, die an der Großartigkeit der Antike und des Cinquecento sich gebildet hat; doch ist er nicht zu ausgereiften Schöpfungen gekommen. Davids Klassizismus hatte auch einen politischen Beigeschmack, und da er der in der Revolutionszeit herrschenden Tendenz zur Antike und besonders zur Geschichte der römischen Republik in Gegenständen und Form entsprach, so galt er als der erste Künstler der Revolution und folgerichtig auch des französischen Cäsarismus. Seiner Kunst fehlte jedoch die innere Wahrheit Der idealern Haltung ihres Vorbildes Carstens entsprechend, hatten die ihm folgenden deutschen Klassizisten sich in Gebieten bewegt, die mit der nationalen Bewegung in keinem Zusammenhang standen, und blieben daher auch unpopulär. So Eberhard Wächter (1762–1852) und Gottlieb Schick (1779–1812), ferner Jos. Ant. Koch (1768–1839), der zugleich der Landschaft durch Anlehnung an Poussin und Cl. Lorrain einen neuen Aufschwung gab. Unabhängig von diesen Bestrebungen fußten die Münchener Landschafter W. v. Kobell, J. G. v. Dillis, J. J. Dorner und M. J. Wagenbauer auf dem Studium der Holländer. Im entschiedenen Gegensatz zu den Nachfolgern Carstens' schlossen sich die Schüler Davids mehr der Realität an und erzielten neben Darstellungen aus der alten Geschichte und der Mythologie durch Verherrlichung der Taten der französischen Nation und Napoleons große Erfolge. So besonders Girodet (1767–1824), Gérard (1770–1837) und Gros (1771–1835).

Nach Ablauf der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrh. fand die klassische Auffassung und Behandlung einen mächtigen Gegner in dem neuen Ideal der Romantik, die anfangs in der Literatur, dann im Sammeln und im Studium von Kunstwerken des Mittelalters und zuletzt in deren künstlerischer Wiederbelebung ihren Ausdruck erhielt. In der M. ging Friedrich Overbeck (1789–1869) voran. An die Stelle des Altertums oder der Renaissance sollte das Mittelalter als Vorbild gesetzt und damit eine seelische Vertiefung der Kunst herbeigeführt werden. Von einer nationalen[175] Auffassung war zunächst keine Rede; dagegen wurde die religiöse, römisch-katholische so sehr betont, daß eine Anzahl der Maler dieser Richtung, Overbeck voran, zum Katholizismus übertrat. Zu größerer Bedeutung gelangten außer ihm nur Wilh. Schadow, Ph. Veit, Jul. Schnorr v. Carolsfeld und H. Heß. Der bahnbrechende Meister war Peter Cornelius (1783–1867). Ein gemeinsames Denkmal hat sich diese Schule in den Fresken der Casa Bartholdy (jetzt in der Berliner Nationalgalerie) und der Villa Massimi in Rom gesetzt. Doch wurde München der Hauptschauplatz der Tätigkeit für die neuere deutsche Kunst unter Cornelius' Führung. Overbeck blieb in Rom, wo sich J. v. Führich an ihn anschloß, der in Wien Overbecks Richtung neu belebte. Auch die Landschaft blieb vorerst in schwankender Mitte zwischen Naturstudium und romantischer Idealität. wobei W. Ahlborn und E. Agricola mehr dem erstern, C. Fohr, F. Horny und F. v. Rhoden mehr der letztern sich zuwandten, während K. D. Friedrich (1774 bis 1840) zuerst die Stimmungslandschaft in Dresden pflegte, gefolgt von K. G. Carus, E. E. Öhme, Ludwig Richter und J. Chr. Dahl.

In Frankreich wirkte der auch dort mit der Restauration auftauchende Geist der Romantik im Gegensatz zu den deutschen Romantikern in Rom mehr gegenständlich als formal. Darstellungen aus dem Mittelalter oder religiöse und Kirchenbilder wurden wieder populär. Ingres (1781–1867), der Schüler Davids, schloß sich besonders an Raffael und seine Vorgänger, sein Schüler H. Flandrin (1809–64) mehr an die strengern italienischen Meister des 15. Jahrh. an. Den Franzosen erschien indes die Romantik weit zusagender, für die Th. Géricault (1791 bis 1824) bahnbrechend gewirkt und die E. Delacroix (1799–1863) und Ary Scheffer (1795–1858) hauptsächlich ausgebildet hatten. Durch sie wurde das realistische und koloristische Element in den Dienst der Romantik gestellt. Insbesondere setzte Delacroix an die Stelle der sanften Stimmung der deutschen Romantiker eine leidenschaftliche Erregtheit und statt der Formbestimmtheit der Deutschen eine oft bis zur Formlosigkeit gesteigerte Massen- und Tonwirkung. Dasselbe wurde auch das Ziel der Landschaft, die durch Bonington, Huet, Cabat, Français, J. Dupré, Th. Rousseau und andre Meister weiter ausgebildet und schließlich zum modernen Realismus geführt wurde.

Zu einer selbständigen und in Deutschland selbst sich betätigenden deutschen Kunst war es erst mit Cornelius' Berufung nach München und Düsseldorf gekommen (1819). Von nah und fern strömten Schüler und Gehilfen nach Düsseldorf und München. W. Kaulbach, K. Stürmer, H. Stilke, K. Schorn, A. Eberle, J. Götzenberger, K. Hermann, W. Röckel, H. Anschütz, Chr. Ruben, E. Förster, Ph. Foltz u. a. versammelten sich schon in den ersten Jahren um den Meister. Andre vorgerücktere Künstler berief Cornelius selbst, wie J. Schlotthauer, Kl. Zimmermann, H. Heß und Jul. Schnorr. In Berlin, wohin Cornelius 1841 übersiedelte, kam er über Entwürfe und Kartons für das projektierte Campo santo nicht hinaus. Auch Jul. Schnorr folgte 1848 einer Berufung nach Dresden. Gleichzeitig verließ ein Teil seiner Schüler München. Dagegen blieb Heinrich Heß, der als der Vertreter der nazarenischen Richtung bei den Kirchenbauten des Königs Ludwig anhaltende Beschäftigung fand, und wirkte mit großem Erfolg unter zahlreichen Schülern, worunter J. Schraudolph hervorragt, bis an seinen Tod in München An die Spitze der Münchener Malerschule schwang sich W. v. Kaulbach (1805–74) durch seine Hunnenschlacht und die Wandgemälde im Neuen Museum zu Berlin. Selbständige Erscheinungen neben Kaulbach waren in München noch Bonaventura Genelli, der Nachfolger von Carstens (1798–1868), und der Romantiker Moritz v. Schwind (1804–71). Neben letzterm ist noch der Romantiker Eugen Neureuther zu nennen.

An die Spitze der Düsseldorfer Schule trat nach Cornelius W. Schadow, bedeutender durch sein Lehrtalent als durch sein künstlerisches Schaffen. Neben ihm wirkten als Lehrer besonders Karl Sohn (1805–1867) und Th. Hildebrandt (1804–74), die Hauptvertreter der Düsseldorfer Romantik im Geschichtsbild. Von geringerer Bedeutung sind J. Hübner (1806–82) und Chr. Köhler (1809–61), Ed. Bendemann (1811–89), der, 1838 nach Dresden berufen, im dortigen Schlosse seine bedeutendsten Werke schuf und später Direktor der Düsseldorfer Akademie wurde, E. Steinbrück, H. Mücke, H. Stilke und H. Plüddemann. Von größerm Einfluß als die Genannten wurde K. F. Lessing (1808–80), der dem Geschichtsbild wie der historischen Landschaft neue Bahnen eröffnete. Alfred Rethel (1816–59), der Schöpfer der Fresken im Aachener Rathaus, bildete sich mehr nach Veit, entwickelte sich aber zu völlig eigenartiger Kraft. Die von W. Schadow bevorzugte religiöse Kunst fand in Düsseldorf in Ernst Deger (1809–85) den hervorragendsten Vertreter. Mit ihm sind seine Gehilfen bei Ausmalung der Kirche auf dem Apollinarisberg und der Kapelle von Stolzenfels, die Gebrüder Karl und Andreas Müller und J. Ittenbach, zu nennen. Sonst übte in der religiösen Kunst am Rhein Ph. Veit, lange Zeit hindurch Vorstand der Kunstschule des Städelschen Instituts in Frankfurt a. M., den meisten Einfluß, der sich besonders in Ed. Steinle (1810–86) darstellt.

In Berlin behauptete lange Zeit der vorzugsweise nach Raffael gebildete Eklektiker Karl Wach (1787–1845) eine herrschende Stellung als Lehrer. Selbständiger war K. Begas (1794-/1854), der jedoch schließlich in das Fahrwasser der Düsseldorfer Romantik geriet. Neben ihm sind noch A. v. Klöber, Ed. Magnus, Ed. Däge und A. Hopfgarten zu nennen. Die Tätigkeit von Cornelius und Kaulbach konnte in Berlin keinen Einfluß üben, da seit der Rundreise der Gemälde von de Bièfve und Gallait die koloristische und realistische Richtung alle übrigen verdrängte.

In den deutsch-österreichischen Landen wirkte Chr. Ruben als Direktor der Akademien in Prag und Wien. Jos. Führich (1800–76) wurde einer der bedeutendsten Vertreter der religiösen M. des 19. Jahrh. In seinem Geist wirkten auch Leop. Kupelwieser und Leop. Schulz. Sonst sind in Wien noch E. Engert, K. Blaas und K. Rahl (1812–65), der besonders in seinen Schülern und Gehilfen Ed. Bitterlich, Chr. Griepenkerl, A. Eisenmenger, K. Laufberger, Mor. Than und K. Lotz tüchtige Fortsetzer seiner energischen, nach großen Wirkungen strebenden Richtung fand, unter den Geschichtsmalern zu nennen.

Dresden verband die Richtungen Münchens und Düsseldorfs, indem einerseits J. Schnorr, anderseits Bendemann und Hübner ihre Wirksamkeit dahin verlegten. In der Tat fand die Schule in K. Peschel, Herm. Wislicenus (1825–99), der später nach Düsseldorf übersiedelte, Joh. Zumpe (1819–64) und namentlich Theod. Große (1829–91) tüchtige Vertreter. In Leipzig wirkte Schnorrs Schüler Gust. [176] Jäger als Lehrer. In Stuttgart waren besonders Ant. Gegenbaur (1800–76) und Bernh. Neher (1806–86) tätig, der erstere noch aus Langers Schule in München, der letztere ein Schüler von Cornelius.

Bildnis und Genre blühten in dieser Zeit besonders in Düsseldorf. Im erstern haben sich die bereits genannten Th. Hildebrandt und K. Sohn vorwiegend betätigt. Mit ihnen rivalisierten, zum Teil mit größerer Hinneigung zum Realismus, der Fürstenmaler Jos. Stieler in München, die Berliner Wach, Vegas, F. Krüger und E. Magnus und die Wiener M. Daffinger, J. Kriehuber und Friedr. Amerling. Im Genre, im humoristischen und ernsten Sittenbild sowie in der Darstellung des ländlichen Lebens, standen die Düsseldorfer obenan. Die Donquichottiaden Ad. Schrödters, die Jobsiaden P. Hasenclevers, die sozialen Tendenzbilder K. Hübners, die Schiffer- und Fischerszenen R. Jordans und H. Ritters wie die norwegischen Darstellungen A. Tidemands, die Bauernbilder Jak. Beckers, die Kinderbilder E. Geselschaps und die Familienbilder J. G. Meyers aus Bremen sind in erster Reihe zu nennen. Münchens Genremalerei bewegte sich mit Vorliebe in kriegerischen und militärischen Szenen mit Bevorzugung der Pferdemalerei (Albrecht Adam, Peter Heß, D. Monten, K. W. v. Heideck). Sonst brachte die Nähe Italiens eine stärkere Vertretung italienischer Szenen mit sich, worin H. Bürkel und Th. Weller sich auszeichneten. Endlich bot das benachbarte Hochland malerische Motive in Fülle (F. Moritz Müller, K. Kaltenmoser, J. A. Klein, K. Spitzweg, der größte Humorist der ältern Münchener Schule, H. Rhomberg, G. F. Bischoff, K. v. Enhuber). Das elegante Genre ward von J. Geyer und Gisb. Flüggen vertreten. Zwischen Genre und Landschaft stellte sich das Tierbild, worin Seb. Habenschaden, Rob. Eberle, Friedr. Volz hervorragten. In Berlin war F. E. Meyerheim das Haupt der Genremalerei. In Dresden stand A. Ludw. Richter obenan, in Wien F. G. Waldmüller, Friedr. Gauermann und später Friedr. Friedländer.

Die Landschaft war in München durch Karl Rottmann (1798–1850) am glänzendsten vertreten. Nächst ihm sind auf demselben Gebiet der historischen und stilisierten Landschaft A. W. F. Schirmer (Berlin), K. Marko und Jos. Hoffmann (Wien), J. W. Schirmer (Düsseldorf und Karlsruhe) und Friedr. Preller (Weimar, der Meister der Odysseelandschaften) hervorzuheben. Die Hochgebirgsmalerei wurde um diese Zeit besonders durch E. Kaiser, H. Heinlein, Chr. F. Morgenstern, M. Haushofer und J. G. Steffan in München gepflegt. Das skandinavische Hochland und Küstengebirge suchte zuerst A. Achenbach (geb. 1815) auf, der schnell zahlreiche Nachfolger (Gude, Leu u. a.) fand.

Achte Periode (1840 bis auf die Gegenwart).

In Frankreich war das koloristische Element durch Delacroix, Decamps (1803–60), Isabey, Diaz u. a. zu jener höchsten Bedeutung gelangt, wonach der Zauber der Farbe und die malerische Erscheinung Endziel der Kunst wurden. Horace Vernet (1789 bis 1863) legte durch seine militärischen Geschichts- und Genrebilder wieder das Hauptgewicht auf den Inhalt. Zwischen der Bedeutsamkeit des Inhalts und der koloristischen Richtung vermittelte Paul Delaroche (1797–1856), dem es gelang, die koloristischen Vorzüge mit den stofflichen harmonisch zu verschmelzen. Ihm verwandt ist Leopold Robert mit seinen italienischen Szenen, dessen rein idealer Auffassung seine Nachfolger V. Schnetz, E. Hébert u. a. eine erhöhte koloristische Stimmung verliehen. Die kühle akademische Richtung von Delaroche führten Cogniet, Couture, P. Baudry, A. Cabanel, B. Constant, J. P. Laurens, Rochegrosse, Roybet u. a. weiter. Neben der idealistischen M. entwickelte sich seit etwa 1848 eine realistische, deren Haupt Courbet (1819–77) war, und aus der sich schließlich die Impressionisten (s. d.) abzweigten. Eine Sonderstellung nahm der Bauernmaler J. F. Millet (1814–74) ein, dessen Werke aber erst nach seinem Tod ihren Einfluß auf die jüngere Generation übten. Selbständig nebenher ging die Salon- und Kabinettskunst, die dem weiten Gebiet des Genres die verschiedensten Richtungen entlockten. J. L. Gérôme, Boulanger und L. Hamon malten klassische und orientalische, Robert-Fleury und seine Schüler mittelalterliche und Renaissanceszenen, Meissonier und seine Nachahmer Szenen aus der Zeit Ludwigs XIV. und Ludwigs XV. Unter Meissoniers Einfluß stehen die Militärmaler A. de Neuville, Détaille u. a. Von Darstellern des modernen Genres zeichneten sich J. A. Breton, G. Brion und Ch. Marchal im ländlichen, F. Biard und P. Chevallier im kleinstädtischen Genre aus. Als Bildnismaler sind besonders Bonnat, Carolus-Duran, Gaillard und Humbert hervorzuheben. In der Landschaft ward vorzugsweise das Stimmungsbild (paysage intime) gepflegt, und wie früher J. Dupré und Th. Rousseau, so traten später Corot, Daubigny, Buisson, Ségé u. a. in den Vordergrund. Eine neue Richtung ist durch die von Millet beeinflußten Naturalisten (Bastien-Lepage, L'Hermitte u. a.) eröffnet worden. die auch auf Deutschland Einfluß geübt hat. Sie ist aber schnell durch einen noch weiter fortgeschrittenen Naturalismus überwunden worden (Roll, Gervex u. a.), zu dem gewisse idealistische Strömungen (Puvis de Chavannes, der hervorragendste Monumentalmaler), ein starker Hang zur Farbenphantastik (Besnard), mystische Nebelmalerei (Carrière, Lerolle) und allerlei aus Tagesmoden und -Launen erwachsene, meist auf technischen Absonderlichkeiten beruhende Spielarten, wie z. B. der Pointillismus (Hauptvertreter: Henri Martin), im Gegensatz stehen. Eine besondere Gruppe bilden die Schilderer des Volkslebens in der Bretagne, die von einer schlichten, gefunden Naturanschauung geleitet werden (Dagnan-Bouveret, Cottet, Lucien Simon u. a.). Die guten und schlechten Seiten der modernen französischen M. spiegeln auch die in Paris gebildeten Nordamerikaner wider, von denen die Orientmaler Bridgeman und E. Weeks, die Bildnis- und Genremaler Julius Stewart, Sargent, Mac Ewen, Sprague Pearce, G. Melch ers, W. Gay die bedeutendsten sind.

Mit den Unabhängigkeitskämpfen der westlichen Niederlande fiel der Kunstaufschwung Belgiens zusammen. Dort wie in Holland hatte vorher nur das Auftreten J. L. Davids seit seiner Verbannung aus Frankreich eine Unterbrechung in den lediglich reproduktiven Kunstbetrieb gebracht. Jetzt aber hatte Gust. Wappers (1803–74) mit einem politisch zündenden Geschichtsbild im Befreiungsjahr 1830 selbst einen neuen Ton angeschlagen, der aus gründlichen Studien eines Rubens und van Dyck geflossen war. An seine Seite stellten sich Ed. de Bièfve (1809–82), L. Gallait (1812–87) und Nic. de Keyser (1813 bis 1887). Des ersten Kompromiß von 1566 und des zweiten Thronentsagung Karls V. traten 1843 eine Wanderung durch Deutschland an, wo sie wesentlich zum Umschwung der M. mitwirkten und der koloristischen Vollendung und Beherrschung aller künstlerischen [177] Mittel das Übergewicht über Erfindung und Komposition verschafften. Czermak, Ch. Verlat, Ferd. Pauwels u. a. bildeten die Gallaitsche Richtung weiter aus. Eine selbständige Erscheinung ist der phantastische Anton J. Wiertz (1806–65). In der religiösen Kunst zeichneten sich G. Guffens und J. Sweerts aus. Große Erfolge endlich errang Henri Leys (1815–69), der von der Nachahmung der niederländischen Meister zu einem eignen archaistischen Stil gelangte. Seiner Richtung folgten J. Lies, V. Lagye, Fr. Vinck, die Brüder A. und J. de Vriendt J. Leempoels, van Hove, van der Ouderaa u. a. Im Gegensatz gegen solche altertümelnde Tendenz strebte nach voller Realität Ch. de Groux (1825–70), dem Const. Meunier, A. Struys u. a. folgten. Das Genre, durch F. Braekeleer frühzeitig wieder aufgenommen, wurde glänzend von F. Willems, Madou, A. und J. Stevens, G. de Jonghe, J. Verhas gepflegt, ebenso die Landschaft durch J. B. de Jonghe, J. Kindermans, Schampheleer, L. V. A. Artan, P. J. Clays u. a. In neuester Zeit hat sich die belgische M. fast völlig dem französischen Naturalismus angeschlossen (Luyten, die Brüder Oyens, die Landschaftsmaler Courtens, Gilsoul, Claus und Coosemans u. a.). Im Gegensatz dazu stehen Wauters, einer der hervorragendsten Bildnismaler der Gegenwart, der Militärmaler Abry und G. Vanaise.

Der Umschwung, den die Neuerungen der französischen und belgischen Kunst auch in Deutschland hervorriefen, wirkte in Düsseldorf, Berlin und München gleich nachhaltig. Am leichtesten war der Übergang in Düsseldorf, wo Lessing und Hildebrandt aus früherer Kenntnis der belgischen Meister bereits die Wege gebahnt hatten. Ihre Schüler vermochten daher leicht weiter zu gehen, wie namentlich Jul. Schrader, W. Camphausen und die in Düsseldorf gebildeten Schlachtenmaler Chr. Sell, E. Hünten, A. Northen und G. Bleibtreu. Paris beeinflußte mehr die Berliner Künstler, wie G. Richter, R. Henneberg, B. Plockhorst, O. Heyden, A. v. Heyden, O. Knille, W. Gentz, G. Spangenberg u. a. Eine selbständige Richtung schlug A. Menzel (1815–1905) ein, der nach schärfster Naturwahrheit strebte und als Maler und Illustrator gleich große Erfolge erzielt hat. In realistischer Richtung sind A. v. Werner, F. Werner, P. Meyerheim, die Tier- und Landschaftsmaler Frenzel und Friese u. a. tätig. Das Genre erreichte in Düsseldorf in Ludw. Knaus (geb. 1829) und Benj. Vautier (1829–1898) eine außerordentliche Höhe. Neben ihnen verdienen noch unter den Düsseldorfern genannt zu werden: Hub. Salentin, W. Sohn, F. Hiddemann, B. Nordenberg, Oehmichen, Lasch, Bokelmann, Kirberg. In der Landschaft stehen die Gebrüder Andreas (geb. 1815) und Oswald Achenbach (1827–1905) als die ersten Düsseldorfs da. Sonst sind Dücker, Kröner, A. Arnz, H. Deiters, Flamm, Irmer, Normann (später nach Berlin übergesiedelt), v. Bernuth zu nennen. In neuester Zeit hat die Geschichtsmalerei in Düsseldorf einen neuen Aufschwung durch Peter Janssen (geb. 1844) und dessen Schüler (A. Kampf, E. Kämpffer u. a.) genommen. Neben ihm ist F. Roeber als Geschichtsmaler tätig. Im übrigen steht die Düsseldorfer M. wie die der andern Hauptstädte Deutschlands unter dem Einfluß der modernen naturalistischen Strömung, aus der sich noch keine abgeschlossenen künstlerischen Persönlichkeiten herausgehoben haben. Das bedeutendste landschaftliche Talent Berlins war Ed. Hildebrandt (1817–68), an den sich Ch. Hoguet, H. Eschke, Pape, Douzette, Ockel, Scherres, Körner, Hertel, Saltzmann, Bohrdt und die Architekturmaler Graeb und Wilberg reihen. In der Tiermalerei Brendels (Weimar) und K. Steffecks (Berlin, später Königsberg) sind französische Einflüsse bemerkbar. In neuester Zeit ist eine ebenfalls von den Franzosen beeinflußte naturalistische Strömung zur Geltung gekommen, deren Hauptvertreter F. Skarbina, M. Liebermann, L. Dettmann (jetzt in Königsberg) u. a. sind.

In München wurde die neue Richtung zunächst durch Karl Schorn aus Düsseldorf (1803–50) vermittelt, der seine französische Schule dorthin verpflanzte. Epochemachend aber vertrat sie erst Karl Piloty (1826–86), das Haupt der neuern Münchener Schule. Seine koloristische Tätigkeit äußerte sich zuerst in Genrebildern, von denen er zum Geschichtsbild und geschichtlichen Genre überging. Neben ihm verfolgte Artur v. Ramberg (1819–75), mit seinem Formen- und Farbensinn die Fähigkeit gemütvoller Darstellung verbindend, seinen eignen Weg. Von den jüngern Sprößlingen der Münchener Schule sind Hans Makart (1840–84), Gabriel Max, W. Lindenschmit (1829–95), V. Müller (1829–71), der originelle Schilderer des Kaukasus: Th. Horschelt (1829–71), Ferd. Wagner, A. Liezenmayer, R. Beyschlag, Franz Lenbach (1836–1904), Friedrich August Kaulbach, W. Leibl und die Genremaler Defregger, E. Kurzbauer, Matth. Schmid, Gabl, Grützner, Hermann Kaulbach, Ant. Seitz zu nennen. Die Landschaft hat durch Ed. Schleich und Ad. Lier eine neue Richtung zum Stimmungsbild erhalten. Neben der Schule Pilotys hat sich schnell die von W. Diez zu großer Bedeutung erhoben. L. Löfftz, Holmberg, Klaus Meyer u. v. a. sind aus ihr hervorgegangen. Diese neueste Richtung wird in der Landschaftsmalerei besonders durch Baisch, Wenglein und Schönleber, in der religiösen und Genremalerei durch F. v. Uhde und Firle vertreten. Der moderne Naturalismus hat in neuester Zeit nirgends mehr als in München die Gegensätze verschärft. Um F. v. Uhde hat sich eine ganze Schule geschart, deren Mitglieder aber bald eigne Wege gegangen sind. F. Stuck, Trübner, Exter, v. Habermann, Albert Keller, L. Dill L. Corinth, Slevogt (letztere beiden jetzt in Berlin) sind die Vertreter der modernsten Richtungen.

In Wien wirkte in den 1860er und 70er Jahren die Schule Rahls oder die Schule Pilotys. Canon, G. Gaul und H. v. Angeli sind vorzugsweise als Bildnismaler zu nennen. Von den Geschichts- und Genremalern reihen sich an A. v. Pettenkofen, A. Schönn, E. Blaas, K. Herbsthofer, J. Nowopacky, L. Passini, C. L. Müller, C. Karger, A. H. Schram, Ed. Veith, H. Temple, A. Delug, Hirschl-Heremy, D. Goltz, Gisela, Zewy. In der Landschaft vertreten unter vielen andern I. Hoffmann und H. Otto die klassische, A. Hansch und K. Halauska die Gebirgslandschaft, R. und F. Alt die Architekturmalerei, Lichtenfels, Schindler, Ruß, Darnaut, Zetsche, Tina Blau, W. Bernatzik u. a. die Stimmungslandschaft. An der Spitze der Modernen, die sich 1897 zu einer Sezession vereinigt haben, steht Gustav Klimt. In Wien war Makart in der Hauptepoche seiner Kunst tätig, zeitweilig auch der strenge Klassizist Anselm Feuerbach (1829–80). Die bedeutendsten ungarischen und polnischen Maler der neuern Zeit sind Munkacsy (gest. 1898), Benczur, Matejko (gest. 1893), Siemiradzki und die Bildnismaler Horovitz und Pochwalski. Auch der Böhme Brozik ist hier zu nennen. In Karlsruhe waren und sind Schirmer, K. F. Lessing, Descoudres,[178] F. Dietz, F. Keller, K. Hoff, Riefstahl, Gude, Baisch und in neuerer Zeit der eigenartige Hans Thoma, der lange Zeit in Frankfurt a. M. gelebt hatte, tätig. In Weimar wurde 1858 eine Kunstschule gegründet, an der, zum Teil freilich nur kurze Zeit, Künstler wie Böcklin, Ferd. Pauwels, A. v. Ramberg, James Marshall, Plockhorst, Paul Thumann, A. Baur, Gussow, Lenbach, Brendel, Linnig wirkten, und wo Genelli sein Leben beschloß. In Hamburg sind und waren die Landschaftsmaler Ruths, Lutteroth und Österley tätig, zu denen sich ein kräftiger jüngerer Nachwuchs gesellt hat, der fast ausschließlich dem modernen Naturalismus anhängt. In Dresden gruppieren sich um die Akademie, an der Grosse, Pauwels, L. Pohle, J. Scholtz, F. Preller d. J., Hermann Prell, ein Hauptvertreter der Monumentalmalerei, G. Kühl wirkten und wirken, H. Hoffmann, E. Öhme, P. Kießling, G. Hammer, Leonhardi. Es hat sich jedoch auch in Dresden eine gegen die Akademie und ihren Anhang gerichtete Strömung offenbart, deren Ziel aber dadurch gegenstandslos geworden ist, daß auch die modernen Richtungen an der Akademie ihre Vertretung gefunden haben. Unter den ihnen angehörigen Künstlern sind besonders N. Bantzer, Pietschmann und Sascha Schneider (s. d.) zu nennen.

England und Schottland haben seit der ersten, durch Reynolds, Gainsborough, Bonington, Turner u. a. erreichten Blüte ihrer M. immer neue Fortschritte, im Bildnis wie im Genre und der Landschaft, gemacht und durch gewisse Erscheinungen, wie z. B. die des Präraffaelismus und die der Glasgower Landschaftsmaler (der sogen. Boys), auch Einfluß auf den Kontinent geübt. Aus älterer Zeit sind E. Ward, F. Leighton, Ph. Calderon, Goodall, Poynter im Geschichtsbild, E. Nicol, W. P. Frith und Th. Faed im Genre, Thom. Cole, R. Redgrave, P. Graham, D. Roberts, T. S. Cooper und J. Gilbert in der Landschaft, letzterer vorzüglich im Aquarell, das die Engländer besonders pflegen, und der Tiermaler Landseer (1802–73) rühmenswert. Die Träger der modernen englischen und schottischen M. sind die Geschichts- und Bildnismaler Millais, G. F. Watts, Ouleß, Richmond, Shannon, Guthrie und Lavery, die Landschaftsmaler Reid, Colman, Macauley Stevenson, Paterson, die Präraffaeliten D. G. Rossetti, Burne-Jones und Walter Crane. Die modernen Richtungen vertreten Aubrey Beardsley und F. Brangwyn. Zwei der besten Maler Englands, Herkomer und Alma-Tadema, sind Ausländer.

Dänemark, Schweden und Norwegen haben keine M. von originaler Richtung. Ihre Maler haben ihre Ausbildung in Paris, Düsseldorf oder München erhalten und folgen den dortigen Schulen. Hervorragende künstlerische Persönlichkeiten sind der dänische Bildnis- und Genremaler Kroyer, der schwedische, in Paris lebende Genre- und Bildnismaler Andreas Zorn und der norwegische Landschaftsmaler Fritz Thaulow. Ein gleiches gilt von Rußland, dessen Maler teils in Paris, teils in Deutschland gelernt haben. Zu erstern gehörte der Kriegsmaler und Ethnograph Wereschtschagin (gest. 1904). Neben ihm sind noch die Geschichtsmaler Konstantin Makowskij und Repin, der Marinemaler Aiwasowski, die Landschaftsmaler Bogoljubow, J. v. Klever, Clodt v. Jürgensberg, die Genremaler W. Makowskij und Perow zu nennen. Italien, dessen M. Ende des 18. Jahrh. ganz in Klassizismus versunken war (Batoni, Appiani, Cammuccini), geriet gleichfalls unter den Einfluß der Franzosen. Der Schwerpunkt seiner M. liegt im Genre, dessen Stoffe teils dem 18. Jahrh., teils dem modernen Volksleben entnommen sind. Elegante, glatte Kostümmalerei geht neben keckem Realismus einher, wobei namentlich die Aquarellmalerei kultiviert wird. Die beiden Induno, P. Joris, Rondanini, Cattaneo, Tiratelli, Michetti, Boggiani, Vinea und die nach dem Ausdruck tieferer Empfindung strebenden L. Nono und A. Corelli sind besonders zu nennen. Eine vereinzelte Stellung nahm G. Segantini (s. d.) ein. Die Schweiz besaß in E. Stückelberg, R. Koller und A. Böcklin (1827–1901) hervorragende Maler. Hollands M. sucht ihren Ruhm in technischer Geschicklichkeit, in neuerer Zeit im Anschluß an den modernen Naturalismus. J. Israels, C. Bischop, H.ten Kate, C. Springer, H. W. Mesdag, J. Bosboom, L. Apol, G. H. Breitner, H. W. Jansen, J. H. und W. Maris, Therese Schwartze sind auf dem Weltmarkt bekannt. Spanien hat ein hervorragendes Talent in Fr. Goya (1746–1828), ferner Esquivel, Madrazo, Carderera, Perez, Villaamil und den Farbenvirtuosen M. Fortuny (1839–74) aufzuweisen. In neuerer Zeit haben Geschichts- und Genremalerei einen neuen, glänzenden Aufschwung durch Pradilla, Benlliure y Gil, Gallegos, Villegas, Viniegra y Lasso, Vera, Casado, Moreno, Jimenez y Aranda, Masriera, Palmaroli, Melida etc. genommen.

[Literatur.] Über die Geschichte der M. sind viele Einzelarbeiten geliefert von Waagen, Rumohr, Hotho, Passavant, Förster, Stirling, Woltmann, Lermolieff (Morelli) etc. Mit Übergehung der veralteten Literatur und der allgemeinen kunstgeschichtlichen Werke (s. Kunstwissenschaft) nennen wir als Hauptwerke: Crowe und Cavalcaselle, Geschichte der altniederländischen M. (deutsch von Springer, Leipz. 1875) und Geschichte der italienischen M. (deutsch von Jordan, das. 1869–76, 6 Bde.); Lübke, Geschichte der italienischen M. vom 4. bis ins 16. Jahrhundert (Stuttg. 1878–79, 2 Bde.); Janitschek, Geschichte der deutschen M. (Berl. 1890); Jul. Meyer, Geschichte der modernen französischen M. (Leipz. 1867); Dohme, Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit (illustriertes Sammelwerk, das. 1876–1881, 6 Bde.) und des 19. Jahrhunderts (das. 1882 bis 1886); Woltmann und Woermann, Geschichte der M. (das. 1879–88, 3 Bde).; Rooses, Geschichte der Malerschule Antwerpens (deutsch von Reber, Münch. 1880); F. Reber, Geschichte der neuern deutschen Kunst (2. Aufl., Leipz. 1884, 3 Bde.) und Geschichte der M. vom Anfang des 14. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (Münch. 1893); A. Rosenberg, Geschichte der modernen Kunst (2. Ausg., Leipz. 1894, 3 Bde.); die Werke von R. Muther: Geschichte der M. im 19. Jahrhundert (Münch. 1893–94, 3 Bde.), Ein Jahrhundert französischer M. (Berl. 1901), Geschichte der englischen M. (das. 1902) und Die belgische M. im 19. Jahrhundert (das. 1904); R. dela Sizeranne, Die zeitgenössische englische M. (deutsch, Münch. 1899); K. E. Schmidt, Französische M. des 19. Jahrhunderts (Leipz. 1903); Hevesi, Österreichische Kunst im 19. Jahrhundert (das. 1903, 2 Tle.); Marius, De Hollandsche Schilderkunst in de 19. eeuw (Haag 1904); M. Schmid, Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts (Leipz. 1904 ff., 3 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 167-179.
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