Sachsen [4]

[370] Sachsen (hierzu Karte »Königreich Sachsen«), deutsches Königreich, hinsichtlich des Flächeninhalts der fünfte, hinsichtlich der Bevölkerung der dritte Staat des Deutschen Reiches, erstreckt sich von 50°10´-51°29´ nördl. Br. und von 11°53´-15°4´ östl. L. Mit Ausnahme einiger kleiner Parzellen von 15,26 qkm Fläche (darunter Ziegelheim und Liebschwitz mit Taubenpreskeln) bildet das Königreich ein geschlossenes Ganze, das im O. und N. von den preußischen Provinzen Schlesien und S., im W. von der Provinz S., S.-Altenburg, S.-Weimar und Reuß, im SW. von Bayern und Böhmen, im Süden und SO. von Böhmen begrenzt wird. Die Grenzlinie hat eine Länge von 1226 km, wovon 487 km zugleich Reichsgrenze sind. Die größte Längenausdehnung von W. nach O. beträgt 210, die größte Breite von N. nach Süden 150 km.

Seiner Bodengestaltung nach gehört S. fast ganz dem mitteldeutschen Berg- und Hügelland und dem ostdeutschen Gebirgsland an und greift nur in seinem nördlichen Teil in die Norddeutsche Tiefebene hinüber. Nur 0,5 Proz. der Gesamtfläche liegen tiefer als 100 m über der Ostsee, 58,5 Proz. erheben sich mehr als 250 m über dieselbe, wovon 18,1 Proz. bis 550 m, 9,1 Proz. 550–700 m und 0,3 Proz. über 700 m. S. wird durch die Elbe, deren enges Tal sich nur zwischen Pirna und Meißen erweitert (Dresdener Elbtalkessel), in zwei orographisch verschiedene Teile geschieden. Das Gebiet östlich von der Elbe zwischen Pillnitz und Riesa wird von den nordwestlichen Gliedern der Sudeten und deren Vorhöhen erfüllt. Im äußersten Südosten, um Zittau, reicht ein Teil des sächsisch-böhmischen Sandsteingebirges, das Zittauer Gebirge, herein, dessen höchste Berge, die Lausche (796 m) und der Hochwald (749 m), Phonolithkegel sind, während der Oybin (514 m) und der Töpfer (577 m) aus Sandstein bestehen. Von da an zieht sich längs der böhmischen Grenze das Lausitzer Gebirge (s. d.) hin als eine Hochfläche von 310–330 m Höhe mit Reihen leichtgewölbter Höhen, wie Falkenberg (587 m), Czernoboh (561 m), Keulen- oder Augustusberg (412 m) und Rothstein bei Sohland (453 m), nebst einzelnen Kegelbergen, z. B. dem Kottmar bei Herrnhut (583 m), dem Löbauer Berg (446 m) u.a. Gegen N. geht die Hochfläche allmählich in die Tiefebene über. Nach W. hin bildet dieses flache Terrain[370] einen steil abfallenden Rand gegen das Elbtal von Pillnitz abwärts (Borsberg 362 m) bis Oberau und tritt dann von Meißen abwärts mit immer niedriger werdendem Rande hart an die Elbe heran, bis es nordwestlich von Großenhain ganz in die Ebene übergeht. Oberhalb Meißen erhebt sich unmittelbar an der Elbe das kleine, mit Reben bepflanzte Spaargebirge (200 m). Zu beiden Seiten der Elbe von Tetschen abwärts bis Pirna bildet das Elbsandsteingebirge oder die Sächsische Schweiz (s. d.) ein im Durchschnitt über 325 m hohes, zum größten Teile bewaldetes Plateau, von tiefen und engen Talschluchten durchfurcht, mit zahlreichen ausgesetzten Tafelbergen, darunter dem Lilienstein (419 m) am rechten, dem Königstein (360 m), dem Großen Zschirnstein (561 m, höchster Berg des Gebirges in S.) und Kleinen Zschirnstein (480 m), dem Papststein (452 m) und dem Pfaffenstein (429 m) am linken Ufer. Die höchste Erhebung rechts von der Elbe ist der Große Winterberg (551 m). Westlich von der Elbe erstreckt sich das Hauptgebirge Sachsens, das Erzgebirge (s. d.), in einer Länge von 115 km von dem Paß von Hellendorf oder Nollendorf im Quellengebiet der Gottleuba in westsüdwestlicher Richtung bis über die Quellen der Zwickauer Mulde und Zwota hinaus. Der Kamm des Gebirges ist eine einförmige, oft stundenbreite Waldfläche, unterbrochen von Mooren, die zum größten Teil entwässert worden sind, mit unbedeutenden Paßeinschnitten und von 700–850 m durchschnittlicher Erhebung, über die der höchste Berg Sachsens, der Fichtelberg (1204 m), emporragt. Die bedeutendsten Höhen des Gebirges liegen auf böhmischem Gebiet; auf der sächsischen Nordabdachung erheben sich der Geising (822 m), der Kahle Berg (904 m), der Scheibenberg (805 m), der Pöhlberg (831 m), der Bärenstein (898 m), der Auersberg (1019 m), der Große Rammelsberg (957 m), der Schneckenstein (890 m) u.a. Ungefähr westlich vom Meridian von Frankenberg an schließt sich an den Nordfuß des obern Erzgebirges das Erzgebirgische Becken an, eine flache Einsenkung von 300–400 m mittlerer Erhebung, mit dem Zwickauer und Lugau-Ölsnitzer Steinkohlenbecken, nördlich begrenzt vom Hohensteiner Bergzug (Langenberger Höhe 485 m). Darauf folgt das Sächsische Mittelgebirge oder das Granulitgebirge, eine flachwellige Hochebene von ungefähr elliptischem Umriß mit der Mittellinie von Glauchau über Döbeln hinaus, am breitesten in der Richtung von Sachsenburg bei Frankenberg nach der Zwickauer Mulde zwischen Rochlitz und Colditz, durchschnittlich 300 m hoch. Die Zwickauer Mulde, die Chemnitz und die Zschopau durchbrechen das Granulitgebirge in höchst malerischen Tälern. An die Nordwestseite des Mittelgebirges lehnt sich der letzte Teil des erzgebirgischen Landes, das Erzgebirgische Hügelland, zu beiden Seiten der beiden Mulden und der vereinigten Mulde bis Grimma, hauptsächlich aus Quarzporphyr bestehend und im Rochlitzer Berge (Porphyrtuss) 351 m hoch. Aus der Tiefebene erheben sich das kleine Oschatzer Gebirge mit dem weithin sichtbaren Kolmberg (314 m) sowie die Hügelgruppen von Liebschütz bei Strehla (Dürrer Berg 199 m) und von Hohburg, letztere mit dem Löbenberg (241 m) und dem Spitzberg (204 m). Der südlichste Teil des sächsischen Vogtlandes gehört dem Elstergebirge (s. d.) an. Hier erhebt sich im südlichsten Winkel Sachsens der Kapellenberg (759 m). Über den geologischen Bau und das Klima Sachsens vgl. die Textbeilagen zum Ark. »Deutschland«, S. 764 und 766, nebst Karten.

Bewässerung.

S. ist reich bewässert, und zwar liegt es bis auf den südöstlichsten Teil im Stromgebiet der Elbe (s. d.), von deren Lauf 121,9 km und von deren Stromgebiet 14,381,2 qkm in S. liegen. Sie nimmt in S. auf: rechts die Kirnitzsch, den aus der Sebnitz und Polenz gebildeten Lachsbach, die Wesenitz und die Prießnitz; links die Biela, Gottleuba, Müglitz, Lockwitz, Weißeritz (entstehend aus Roter u. Wilder Weißeritz), den Zschonergrundbach, Saubach, die Triebisch, das Lommatzscher Wasser, die Jahna und Döllnitz. Der bedeutendste Nebenfluß der Elbe, die Mulde (von der Quelle der Zwickauer Mulde an 215,7 km, davon die vereinigte Mulde 45,9 km), entsteht aus zwei bei Klein-Sermuth sich vereinigenden Hauptarmen, der Zwickauer und der Freiberger Mulde, und nimmt als bedeutendsten Zufluß die Zschopau mit der Sehma, Pöhl, Preßnitz und Flöha auf. Die Weiße Elster (s. d.) verläßt bald nach der Vereinigung ihrer Quellen und nach Aufnahme der Trieb und der Göltzsch S., betritt es aber oberhalb Pegau wieder, um dann, verstärkt durch die Schnauder und die Pleiße mit Wyhra und Parthe, jenseit der Grenze in die Saale zu münden. Die Schwarze Elster (s. d.) entspringt am Sibyllenstein und nimmt aus S. das Schwarzwasser, die Pulsnitz und die Röder auf. Die Spree entspringt bei Neugersdorf nahe der böhmischen Grenze und nimmt das Löbauer Wasser auf. Zum Gebiet der Eger gehören nur die südlichste Spitze des Landes und die Zwota. Das Saalegebiet berührt S. durch die Wiesenthal an der äußersten westlichen Grenze. Zum Odergebiet gehört nur die aus Böhmen kommende (Görlitzer oder Lausitzer) Neiße, die nach Preußen übergeht, nachdem sie die ebenfalls aus Böhmen kommende Mandau, Kipper, Wittig und Pliesnitz aufgenommen hat. Eigentliche Seen hat S. nicht, wohl aber zahlreiche Teiche, namentlich bei Moritzburg und zwischen Hubertusburg und Mutzschen. Unter den Mineralquellen sind hervorzuheben: Elster (alkalisch-salinische Eisenquellen), das alkalische Bad Berggießhübel, die Eisenwässer Augustusbad bei Radeberg, Schandau, Tharandt, Hohenstein-Ernstthal und Neustadt, das Thermalbad Warmbad bei Wolkenstein (das wärmste von allen, 30°), Wiesenbad (erdig-salinische Schwefelquelle), die Eisenvitriolquelle zu Lausigk (Hermannsbad), das Schwefelbad Grünthal, Bad Oppelsdorf (Schwefel- und Stahlquelle) und Bad Marienborn bei Schmeckwitz (Schwefel- und Eisenquelle).

Areal und Bevölkerung.

Der Flächenraum des Königreichs S. beträgt 14,992,94 qkm (272,29 QM.). Es zählte 1815: 1,178,802,1830: 1,402,066,1840: 1,706,276,1864: 2,344,094,1875: 2,760,586,1880: 2,972,805,1885: 3,182,003,1890: 3,502,684,1895: 3,783,014,1900: 4,202,216,1905: 4,508,601 Seelen und hat unter allen europäischen Staaten die dichteste Bevölkerung (s. die Karte »Bevölkerungsdichtigkeit im Deutschen Reich«, im 4. Bd.) und dabei auch eine sehr starke jährliche Bevölkerungszunahme (1895/1900 jährlich 2,19 Proz., 1900/05: 1,46 Proz.). Männliche Einwohner sind 2,179,108, weibliche 2,3::9,493. Es kommen (1905) auf 1 qkm 300,71 Einw., auf die Kreishauptmannschaft:

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[371] Am dichtesten bevölkert ist, abgesehen von den Bezirken der Großstädte, die industriereiche Amtshauptmannschaft Glauchau mit 471 Einw. auf 1 qkm, am dünnsten das rein landwirtschaftliche, sandige Niederland rechts der Elbe und das unwirtliche Oberland. Die Zahl der Gebornen überragte die der Gestorbenen von 1901–05 durchschnittlich jährlich um ca. 63,000 = 4 überschießende Geburten auf 1 qkm. Die Zahl der überseeischen Auswanderer betrug 1905: 1637, der Anteil Sachsens an der deutschen Auswanderung 5,83 Proz. S. hat 143 Städte und 3034 Landgemeinden (außerdem 1222 selbständige Gutsbezirke). In Städten wohnen 2,422,221 (= 53,7 Proz.), auf dem Lande 2,086,380 Menschen (46,3 Proz.). Unter den Städten haben zwei (Dresden und Leipzig) mehr als 500,000 Einw., eine zwischen 200–300,000, eine zwischen 100,000 und 150,000, eine über 50,000, drei zwischen 30,000 und 50,000, fünf zwischen 20,000 und 30,000, sieben zwischen 15,000 und 20,000, vierzehn zwischen 10,000 und 15,000 Einw. Neun Landgemeinden hatten mehr als 10,000 Einw. Der Abstammung nach sind die Bewohner teils germanisierte Slawen, teils aus Thüringen und Franken eingewanderte Deutsche. In Teilen der Amtshauptmannschaften Kamenz, Bautzen und Löbau hat sich die wendische Sprache erhalten, die 1900 die Muttersprache von 44,025 Bewohnern dieser drei Bezirke und von 2984 Bewohnern des übrigen S. war. In 225 Landgemeinden hatte mehr als die Hälfte der Einwohner wendische Muttersprache. Dem religiösen Bekenntnis nach zählte man 1905 unter andern:

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Bodenbenutzung, Land- und Forstwirtschaft.

In bezug auf die physische Kultur nimmt S. eine hohe Stelle ein. Die Gesamtfläche des Landes umfaßt 1,499,294 Hektar. Von der bei der Ermittelung der Bodenbenutzung vom Jahre 1900 nur mit 1,489,807 Hektar zur Nachweisung gekommenen Gesamtfläche entfielen 1,028,143 Hektar oder 69 Proz. auf die landwirtschaftlich genutzte Fläche (Feld und Gärten 843,759, Wiesen 175,396, Weiden und Hutungen 8461 und Weinberge 527), 384,540 Hektar oder 25,8 Proz. auf Forsten und Holzungen und 77,124 Hektar oder 5,2 Proz. auf unproduktive Flächen. Das meiste Acker- und Gartenland hat die Amtshauptmannschaft Oschatz mit 90,1 Proz., das wenigste die Amtshauptmannschaft Auerbach mit 64,8 Proz. der landwirtschaftlich genutzten Fläche. Der Boden wird selbst in Bezirken mit wenig günstigen klimatischen Verhältnissen zur landwirtschaftlichen Kultur verwendet. Von je 100 Hektar der landwirtschaftlich genutzten Fläche liegen 78,4 Hektar 100–400 m, 18 Hektar 400–600 m und 3,6 Hektar über 600 m über der Ostsee. Von der landwirtschaftlich genutzten Fläche werden verwendet von je 100 Hektar:

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Im Vergleich zu andern Teilen des Reiches nimmt S. insofern eine sehr abweichende Stellung ein, als nur Berlin und die Hansestädte einen geringern, alle andern Länder und Provinzen einen erheblich größern Prozentsatz an landwirtschaftlicher Bevölkerung haben. 1895 gehörten an: der Landwirtschaft, Gärtnerei und Tierzucht, der Forstwirtschaft und Fischerei 15,1 Proz. (1882: 20) der Gesamtbevölkerung, der Industrie, dem Berg-, Hütten- und Bauwesen 58 Proz. (1882: 56,2), dem Handel und Verkehr 14 Proz. (1882: 12,5), den häuslichen Dienst Leistenden (ausschließlich der bei der Herrschaft wohnenden Dienstboten) und als Lohnarbeiter wechselnder Art 1,2, dem Militär-, Hof-, bürgerlichen und kirchlichen Dienst, auch sogen. freien Berufsarten 5,4, ohne Beruf und Berufsangabe 6,3 Proz. Den wesentlichen Teil der vorhandenen Fläche nehmen die bäuerlichen Betriebe für sich in Anspruch. 1895 entfielen von je 100 Hektar der in den landwirtschaftlichen Betrieben vorhandenen Gesamtfläche 3,2 Hektar auf die Betriebe mit weniger als 1 Hektar, 12,8 Hektar auf die Betriebe mit 1–5 Hektar, 40,3 Hektar auf die Betriebe mit 5–20 Hektar, 29,2 Hektar auf die Betriebe mit 20–100 Hektar und nur 14,5 Hektar auf die Betriebe mit mehr als 100 Hektar. Die meisten Kleinbetriebe mit weniger als 5 Hektar hat die Kreishauptmannschaft Bautzen bei 82,1 Proz. aller Betriebe, die meisten bäuerlichen Betriebe mit 5–20 Hektar die Kreishauptmannschaft Zwickau bei 24,5 Proz. und die meisten Betriebe mit mehr als 20 Hektar die Kreishauptmannschaft Leipzig bei 7,7 Proz. aller Betriebe. Im J. 1905 sind angebaut und geerntet worden:

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Die eigentlichen Kornkammern Sachsens sind die Gegenden von Lommatzsch, Döbeln, Mügeln, Grimma, südlich von Leipzig, um Bautzen und Zittau. Treffliche Wiesen sind im Elster- und Erzgebirge sowie in den Niederungen der beiden Mulden und der Pleiße vorhanden. Flachsbau wird besonders in den Amtshauptmannschaften Freiberg, Annaberg und Dippoldiswalde häufiger betrieben. Derselbe ist aber gegen früher stark zurückgegangen. Der Obstbau ist in S. durch den Landesobstbauverein wesentlich gehoben worden. An Apfel-, Birnen-, Pflaumen- und Kirschbäumen sind 1900 zusammen 9,257,682 Stück gezählt worden. Von je 100 dieser Bäume waren 27,4 Apfel-, 17,3 Birnen-, 39,7 Pflaumen- und 15,6 Kirschbäume. Gemüsebau und Gärtnerei haben ihren Hauptsitz um Dresden, Leipzig und Zittau. Kunst- und Handelsgärtnereien gab es im J. 1895: 2401 mit 1669 Hektar gärtnerisch genutzter Fläche. Auf einer hohen Stufe steht auch die Viehzucht Sachsens. Am 1. Dez. 1904 sind gezählt worden: 167,973 Pferde, 683,771 Rinder, 61,863 Schafe, 639,818 Schweine und 128,711 Ziegen. Auf je 100 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche sind gehalten worden: 16,4 Pferde (1873: 11,4), 66,7 Rinder (1873: 63,8), 6,0 Schafe (1873: 20,4), 62,4 Schweine (1873: 29,7) und 12,6 Ziegen (1873: 10,4). Zur Veredlung der Pferdezucht dient das Landstallamt Moritzburg. Von demselben sind im J. 1905 auf 28 über das Land verteilten Beschälstationen 97 Hengste zum Decken der Zuchtstuten verwendet worden.[372] Die Schafzucht, die ehemals sehr großen Ruf genoß, ist sehr zurückgegangen, indes sind auch jetzt noch ausgezeichnete Zuchtschäfereien in Leutewitz bei Meißen, Lohmen bei Pirna, Oschatz, Baßlitz bei Priestewitz etc. vorhanden. Schweinezucht wird besonders stark in den Amtshauptmannschaften Meißen, Großenhain, Döbeln, Oschatz, Grimma und Borna betrieben. Gänsezucht ist namentlich in der Lausitz und bei Leipzig anzutreffen. Die Bienenzucht wird am stärksten in den Amtshauptmannschaften Großenhain und Bautzen betrieben. Am 1. Dez. 1900 gab es in S. 75, 791 Bienenstöcke, darunter 44,888 Stück mit beweglichen Waben. Trotz der intensiven Landwirtschaft vermag S. den Bedarf seiner dichten Bevölkerung an Körnerfrüchten und Fleisch nicht zu decken. Der Landeskulturrat, dem die Vertretung, Förderung und Fortbildung der Land- und Forstwirtschaft sowie des Gartenbaues zur Aufgabe gestellt ist, besteht nach seiner Umgestaltung (Gesetz vom 30. April 1906) aus 28 Mitgliedern. Mit der Universität Leipzig ist ein landwirtschaftliches Institut, mit dem Realgymnasium in Döbeln eine höhere Landwirtschaftsschule verbunden. Außerdem werden von den landwirtschaftlichen Kreisvereinen neun niedere Landwirtschaftsschulen und zwei Haushaltungsschulen für Mädchen unterhalten. Auch Garten- und Obstbauschulen sind vorhanden. Landwirtschaftliche Versuchsstationen bestehen in Möckern und Dresden, für die Oberlausitz in Pommritz. 5 landwirtschaftliche Kreisvereine, ein bienenwirtschaftlicher Hauptverein, ein Landesverband der Geflügelzüchtervereine, ein Landesobstbauverein und ein Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften mit ihren Zweig- und Lokalvereinen sowie ein Fischerei- und ein Fohlenaufzuchtverein tragen alle zur Hebung der Landwirtschaft mit bei. Eine Anstalt für künstliche Fischzucht besteht in Tharandt. Um die Beschaffung von Anlagekapitalien für Landeskulturzwecke zu erleichtern, ist im J. 1861 eine Landeskulturrentenbank errichtet worden. Vgl. v. Langsdorff, Die Landwirtschaft im Königreich S., ihre Entwickelung bis 1885 (Dresd. 1889); Hofmann, Die Rittergüter des Königreichs S. (das. 1900).

Eines großen Rufes erfreut sich die Forstkultur Sachsens. Eine Forstakademie und eine forstliche Versuchsstation sind in Tharandt vorhanden. Im J. 1900 umfaßten die Forsten und Holzungen 384,540 Hektar, wovon 172,141 Hektar oder 44,8 Proz. auf den Staatswald entfielen. Den wenigsten Wald hat die Amtsh. Borna bei 7,1 Proz., den meisten die Amtsh. Schwarzenberg bei 63,4 Proz. der Gesamtfläche aufzuweisen. Auf je 100 Hektar der vorhandenen Waldfläche des Landes war das Laubholz mit 11,3 Hektar und das Nadelholz mit 88,7 Hektar vertreten. 18,3 Proz. des Laubholzes und 88,7 Proz. des Nadelholzes sind als Hochwald zur Anschreibung gekommen. Die Kiefer ist in der Kreish. Bautzen, die Fichte (Rottanne) in den Kreishauptmannschaften Dresden und Zwickau, das Laubholz in der Kreish. Leipzig am stärksten vertreten. Der Rohertrag des Waldes berechnete sich ums Jahr 1900 im ganzen auf 1,857,518 Festmeter, vom Hektar auf 4,8 Festmeter. Der Mehrbedarf an Holz wird hauptsächlich durch Zufuhr aus Österreich, namentlich durch Elbflöße, gedeckt. Von sonstigen Waldprodukten sind Heidel- und Preiselbeere selbst Gegenstand der Ausfuhr. Hirsche und Rehe kommen hauptsächlich in größern Forstrevieren, Schwarzwild nur in Moritzburg, Auerhähne besonders bei Eibenstock, Schwarzenberg, Elster und Zittau, Birkhühner häufiger vor. Eine sehr erhebliche Verbreitung hat der Fasan in neuerer Zeit gefunden. Die Elbe und ihre Nebenflüsse liefern Aale, Lachse, Zander, Barben, Hechte etc., die Gebirgs wässer meist Forellen, die Teichwirtschaften der Lausitz Karpfen, Schleien und Hechte. Die Perlenfischerei, die in der Weißen Elster auch heute noch betrieben wird, ist Regal, bietet aber nur noch geringe Ausbeute. Vgl. Mammen, Die Waldungen des Königreichs S. (Leipz. 1906); Steglich, Die Fischwässer im König reich S. (Dresd. 1895).

Bergbau und Hüttenwesen.

Der Bergbau nimmt in der Volkswirtschaft Sachsens noch immer eine wichtige Stellung ein, obwohl der früher in höchster Blüte stehende Erzbergbau, der schon seit dem 12. Jahrh. im Erzgebirge betrieben wurde und diesem den Namen gegeben hat, in jüngerer Zeit immer mehr an Bedeutung abgenommen hat. Der Erzbergbau ist von großem Einfluß auf die wirtschaftliche Entwickelung Sachsens gewesen und bildete, namentlich der Silberbergbau bei Freiberg, die wichtigste Einnahmequelle des Landes und der Fürsten. Sein Rückgang in neuerer Zeit ist auf die ausländische Konkurrenz und das Sinken der Metallpreise, insbes. auf die Entwertung des Silbers, zurückzuführen. In den Jahren 1858–1905 ist die Zahl der im Erzbergbau beschäftigten Personen von 11,464 auf 2806 gefallen, und der Wert der Produktion betrug 1905 nur noch 2,2 Mill. Mk., wovon 1,2 Mill. Mk. allein auf Silbererze entfielen. Nächst dem Silber hat gegenwärtig noch die Gewinnung von Wismut-, Kobalt- und Nickelerzen, namentlich im Schneeberger Bergrevier, einige Bedeutung. Der früher zeitweilig reiche Ausbeute liefernde Zinnbergbau wird nur noch in geringerm Umfang in Altenberg betrieben.

Bei weitem größere Bedeutung als der Erzbergbau hat in der Gegenwart für S. der Steinkohlenbergbau, der in größerer Ausdehnung in dem Becken von Zwickau und Lugau-Ölsnitz und im Plauenschen Grunde bei Dresden betrieben wird und der 1905 etwa 4,6 Mill. Ton. im Werte von über 52 Mill. Mk. lieferte. Im Gegensatz zu den meisten übrigen Berggesetzen ist in S. das Kohlenbergbaurecht an das Grundeigentum gebunden. Braunkohlen kommen vornehmlich in den Einbuchtungen des Tieflandes um Grimma, Oschatz, Borna und Leipzig sowie um Zittau, Bautzen und Kamenz vor. Die Förderung der 96 Braunkohlenwerke betrug 1905: 2,2 Mill. Ton. im Werte von 5,3 Mill. Mk. Aus 191,000 T. Steinkohlen wurden 68,000 T. Koks und 50,000 T. Briketts und aus 721,000 T. Braunkohlen 58,000 Stück Braunkohlenziegel und 261,000 T. Briketts hergestellt. Der gesamte Bergbau auf Erze, Stein- und Braunkohlen beschäftigte 1905: 32,180 Personen und lieferte Produkte im Werte von 59,8 Mill. Mk.

Torf findet sich im Erzgebirge. Vorzügliche Sandsteine liefert das Elbsandsteingebirge, wo 1904 im Bezirke der Amtshauptmannschaft Pirna 2296 Personen in 245 Steinbrüchen beschäftigt waren, Granit zu Platten oder Skulpturen das Lausitzer Gebirge. Kalk wird im Müglitz- und Triebischtal, bei Mügeln, Geithain und Lengefeld, Schiefer im Erzgebirge, Serpentin bei Zöblitz und Waldheim gebrochen. Porzellanerde gibt es bei Meißen und in den Amtshauptmannschaften Oschatz und Bautzen, Salz fehlt.

Seit 1710 kommen sämtliche silber-, blei- und kupferhaltige Erze des Inlandes, außerdem in neuerer Zeit eine bedeutende Anzahl ausländischer auf den fiskalischen Hüttenwerken bei Freiberg zur Verarbeitung; nur für Zinn besteht im Altenberger [373] Revier eine besondere Schmelzhütte. Von den Freiberger Hütten wurden 1904 für 7,7 Mill. Mk. Erze und Gekrätze eingekauft und für beinahe 13 Mill. Mk. Produkte verkauft. Kupferwalz- und -Hammerwerke bestehen in Grünthal und Bautzen. Die kobalt- und nickelhaltigen Erze werden auf dem gewerkschaftlichen Blaufarbenwerk in Pfannenstiel und dem fiskalischen in Oberschlema verarbeitet. Das letztere verkaufte 1904 an Produkten 2759 dz im Werte von 1,4 Mill. Mk. Was die Eisenproduktion betrifft, so produzierten 1904: 175 Eisengießereien mit 11,886 Arbeitern 190,980 Ton. Gußwaren zweiter Schmelzung im Werte von 37 Mill. Mk., 4 Schweißeisenwerke und 8 Flußeisenwerke mit zusammen 3564 Arbeitern 20,611 T. Erzeugnisse aus Schweißeisen und Schweißstahl im Werte von 3,3 Mill. Mk. und 155,456 T. Erzeugnisse aus Flußeisen und Flußstahl im Werte von 21,3 Mill. Mk. Hochöfen waren seit 1902 nicht im Betrieb. Vgl. das »Jahrbuch für Berg- und Hüttenwesen im Königreich Sachsen« (Freiberg).

Industrie.

S. ist eins der Hauptindustrieländer der Erde. Es ist in fünf Handelskammer- und ebenso viele Gewerbekammerbezirke (Chemnitz, Dresden, Leipzig, Plauen, Zittau) sowie in 13 Gewerbeinspektionsbezirke eingeteilt. Die Zahl der 1895 in S. ermittelten Hauptgewerbebetriebe beträgt 325,631 gegen 313,140 im J. 1882. Davon gehören 22,4 Proz. (34,9 im J. 1882) zur Textilindustrie, 23,2 (22,9) zur Bekleidungs- und Reinigungsindustrie, 18,8 (11,3) zum Handelsgewerbe, 7,2 (6,0) zum Nahrungs- und Genußmittelgewerbe, 5,4 (5,9) zur Industrie der Holz- und Schnitzstoffe, 3,6 (2,7) zum Baugewerbe, 3,4 (3,4) zur Metallverarbeitungsindustrie, 2,9 Proz. (2,6) zur Industrie der Maschinen und Instrumente. Die Zahl der in allen Hauptbetrieben beschäftigten Personen betrug 1895: 1,150,853 gegen 793,760 (im J. 1882). Von diesen arbeiteten 267,441 (23,2 Proz.) in der Textilindustrie, 137,269 (11,9) in den zur Bekleidung und Reinigung gehörenden Gewerben, 127,148 (11,0) im Handelsgewerbe, 106,585 (9,3) im Baugewerbe, 85,417 (7,4) in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie, 72,304 (6,3) in der Industrie der Maschinen und Instrumente, 56,212 (4,9) in der Industrie der Holz- und Schnitzstoffe, 53,683 (4,7 Proz.) im Metallverarbeitungsgewerbe. Die Beteiligung des weiblichen Geschlechts an der Erwerbstätigkeit in der eigentlichen Industrie (einschließlich Bergbau, aber ausschließlich Handels- und Verkehrsgewerbe) ist in S. beträchtlich stärker als im Deutschen Reich überhaupt: hier 18,4, dort 26,5 Proz. Die Zahl der in der Industrie verwendeten feststehenden Dampfmaschinen belief sich 1904 auf etwa 12,000 mit beinahe 448,000 Pferdekräften. Die Zahl der Hauptbetriebe mit Motoren betrug 1895: 13,496 gegen 9789 im J. 1882. Von sämtlichen Hauptbetrieben entfielen 1895: 92,4 Proz. auf die Kleinbetriebe (Alleinbetriebe und Gehilfenbetriebe mit 1–5 Personen), 6,8 auf die Mittelbetriebe (mit 6–50 Personen) und 0,8 Proz. auf die Großbetriebe. Die im Gewerbe beschäftigten Personen verteilten sich auf die Kleinbetriebe mit 41,4 Proz., auf die Mittelbetriebe mit 26,4 und auf die Großbetriebe mit 32,2 Proz.

Von großer Wichtigkeit ist der Maschinenbau, der in Chemnitz seinen Hauptsitz hat. Bedeutend ist auch die Industrie der Steine und Erden; Steinzeug- und Tonwarenfabriken haben Dresden, Chemnitz, Zwickau, Meißen, Königsbrück, Kamenz, Pulsnitz und Bautzen, Porzellanfabriken Meißen und Zwickau; Glas wird bei Dresden, in Pirna, Radeberg, Bischofswerda, Bautzen, Kamenz, Zwickau und bei Karlsfeld fabriziert.

Die wichtigste aller sächsischen Industrien ist die Textilindustrie. Sehr entwickelt ist sie insbes. in der Kreishauptmannschaft Chemnitz, wo Chemnitz und Umgegend und die Amtshauptmannschaft Glauchau mit den Städten Glauchau, Meerane und Hohenstein Mittelpunkte derselben sind, ebenso in der Kreishauptmannschaft Zwickau, namentlich in den Amtshauptmannschaften Plauen und Zwickau, sowie ferner in den Amtshauptmannschaften Löbau und Zittau. Auf S. entfielen 1895 von den in der deutschen Textilindustrie beschäftigten Personen allein etwa 27 Proz. Die sächsische Textilindustrie hat in den Jahren 1882 bis 1895 bedeutend zugenommen; doch sind andre Gewerbegruppen noch stärker gewachsen, so daß auf die Textilindustrie 1895 nur 23,2 Proz. der im Gewerbe im weitern Sinne beschäftigten Personen kamen, gegenüber 29,7 Proz. im J. 1882. Sehr stark zurückgegangen sind die Kleinbetriebe (um 35 Proz.), dagegen ist die Zahl der Mittelbetriebe (um 22,7 Proz.) und insbes. die der Großbetriebe (um 91,7 Proz.) stark gewachsen. Hinsichtlich der Zahl der in der Textilindustrie beschäftigten Personen nimmt die Weberei die erste Stelle ein; alsdann folgen die Strickerei und Wirkerei, die Spinnerei, die Häkelei, Stickerei und Spitzenfabrikation, einschließlich der im südwestlichen Erzgebirge noch immer betriebenen, aber wenig lohnenden Klöppelei, und die Posamentenfabrikation der Annaberger Gegend. Hauptsitz der Leinenindustrie ist die Lausitz, doch ist dieselbe infolge der erdrückenden ausländischen Konkurrenz sehr zurückgegangen. Berühmt ist die Damastweberei von Großschönau. Die Fabrikation baumwollener Musseline und die Weißstickerei haben im Vogtland ihren Sitz, die Strumpfwirkerei in und um Chemnitz. die Bandfabrikation in Pulsnitz und Umgegend. Hauptpunkte für die Tuch- und Buckskinfabrikation sind: Kamenz, Krimmitschau, Bischofswerda und Großenhain; für Flanelle Hain ichen; für wollene und halbwollene Kleiderstoffe Chemnitz, Glauchau, Meerane, Reichenbach, Ölsnitz, Zittau; für wollene Strumpfwaren Bautzen und Limbach.

S. ist das Hauptproduktionsgebiet der deutschen Handschuhindustrie und der Sitz einer beträchtlichen Schuhfabrikation, die besonders im obern Erzgebirge betrieben wird. Die Fabrikation künstlicher Blumen blüht in Sebnitz, Neustadt bei Stolpen, Dresden und Leipzig. Im Erzgebirge, namentlich um Seiffen, Waldkirchen, Olbernhau, hat sich die Holz- und Spielwarenindustrie, in Karlsfeld und Glashütte die Uhrenfabrikation, im Vogtland, in Markneukirchen und Klingenthal die Fabrikation musikalischer Instrumente angesiedelt. Hochentwickelt ist in Leipzig und Dresden die Pianofortefabrikation, in Leipzig insbes. auch die Industrie mechanischer Musikwerke. Die Möbelfabrikation ist weit verbreitet, unter andern in Orten wie Waldheim, Geringswalde, Mittweida, Leisnig, Hartha, Rabenau; großen Ruf haben die kunstgewerblichen Erzeugnisse der Möbelindustrie in Dresden. In hoher Blüte steht in S. auch die Papierindustrie, die etwa ein Viertel des in Deutschland hergestellten Papiers liefert; sehr ausgebildet ist das polygraphische Gewerbe in Leipzig. Große Ausdehnung hat ferner in S. die Zigarrenfabrikation; Dresden ist der Hauptsitz der deutschen Zigarettenindustrie und zugleich der Schokoladenfabrikation, die auch in Leipzig stark vertreten ist. 1904/05 waren in Betrieb[374] 581 Bierbrauereien, die 4,9 Mill. hl Bier erzeugten, und 563 Branntweinbrennereien, die 139,641 hl Alkohol produzierten. 1905 betrug in den 21,926 der Gewerbeinspektion unterliegenden Betrieben die Zahl der Arbeiter 614,714, darunter 209,600 weibliche, 48,738 unter 16 Jahre alte.

Handel und Verkehr.

Sachsens Handel nimmt teil am Welthandel; seine wichtigsten Ausfuhrartikel sind die Erzeugnisse der Textil-, Maschinen- und verschiedener Luxusindustrien. Der Mittelpunkt desselben und zugleich der des gesamten deutschen Buchhandels ist Leipzig. Sehr lebhaft ist der Verkehr auf der Elbe, deren Schiffbarkeit sorgfältig unterhalten und verbessert wird. Ende 1905 belief sich der Bestand der Elbfahrzeuge in S. auf 80 Personen- und 9 Güterdampfschiffe, 48 Rad- und 27 Kettenschleppschiffe, 541 Segel- und Schleppschiffe, letztere mit 235,000 Ton. Tragfähigkeit. Die 1836 gegründete Sächsisch-Böhmische Dampfschifffahrtsgesellschaft befördert jährlich über 21/2 Mill. Personen. Den größten Teil des Güterverkehrs auf der ganzen Elbe betreiben die in Dresden ansässigen Vereinigten Elbschiffahrtsgesellschaften A.-G. und die Deutsch-Österreichische Dampfschiffahrt. Erstere Gesellschaft ist Ende 1903 aus der Vereinigung der Kette (gegründet 1869), der Österreichischen Nordwest-Dampfschiffahrtsgesellschaft und der Gesellschaft Vereinigte Elbe- und Saale-Schiffer entstanden und beförderte 1905: 2,250,000 Ton. Güter. Der Durchgangsverkehr von Schandau betrug 1905: 10,000 Schiffe zu Berg mit 590,000 T. Ladung und 10,400 Schiffe mit 2,770,000 T. zu Tal. Bei dem weit überwiegenden Talverkehr steht böhmische Braunkohle an erster Stelle. Die Länge der Staatsstraßen beträgt 3620 km. Die unter sächsischer Staatsverwaltung steyenden Eisenbahnen hatten Ende 1905 eine Länge von 3251,27 km, und zwar 3185,81 km Staatsbahnen und 65,46 km Privatbahnen. Unter Privatverwaltung stehen nur die Bockwaer und die v. Arnimsche Kohlen bahn bei Planitz mit einer Länge von zusammen 5,4 km. Vollbahnen sind 1826,5 km, normalspurige Sekundärbahnen 988,03, schmalspurige 436,66 km. Befördert wurden 1905 über 76 Mill. Personen und gegen 30 Mill. T. Güter. Vgl. Ulbricht, Geschichte der königl. sächs. Staatseisenbahnen (Dresd. 1889); Wiedemann, Die sächsischen Eisenbahnen in historisch-statistischer Darstellung (Leipz. 1902).

Außer den beiden bereits erwähnten Rentenbanken, dem Erbländischen Ritterschaftlichen Kreditverein in Leipzig und der Landständischen Bank des Markgrafentums Oberlausitz, die beide für Hypothekarkredit bestimmt sind, besitzt S. mehrere Banken für Handel und Verkehr: die Allgemeine Deutsche Kreditanstalt und die Leipziger Hypothekenbank in Leipzig, die Sächsische und die Dresdener Bank in Dresden u.a.; außerdem dienen zahlreiche Kreditvereine der Förderung des Handelsverkehrs. Hochentwickelt ist in S. das Sparkassenwesen. Am Schluß des Jahres 1904 gab es 329 Sparkassen, d.h. eine auf 13,500 Einw., mit einem Gesamtguthaben der Einleger von 1244,7 Mill. Mk. Am Schluß des Jahres 1877 kamen auf den Kopf der Bevölkerung 103 Mk., 1904 dagegen etwa 280 Mk. Die durch Gesetz vom 6. Nov. 1858 errichtete Altersrentenbank hat bei einer Gesamthöhe der bis Ende 1905 bewirkten Einzahlungen von 62,580,384 Mk. Renten im Betrag von 36,007,174 Mk. ausgezahlt. Sachsens Volkswohlstand ist in stetigem Steigen. Während die Bevölkerung von 1880–1905 um 51,7 Proz. gestiegen ist, hat sich die Zahl der eingeschätzten physischen Personen von 1879 bis 1904 um 71,9 Proz., das Einkommen von 928,5 Mill. auf 2284,9 Mill. Mk. (um 146,1 Proz.) gehoben. Das durchschnittliche Jahreseinkommen auf den Kopf der Bevölkerung betrug bei den Landbewohnern 1904: 382 Mk. (1880: 265 Mk.), bei den Stadtbewohnern 675 Mk. (1880: 425 Mk.). Das durchschnittliche Einkommen eines Eingeschätzten betrug 1265,84 Mk. und war am höchsten in Leipzig (1846,35 Mk.). Die Klasse mit einem Einkommen bis zu 800 Mk. macht 54,84 Proz. der Eingeschätzten überhaupt aus, aber nur 34,54 Proz. der eingeschätzten Personen mit eignem Haushalt. Unter letztern betragen die mit über 5800 Mk. Einkommen 3,16 Proz. 1904 waren 1289 Aktiengesellschaften etc. mit 64,75 Mill. Mk. Einkommen vorhanden.

Bildungsanstalten etc.

Für die intellektuelle Kultur der Bewohner ist durch trefflich eingerichtete Lehranstalten aller Art gesorgt. Die Landesuniversität sowie die am 1. Juli 1846 (Leibniz' 200jährigem Geburtstag) gestiftete königliche Gesellschaft der Wissenschaften haben ihren Sitz in Leipzig. Außerdem hat S. noch 6 andre Hochschulen: die Technische und Tierärztliche Hochschule in Dresden, die Bergakademie in Freiberg, die Forstakademie in Tharandt, die Akademie der bildenden Künste in Dresden und die Handelshochschule in Leipzig. Weiter sind an Lehranstalten für allgemeine Zwecke vorhanden: 19 Gymnasien (darunter die Fürstenschulen in Meißen und Grimma), 12 Realgymnasien, 30 Realschulen und 4 höhere Mädchenschulen, an militärischen Bildungsanstalten: das Kadettenkorps in Dresden, die Unteroffizierschule und Unteroffiziervorschule in Marienberg, die Soldatenknaben-Erziehungsanstalt in Kleinstruppen und die Garnisonschule der Festung Königstein. Für künstlerische Ausbildung sorgen 4 Lehranstalten für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 37 Lehranstalten für Musik und Theater sowie das königliche stenographische Institut in Dresden, für gewerbliche Fachbildung die Staatslehranstalten in Chemnitz, die Technika in Mittweida, Limbach, Hainichen und Riesa, die Ingenieurschule in Zwickau, die Technische Schule in Dresden, 3 städtische Gewerbeschulen, 6 Baugewerken-, bez. Tiefbauschulen, 26 Web-, Wirk- und Posamentierschulen, 98 andre gewerbliche Fachschulen, 7 königliche Schifferschulen und 2 Bergschulen. Hierzu kommen noch 46 gewerbliche Fortbildungsschulen, 13 gewerbliche Mal- und Zeichenschulen, 20 gewerbliche Lehranstalten für Frauen und Mädchen, 13 landwirtschaftliche Obst- und Gartenbauschulen und 61 Handelsschulen. (Vgl. »Verzeichnis der Gewerbe-, Landwirtschafts- und Handelsschulen etc.«, amtlich, Dresd. 1903.) Für den Handfertigkeitsunterricht für Schulkinder sind 28 Klöppel- und Strohflechtschulen vorhanden, neben gewerblichen Zeichenschulen an 18 Volksschulen der Spielwarenindustriebezirke. Ferner ist noch die Hebammenschule und die ärztliche Fortbildungsschule bei der königlichen Frauenklinik in Dresden zu erwähnen. Die Volksschule, über die der Staat seine Aussicht durch 31 Bezirksschulinspektoren ausübt, gliedert sich nach dem Gesetze vom 23. April 1873 in einfache, mittlere und höhere, wozu noch die Fortbildungsschule kommt. Man zählte Ende des Jahres 1904: 2319 öffentliche (darunter 50 katholische) und 59 private Schulen mit Volksschulcharakter nebst 1966 Fortbildungsschulen. Die Heranbildung der Lehrkräfte geschieht durch 24 Seminare (darunter ein katholisches), ausschließlich 3 Lehrerinnenseminare[375] in Dresden, Leipzig und Kallnberg. Drei Taubstummeninstitute bestehen in Dresden (2) und Leipzig.

An Heil-, Pflege- und Erziehungsanstalten sowie an Straf- und Korrektionsanstalten verdienen Erwähnung: die Heil- und Pflegeanstalten zu Sonnenstein, Großschweidnitz, Hubertusburg, Untergöltzsch, Zschadraß sowie die Pflegeanstalt in Kolditz und die für Epileptische in Hochschweitzschen, die Anstalt für Blinde und Schwachsinnige in Chemnitz und die Anstalt für sittlich gefährdete Kinder in Bräunsdorf; endlich die Anstalten in Waldheim (Männer- und Frauenzuchthaus), die Strafanstalten für männliche Gefängnissträflinge in Hoheneck, Bautzen und Zwickau, die Korrektionsanstalten für Männer in Sachsenburg und Hohnstein, die Strafanstalt für weibliche Gefängnissträflinge in Voigtsberg und die Korrektionsanstalt für weibliche Personen in Grünhain.

Staatsverfassung und -Verwaltung etc.

Das Königreich S. ist eine konstitutionelle Monarchie und ein Glied des Deutschen Reiches. Im Bundesrat hat es 4 Stimmen, in den Reichstag entsendet es 23 Vertreter (über die Reichstagswahlkreise Sachsens s. Karte »Reichstagswahlen«). Die Staatsverfassung beruht auf der Verfassungsurkunde vom 4. Sept. 1831, die durch die Gesetze vom 5. Mai 1851, 27. Nov. 1860, 19. Okt. 1861, 3. Dez. 1868, 12. Okt. 1874, 13. April 1888, 20. April 1892 und 30. Juni 1902 abgeändert worden ist. Der König (gegenwärtig Friedrich August III., geb. 25. Mai 1865, regiert seit 15. Okt. 1904) kann ohne Zustimmung der Stände weder zugleich Oberhaupt eines andern Staates (Erbanfälle ausgenommen) werden, noch seinen wesentlichen Aufenthalt außer Landes nehmen. Die Krone ist erblich im Mannesstamm des königlich sächsischen Fürstenhauses (Albertinische Linie) nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealerbfolge; beim Erlöschen desselben sukzediert die Ernestinische Linie des Hauses S. In Ermangelung eines sukzessionsfähigen Prinzen geht die Krone auf die weibliche Linie über. Der König wird mit zurückgelegtem 18. Lebensjahr volljährig. Er bezieht eine Zivilliste von 3,550,000 Mk., wozu noch (1907) 524,568 Mk. Apanagen des königlichen Hauses kommen. Das königliche Haus bekennt sich zur römisch-katholischen Kirche. Das königliche Hausgesetz datiert vom 30. Dez. 1837. Für das ganze Königreich besteht eine in zwei Kammern geteilte Ständeversammlung. Mitglieder der Ersten Kammer sind: 1) die volljährigen Prinzen des königlichen Hauses; 2) ein Deputierter des Hochstifts Meißen; 3) der Besitzer der Herrschaft Wildenfels; 4) ein Vertreter der Besitzer der Schönburgschen Rezeßherrschaften; 5) ein Abgeordneter der Universität Leipzig; 6) und 7) die Besitzer der Standesherrschaften Reibersdorf und Königsbrück; 8) der evangelische Oberhofprediger; 9) der Dekan des katholischen Domstifts in Bautzen; 10) der Superintendent in Leipzig; 11) ein Abgeordneter des Kollegiatstifts in Wurzen; 12) einer der Besitzer der Schönburgschen Lehnsherrschaften; 13) zwölf auf Lebenszeit gewählte Abgeordnete der Besitzer von Landgütern, die wenigstens 4000 Steuereinheiten haben; 14) zehn vom König auf Lebenszeit ernannte Rittergutsbesitzer, die ebenfalls wenigstens 4000 Steuereinheiten haben; 15) die erste Magistratsperson der Städte Dresden und Leipzig; 16) die erste Magistratsperson in sechs vom König unter möglichster Berücksichtigung aller Teile des Landes zu bestimmenden Städten; 17) fünf vom König nach freier Wahl auf Lebenszeit ernannte Mitglieder. Die Zweite Kammer, deren Mitglieder nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 28. März 1896 zu wählen sind, besteht aus 82 Abgeordneten, 37 der Städte und 45 der ländlichen Wahlkreise. Zu jenen schickt Dresden 5, Leipzig 5, Chemnitz 2, Zwickau einen Abgeordneten; die übrigen Städte sind in 24 Wahlkreise verteilt, deren jeder einen Abgeordneten wählt. Die Wahl erfolgt durch Wahl männer. Zur Wahl der letztern werden die Urwähler nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden staatlichen Grund- und Einkommensteuer in drei Abteilungen geteilt; jede Abteilung wählt besonders, und zwar ein Drittel der Wahlmänner. Jeder Kammer steht die Wahl ihres Präsidenten zu. Der König beruft längstens alle zwei Jahre einen ordentlichen Landtag, außerordentliche, so oft es dringende Angelegenheiten erfordern. Die Abgeordneten werden auf sechs Jahre gewählt; alle zwei Jahre scheidet ein Drittel aus. Wahlberechtigt ist jeder Staatsangehörige vom 25. Jahr an, der Grund- oder Einkommensteuer entrichtet, wählbar jeder, der das 30. Lebensjahr erfüllt, wenigstens 30 Mk. an Grund- oder Einkommensteuer oder an beiden zusammen zu entrichten hat und die sächsische Staatsangehörigkeit seit mindestens drei Jahren besitzt. Das Petitionsrecht können beide Kammern nur gemeinschaftlich, das Beschwerderecht kann, wenn keine Vereinigung zustande kommt, jede allein, das Anklagerecht können sie nur gemeinschaftlich ausüben und zwar nur gegen die Vorstände der Ministerien und bei Verletzung der Verfassung. Über die Anklage entscheidet ein teils vom König aus den Vorständen und Mitgliedern der höhern Gerichte ernannter, teils von den Ständen gewählter Staatsgerichtshof nach einem durch Gesetz vom 3. Febr. 1838 geregelten Verfahren. Derselbe Staatsgerichtshof entscheidet auch, wenn sich Regierung und Stände über Auslegung der Verfassung nicht vereinigen können. Als Provinzialstände bestehen in den Erblanden die vier Kreistage der Stände des Meißener, Leipziger, Erzgebirgischen und Vogtländischen Kreises (in Gemäßheit der Kreisordnung vom 10. Aug. 1821) und der Provinziallandtag der Oberlausitz nach Maßgabe des provinzialständischen Statuts (vom 17. Nov. 1834).

Die obersten Staatsbehörden sind das Gesamtministerium und die einzelnen Ministerialdepartements der auswärtigen Angelegenheiten, des Innern, des Kultus und öffentlichen Unterrichts, der Justiz, der Finanzen und des Krieges. Dem Gesamtministerium sind unmittelbar untergeordnet: das Oberverwaltungsgericht, die seit 1. Jan. 1877 mit erweiterten Befugnissen ausgestattete Oberrechnungskammer und das Hauptstaatsarchiv. Getrennt von dem Gesamtministerium ist das Ministerium des königlichen Hauses. Behufs der Verwaltung ist das Königreich in fünf Kreishauptmannschaften (s. oben) und 27 Amtshauptmannschaften eingeteilt; die Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz und (seit 1. Jan. 1907) Plauen und Zwickau stehen außerhalb der Amtshauptmannschaften. Jeder Amtshauptmannschaft ist ein Bezirksausschuß, jeder Kreishauptmannschaft ein Kreisausschuß beigegeben. Nach dem Gesetz vom 21. April 1873 bildet jede Amtshauptmannschaft einen Bezirksverband, der durch die Bezirksversammlung vertreten wird. Für Zwecke der Selbstverwaltung sind diese Bezirksverbände mit einem Fonds von 9 Mill. Mk. aus dem Anteil Sachsens an der französischen Kriegskostenentschädigung versehen worden. Verwaltung und Justiz sind auch in der ersten Instanz getrennt. Für den Regal- und[376] Kohlenbergbau sowie für das fiskalische Hüttenwesen ist das Bergamt in Freiberg kollegiale Mittelbehörde. Die Gemeindeordnung beruht auf der Städteordnung vom 2. Febr. 1832 und der Landgemeindeordnung vom 7. Juli 1838, beide revidiert durch Gesetz vom 24. April 1873, durch das zugleich eine besondere Städteordnung für mittlere und kleine Städte geschaffen wurde, die (1906) für 67 Städte gilt. An der Spitze des Stadtrats steht der Bürgermeister; die besoldeten Mitglieder des Stadtrats werden in der Regel auf Lebenszeit, die unbesoldeten stets nur auf sechs Jahre gewählt; doch kann die Wahl der erstern nach Ortsstatut anfänglich auch auf sechs, bez. zwölf Jahre erfolgen. Stadtrat und Stadtverordnete können zu einem Stadtgemeinderat verschmelzen. In den Landgemeinden besteht der Gemeinderat aus dem Gemeindevorstand, einem oder mehreren Gemeindeältesten und einem Gemeindeausschuß unter Aussicht des Amtshauptmanns. Die Ortspolizei wird von den Gemeinden unter Aussicht der Regierungsbehörden, die Landespolizei von der Landesregierung gehandhabt. Die Überwachung der Sanitätszustände liegt dem Landesmedizinalkollegium und in den Medizinalbezirken den Bezirksärzten ob.

Was die Gerichtsverfassung an langt, so hat S. ein Oberlandesgericht, in Dresden, 7 Landgerichte, in Dresden, Leipzig, Bautzen, Chemnitz, Zwickau, Freiberg und Plauen, und 108 Amtsgerichte (vgl. Textbeilage zum Artikel »Gerichtsverfassung«).

Über die evangelisch-lutherische Kirche üben, solange der König sich zur katholischen Kirche bekennt, die landesherrliche Kirchengewalt die in evangelicis beauftragten Staatsminister. Höchste Kirchenbehörde ist das durch das Kirchengesetz vom 15. April 1873 errichtete evangelisch-lutherische Landeskonsistorium in Dresden; die Konsistorialbehörde für die Oberlausitz bildet die Kreishauptmannschaft in Bautzen. Gemäß der Kirchenordnung von 1868 steht die Vertretung der lutherischen Kirche einer aus 40 Laien und 33 Geistlichen zusammengesetzten Synode zu. Eingeteilt ist S. in 27 Ephorien mit 929 Pfarrämtern (ausschließlich der Oberlausitz mit weitern 106 Pfarrämtern); die Zahl der Kirchengemeinden beträgt 1224. Für die reformierte Kirche, die zwei Parochien hat, bestehen die reformierten Konsistorien in Dresden und Leipzig. Die römischkatholische Kirche hat in den vier Bezirken Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zwickau (Erblanden) 35 Pfarreien und als oberste Behörde das apostolische Vikariat in Dresden, dem das katholische Konsistorium in Dresden untergeordnet ist. In der Oberlausitz, mit 21 Pfarreien, ist nach dem Traditionsrezeß vom 30. Mai 1635 das Domstift St. Petri in Bautzen nebst dem domstiftlichen Konsistorium die geistliche Behörde. Nur in der Lausitz bestehen noch zwei Nonnenklöster (in Marienstern und Marienthal); neue Klöster dürfen nicht errichtet, auch darf kein religiöser Orden aufgenommen werden. Für die deutschkatholischen Glaubensgenossen, deren Rechtsverhältnisse durch Gesetz vom 2. Nov. 1848 festgestellt sind, besteht nach Gesetz vom 21. Febr. 1849 als Mittelbehörde der Landeskirchenvorstand in Dresden. Die griechische Kirche hat zwei Parochien (Dresden mit Kirche und drei Geistlichen und Leipzig mit Kapelle und einem Geistlichen). Der israelitische Kultus hat 3 Synagogen (Dresden, Leipzig und Chemnitz) und 5 Rabbiner. Vgl. Opitz, Das Staatsrecht des Königreichs S. (Leipz. 1883–87, 2 Bde.); Leuthold, Das Staatsrecht des Königreichs S. (in Marquardsens »Handbuch des öffentlichen Rechts«, Freiburg 1884); Fricker, Grundriß des Staatsrechts des Königreichs S. (Leipz. 1891); Kranichfeld, Die Gesetzgebung des Königreichs S. (das. 1904–07, 2 Bde.); von der Mosel, Handwörterbuch des sächsischen Verwaltungsrechts (10. Aufl., das. 1903, 7 Bde.).

Finanzen, Wappen, Orden.

Der Stand der Finanzen ergibt sich aus dem für die zweijährige Finanzperiode 1906/07 festgesetzten Budget wie folgt:

Tabelle

die in den verfügbaren Beständen des mobilen Staatsvermögens Deckung finden werden. Der Matrikularbeitrag Sachsens ist für ein Jahr der Periode 1906´07 auf 16,961,980 Mk. festgesetzt. Die Staatsschuld betrug 1. Jan. 1906: 941,266,800 Mk., der aber ein Staatsvermögen von weit höherm Betrag gegenübersteht, indem allein für den Bau der Staatsbahnen bis Ende 1905: 1092,6 Mill. Mk. verausgabt worden sind. Die Abgabenverwaltung führt die Zoll- und Steuerdirektion in Dresden, die Erhebung der indirekten Abgaben geschieht durch 16 Hauptzollämter, für die der direkten Steuern ist das Land in 5 Steuerkreise mit 26 Steuerbezirken eingeteilt. Vgl. Löbe, Der Staatshaushalt des Königreichs S. (2. Aufl., Leipz. 1906); Georgi, Der Staatshaushalt des Königreichs S. seit dem Jahre 1880 (das. 1903); H. v. Nostitz, Grundzüge der Staatssteuern im Königreich S. (Jena 1903); A. Hoffmann, Die direkten Staatssteuern im Königreich S. (Leipz. 1906).

Zum Reichsheer stellt S. das 12. und 19. Armee. korps (Sitze der Korpskommandos Dresden und Leipzig); die aktive Armee besteht aus 15 Linieninfanterieregimentern, einem Schützenregiment, 2 Jägerbataillonen, 6 Kavallerie- und 8 Feldartillerieregimentern, einem Fußartillerieregiment, 2 Pionier- und 2 Trainbataillonen. Außerdem 2 Maschinengewehrabteilungen, 1 kombiniertes Jägerdetachement zu Pferde, endlich (in Berlin) 2 Kompanien des königlich preußischen Eisenbahnregiments Nr. 2,1 Detachement für die Betriebsabteilung der königlich preußischen Eisenbahnbrigade, 1 Kompanie des königlich preußischen Telegraphenbataillons Nr. 1. Die Friedensstärke beläuft[377] sich 1906 auf 1771 Offiziere, 217 Ärzte (einschließlich Veterinäre) und 42,487 Mann. Die Korpskommandanten ernennt der Kaiser, die übrigen Generale der König. Das Staatswappen (s. Tafel »Wappen I«) ist ein Schild, von Schwarz und Gold zehnfach quergestreift, mit schräg rechts darübergelegtem grünen Rautenkranz. Er ist vom Hausorden der Rautenkrone (Band mit der Devise: »Providentiae memor«) umhangen, von einer Königskrone bedeckt und von zwei goldenen Löwen gehalten. Das neue Majestätswappen (vom 7. Juni 1889) enthält folgende Einzelwappen: im Herzschild S., ferner von oben heraldisch rechts angefangen: Meißen, Thüringen, Pfalz-Thüringen, Pfalz-Sachsen, Pleißnerland, Vogtland, Orlamünde, Landsberg, Oberlausitz, Eisenberg, Altenburg und Henneberg. Die Helmzier, gleichfalls von rechts angefangen: Vogtland, Thüringen, Sachsen, Meißen und Oberlausitz. Die Landesfarben sind seit 1815 Weiß und Grün. Orden hat S. fünf: den Hausorden der Rautenkrone, gestiftet 20. Juli 1807 nach Annahme der Königswürde; den Militär-Sankt Heinrichsorden, benannt nach dem Kaiser Heinrich II. und gestiftet 7. Okt. 1736 von Friedrich August II. in Hubertusburg; den Verdienstorden, gestiftet 7. Juni 1815, und den Albrechtsorden zum Andenken an den Stammvater der Albertinischen Linie 31. Dez. 1850 gestiftet; den Sidonienorden, 14. März 1871 gestiftet für die von Frauen auf dem Gebiete der freiwillig helfenden Liebe im Krieg oder im Frieden erworbenen Verdienste (s. die besondern Artikel, Tafel »Orden I« und Tafel »Verdienstauszeichnungen«). – Residenz des Königs ist Dresden; königliche Lustschlösser sind: Pillnitz, Moritzburg und Sedlitz.

[Geographisch-statistische Literatur.]Vgl. v. Bose, Handbuch der Geographie, Statistik und Topographie des Königreichs S. (2. Aufl., Dresd. 1847); Engelhardt, Vaterlandskunde für Schule und Haus im Königreich S. (neue Bearbeitung von Th. Flathe, 3. Aufl., Leipz. 1877); Zemmrich, Landeskunde des Königreichs S. (das. 1906, Sammlung Göschen); Wuttke, Sächsische Volkskunde (2. Aufl., das. 1903); Friedemann, Das Königreich S., Vaterlandskunde (3. Aufl., Dresd. 1889); »Landschaftsbilder aus dem Königreich S.« (hrsg. von E. Schöne, Meißen 1905 ff.); Naumann und Cotta, Geognostische Beschreibung des Königreichs S. (Dresd. u. Leipz. 1845, 5 Hefte); Pelz, Geologie des Königreichs S. (Leipz. 1904); Credner, Die geologische Landesuntersuchung des Königreichs S. (das. 1885); Gebauer, Die Volkswirtschaft im Königreich S. (Dresd. 1889–91, 3 Bde.); über Eisenbahnen, Land- und Forstwirtschaft, Staatsverfassung, Finanzen etc. s. die bei den betreffenden Abschnitten angeführten Werke; Steche, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs S. (fortgesetzt von Gurlitt, das. 1883 ff.); Kolbe, Handbuch der Kirchenstatistik für das Königreich S. (20. Ausg., das. 1906) und der Schulstatistik (20. Ausg., das. 1906); »Staatshandbuch für das Königreich S.« (das. 1907); »Zeitschrift des Königlich Sächsischen Statistischen Landesamts«; »Statistisches Jahrbuch für das Königreich S.« (hrsg. vom Statistischen Landesamt, das. 1871 ff.); »Gemeinde- und Ortsverzeichnis für das Königreich S.« (das. 1904). Karten: Lange, Atlas von S. (Leipz. 1860–61,12 Bl.); »Karte des Deutschen Reichs«, für das Königreich S. 30 Blatt umfassend, herausgegeben vom topographischen Bureau des königlich sächsischen Generalstabes (Maßstab 1: 100,000, seit 1890); »Topographische Spezialkarte des Königreichs S.«, herausgegeben vom topographischen Bureau (1: 25,000, in 156 Blättern, Leipz. 1874–86; 2. Aufl. 1900 ff.); »Geologische Spezialkarte des Königreichs S.«, herausgegeben vom königlichen Finanzministerium (1: 25,000, in 156 Blättern, das. 1877 ff.; 2. Aufl. 1902 ff.).

Geschichte.

Kursachsen bis zur Teilung.

Markgraf Friedrich der Streitbare von Meißen erhielt 1423 das erledigte Kurfürstentum S. (s. Sachsen, S. 369) vom Kaiser Siegmund als Belohnung für seine eifrige Teilnahme am Kampf gegen die Hussiten, den er fortsetzte; doch ward sein Heer 1425 bei Brüx und 1426 bei Aussig geschlagen, und sein Land hatte von den Einfällen der Hussiten viel zu leiden. Friedrich erwarb die Burggrafschaft Meißen und hinterließ seine Lande zu gemeinschaftlicher Regierung seinen Söhnen Friedrich II. (s. Friedrich 67), der Kurfürst wurde (1428–64), Wilhelm III., Heinrich und Siegmund. Heinrich starb 1435, Siegmund wurde 1437 geistlich, und 1440 fiel durch Friedrichs des Friedfertigen kinderlosen Tod Thüringen an die osterländische Linie zurück. Friedrich und Wilhelm teilten nun 1445 in Altenburg so, daß Friedrich Meißen, Wilhelm Thüringen erhielt, während das Osterland geteilt wurde, die Bergwerke aber gemeinschaftlich blieben. Diese Teilung, bei der sich Herzog Wilhelm benachteiligt glaubte, hatte den verheerenden sächsischen Bruderkrieg zur Folge, der erst 1451 in Pforta beigelegt wurde; ein Nachspiel dazu bildete der Sächsische Prinzenraub (s. d.). Friedrichs II. Söhne, Kurfürst Ernst (1464–86, s. Ernst 14), und Herzog Albrecht III. (s. Albrecht 23), folgten 1464 ihrem Vater gemeinschaftlich, erbten 1482 auch Wilhelms III. Lande und mehrten die Macht ihres Hauses nach allen Seiten. Zwei von Ernsts Söhnen wurden Erzbischöfe, Albrecht zu Mainz, Ernst zu Magdeburg, Albrecht, dessen Sohn Friedrich 1498 Hochmeister des Deutschen Ordens wurde, erwarb im Dienste des Hauses Habsburg die Erbstatthalterschaft von Friesland. Im Innern nahm der Bergbau auf Silber einen großartigen Aufschwung und förderte Handel und Verkehr, der namentlich Leipzig (s. d., S. 384) zugute kam. Während die Städte ihre Verfassung ausbildeten und vom Landesherrn, der die Bestätigung des Rates für sich in Anspruch nahm, die eigne Gerichtsbarkeit erkauften, ward auch die Territorialgesetzgebung entwickelt und in Thüringen 1446, in Meißen 1482 eine Landesordnung erlassen; das kurfürstliche Hofgericht erhielt 1483 seinen bleibenden Sitz in Leipzig. Eine landständische Verfassung bildete sich, seitdem 1438 zuerst in Leipzig eine Versammlung von Prälaten, Grafen, Rittern und Städten zusammentrat; diese bald regelmäßig berufenen Landtage bewilligten neue Abgaben, Steuern und Anleihen, übertrugen die Verwaltung der neuen Steuern einem ständischen Ausschuß und beanspruchten, auch von den Landesherren bei wichtigen Angelegenheiten zu Rate gezogen zu werden.

Mißhelligkeiten zwischen den beiden Brüdern Ernst und Albrecht führten zur Länderteilung in Leipzig (26. Aug. 1485), bei welcher der ältere Bruder teilte, der jüngere wählte. Ernst erhielt außer den Kurlanden Thüringen mit den fränkischen und vogtländischen Besitzungen und den einen Teil des Oster- und Pleißnerlandes, Albrecht dessen andern Teil und Meißen. Die Teilung, 24. Febr. 1486 von Kaiser Friedrich III. bestätigt und 25. Juni durch den Naumburger Schied berichtigt, trennte das Haus [378] Wettin für immer in zwei einander vielfach feindliche Linien, die Ernestinische (s. oben, S. 369) und die Albertinische.

Sachsen in der Zeit der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges.

In der ältern Linie folgte auf Kurfürst Ernst 1486 sein älterer Sohn, Friedrich III., der Weise (s. Friedrich 68). Hochangesehen im Reiche, hatte er an den Bestrebungen für eine Reichsreform hervorragenden Anteil, lehnte aber 1519 die Kaiserkrone ab. Von der von ihm 1502 gegründeten Universität Wittenberg ging die Reformation aus, deren Entwickelung er beschützte. Nachdem er mitten in den Schrecken des Bauernkrieges gestorben (5. Mai 1525), folgte ihm sein Bruder Johann der Beständige (1525 bis 1532, s. Johann 38), der, ein entschiedener Anhänger der neuen Lehre, durch Luther die Kirchenreform in S. durchführen ließ. Auf den Reichstagen von Speyer (1529) und Augsburg war er das Haupt der protestantischen Partei und trat an die Spitze des Schmalkaldischen Bundes (s. d.). Ein noch gläubigerer Bekenner der evangelischen Lehre, aber auch um so abhängiger von den Theologen, war sein Sohn und Nachfolger Johann Friedrich der Großmütige (1532–47, s. Johann 39). In den Albertinischen Landen war auf Albrecht den Beherzten 1500 sein älterer Sohn, Georg der Bärtige (s. Georg 20), gefolgt, der 1515 Friesland an Österreich verkaufte. Er war entschiedener Gegner Luthers, dessen Lehre sich trotzdem in seinem Gebiet ausbreitete und unter Georgs Bruder und Nachfolger Heinrich dem Frommen (seit 1539) auch eingeführt wurde. Auch Heinrichs Sohn Moritz (1541–53, s. Moritz 3) war der evangelischen Lehre zugetan, geriet mit Johann Friedrich besonders wegen der sächsischen Bistümer in offenen Streit, trat beim Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges 1546 in geheime Verbindung mit dem Kaiser und fiel, nachdem ihm die Übertragung der Kur versprochen worden, in das Ernest in ische S. ein, während die Verbündeten in Süddeutschland standen. Johann Friedrich eilte sofort herbei, trieb Moritz bis an die böhmische Grenze, ward aber vom nachrückenden kaiserlichen Heer 24. April 1547 bei Mühlberg geschlagen und gefangen und mußte in der Wittenberger Kapitulation (19. Mai 1547) auf die Kur und den größten Teil seiner Lande verzichten, mit denen 4. Juni Moritz belehnt wurde. Den Ernestinern blieben nur die meisten Besitzungen in Thüringen (s. Sachsen, Ernestinische Linie, S. 369). An König Ferdinand von Böhmen trat Moritz das Herzogtum Sagan und die Lehnshoheit über Reuß ab.

Um die drohende kirchliche und politische Unterjochung Deutschlands durch die Spanier abzuwehren, erhob sich Moritz, nachdem sein politisches Ziel erreicht war, 1552 gegen Karl V. und zwang ihn zum Passauer Vertrag, der den evangelischen Reichsständen Religionsfreiheit zusicherte. Nachdem er an der bei Sievershausen (9. Juli 1553) empfangenen Wunde 11. Juli gestorben war, folgte ihm sein Bruder August (1553–86, s. August 6) als Kurfürst, der sich mit seinen Ernestinischen Vettern durch den Naumburger Vertrag (24. Febr. 1554) auseinandersetzte. Er übernahm jedoch die Vollstreckung der Acht gegen Johann Friedrich den Mittlern und ließ sich für deren Kosten vier Ämter abtreten, entriß ihnen auch einen großen Teil der hennebergischen Erbschaft. Aus Eifersucht auf die calvinistische Kurpfalz, aus Furcht vor den Ansprüchen der Ernestiner und um sich die für seine Wirtschaftspolitik notwendige kaiserliche Gunst zu gewinnen, schloß er sich eng an das Haus Österreich an. Die gegenreformatorischen Bestrebungen ließ er unbeachtet, erhob aber durch die Einführung der Konkordienformel (1580) die lutherische Orthodoxie zur Herrschaft. Im Innern schuf August durch seine Gesetzgebung (besonders die Konstitutionen von 1572) ein wohlgeordnetes Staatswesen, organisierte die Behörden, regelte die Finanzverwaltung und beförderte, hauptsächlich durch eignes Beispiel bei der Bewirtschaftung der Kammergüter, Ackerbau, Gewerbe und Handel. Sein Staatsgebiet rundete er durch neue Erwerbungen ab. So erlangte er 1570 von den Herren von Plauen das Vogtland wieder, erwarb 1573 von den Grafen von Mansfeld deren Halberstädter Lehen und erhielt 1581 die Administration des Stiftes Meißen. Das Albertinische S. bildete ein geschlossenes Territorium, das in Kreise eingeteilt war: den Kurkreis, Thüringen, Meißen, wovon 1691 der erzgebirgische Kreis abgetrennt wurde, das Osterland und das Vogtland, wozu 1588 noch der Neustädter Kreis kam.

Unter Augusts Sohn Christian I. (1586–91, s. Christian 17) suchte der Kanzler Crell (s. d.) der katholischen Reaktion einen protestantischen Bund entgegenzustellen; aber unter der Vormundschaft des Herzogs Friedrich Wilhelm von Altenburg (bis 1601) für Christian II. (1591–1611) stürzten der sächsische Adel und die orthodox-lutherische Partei Crell; die Herrschaft des strengen Luthertums wurde durch Einführung des Religionseides und unnachsichtliche Verfolgung des Kryptocalvinismus gesichert. Hiermit trennte sich S. ganz von den reformierten Reichsständen; es beteiligte sich nicht an dem Widerstand gegen die immer gefährlichere Gegenreformation und schloß sich der Union nicht an, verlor aber damit auch allen Einfluß in Reichs- und Religionsangelegenheiten und erwarb im jülich-klevischen Erbstreit trotz der Eventualbelehnung von 1483 nichts als Titel und Wappen dieser Herzogtümer. Dieser Politik, die durch die wirtschaftliche Abhängigkeit namentlich Leipzigs von den kaiserlichen Erblanden geboten war, blieb Christians II. Bruder, Kurfürst Johann Georg I. (1611–56, s. Johann 31), auch während des Dreißigjährigen Krieges treu. Er lehnte 1619 die ihm angebotene böhmische Krone ab, unterstützte Kaiser Ferdinand bei der Unterwerfung Schlesiens und der Lausitz und beobachtete eine unfruchtbare Neutralität, bis ihn Tillys Einbruch in S. 1631 auf Gustav Adolfs Seite trieb. Die Sachsen unter Arnim nahmen an der Schlacht bei Breitenfeld teil und rückten dann in Böhmen ein, woraus sie Wallenstein 1632 vertrieb. Nach dem Tode Gustav Adolfs und der Niederlage der Schweden bei Nördlingen (1634) kehrte S. im Frieden von Prag (30. Mai 1635), der ihm den erblichen Besitz der Lausitzen einbrachte, zu dem Bund mit dem Kaiser zurück. Für diesen Abfall rächten sich die Schweden in wiederholten Einfällen, von denen S. erst durch den Waffenstillstand in Kötzschenbroda (27. Aug. 1645) erlöst wurde. Erst 1650 räumten die Schweden das Land, nachdem dessen Anteil an der schwedischen Kriegskontribution, 267,107 Tlr., abgezahlt war. Die Bevölkerung war stark zurückgegangen, Wohlstand, Handel, Gewerbe und Bildung waren auf lange Zeit schwer geschädigt.

Seit Kurfürst Johann Georg II. (1656–80, s. Johann 32) entfaltete der sächsische Hof eine besondere Prachtliebe, die zwar Dresden zu einem Mittelpunkt italienischer und französischer Kunst in Deutschland machte, aber die Finanzen des Staates schwer schädigte; der Adel gewöhnte sich an den Genuß der[379] Hofämter, und fremde Abenteurer sammelten sich in Dresden. Sein Sohn Johann Georg III. (1680 bis 1691, s. Johann 33) war kriegerisch gesinnt, unterhielt ein stehendes Heer und nahm an den Kriegen des Kaisers und Reiches gegen die Türken, namentlich am Entsatz von Wien und am Kriege gegen Frankreich (seit 1689), hervorragenden Anteil.

Die kursächsischen Nebenlinien.

Einen erheblichen Abbruch erlitt der sächsische Staat dadurch, daß Johann Georg I. durch sein Testament seine jüngern Söhne, August, Christian und Moritz, mit ansehnlichen Gebieten ausstattete und Kurfürst Johann Georg II. (1656–80) dies im Hauptvergleich zu Dresden 22. April 1657 anerkannte. So entstanden die drei Linien S.-Weißenfels, S.-Merseburg und S.-Zeitz. Die Linie S.-Weißenfels, von Herzog August, Administrator von Magdeburg, begründet und nach dessen Residenz Halle auch S.-Halle benannt, erhielt die vier magdeburgischen Ämter Burg, Dahme, Jüterbog und Querfurt, Barby und den ganzen Thüringischen Kreis. Nach seinem Tode (1680) fiel das Stift Magdeburg an Brandenburg, während ihm in Weißenfels sein älterer Sohn, Johann Adolf I., folgte, der jüngere, Heinrich, aber die Nebenlinie S.-Barby stiftete, die jedoch mit Heinrichs Sohn und Erben Georg Albrecht 1739 wieder erlosch. Johann Adolf trat 1687 Burg an Brandenburg ab, das dafür auf die Lehnshoheit über Dahme, Jüterbog und Querfurt verzichtete, und erlangte für letzteres, das 1688 zum Fürstentum erhoben wurde, die Reichsstandschaft, aber nicht Sitz und Stimme auf dem Reichstag. Ihm folgten 1697 sein Sohn Johann Georg und diesem 1712 sein Bruder Christian, die das Land durch Verschwendung in große Schulden stürzten; diese tilgte der sparsame jüngste Bruder, Johann Adolf II. (1736–46), der das sächsische Heer im ersten und zweiten Schlesischen Krieg befehligte. Mit ihm erlosch die Linie S.-Weißenfels, und ihre Besitzungen fielen an Kursachsen zurück.

Die Linie S.-Merseburg gründete Christian I.; sie erhielt außer dem Stift Merseburg die Niederlausitz und die Städte Delitzsch, Bitterfeld, Zörbig, Dobrilugk und Finsterwalde. Ihm folgten sein Sohn Christian II. (1691–94), dann dessen Sohn Moritz Wilhelm (1691–1731), nach dessen kinderlosem Tod Christians I. jüngster Sohn, Heinrich, das Land erbte, das an Kursachsen zurückfiel, als 1738 mit Heinrich die Linie S.-Merseburg erlosch. Der Gründer der dritten Linie, S.-Zeitz, Moritz, erhielt außer dem Stift Naumburg-Zeitz den Vogtländischen und Neustädter Kreis, Tautenburg und den Albertinischen Anteil an Henneberg; er erbaute in Zeitz die Moritzburg. Ihm folgte 1681 sein Sohn Moritz Wilhelm, der 1715 auf Zureden seines Bruders, des Kardinals Christian August, katholisch wurde, deshalb seine Länder an Kursachsen abtrat und 1718, nachdem er kurz zuvor wieder zur lutherischen Kirche übergetreten, auf dem Schloß Osterburg bei Weida starb. Eine von Friedrich Heinrich, Moritz' jüngerm Sohn, gegründete Nebenlinie, S.-Neustadt, starb mit demselben 1713 wieder aus, da sein Sohn Moritz Adolf katholisch wurde und daher seine Erbrechte an Kursachsen abtrat; er starb 1759 als Bischof von Leitmeritz.

Sachsen in Verbindung mit Polen.

Im Kurfürstentum folgte auf Johann Georg III. zunächst sein älterer Sohn, Johann Georg IV. (1691–94, s. Johann 34), dann der jüngere, Friedrich August I. (1694–1733, s. August 7), der an Prachtliebe seinem Großvater glich. Er verkaufte 1697 die sächsischen Ansprüche an das 1689 erledigte Sachsen-Lauenburg für 1,100,000 Gulden an Braunschweig, trat, um in Polen zum König gewählt zu werden, Pfingstmontag 1697 zur katholischen Kirche über; aber erst durch den halb erzwungenen Übertritt des Kurprinzen zum Katholizismus (27. Nov. 1712) wurde die Albertinische Linie dauernd der römischen Kirche gewonnen. In Dresden wurde katholischer Gottesdienst eingeführt und ein katholischer Ausländer, Fürst von Fürstenberg, zum Statthalter ernannt. Die Macht der Stände schränkte der Kurfürst erheblich ein, namentlich durch eine großzügige Neuorganisation des Finanzwesens (vgl. Wuttke, Die Einführung der Landakzise und der Generalkonsumtionsakzise in Kursachsen, Heidelberger Dissertation, 1890), die ihn von der ständischen Steuerbewilligung unabhängig machte, und Einführung einer fürstlichen Zentralregierung, des Geheimen Kabinetts; nur den Bestand der evangelischen Kirche in S. sicherten die Stände durch Einsetzung des Geheimen Kirchenrats, der das Direktorium in allen Kirchensachen erhielt.

Friedrich Augusts Erhebung zum König von Polen (als August II.) war für S. von nachteiligen Folgen. Das Kurhaus Wettin hörte für immer auf protestantisch zu sein und trat damit in einen neuen Gegensatz zu den brandenburgischen Hohenzollern, die nunmehr unbestritten an der Spitze der Evangelischen im Reiche standen. Dann verwickelte das Streben Augusts, durch einen ruhmvollen Krieg und Eroberungen die königliche Gewalt in Polen zu kräftigen, S. in den Nordischen Krieg, der von August zumeist auf sächsische Kosten mit sächsischen Truppen geführt wurde und Karl XII. 1706 zu einem Einfall in S. veranlaßte (vgl Günther, S. und die Gefahr der schwedischen Invasion 1706, Dissert. Leipz. 1904; Frhr. v. Friesen, Die Lage in S. während der schwedischen Invasion 1706 und 1707, Dresd. 1901). Zur Bestreitung der Kriegskosten verkaufte August Gebietsteile an Nachbarfürsten. Dresden aber wurde unter ihm eine glänzende Königsstadt mit Palästen, Anlagen, Theater und Kunstsammlungen. Auch sein Sohn Friedrich August II. (1733–63), als König von Polen August III. (s. August 8), pflegte die Künste, wurde aber, persönlich viel unbedeutender als sein Vater, von dem allmächtigen Premierminister Grafen Brühl (s. Brühl 1) beherrscht, der durch seine Verschwendung die Kräfte des Landes vergeudete und seinen Herrn zu einer für S. schädlichen auswärtigen Politik verleitete. Nachdem der Kurfürst im ersten Schlesischen Kriege sich den Gegnern Maria Theresias angeschlossen hatte, um auf Grund angeblicher Erbansprüche seiner Gemahlin, einer Tochter Kaiser Josephs I., ein österreichisches Kronland zu erlangen, trat er im zweiten Schlesischen Krieg auf Österreichs Seite; doch wurden die Sachsen bei Striegau (4. Juni 1745) und Kesselsdorf (15. Dez.) besiegt, und S. mußte im Frieden von Dresden (25. Dez.) 1 Mill. Tlr. Kriegskosten bezahlen und den Fürstenberger Oderzoll an Preußen abtreten. Einem neuen, zwischen Österreich, Rußland und Frankreich geschlossenen Angriffsbündnis dem auch S. nicht fern stand, kam Friedrich durch seinen Einbruch in S. zuvor und zwang das sächsische Heer 15. Okt. 1756, am Fuße des Liliensteins die Waffen zu strecken. Friedrich behandelte S. nun als erobertes Land, das durch Kontributionen und als Kriegsschauplatz ungeheuer litt; sein Verlust wird auf 90,000 Seelen und 100 Mill. Tlr., ungerechnet die Einbuße durch die Münzverschlechterung und das[380] Daniederliegen von Handel und Gewerbe, geschätzt. Nach siebenjähriger Abwesenheit kehrte Friedrich August erst 1763 aus Polen in sein Land zurück.

Sachsen bis zum Wiener Kongreß. Königreich.

Mit Friedrich Augusts II. Tod (5. Okt. 1763) löste sich die Verbindung mit Polen. Sein Sohn und Nachfolger Friedrich Christian leitete durch Sparsamkeit und neue Begründung des Staatskredits die Heilung des Landes von seinen Wunden aufs beste ein, starb aber schon 17. Dez. 1763. Sein Sohn Friedrich August III. (1763–1827, s. Friedrich 71), für den bis 1768 sein Oheim, Prinz Xaver, die Vormundschaft führte, setzte, unterstützt von dem trefflichen Minister von Gutschmid, das Werk des Vaters fort. Für die Abtragung der Schulden wurde gesorgt, der Staatshaushalt (die jährliche Einnahme betrug 2,351,174 Tlr.) musterhaft geordnet, Gewerbe und Handel unterstützt, Ackerbau und Viehzucht gehoben, der Bergbau durch rationellen Betrieb einträglicher gemacht, Rechtspflege und Unterrichtswesen gebessert. Da der Kurfürst auf die bayrische Allodialerbschaft Ansprüche erhob, so nahm er 1778 an Preußens Seite am Bayrischen Erbfolgekrieg teil und erhielt im Frieden von Teschen 1779 eine Entschädigung von 6 Mill. Gulden, die er zur Einlösung verpfändeter Ämter und zur Errichtung einer Sekundogenitur mit 85,000 Tlr. Rente verwendete. S. trat 1785 dem Fürstenbund bei, beteiligte sich aber im Kriege gegen Frankreich 1792 nur mit seinem Reichskontingent und schloß 1796 einen Neutralitätsvertrag. Nachdem die Verhandlungen mit Preußen und Kurhessen über die Gründung eines norddeutschen Bundes resultatlos verlaufen waren, stießen im Kriege von 1806: 22,000 Sachsen zu dem preußischen Heer Hohenlohes, aber nach der Niederlage bei Jena, wobei 7000 Sachsen gefangen wurden, hatte das Land durch Kontributionen schwer zu leiden. Im Frieden von Posen (11. Dez. 1806) nahm der Kurfürst die königliche Würde an, trat als souveräner Fürst dem Rheinbund bei und verpflichtete sich zur Stellung eines Bundeskontingents von 20,000 Mann; 20. Dez. erfolgte die Proklamation des neuen Königreichs S. unter dem König Friedrich August I.

Die Gunst des kaiserlichen Protektors verschaffte dem neuen König den Besitz des im Frieden von Tilsit geschaffenen Herzogtums Warschau, das 1809 durch Neugalizien und Krakau vergrößert wurde; außerdem erhielt S. 1807 von Preußen den Kottbuser Kreis, trat dafür aber einige Ämter an das Königreich Westfalen ab. Während die sächsischen Truppen 1809 an der Donau gegen Österreich kämpften, durchzog das Streifkorps des Herzogs von Braunschweig das entblößte Land. 1812 nahmen 21,000 Sachsen an dem Zuge gegen Rußland teil; sie bildeten das 7. Armeekorps unter Reynier, das mit den Österreichern unter Schwarzenberg gemeinschaftlich operierte; drei Reiterregimenter zog Napoleon zur Hauptarmee. Von diesen Sachsen sahen kaum 6000 die Heimat wieder. Als im Frühjahr 1813 die Verbündeten in S. eindrangen, lehnte der König ihre Aufforderung zum Abfalle von Napoleon ab, floh vielmehr nach Prag, trennte jedoch gleichzeitig sein Truppenkorps von den Franzosen und verschloß ihnen die Festung Torgau, wohin jenes sich zurückzog. Allein nach der Schlacht bei Großgörschen führte Napoleons Drohung den König (12. Mai) nach Dresden zurück, und die Sachsen standen wieder zu seiner Verfügung. Während diese bei Großbeeren und Dennewitz unglücklich kämpften und schwere Verluste erlitten, war S. vom August bis zum Oktober Kriegsschauplatz. In der Schlacht bei Leipzig ging 18. Okt. zwar ein Teil der sächsischen Truppen zu den Verbündeten über, Friedrich August aber wurde, als er nach Napoleons Rückzug 19. Okt. in Leipzig zurückblieb, von den Verbündeten für kriegsgefangen erklärt und nach Friedrichsfelde abgeführt. Der russische General Fürst Repnin übernahm als Generalgouverneur die Verwaltung des Landes, das durch die Kapitulation von Dresden (11. Nov.) und Torgau (27. Nov.) und die Erstürmung Wittenbergs (13. Jan. 1814) vollständig in die Hände der Verbündeten gelangte, und setzte dessen Kräfte sofort zum fernern Kampf gegen Frankreich in Tätigkeit. Das reorganisierte sächsische Korps nahm unter dem Befehl des Herzogs von Weimar am Feldzug in den Niederlanden teil.

S. war gemäß der Verabredung zwischen Rußland und Preußen zur Entschädigung des letztern für seine Abtretungen polnischen Gebiets bestimmt. Rußland überließ daher 8. Nov. 1814 das Generalgouvernement in S. den preußischen Ministern v. d. Reck und v. Gaudy, und alle Anstrengungen des sächsischen Hofes und eines Teiles der Bevölkerung für die Erhaltung Sachsens würden vergeblich gewesen sein, wenn nicht auf dem Wiener Kongreß Talleyrand im Namen der Legitimität für S. eingetreten wäre und auch Österreich und England für die Erhaltung Sachsens, die dann auch eine Beschränkung der polnischen Erwerbungen Rußlands bedingte, gewonnen hätte. Nach langen und heftigen Verhandlungen, die im Januar 1815 beinahe zum Kriege geführt hätten, griff man im Februar zu dem Ausweg einer Teilung Sachsens; Preußen erhielt die Niederlausitz und einen Teil der Oberlausitz (jetzt zu Schlesien und der Mark gehörig), den Kurkreis, den Thüringischen und Neustädter Kreis, Naumburg und Merseburg (jetzt der Regbez. Merseburg und ein Teil von Erfurt), zusammen 20,000 qkm mit 864,404 Einw., der Rest, 15,000 qkm mit 1,182,744 Einw., verblieb Friedrich August als Königreich. Nach längerm Sträuben fügte sich der König 6. April dem Willen der Mächte, schloß 18. Mai den Teilungsvertrag in Form eines Friedens mit Preußen ab und entließ 22. Mai seine abgetretenen Untertanen ihrer Pflicht. Die endgültige Auseinandersetzung zwischen Preußen und S. über die Grenzen, Schulden, Stiftungen, Salzlieferung etc. erfolgte durch die Hauptkonvention vom 28. Aug. 1819.

Diese Lösung der sächsischen Frage erregte bei der Bevölkerung große Mißstimmung, da viele materielle Interessen gefährdet wurden. Ja, als in Lüttich der Befehl, die sächsischen Regimenter bei der Blücherschen Armee nach der nunmehrigen Staatsangehörigkeit zu teilen, ausgeführt werden sollte, widersetzte sich 2. Mai ein Grenadierregiment und bedrohte Blücher selbst; doch erfolgte nach Erschießung von sieben Rädelsführern die Teilung, und die in Osnabrück neu formierte sächsische Armee nahm, 16,000 Mann stark, 1815 noch an der Blockade von Schlettstadt und Neubreisach teil. Am 7. Juni kehrte der König Friedrich August nach Dresden zurück und trat 8. Juni dem Deutschen Bund bei. Mit der gleichzeitigen Stiftung des Zivilverdienstordens wurden neue Nationalfarben, Weiß und Grün, angenommen.

Sachsen seit Verleihung der Verfassung.

König Friedrich August I. und sein Minister Graf D. Einsiedel (s. d.) waren bemüht, in der nun folgenden Friedenszeit die Wunden des Krieges zu heilen und die Finanzen und den Wohlstand des Landes zu heben, ließen aber die alten Verfassungsverhältnisse[381] mit den in Kurien eingeteilten Feudalständen bestehen. Auch sein Nachfolger, sein bereits 71jähriger Bruder Anton (1827–36, s. Anton 4), ließ alles beim alten, bis es im September 1830 unter dem Eindruck der Pariser Julirevolution in Leipzig und Dresden zu Unruhen kam, infolge deren, nachdem Prinz Maximilian dem Thronrecht entsagt hatte, dessen Sohn Prinz Friedrich August (s. Friedrich 72) zum Mitregenten ernannt, an Stelle Einsiedels v. Lindenau (s. d.) an die Spitze des Geheimen Kabinetts berufen und eine Reform der Verfassung verheißen wurde. Demgemäß wurden mit den 1831 zusammentretenden Ständen die Verfassungsurkunde vom 4. Sept. 1831, die Städteordnung vom 2. Febr. 1832 und das Ablösungsgesetz vom 17. März d. J. vereinbart; an die Stelle des Geheimen Kabinetts trat ein in sechs Departements geteiltes verantwortliches Staatsministerium, an die Stelle der Feudalstände zwei Kammern. Der am 27. Jan. 1833 eröffnete erste konstitutionelle Landtag genehmigte den Anschluß Sachsens an den preußischen Zollverein. Unter den neuen Verhältnissen hoben sich Handel und Industrie, wenn auch die Leipziger Messe relativ an Bedeutung verlor; der Bau der Leipzig-Dresdener Eisenbahn (7. April 1839 eröffnet) schuf für das Land ganz neue Verkehrsbedingungen.

Auf König Anton folgte der bisherige Mitregent Friedrich August II. (1836–54). Unter ihm setzten Regierung und Landtag, durchgreifende Reformen vermeidend, innerhalb des Rahmens der konstitutionellen Verfassung ihre gesetzgeberische Tätigkeit fort. 1843 aber wurde v. Lindenau infolge des Einflusses der Aristokratie durch Könneritz (s. Könneritz 1) ersetzt, der in ein reaktionäreres Fahrwasser einlenkte. Hierdurch wurde die liberale Strömung, die das Bürgertum beherrschte, verstärkt und die von Braun (s. Braun 3) geleitete Opposition in der Zweiten Kammer zu schärferm Auftreten angespornt. Als die Regierung auch gegen den religiösen Liberalismus der Deutschkatholiken und Lichtfreunde einschritt, vermutete die mißtrauische öffentliche Meinung dahinter eine geheime jesuitische Propaganda, als deren Haupt der Prinz Johann, Bruder des Königs, galt. Daher kam es 12. Aug. 1845 bei der Besichtigung der Leipziger Kommunalgarde durch den Prinzen zu einem Tumult, bei dem das Militär voreilig feuerte und acht Menschen tötete. Dies reizte die Opposition in der Kammer zu verstärkten Angriffen auf das Ministerium.

Nach dem Ausbruch der Februarrevolution forderten die größern Städte, voran Leipzig, vom König eine völlige Änderung des Regierungssystems. Das Ministerium suchte die Bewegung durch einzelne Zugeständnisse zu beschwichtigen, nahm aber, als dies vergeblich war, 13. März 1848 seine Entlassung, und Braun bildete ein neues, das am 16. März Erfüllung aller liberalen Forderungen verhieß. Aber schon waren nicht mehr die gemäßigten Liberalen, sondern die radikalen Demokraten die Herren der Lage, wie die Ergänzungswahlen zum Landtag und die Wahlen für das Frankfurter Parlament bewiesen. Im Landtag, der am 18. Mai eröffnet wurde, begnügte sich die Opposition mit den seitens der Regierung hinsichtlich der Verfassung und der Justizreform entwickelten allgemeinen Grundsätzen und nahm die über die Presse, das Vereins- und Versammlungsrecht sowie ein neues Wahlrecht vorgelegten Gesetzentwürfe an; das neue Wahlgesetz führte allgemeine, direkte Wahlen, für die Erste Kammer mit einem Zensus, ein. Im Lande herrschte die demokratische Partei, die 1849 bei den Wahlen für den ersten nach dem neuen Gesetz zu wählenden Landtag fast ausnahmslos siegte. Ein erbliches und unverantwortliches Oberhaupt für das neuzuschaffende Deutsche Reich verwarf die Mehrheit durchaus, verlangte aber die sofortige Verkündigung der deutschen Grundrechte. An einer erfolgreichen Wirksamkeit verzweifelnd, reichte das Ministerium Braun seine Entlassung ein (Februar 1849) und wurde durch ein Übergangsministerium ersetzt, an dessen Spitze der Oberappellationsrat Held stand, und in das auch v. Beust (s. Beust 4) eintrat. Dies gewährte die Publikation der Grundrechte (2. März) und die ständische Initiative, befriedigte aber damit noch nicht die Radikalen, die wegen der Nichtverhinderung von Robert Blums Hinrichtung die Abberufung des sächsischen Gesandten in Wien verlangten. Während die Linke früher die monarchische Reichsverfassung verworfen hatte, verlangte sie nach der Ablehnung der Kaiserkrone durch Friedrich Wilhelm IV. die sofortige Anerkennung der Verfassung, als aber der Landtag beschloß, daß über den 30. April hinaus die Steuern nicht forterhoben werden dürften, löste der König 30. April die Kammern auf. Für Held, der seine Entlassung nahm, trat Zschinsky an die Spitze eines neuen Ministeriums (2. Mai).

Da das Ministerium eine Demonstration der Dresdener Bürgerwehr für die Reichsverfassung verbot, erhob sich 3. Mai ein Aufstand (Dresdener Maiaufstand). Der Angriff eines Haufens auf das Zeughaus wurde zweimal blutig zurückgewiesen; anter dem Geläute der Sturmglocken erhoben sich überall Barrikaden, ein Sicherheitsausschuß rief die Bürger wehren andrer Städte und Freischaren nach Dresden. Da der größere Teil des sächsischen Heeres in Schleswig-Holstein stand, wo die Sachsen unter General v. Heintz im Verein mit den Bayern 13. April die Düppeler Schanzen gestürmt hatten, verfügte die Regierung nur über 1900 Mann, beorderte deshalb alle erreichbaren Truppenteile nach der Hauptstadt und wandte sich auch um Hilfe nach Berlin. Da sich die Aufständischen der ganzen Altstadt mit Ausnahme des Zeughauses und des Schlosses bemächtigten, begab sich 4. Mai der König nebst seiner Familie und den Ministern nach dem Königstein. Auf die Kunde hiervon wurde eine provisorische Regierung, aus den Abgeordneten Tzschirner, Heubner und Todt bestehend, gebildet, welche die Anerkennung der Reichsverfassung als ihr Ziel bezeichnete und sich unter den Schutz der Frankfurter Nationalversammlung stellte. Da aber die von internationalen Revolutionären geschürte Erhebung nun einen republikanisch-sozialistischen Charakter annahm, zog sich der Bürgerstand zurück; von den aus andern Städten herbeigeeilten Bürgerwehren kehrten die meisten um und halfen in ihrer Heimat die Ordnung aufrechterhalten. Inzwischen kehrten die Minister v. Beust und v. Rabenhorst nach der Neustadt zurück, aus Leipzig und Chemnitz trafen Verstärkungen ein, und aus Berlin erschien ein Bataillon Preußen. Am Morgen des 6. Mai ward der Kampf erneuert, aber erst nach hartnäckigem und blutigem Straßen- und Häuserkampf wurde am Morgen des 9. Mai der Widerstand der Freischaren gebrochen. Der Verlust der Truppen betrug 31, der der Aufständischen 178 Tote; ein Zwingerpavillon mit der Naturaliensammlung ging bei dem Versuch, das Schloß in Brand zu stecken, in Flammen auf. Auf der Flucht wurden noch viele, darunter auch Heubner und Bakunin, gefangen genommen, während Tzschirner entkam. Zuchthäuser und Gefängnisse füllten sich mit Verurteilten.[382] Unter dem Eindruck der von Preußen geleisteten rettenden Hilfe schloß S. 26. Mai mit Preußen und Hannover das Dreikönigsbündnis, machte aber den Vorbehalt, daß auch die süddeutschen Königreiche ihm sich anschließen müßten, die Beust gleichzeitig vom Beitritt abhielt. Da inzwischen Österreichs Erstarkung einen Rückhalt bot, sagte sich S. von der Union los, schrieb die Wahlen für das Erfurter Parlament nicht aus und schloß 27. Febr. 1850 mit Hannover, Bayern und Württemberg das Vierkönigsbündnis zur Herstellung des Bundestags, während es sich erst 25. Mai formell vom Dreikönigsbündnis lossagte. Nach dem Scheitern der preußischen Union half Beust auf den Dresdener Konferenzen (s. d.) Österreichs Übergewicht im wiederhergestellten Deutschen Bund begründen und wollte es sogar in den Zollverein aufnehmen. Als jedoch Preußen mit Kündigung drohte, mußte er ihn 1853 auf den alten Grundlagen erneuern.

Da die Kammern noch immer die deutsche Frage vor ihr Forum zu ziehen suchten, wurden sie 1. Juni 1850 aufgelöst. Das Ministerium, inzwischen durch v. Friesen (s. Friesen 3) und Behr (s. d. 2) ergänzt, hob 3. Juni 1850 das freie Vereins- und Versammlungsrecht auf, stellte die Presse unter Polizeiaufsicht und berief den Landtag von 1848 wieder. Obwohl es schwer war, diesen Landtag in beschlußfähiger Anzahl zusammenzubringen, wurde er doch 22. Juli eröffnet, beseitigte willfährig alle 1848 und 1849 erlassenen Gesetze und lehnte sogar die von der Regierung vorgeschlagene Revision der Verfassung von 1831 ab. Damit hatte die Reaktion gesiegt. Die Bevölkerung, gleichgültig und eingeschüchtert, hielt sich vom politischen Leben fern, und der Landtag von 1851 stellte die indirekten Gemeindewahlen, das Konskriptionssystem und die Stellvertretung im Heer wieder her.

Auf König Friedrich August II. (verunglückt 9. Aug. 1854 bei Brennbüchl in Tirol) folgte sein Bruder Johann (1854–73, s. Johann 35); das Regierungssystem erlitt vorläufig keine Änderung. Gegenüber der Ersten Kammer, die eine Reform der Justiz und Verwaltung für unnötig erklärte, vertraten die Regierung und Zweite Kammer den Fortschritt, konnten aber diese wichtige Angelegenheit erst 1864 zum Abschluß bringen. Nach Zschinskys Tod (1858) übernahm Beust den Vorsitz im Ministerium und schlug allmählich liberalere Bahnen ein, da er eine große politische Rolle an der Spitze der deutschen Mittelstaaten (Trias) spielen wollte. Nachdem ein Versuch in dieser Richtung während des Krimkriegs (auf den Bamberger Konferenzen 1854) gescheitert war, trat Beust, als der italienische Krieg von 1859 die österreichischen Sympathien in S. von neuem belebt und die Notwendigkeit einer Bundesreform, namentlich in militärischer Beziehung, bewiesen hatte, mit einem Bundesreformprojekt (15. Okt. 1860) hervor. Die beiden Großmächte wollte er neutralisieren, die Entscheidung aber den vier Königreichen vorbehalten (Würzburger Konferenzen). Der Ruf eines nicht bloß nationalen, sondern auch liberalen Staatsmannes war für die Verwirklichung dieses Planes unentbehrlich. Deshalb legte er 1860 dem Landtag ein liberales Wahlgesetz vor, das den Zensus herabsetzte und das Wahlverfahren vereinfachte. Die Abschaffung der Konduitenlisten über die städtischen Behörden wurde versprochen, die Gewerbefreiheit eingeführt, das Jagdablösungswerk vollendet, Presse und Vereinswesen von den engen Fesseln befreit und 1865 auch endlich eine Amnestie für 1849 erlassen. Beust fand in seiner deutschen Politik im ganzen die Zustimmung der Kammern, wenn sich auch in der Zollvereinskrisis 1862–64 eine entschiedene Strömung gegen die Zerreißung dieses Bundes bemerkbar machte. Dagegen billigte der Landtag in der schleswig-holsteinischen Frage die Politik der Regierung, die 1863 nach dem Tode des Königs Friedrich VII. von Dänemark für das Recht des Herzogs von Augustenburg eintrat und im Dezember im Verein mit Hannover Holstein durch 12,000 Mann unter dem sächsischen General v. Hake besetzte. Beust vertrat den Deutschen Bund 1864 mit auf der Londoner Konferenz. Aber seine Anträge, die Bundestruppen in Holstein zu verstärken, die Stände daselbst zu berufen und dem Herzog Friedrich die Regierung zu übertragen, wurden vom Bundestag abgelehnt, und S. mußte Ende 1864, nach der Abtretung der Elbherzogtümer an Österreich und Preußen, seine Truppen aus Holstein zurückziehen. Um den Zwist zwischen den Großmächten über die Elbherzogtümer zu schüren, suchte Beust Österreich für eine Verständigung mit den Mittelstaaten zu gewinnen und erreichte dies Anfang 1866, indem Österreich die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Frage dem Bundestag übertrug.

S. war der erste Mittelstaat, der militärische Vorkehrungen traf; die Rekruten wurden zum 18. März 1866 einberufen. Der Landtag bewilligte die für die Rüstungen erforderlichen Mittel. Auch in der sächsischen Bevölkerung war die Stimmung überwiegend gegen Preußen; die von den Leipziger Stadtbehörden an die Regierung gerichtete Bitte, jede Kriegsrüstung rückgängig zu machen, wurde von dieser als eine Kompetenzüberschreitung scharf gerügt. Die Armee, 32,000 Mann, wurde im Mai um Dresden vereinigt, Kronprinz Albert (s. Albert 5) zum Befehlshaber ernannt. Am 14. Juni stimmte S. am Bundestag für den Antrag Österreichs, die außerpreußischen Bundesarmeekorps mobil zu machen, und lehnte 15. Juni das preußische Ultimatum, das Neutralität und Anschluß an die preußische Bundesreform forderte, aber Integrität versprach, ab. Sofort erfolgte die preußische Kriegserklärung und 16. Juni der Einmarsch preußischer Truppen bei Strehla und Löbau. Da eine Verteidigung Sachsens im österreichischen Kriegsplan nicht vorgesehen war, zog sich die Armee, die der König begleitete, 18. Juni nach Böhmen zurück (vgl. Preußisch-deutscher Krieg). In S. wurde eine Landeskommission (v. Falkenstein, v. Friesen, Schneider und v. Engel) zurückgelassen. Die Preußen besetzten das Land ohne Hindernis; ein Generalgouverneur wurde ernannt, die Befestigung Dresdens angeordnet und die Zahlung von 10,000 Tlr. täglich verlangt. Währenddessen hatten die sächsischen Truppen bei Gitschin (29. Juni) und bei Königgrätz, wo sie den linken Flügel des österreichischen Heeres bildeten und 59 Offiziere und 1500 Mann verloren, unglücklich gekämpft, aber in guter Ordnung den Rückzug auf Wien angetreten. Beust, von Kaiser Franz Joseph nach Paris geschickt, erlangte auch Napoleons Fürsprache bei den Nikolsburger Verhandlungen. Noch wirksamer für die Verhinderung der Annexion Sachsens durch Preußen war aber das feste Eintreten des Kaisers Franz Joseph, der die Erhaltung Sachsens für einen Ehrenpunkt erklärte. Bei den Verhandlungen über den Frieden verbat sich Preußen Beust als Unterhändler; v. Friesen und Graf Hohenthal vertraten S. in Berlin, wo 21. Okt. der Friede unterzeichnet ward. S. trat dem Norddeutschen Bund bei, übergab die Festung Königstein an Preußen, trat an den Bund Post- und Telegraphenwesen ab, stimmte der Umgestaltung der Zollvereinsverfassung[383] zu und zahlte 10 Mill. Tlr. Kriegskostenentschädigung. Bis zur Ausführung des Friedens und der Reorganisation des sächsischen Heeres blieb S. von preußischen Truppen besetzt.

Sachsen als Glied des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches.

Während der Friedensverhandlungen hatte Beust seinen Abschied genommen und war in österreichische Dienste übergetreten. Den Vorsitz im Ministerrat übernahm der Kultusminister v. Falkenstein (s. Falkenstein 1, bis 1871), v. Friesen die Finanzen (bis 1876, seit 1871 Vorsitzender des Gesamtministeriums), den Krieg Fabrice (s. d., bis 1891) und das Innere v. Nostitz-Wallwitz (s. d., bis 1891). Der König kehrte 26. Okt. nach Pillnitz zurück, betonte in der Thronrede 15. Nov. seinen festen Entschluß, mit der gleichen Treue wie zu dem frühern zu dem zu bildenden neuen Bunde zu halten, und die Ehrlichkeit, mit der Regierung und Landtag diesen Entschluß ausführten, und die von Preußen durch vertrauensvolles Entgegenkommen erwidert wurde, erleichterten und beschleunigten die Versöhnung und die Einordnung in die neuen Verhältnisse. In der Militärkonvention vom 7. Febr. 1867 beschränkte Preußen seine Oberbefehlsbefugnisse auf das Unerläßlichste und gewährte S. eigne Kriegsverwaltung, Militärbildungsanstalten u.a.; vom 1. Juli 1867 ab bildete die sächsische Armee unter Einführung der allgemeinen Wehrpflicht das 12. norddeutsche Bundeskorps, dessen Oberbefehl Kronprinz Albert erhielt. Mit Rücksicht auf sein Verhältnis zum Norddeutschen Bund lehnte S. 1867 die Einladung Frankreichs und Rußlands zu internationalen Kongressen ab.

Das neue Wahlgesetz von 1867 beseitigte für die Wahlen zur Ersten Kammer den Unterschied zwischen Rittergutsbesitzern und bäuerlichen Besitzern und gab für die Zweite Kammer das ständische Prinzip auf, so daß sich die Zweite Kammer aus 45 ländlichen und 35 städtischen Abgeordneten zusammensetzte; der Zensus für das aktive Wahlrecht wurde auf 2 Tlr., der für das passive Wahlrecht auf 10 Tlr. bemessen. Die Legislaturperioden wurden sechsjährig, die Budgetperioden zweijährig. Geschwornengerichte und die Zuziehung von Schöffen zu den Bezirksgerichten wurden eingeführt, die Kirchenverfassung neu gestaltet. In der nach dem neuen Wahlgesetz 1869 gewählten Zweiten Kammer hatten die vereinigten liberalen Parteien die Mehrheit, in der Ersten aber die konservativen Partikularisten; an deren Widerspruch scheiterte die Aufhebung des Patronatsrechts u.a.; nur ein Preßgesetz kam 1870 zustande. Im Kriege gegen Frankreich 1870/71 kämpften die sächsischen Truppen unter Führung des Kronprinzen und, nachdem dieser Befehlshaber der Maasarmee geworden war, unter der des Prinzen Georg mit glänzendem Erfolg bei St.-Privat, Sedan und Villiers (vgl. Deutsch-französischer Krieg). Der sächsische Kriegsminister v. Fabrice war 1871 Höchstkommandierender der deutschen Okkupationsarmee in Frankreich. Die neuen Reichsgesetze zogen Umgestaltungen des Strafgesetzbuches, der Gewerbeordnung etc. nach sich. Der im Dezember 1871 eröffnete Landtag genehmigte die Beschlüsse der ersten allgemeinen Landessynode der evangelisch-lutherischen Kirche Sachsens, die das Oberkonsistorium errichtete und das Verhältnis der Kirche zur Schule und das Patronatsrecht geregelt hatte. Nach langem, heftigem Kampfe zwischen der feudal-konservativen Mehrheit der Ersten und der liberalen Mehrheit der Zweiten Kammer kamen die Organisation der Verwaltungsbehörden, eine revidierte Städteordnung, eine Landgemeindeordnung, das Volksschulgesetz und die Steuerreform, letztere durch Einführung einer Einkommensteuer 1874–78 zustande. Gerber (s. d. 2, bis 1891) übernahm 1871 das Kultusministerium, Abeken (s. d. 3, bis 1890) das Justizdepartement.

König Albert war 1873 seinem Vater gefolgt, aber eine Änderung im Regierungssystem hatte dies nicht zur Folge. Um dem Reichseisenbahnprojekt zuvorzukommen, kaufte der Staat die Leipzig-Dresdener und dann auch fast sämtliche übrigen Privatbahnen an und verwandelte dadurch die sächsischen Bahnen in ein geschlossenes Staatsbahnnetz. Allerdings ergaben die zu hohen Preisen angekauften Bahnen bei dem Rückgang des Verkehrs anfangs erhebliche Mindereinnahmen (11,000 Mk. für das Kilometer, statt früher 14,000), so daß sie schon 1876: 71/2 Mill. Mk. Zuschuß erforderten und ein Zuschlag von 50 Proz. zur Einkommensteuer notwendig wurde. Über die Erwerbung der notleidenden Berlin-Dresdener Bahn geriet S. in einen Streit mit Preußen, der durch den Schiedsspruch des Oberappellationsgerichts in Lübeck vom 28. Juli 1877 zuungunsten Sachsens entschieden wurde; doch gestand Preußen nachträglich S. das Eigentum und die Verwaltung der sächsischen Strecke zu. Der Staatshaushalt wies mehrere Jahre hindurch einen Ausfall auf, besserte sich aber allmählich, da sich die Matrikularbeiträge an das Reich infolge der neuen Zollgesetzgebung verminderten und die Schutzzölle überdies der sächsischen Industrie förderlich waren. Die Einnahmen vermehrten sich unter der Verwaltung des tüchtigen Finanzministers v. Könneritz (s. Könneritz 2,1876–90) stetig und gestatteten die Beseitigung des Einkommensteuerzuschlags, die Ermäßigung der Eisenbahngütertarife und die Aufhebung des Chausseegeldes, ferner den Bau neuer Bahnen und erhebliche Aufwendungen für Unterricht, Kunst und Wissenschaft. Der 1891 rund 15 Mill. Mk. betragende Überschuß rechtfertigte eine allgemeine Erhöhung der Beamten- und Lehrerbesoldungen und die Überweisung der Hälfte der Grundsteuer an die Gemeinden zur Erleichterung der Schullasten. Um diese Schuldotation beibehalten zu können, mußte allerdings 1894 unter Finanzminister v. Thümmel (s. d., 1890 bis 1895) das Einkommensteuergesetz einer Revision unterzogen werden, und von da an bereits wurde das Gleichgewicht der Staatsfinanzen durch ein verschleiertes Defizit bedroht. Die Verfassungsbestimmung, wonach der König über das Vermögen, das ihm während der Regierung aus Privatrechtstiteln zufiel, auf den Todesfall nicht verfügen durfte, ward 1888 aufgehoben. Das 800jährige Regierungsjubiläum des Hauses Wettin wurde 1889 festlich begangen. Justizminister wurde 1890 an Stelle Abekens Schurig (s. d., bis 1901); den Kriegsminister v. Fabrice löste 1891 v. d. Planitz (s. d. 3, bis 1902) ab, das Ministerium des Kultus übernahm 1891 v. Seydewitz (s. d., bis 1906), das des Innern v. Metzsch (s. d., bis 1906).

In den Parteiverhältnissen der Zweiten Kammer hatte sich inzwischen ein Umschwung vollzogen. Der Rückgang der Nationalliberalen seit 1878 hatte den Konservativen die Mehrheit verschafft, und 1885 standen 50 Konservativen 25 Liberale gegenüber. Bedenklich wurde gleichzeitig das Anwachsen der Sozialdemokratie, die bei jeder Reichstagswahl mehr sächsische Mandate eroberte und im Landtag 1885: 5,1892: 11,1895 sogar 14 Mitglieder zählte; nur 1887 hatte das zwischen Liberalen und Konservativen abgeschlossene Kartell vorübergehend die Zahl der[384] Sozialdemokraten bis auf einen vermindert. Als die Sozialisten im Landtag einen Antrag auf Einführung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts für die Zweite Kammer einbrachten, antworteten sämtliche andern Parteien 10. Dez. 1895 mit dem Gegenantrag auf Änderung des bestehenden Wahlrechts unter dem Gesichtspunkte, daß die Leistung der einzelnen Staatsbürger an direkten Staatssteuern zur Grundlage genommen werden solle. Damals setzte sich die Kammer aus 44 Konservativen, 16 Nationalliberalen, 6 Fortschrittlern, 2 Anti semiten und 14 Sozialdemokraten zusammen. Durch das neue Wahlgesetz vom 28. März 1896 wurde nunmehr ein auf die Leistungen des einzelnen an direkten Staatssteuern gegründetes Dreiklassenwahlsystem mit indirekten Wahlen eingeführt; 82 Abgeordnete, 37 der Städte und 45 der Landgemeinden, waren je auf 6 Jahre zu wählen, und aller zwei Jahre schied ein Drittel aus. Zum Abgeordneten wählbar war jeder Stimmberechtigte, der das 30. Lebensjahr vollendet hat, seit drei Jahren sächsischer Staatsangehöriger ist und mindestens 30 Mk. Grund- oder Einkommensteuer entrichtet. Bei den Ergänzungswahlen von 1897 kam das neue Verfahren zum erstenmal zur Anwendung, und in der Kammer saßen danach noch immer 8 Sozialdemokraten, bis durch die Ergänzungswahlen von 1899 die Zahl auf 4 zusammenschmolz und 1901 auch dieser Rest noch ausschied.

In der Landtagstagung 1897/98 kam ein Steuerreform plan, der Überweisung der Grundsteuer an die Schulgemeinden, eine allgemeine Vermögenssteuer und eine Ausgestaltung der Erbschaftssteuer vorsah, zur Vorlage, fand jedoch nicht die Billigung der Kammern. Dagegen wurde das Versammlungsgesetz abgeändert, indem die Verbindung von Vereinen untereinander für zulässig erklärt. aber die Teilnahme Minderjähriger an Versammlungen verboten wurde. Die im Juli 1897 durch die Nebenflüsse der Elbe verursachten Überschwemmungen erforderten erhebliche Staatsmittel zur Heilung des angerichteten Schadens. Der Landtag 1899/1900 bewilligte 24 Mill. Mk. für Bahnhofsbauten, billigte die Errichtung von Verwaltungsgerichten und ein allgemeines Baugesetz sowie die Aufnahme einer Anleihe von 60 Mill. Mk. Da die Regierung eine neue Steuergesetzvorlage nicht einbrachte, sondern den Fehlbetrag durch Zuschläge zur Einkommensteuer deckte, so forderte die Zweite Kammer selbst im Mai 1900 eine solche Vorlage und gab bestimmte Gesichtspunkte dafür an. Dem Landtag von 1901/02 gingen den ausgesprochenen Wünschen entsprechende Vorlagen zu, aber nur das Einkommensteuergesetz, das eine bis 5 Proz. aufsteigende Besteuerung vorsah, fand schließlich mit den durch die Zweite Kammer beantragten Änderungen Annahme, während die geplante Vermögenssteuer in eine das landwirtschaftliche Anlage- und Betriebskapital frei lassen de Ergänzungssteuer verwandelt wurde. Ferner stimmten die Kammern einem Enteignungsgesetze zu und bewilligten den Beamten Gehaltsortszuschläge. Der Zusammenbruch der Leipziger Bank im Sommer 1901, der den einiger andern kleinern Bankinstitute nach sich zog, hatte nicht nur weite Kreise des sächsischen Volkes stark erschüttert, sondern auch die Staatsfinanzen in Mitleidenschaft gezogen, da die Lotteriedarlehnskasse mit einem beträchtlichen Verluste beteiligt war. Nachdem in der Zweiten Kammer die Finanzgebarung und namentlich die starke Überschreitung der Voranschläge bei Eisenbahnbauten und der starke Rückgang der Eisenbahnrente (die Eisenbahnschuld verzinste sich 1901 nur mit 3,035 Proz., während der Betriebskoeffizient auf 78,64 Proz. stieg) gerügt worden war, reichten 7. Febr. 1902 sämtliche Minister ihr Abschiedsgesuch ein, aber der König bewilligte 10. Febr. nur dem Finanzminister v. Watzdorf (s. d., seit 1895) die Entlassung und ersetzte ihn durch den bisherigen Justizminister Rüger (s. d.), der erst im Sommer 1901 Schurig im Amte gefolgt war; das durch diesen Wechsel erledigte Justizministerium übernahm Otto (s. Otto 7, S. 258). Dem Finanzminister folgte 1. Juli 1902 auch sein bisheriger treuer Gehilfe, der Wirkliche Geheime Rat Diller (geb. 1840), der seit 1890 Vorstand der ersten Abteilung im Finanzministerium gewesen war.

Kurz nach dem Schlusse des Landtags (7. Juni 1902) starb König Albert (19. Juni), dem sein Bruder als König Georg (1902–04, s. Georg 21) folgte. Da die Verfassung die Festsetzung der königlichen Zivilliste und zu diesem Behufe die Abhaltung eines außerordentlichen Landtags vorsieht, so trat ein solcher im Juli zusammen; die Zivilliste, die zuletzt 3,052,300 Mk. betrug, wurde bis Ende 1903 auf 3,500,000 Mk. und von 1904 an mit Rücksicht auf die den Hofbeamten zu gewährenden Wohnungsgeldzuschüsse auf 3,550,000 Mk. festgesetzt. Dem verstorbenen Kriegsminister v. d. Planitz folgte im August 1902 General Freiherr v. Hausen (s. d. 1). Ende 1902 verursachte die Flucht und der Ehebruch der Kronprinzessin Luise (s. Luise 9) große Aufregung im Land und führte zur gerichtlichen Scheidung der Ehe. Die Staatsfinanzen besserten sich unter Rügers sparsamer Ressortverwaltung schon 1902 einigermaßen, wenn auch die Tilgung der Staatsschuld in diesem Jahre nur 0,93 Proz. betrug, da die Verzinsung des 963 Mill. Mk. betragenden Anlagekapitals der Eisenbahnen (1903: 3114,26 km) eine Verzinsung von 3,706 Proz. (gegenüber 1896: 5,7 Proz. und 1901: 3,035 Proz.) ergab; 1903 stieg sie auf 4,41 Proz. und 1904 auf 4,66 Proz. Dadurch wurde in der Finanzperiode 1902/03 ein Überschuß von 23 Mill. Mk. (gegenüber einem Verlust von fast 7 Mill. Mk. 1900/01) erzielt. Für 1904 und 1905 hielt der ordentliche Etat mit 333,8 Mill. Mk. für jedes Jahr das Gleichgewicht, während im außerordentlichen Etat für beide Jahre zusammen noch 40 Mill. Mk. vorgesehen waren; für 1906 und 1907 mit 318,07 Mill., bez. 20,2 Mill. Mk. Die Gesetzentwürfe, die der Landtag 1903/04 zu erledigen hatte, dienten dem gemäß im wesentlichen der Gesundung der Staatsfinanzen. Es wurde die allmähliche Abrüstung des immer weniger ertragsreichen Freiberger Silberbergwerks genehmigt, das Spielen in außersächsischen Lotterien verboten, der Staatshaushaltsplan einer so genauen Prüfung unterzogen wie nie zuvor und der Grundsatz sparsamer Finanzwirtschaft (Komptabilitätsgesetz) gesetzlich durch die Neugestaltung der Oberrechnungskammer festgelegt. Ergebnislos dagegen verliefen die Verhandlungen über die Gemeindesteuerreform, die vor allem eine größere Einheitlichkeit der Besteuerung schaffen sollte, und diejenigen über eine Abänderung des Landtagswahlgesetzes.

Seit dem Inkrafttreten des Wahlgesetzes zur Zweiten Kammer von 1896 (s. oben) hatte sich weiter Kreise eine Mißstimmung bemächtigt, die durch das den Konservativen auf die Dauer gesicherte Übergewicht über die Liberalen, durch Herrschaft des platten Landes über die Städte und die der Landwirtschaft über die Industrie begründet war, während die Linksliberalen und Sozialdemokraten über die »Entrechtung« der Volksmehrheit durch Einführung des Dreiklassenwahlsystems[385] und der indirekten Wahl Beschwerde erhoben. Ganz besonders kam dies bei den Reichstagswahlen von 1903 zum Ausdruck, da sich die letztgenannten Parteien des angeführten Arguments als Agitationsmittels bedienten und auch wirklich erreichten, daß von den 23 sächsischen Reichstagsabgeordneten nur einer (der für Bautzen, welcher der deutschsozialen Reformpartei zufiel) nicht Sozialdemokrat war; dieses beschämende Wahlergebnis verschaffte S. den Namen »Rotes Königreich«. Indes verloren die Sozialdemokraten bei einer Nachwahl im März 1904 auch den 20. Wahlkreis an die deutschsoziale Reform partei. Bei der nach der Reichstagsauflösung 13. Dez. 1900 vorgenommenen Wahl wurden in S. nur 8 Sozialdemokraten gewählt. Mit Rücksicht auf die entfaltete Agitation zugunsten einer Wahlrechtsänderung und in der Erkenntnis, daß tatsächlich bei dem herrschenden System wesentliche Teile der Bevölkerung keine ihrer Bedeutung entsprechende Vertretung in der Zweiten Kammer besaßen, legte die Regierung Anfang 1904 einen Gesetzentwurf vor, der neben allgemeinen Wahlen in drei Abteilungen auch berufsständische Vertreter vorsah, fand jedoch damit bei den Kammern keinen Anklang. Eine entsprechende Vorlage für den nächsten Landtag kündigte die Regierung Anfang 1907 an. Eine große Erregung verursachte im Winter 1903/04 der Ausstand der Krimmitschauer Textilarbeiter, der erst 18. Jan. 1904 sein Ende fand, nach dem die Gründung eines Deutschen Arbeitgeberverbandes zur Abwehr von Ausständen durch Schließung aller Betriebe Tatsache geworden war.

Am 19. Mai 1904 wurde der Landtag geschlossen, und 15. Okt. starb König Georg, nachdem er schon 14. Okt. dem Kronprinzen die Regierungsgeschäfte übertragen hatte. Dieser trat die Regierung als König Friedrich August III. (s. Friedrich 73) an, während sein Bruder Johann Georg (s. Johann 36) dadurch in den Besitz der Sekundogenitur gelangte. Über König Georgs dritten Sohn vgl. Maximilian 12). Der verfassungsgemäß wiederum alsbald einberufene außerordentliche Landtag setzte die Zivilliste des Königs für dessen Regierungszeit in der 1902 vereinbarten Weise fest. Nach den im Oktober 1905 vorgenommenen Ergänzungswahlen zur Zweiten Kammer saßen in dieser 53 Konservative, 24 Nationalliberale, 2 Reformer, 2 Freisinnige und 1 Sozialdemokrat; eine alsbald nötig gewordene Nachwahl führte dem Hause noch vor Jahresschluß einen zweiten Sozialdemokraten zu. Der Landtag 1905/06, der vom 26. Okt. bis 7. April versammelt war, beriet den Haushaltsplan für 1906 und 1907, änderte das Ergänzungssteuergesetz vom 2. Juli 1902 durch Aufhebung des § 19 und das Schlachtviehversicherungsgesetz vom 2. Juni 1898 ab und beriet auch einen Gesetzentwurf über Umgestaltung der Ersten Kammer, in die eine Anzahl Industrielle als Gegengewicht zu den zahlreichen Vertretern der Landwirtschaft eintreten sollten. Indes lehnte die Zweite Kammer die Vorlage ab. Nach dem Schluß des Landtags wurde Minister v. Metzsch durch Graf v. Hohenthal-Bergen (s. d.) ersetzt; Kultusminister wurde v. Schlieben (s. d.); den Vorsitz im Gesamtministerium erhielt Rüger (s. d.). Die im Herbst 1906 tagende Landessynode regelte die Frage der Leichenverbrennung und der konfessionellen Friedhöfe und faßte Beschluß über die Ausübung des Patronatsrechts seitens katholischer Patrone.

[Geschichtsliteratur.] Weiße, Geschichte der kursächsischen Staaten (Leipz. 1802–12, 7 Bde.); Gretschel, Geschichte des sächsischen Volkes (fortgesetzt von Bülau, 2. Ausg., das 1863, 3 Bde.); Böttiger-Flathe, Geschichte des Kurstaates und Königreichs S. (Gotha 1867–73, 3 Bde.); Sturmhöfel, Geschichte der sächsischen Lande und ihrer Herrscher (Chemnitz 1897–98); »S. unter König Albert« (Leipz. 1898); »Codex diplomaticus Saxoniae regiae« (das. 1864 ff.); die Veröffentlichungen der seit 1896 bestehenden Königlich Sächsischen Kommission für Geschichte (unter besondern Titeln); »Archiv für die sächsische Geschichte« (hrsg. von K. v. Weber, Leipz. 1862–79, 21 Bde.) und »Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde« (hrsg. von Ermisch, Dresd. 1880 ff.); »Bibliothek der sächsischen Geschichte und Landeskunde« (hrsg. von Buchholz, Leipz. 1902 ff.); v. Witzleben, Die Entstehung der konstitutionellen Verfassung des Königreichs S. (das. 1881); Blanckmeister, Sächsische Kirchengeschichte (2. Aufl., Dresd. 1906); O. E. Schmidt, Kursächsische Streifzüge (Leipz. 1902–06, 3 Bde.); Schuster und Francke, Geschichte der sächsischen Armee (das. 1885, 3 Tle.); Lobe, Ursprung und Entwickelung der höchsten sächsischen Gerichte (das. 1905); Tützschmann, Atlas zur Geschichte der sächsischen Länder (Grimma 1852); Brecher, Darstellung der Gebietsveränderungen in den Ländern Sachsens und Thüringens (Karte, Berl. 1888); Hantzsch, Die ältesten gedruckten Karten der sächsisch-thüringischen Länder, 1550–1593 (Leipz. 1905); P. E. Richter, Literatur der Landes- und Volkskunde des Königreichs S. (Dresd. 1889, 4 Nachträge 1892–1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 370-386.
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Schau-Platz der Betrieger. Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln

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Ohnerachtet Schande und Laster an ihnen selber verächtlich / findet man doch sehr viel Menschen von so gar ungebundener Unarth / daß sie denenselben offenbar obliegen / und sich deren als einer sonderbahre Tugend rühmen: Wer seinem Nächsten durch List etwas abzwacken kan / den preisen sie / als einen listig-klugen Menschen / und dahero ist der unverschämte Diebstahl / überlistige und lose Räncke / ja gar Meuchelmord und andere grobe Laster im solchem Uberfluß eingerissen / daß man nicht Gefängnüsse genug vor solche Leute haben mag.

310 Seiten, 17.80 Euro

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