Artikel in der Wikipedia: Leipzig
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1036. Leipzig.
1036. Leipzig.
Provinzen Brandenburg, Posen, Schlesien und Königreich Sachsen. I. (Karten)
Provinzen Brandenburg, Posen, Schlesien und Königreich Sachsen. I. (Karten)
Geologische Formationen.
Geologische Formationen.

[39⇒] Leipzig, Hauptstadt der sächs. Kreish. (3567 qkm, 1900: 1.060.632, 1905: 1.145.063 E., 1 selbständige Stadt, 6 Amtshauptmannschaften) und Amtsh. L., an der Weißen Elster, Pleiße und Parthe [Karte: Brandenburg etc. I, 5, und Tafel: Geologische Formationen 2], (1900) 456.124 E. (19.142 Katholiken, 6783 Reformierte, 6314 Israeliten), (1905) 502.570 E., Garnison, Generalkommando (19. Armeekorps), Reichs-, Land-, Amtsgericht, Reichsbankhauptstelle, Oberpost-, Königl. Lotteriedirektion, Börse, Handels-, Gewerbekammer, Universität (1409 gegründet, nächst Berlin und München die besuchteste Deutschlands, mit reichen Sammlungen [Bibliothek, 500.000 Bde.]), [⇐39] [40⇒] Handelshochschule, Akademie der bildenden Künste, königl. Konservatorium für Musik, Akademie für graph. Künste und Buchgewerbe, 4 Gymnasien, 1 Realgymnasium, 5 städtische und 5 private Realschulen, Stadtbibliothek, Museum der bildenden Künste, Gewandhaus (berühmte Konzerte), Deutsches Buchhändlerhaus (1888), Buchgewerbehaus mit Buchgewerbemuseum und Gutenberghalle (1900), Grassimuseum für Kunstgewerbe und Völkerkunde (1896), neues Rathaus (1905), Völkerschlacht-Nationaldenkmal am Napoleonstein (1900 Grundsteinlegung); berühmte Messen, Weltmarkt für Rauchwaren, Mittelpunkt des deutschen Buchhandels; außerdem Industrie, bes. in Chemikalien, Maschinen, ätherischen Ölen, Spinnerei und Weberei.

L. fiel bei der Teilung Sachsens 1485 der Albertinischen Linie zu, hatte viel im Dreißigjähr. Kriege zu leiden (Schlachten bei L. 1631 und 1642, s. Breitenfeld). Vom 14. bis 20. Okt. 1813 fand bei L. zwischen den Franzosen und den Verbündeten eine Reihe von Gefechten und Schlachten statt, in denen insgesamt 500.000 Mann kämpften, und unter welchen die Kämpfe vom 16. bis 18. Okt. die Völkerschlacht von L. genannt werden. Hierdurch war die franz. Macht gebrochen. – Vgl. Große (1837-42; Neudr. 1897-99), Hasse (Messen, 1885), Wustmann (1885; 1905), Friedberg (Universität, 1898); über die Völkerschlacht Aster (1856), Wuttke (1863), Richter (1897), Friedrich (1905). [⇐40]

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 39-40.
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[377⇒] Leipzig (hierzu drei Beilagen: Stadtplan mit Registerblatt, Karte »Leipzig mit den Vororten« und Tafel »Leipziger Bauten I-III«), nach der Zählung von 1900 die größte Stadt des Königreichs Sachsen und die viertgrößte des Deutschen Reiches, Hauptstadt der gleichnamigen Kreishauptmannschaft (S. 386), liegt 105–125 m (Sternwarte 116 m) ü. M., unter 51°20´ nördl. Br. und 12°23´ östl. L., an der Elster, Pleiße und Parthe, in der großen Ebene, die sich von der Saale bis zur Mulde und zum großen Teil bis nach der Elbe erstreckt.

Wappen von Leipzig.
Wappen von Leipzig.

Die Stadt zerfällt in die innere Stadt, die innern und äußern Vorstädte und die 1889–1892 einverleibten Vororte Reudnitz, Anger-Krottendorf, Volkmarsdorf, Neustadt, Neuschönefeld, Sellerhausen, Neusellerhausen (Osten), Neureudnitz, Thonberg (Südosten), Konnewitz, Lösnig (Süden), Lindenau, Plagwitz, Kleinzschocher, Schleußig (Westen und Südwesten), Gohlis und Eutritzsch (Norden). Die Einverleibung der Orte Möckern (N.), Leutzsch (W.), Schönefeld (NO.) und Stötteritz (SO.) ist geplant. Die gut gebaute und seit 1770 von Promenaden (den vormaligen Festungswällen) umgebene innere Stadt wurde früher in das Peters- (S.), Ranstädter (W.), Grimmaische (O.) und Hallische (N.) Viertel eingeteilt. Auch die Vorstädte bezeichnete man mit den Namen dieser Viertel. Jetzt benennt man die Vorstädte nach den Himmelsgegenden.

[Straßen, Plätze, Denkmäler.] Die Zahl der Straßen und Plätze Leipzigs beträgt nach der Einverleibung der Vororte über 700. Die Straßen der innern Stadt sind teilweise eng und krumm; doch werden von Jahr zu Jahr im Interesse des Verkehrs Verbesserungen vorgenommen, durch die sich das frühere Stadtbild bereits wesentlich verändert hat. Die verkehrsreichsten Straßen der innern Stadt sind die Grimmaische und die Petersstraße. In den Vorstädten gibt es meist regelmäßige, breite und schöne Straßen, besonders in der erst neuerdings entstandenen Südwestvorstadt. Zu den schönsten Straßen zählen die Karl Tauchnitz-Straße, die Kaiser Wilhelm-Straße, die Bismarckstraße, Kronprinzstraße, Schwägrichenstraße. Von der um die innere Stadt herumgeführten Ringstraße gibt es zurzeit (1905) den Thomasring, Rathausring und Georgiring. Die Hauptverkehrsstraßen der Vorstädte sind der Grimmaische Steinweg, die Dresdener Straße, der Peterssteinweg, die Zeitzer Straße, die Blücherstraße, der Ranstädter Steinweg und die Frankfurter Straße. Unter den öffentlichen Plätzen nimmt der Markt, der Schauplatz denkwürdiger Ereignisse, eine hervorragende Stellung ein. In seiner Mitte befindet sich das 1845 in Pflastersteinmosaik ausgeführte Stadtwappen. Auf der Nordseite des Marktes steht das am 18. Aug. 1888 enthüllte großartige Siegesdenkmal von Siemering (s. Tafel »Bildhauerkunst XVIII«, Fig. 6). Leipzigs Schmuckplatz und wohl einer der größten und schönsten Plätze Deutschlands ist der von schönen öffentlichen und Privatgebäuden eingefaßte Augustusplatz, auf dessen Südseite sich der nach einem Entwurf von Gnauth 1886 errichtete Mendebrunnen erhebt (s. Tafel »Brunnen«, Fig. 12). Von den übrigen Plätzen verdienen Erwähnung: der Roßplatz, der Königsplatz mit dem Denkmal des Kurfürsten (spätern Königs) Friedrich August des Gerechten (nach einem Entwurf von Öser 1780), der Johannisplatz mit Joh. Schillings Reformationsdenkmal (enthüllt 1883), der Marienplatz, der Flößplatz. Von andern Denkmälern seien genannt: das Leibnizdenkmal von Hähnel auf dem Thomaskirchhof (1883); das Denkmal des Landwirts Albrecht Thaer von Rietschel (1850) an der Schule für Frauenberufe; das Harkortdenkmal und der Obelisk zur Erinnerung an die Erbauung der Leipzig-Dresdener Eisenbahn in der Nähe des Dresdener Bahnhofs; seitwärts davon in den Anlagen am Magdeburger Bahnhof das Denkmal des Bürgermeisters Karl Müller, dem L. seine Promenaden verdankt; in den Promenadenanlagen am Alten Theater das Denkmal des Homöopathen Hahnemann; die Marmorstatue Gellerts von Knaur und das Denkmal des Liederkomponisten K. Zöllner im Rosental, das Denkmal Felix Mendelssohn-Bartholdys vor dem neuen Konzerthaus (1892) und das zu Ehren der beiden um Leipzigs Volksschulwesen verdienten Schulmänner Dolz und Plato errichtete Denkmal an der Promenade vor der Schulstraße (1894); ferner das Denkmal des Industriellen Karl Heine (von K. Seffner) am südlichen Eingange zum Palmengarten in der Plagwitzer Straße, das Denkmal des Bürgermeisters Koch auf dem Musenhügel (von K. Seffner, 1898), das Denkmal Robert Schumanns hinter der Schule für Frauenberufe, das Wilhelm Seyffert-Denkmal im Johannapark, das Bismarckdenkmal an der Karl Tauchnitz-Straße (von Adolf Lehnert und Joseph Magr, 1897) und die Statuette des jungen Goethe auf dem Naschmarkt (von K. Seffner, 1903). An die Tage der großen Völkerschlacht erinnern das Fricciusdenkmal, nahe der Johanniskirche, an der Stelle, wo 19. Okt. 1813 die Königsberger Landwehr zuerst in die Stadt eindrang (vgl. unten: S. 387,2. Spalte); das am Ranstädter Steinweg 1863 zur Erinnerung an die Sprengung der Elsterbrücke errichtete Denkmal, der Denkstein für Marschall Poniatowski, der in der Elster seinen Tod fand, im Hofe der Volksschule in der Lessingstraße, und das sogen. Kugeldenkmal an der Mittelstraße. Im Bau begrifsen [⇐377][378⇒] ist seit 1898 beim Südfriedhof das gewaltige Völkerschlachtdenkmal von Bruno Schmitz, dessen Kosten auf etwa 3 Mill. Mk. veranschlagt sind. Es soll im J. 1913 vollendet werden. Außer den schönen, rings um die innere Stadt führenden Promenaden und dem seit 1896 mit einem Aussichtsturm versehenen Rosental, worin sich auch ein reich ausgestatteter Zoologischer Garten befindet, dienen der Bevölkerung als Erholungsplätze in der Nähe der Johannapark, das Scheibenholz mit dem König Albert-Park, der 1899 eröffnete Palmengarten mit Palmenhaus und Konzertsaal, das Nonnenholz im W. und SW. der Stadt, das Johannistal im O. (1832 angelegt und neuerdings teilweise bebaut) und der Volksgarten im NO. Alt-L. hat vier Friedhöfe. Der hinter der Johanniskirche gelegene alte Johannisfriedhof wird seit 1884 als solcher nicht mehr benutzt und nach und nach in einen Park verwandelt. Hier befindet sich ein schönes Grabdenkmal für Dominic Grassi, einen Wohltäter Leipzigs (von Werner Stein). Der neue Johannisfriedhof liegt im SO. der Stadtflur, der nördliche mit dem israelitischen Friedhof an der Berliner Straße. In der Nähe des Napoleonsteins auf Probstheidaer Flur ist 1886 ein großer Zentralfriedhof (Südfriedhof) angelegt worden.

[Kirchen.] L. hatte bis 1885 verhältnismäßig sehr wenig Kirchen. Von dieser Zeit an aber war die kirchliche Bautätigkeit äußerst rege, und zahlreiche Neu- und Umbauten sind seitdem erstanden. 1905 zählt L. 25 evangelisch-lutherische, eine reformierte, 2 katholische, eine anglikan. Kirche, ein griechisches Bethaus und eine Synagoge. Die Thomaskirche, 1213 von Markgraf Dietrich dem Bedrängten als Klosterkirche gestiftet, 1482 vergrößert, wurde 1885–89 nach Entwürfen von Lipsius umgebaut. Im Chor, vor dessen Hauptaltar 1307 Markgraf Diezmann ermordet wurde, befinden sich die Bildnisse sämtlicher Leipziger Superintendenten von 1573–1883. Die Nikolaikirche, um 1170 erbaut und 1513 erneuert, wurde zu Ende des 18. Jahrh. umgebaut und 1902 gründlich restauriert. Auf dem Neukirchhof stand eine 1217 vom Markgrafen Dietrich errichtete Zwingburg, die später den Barfüßern zur Anlegung eines Klosters eingeräumt wurde. Die Klosterkirche wurde 1488–1494 um- und 1698 neugebaut, weshalb sie Neukirche hieß, bis sie 1880 nach gründlichem, durch Mothes ausgeführtem Umbau den Namen Matthäikirche erhielt. Die neue Peterskirche auf dem Schletterplatz, im gotischen Stil nach Plänen von Hartel und Lipsius erbaut, ist das schönste kirchliche Bauwerk Leipzigs; ihr schlanker Turm hat eine Höhe von 87 m (s. Tafel »Leipziger Bauten II«, Fig. 1). Die Pauliner- oder Universitätskirche, um 1240 erbaut, 1545 erneuert und von Luther eingeweiht, neuerdings umgebaut, enthält den Grabstein des in der Thomaskirche ermordeten Markgrafen Diezmann und andre bemerkenswerte Grabdenkmäler. Die Johanniskirche auf dem Johannisplatz, 1585 eingeweiht, ist 1894 abgebrochen und seitdem im Renaissancestil nach den Plänen von H. Licht neu aufgebaut worden; nur der alte Turm ist geblieben. In der neuen Kirche sind die beim Ausgraben des Grundes aufgefundenen Gebeine J. S. Bachs und die Gellerts, dessen Grabmal sich an der Ostseite der Kirche befindet, beigesetzt worden. Die Kirche gehörte ursprünglich zu dem benachbarten Johannishospital, das 1278 als Hospital der Aussätzigen gegründet und zu einem Asyl für bejahrte Bürgersleute umgewandelt ward. Dieses im Laufe der Jahrhunderte zu großem Reichtum gelangte Asyl (Johannisstift) befindet sich seit 1872 in einem am Johannistal gelegenen, von Lipsius entworfenen Prachtbau. In reizender Lage, am Saume des Johannaparkes, erhebt sich die nach Plänen von Zeißig 1883–86 erbaute Lutherkirche. In der äußern Südvorstadt steht die 1893 vollendete Andreaskirche, von Weidenbach erbaut. Am Nordplatz befindet sich die 1904 vollendete Michaeliskirche, von Heinrich Ruft und Alfred Müller erbaut. Von den beiden katholischen Kirchen steht die erste (Heiliche Dreifaltigkeitskirche, 1847 vollendet) an der Weststraße, die zweite, 1893 vollendet (St. Laurentiuskirche), in L.-Reudnitz. Die reformierte Kirche, 1897–98 von Weidenbach und Zschammer erbaut, ein Sandsteinbau in deutscher Renaissance, steht an der Promenade in der Nähe des Alten Theaters. Nahe der Lutherkirche steht seit 1885 eine kleine englisch-amerikanische Kirche. Die in den Vororten befindlichen Kirchen sind größtenteils in neuester Zeit errichtet worden. – Die im maurischen Stil erbaute Synagoge in der Zentralstraße ist ein Werk Simonsohns und wurde 1855 eingeweiht.

[Weltliche Bauten.] An der Ostseite des Marktes steht das alte Rathaus, das mit Benutzung der untern Mauern des aus dem 13. Jahrh. stammenden Baues 1556 vom Bürgermeister Hieronymus Lotter erbaut wurde. In dem großen Sitzungssaal hängen die Bilder aller sächsischen Fürsten von 1485 an; in der Ratsstube werden kostbare altertümliche Pokale verwahrt, darunter einer, der Luthers Eigentum war. Nach Vollendung des neuen Rathauses (1905) soll das alte umgebaut werden und ist dazu bestimmt, das Ratsarchiv und die Sammlungen des Vereins für die Geschichte Leipzigs aufzunehmen. Am Markt steht auch das Königshaus, worin bis 1829 die sächsischen Herrscher bei ihrer Anwesenheit in L. wohnten. Hier feierte König August der Starke seine berüchtigten Meßfeste, hier rastete 1698 Peter d. Gr., 1707 Karl XII. von Schweden, fand 1760 das bekannte Gespräch zwischen Friedrich d. Gr. und Gellert statt und wohnten 1809 Jérôme, König von Westfalen, und 1813 Napoleon. In einem Erkerzimmer dieses Hauses verabschiedete sich Napoleon vom König Friedrich August von Sachsen, den man von hier aus wenige Stunden später in die Gefangenschaft führte. In demselben Zimmer starb 1820 Fürst Schwarzenberg, der Sieger von L., und 1827 während der Huldigungsfeier die Königin Maria Theresia von Sachsen. Die prächtige Fassade des ältesten Kaufmannshauses (Barthels Hof an der Ecke des Marktes und der Hainstraße) hat man nach dessen 1871 erfolgtem Abbruch als Perle der Spätgotik auf der Hofseite des Neubaues wieder angefügt. Das schönste Haus am Markt ist das von O. Jummel im Barockstil ganz aus Eisen erbaute und 1895 vollendete Bismarckhaus. Dem Rathaus gegenüber, in der Grimmaischen Straße, befindet sich das länger als drei Jahrhunderte berühmteste Bürgerhaus der Stadt, Auerbachs Hof, 1530–38 erbaut, weltbekannt geworden durch die an ihm haftende Faustsage und durch Goethes Faustdichtung, ehedem ein Basar der reichsstädtischen Handelsherren und als solcher der wichtigste Meßhandelsplatz, mit 100 Gewölben und vielen offenen Buden. Die in dem Weinkeller befindlichen Faustbilder stammen aus dem Jahre 1525 (s. Auerbach 1). Das stattliche Fürstenhaus in derselben Straße bewohnte 1712 Peter d. Gr. auf seiner Reise nach Karlsbad. In dem seit 1892 neugebauten und 1904 zu [⇐378][379⇒] Geschäftszwecken umgebauten Roten Kolleg in der Ritterstraße wurde Leibniz geboren, und daneben, im Hof der 1834 erbauten alten Buchhändlerbörse, worin zurzeit das Konvikt der Studenten seinen Sitz hat, wohnte und starb der Dichter Gellert. An der Nordseite des Nikolaikirchhofs, neben der alten Nikolaischule, erhebt sich der 1887 vollendete schöne Neubau des Predigerhauses zu St. Nikolai (von Hugo Licht). Das Café Français, an der Ecke der Grimmaischen Straße und des Augustusplatzes, ist 1834 auf dem Grund eines alten Torturmes errichtet worden. Am östlichen Ende der Grimmaischen Straße liegen Gebäude der Universität, die seit 1894 zum großen Teil durch Neubauten ersetzt worden sind. Der Um- und Neubau der Universität ist ein Werk des Leipziger Architekten Arwed Roßbach. Eine besondere Sehenswürdigkeit ist die große Wandelhalle im Augusteum. Das Hauptgebäude ist das mit der Vorderseite nach dem Augustusplatz gerichtete Augusteum, 1834–36 nach Schinkels Entwürfen gebaut. Die Aula enthält Statuen sächsischer Fürsten, die Büsten Goethes und Leibniz' von Knaur, Gottfr. Hermanns und Börners von Rietschel, prächtige Basreliefs von demselben, ferner ein Denkmal, das die Universität den im Kriege 1870/71 gegen Frankreich gefallenen Studenten setzen ließ. Andre hier gelegene, verschiedenen Zwecken dienende Universitätsgebäude sind das Mauricianum, Paulinum, Bornerianum, Fridericianum, Johanneum, Albertinum. Am Augustusplatz erhebt sich das nach den Plänen von Langhans erbaute Neue Theater. Bemerkenswerte Gebäude in der Nähe sind das Postgebäude am Augustusplatz, das königliche Palais und die Georgenhalle, bis 1895 Sitz des Reichsgerichts. Dem Theater gegenüber steht das 1837 gegründete, 1353 eingeweihte und 1883–86 nach den Plänen von Hugo Licht aus den Mitteln der Grassistiftung bedeutend erweiterte städtische Museum (Tafel II, Fig. 3), durch Schenkungen des Kunstfreundes Heinrich Schletter wesentlich gehoben, mit zahlreichen hervorragenden Gemälden älterer und moderner Meister, einer großen Kupferstichsammlung und andern Kunstwerken. An die Südfassade des Museums wird ein Saal angebaut, wo die Skulpturen des Leipziger Bildhauers Max Klinger vereinigt werden sollen. Der Goldene Bär in der Universitätsstraße ist das Gründungshaus der berühmten, seit fast 180 Jahren bestehenden Buchdruckerei von B. Chr. Breitkopf, die jetzt (Breitkopf u. Härtel) ihr Geschäftshaus in der Nürnberger Straße hat. Zwischen der Universitätsstraße und dem Neumarkt befindet sich die 1899 umgebaute Stadtbibliothek in einem Teile des 1740 erbauten Gewandhauses, in dessen wegen seiner Akustik gepriesenem Konzertsaal von 1781–1884 die Gewandhauskonzerte stattfanden, und das 1894–96 für Meßzwecke errichtete Städtische Kaufhaus (Meßpalast, s. unten). Im Hofe der dem Kaufhaus nahegelegenen Großen Feuerkugel wohnte Goethe als Student und vor ihm Lessing. An der Ecke der Schillerstraße und Petersstraße steht das prächtige Reichsbankgebäude, gegenüber das Geschäftshaus von Polich (Grundriß s. Tafel »Kaufhäuser II«, Fig. 10) und das stattliche, ursprünglich für die 1901 zusammengebrochene Leipziger Bank bestimmte Geschäftshaus der Deutschen Bank, eins der schönsten Werke Arwed Roßbachs. In unmittelbarer Nähe erhebt sich auf dem Platze, wo sonst die Pleißenburg, ehemals Leipzigs Zitadelle, stand (s. unten), das neue Rathaus (Tafel I), ein Werk Hugo Lichts, in grauem Kalkstein 1899–1905 ausgeführt. Der Turm, dessen untern Teil der Rest des Pleißenburgturms bildet, ist mit 111 m Höhe das höchste Gebäude der Stadt. Einen Teil des Kellergeschosses nimmt der Ratskeller ein. (Die genannte Pleißenburg, 1213 als Zwingburg angelegt, 1547 zusammengeschossen und 1549–51 wieder aufgebaut, im Dreißigjährigen Kriege wiederholt belagert und eingenommen, wurde seit 1770 nicht mehr als Festung betrachtet und diente später als Kaserne und zu andern militärischen Zwecken. Der Turm wurde bis 1861 als Sternwarte gebraucht; Weiteres s. unter Geschichte.) An der Nordseite des Rathauses sind neue Straßen mit stattlichen Geschäftshäusern entstanden. Am nahen Thomaskirchhof stand ein 1213 gestiftetes Augustinerkloster, mit dem eine gelehrte Schule, die Thomasschule, verbunden war, die sich zugleich unter der Leitung ausgezeichneter Kantoren (wie Joh. Seb. Bach, Hiller, Schicht, Hauptmann u.a.) durch die Pflege des Kirchengesanges einen glänzenden Namen in der Geschichte der Musik erworben hat (vgl. Lampadius, Die Kantoren der Thomasschule, Leipz. 1902). Seit 1877 hat die Schule ein neues stattliches Gebäude in der Westvorstadt erhalten. Das Gebäude der alten Thomasschule wurde 1902 abgebrochen; an seiner Stelle befindet sich seit 1904 die neue Superintendentur. Von den westlich vom Thomas- und Matthäikirchhof in jüngster Zeit entstandenen hervorragenden Gebäuden verdienen Erwähnung das Gebäude der Kommandantur und das Zentraltheater, ein großes Vergnügungshaus mit zahlreichen der Unterhaltung und Erholung gewidmeten Räumen am Thomasring, und das von Fritz Drechsler erbaute Künstlerhaus an der Bose- und Zentralstraße. Das Alte Theater, unfern vom Eingang zum Rosental, wurde 1766 gegründet und 1817 umgebaut. Am Blücherplatz steht die 1884–1886 von Enger und Weichardt im Renaissancestil errichtete Neue Börse, ihr gegenüber am Plauenschen Platz das Gebäude der dauernden Gewerbeausstellung An der Nordseite der Promenade liegen der Thüringer, Magdeburger und Dresdener Bahnhof. Die übrigen Bahnhöfe liegen vereinzelt und zwar der Bayrische auf der Grenze zwischen der Süd- und Ostvorstadt, der Eilenburger im O., der Berliner im äußersten Nordosten der Stadt und der Plagwitzer in dem westlichen Vorort Plagwitz. Der Zentralgüterbahnhof befindet sich bei Schönefeld. Von dem sächsischen und preußischen Staate gemeinsam ist 1902 ein Zentralbahnhof begonnen worden, dessen Hauptgebäude etwa an der Stelle des jetzigen Dresdener, Magdeburger und Thüringer Bahnhofs ihren Platz finden werden. Nahe dem Dresdener Bahnhof steht das große Gebäude der Allgemeinen deutschen Kreditanstalt, am Ende der Wintergartenstraße der Kristallpalast, Leipzigs umfangreichstes Vergnügungslokal mit großen Sälen und einem 3500 Plätze enthaltenden Zirkus (Alberthalle). Hervorragende Gebäude der Ostvorstadt sind das Paketpostamt und das neue Buchhändlerhaus in der Hospitalstraße, ein Ziegelbau in deutscher Renaissance (von Kayser und v. Großheim; Tafel II, Fig. 6), und hinter diesem das 1898–1900 nach den Plänen E. Hagbergs errichtete Deutsche Buchgewerbehaus mit dem Deutschen Buchgewerbemuseum und der Gutenberghalle (Tafel I), die Heimstätte des Deutschen Buchgewerbevereins (s. die betreffenden Artikel, Bd. 3, S. 538). Im Johannistal erhebt sich seit 1861 die neue Sternwarte. In der Nähe des Johannistals liegen das städtische Krankenhaus zu St. Jakob, die Irrenklinik, [⇐379][380⇒] das Taubstummeninstitut und eine große Anzahl von Universitätsinstituten, wie die Augenheilanstalt, die Anatomie, das physiologische, pathologische, pharmakologische, hygienische, landwirtschaftliche, agrikulturchemische, physikalische, chemische, zoologische Institut, die neue Frauenklinik (Triersches Institut), die Veterinärklinik und der Botanische Garten. Am Roßplatz steht seit 1884 das Panorama, daneben die 1891 eröffnete sehenswerte Markthalle, am Königsplatz das von Licht gebaute, 1895 vollendete Grassi-Museum, worin die reichen Sammlungen des Museums für Völkerkunde und des Kunstgewerbemuseums untergebracht sind. Südwestlich vom Königsplatz befinden sich das neue Polizeiamt, das Amtsgericht und das Landgericht. Ein neues großes Justizgebäude (Landgericht), 1905 vollendet, erhebt sich in der äußern Südvorstadt. Auf dem Areal des alten Botanischen Gartens (SW.) ist in neuerer Zeit eine Reihe von Prachtbauten erstanden, wie das großartige, von Ludwig Hoffmann 1888–95 erbaute Reichsgericht (s. d., Abbildung Tafel III), das neue Konzerthaus, 1882–84 nach den Plänen von Gropius und Schmieden gebaut (Tafel II, Fig. 5), das neue Konservatorium der Musik (Fig. 4), das herrliche Gebäude der Universitätsbibliothek (Fig. 2 und Tafel »Bibliotheksgebäude III«, Fig. 2), nach Roßbachs preisgekröntem Entwurf errichtet und 1892 eingeweiht, die königliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe u.a. Andre bedeutende Bauten sind die alte Gasanstalt und das neue Gesellschaftshaus des Zoologischen Gartens in der Nordvorstadt und die neue Gasanstalt sowie der 1891 eröffnete große Zentralschlachtviehhof in der äußern Südvorstadt, das Kinderkrankenhaus in L.-Reudnitz und die neue Zwangsarbeitsanstalt zu St. Georg in L.-Thonberg.

[Bevölkerung.] Die Zahl der Einwohner von L. betrug 1676 gegen 20,000,1776: 24,000,1800: 32,146,1832: 43,189,1864: 85,394,1875: 127,387,1880: 149,081,1885: 170,342,1890: 357,122,1895: 399,369 und 1. Dez. 1900: 456,124 (222,716 männliche,233,408 weibliche). Hiervon waren 420,924 Lutheraner, 6367 Reformierte, 18,628 Katholiken und 6171 Israeliten. Außer den S. 377 genannten Vororten sind auch die innerhalb eines Kreises von 4–6 km Radius vom Markte liegenden Dörfer durch wirtschaftliche Interessen mit L. eng verbunden. Es sind Möckern mit Kasernen, Stötteritz, Schönefeld, Abtnaundorf, Stünz, Wahren, Leutzsch, Großwiederitzsch, Mockau, Thekla, Paunsdorf, Mölkau, Zweinaundorf, Probstheida, Dölitz, Raschwitz, Ötzsch, Gautzsch, Großzschocher-Windorf, Böhlitz-Ehrenberg und Barneck. Die Bevölkerung dieser Orte belief sich nach der Zählung von 1900 auf etwa 76,000 Personen. Die Bevölkerung von Groß-L. innerhalb eines Kreises von 10 km Radius betrug 1900: 566,302.

[Messen, Handel und Industrie.] Schon gegen Ausgang des Mittelalters verdankte L. seine wachsende Bedeutung vornehmlich dem Handel. Die nach mehr als 400jährigem Bestehen 1887 aufgelöste Kramerinnung und die später neben ihr begründete Vereinigung der Großhändler sowie der aus beiden Körperschaften gebildete Handelsvorstand (bis 1868) haben in ihrer Blütezeit eine hervorragende Rolle gespielt. Den Charakter als Handelsstadt hat L. zunächst durch seine drei Handelsmessen, zu Neujahr, Ostern und Michaelis, gewonnen, die es zu einem Platz von universeller Bedeutung für die Handelswelt machten. Die Leipziger Messen entwickelten sich aus Jahrmärkten und erlangten namentlich eine größere Bedeutung, nachdem 1497 und 1507 Kaiser Maximilian I. der Stadt weitgehende Stapel- und Niederlagsrechte verliehen hatte (s. unten, Geschichte, S. 387). Infolge der günstigen Lage Leipzigs in dem gewerblichen Sachsen und zwischen dem industriereichen Westen Europas und dem stark konsumierenden Osten, auch infolge des Eifers, mit dem der Leipziger Rat und die sächsischen Fürsten über die Privilegien der Leipziger Messen wachten, erhoben sich diese zu einer Bedeutung, die etwa von 1711 an die der ältern Reichsmessen von Frankfurt a. M. überragte und auch durch die großen Anstrengungen Frankfurts a. O. nicht beeinträchtigt werden konnte. Den Blüteperioden der Leipziger Messen zu Anfang und dann wieder zu Ende des 18. Jahrh. folgte ein weiterer großer Aufschwung nach dem Eintritt des Königreichs Sachsen in den Zollverein 1834. Obwohl der Umfang des Warenverkehrs auf den Leipziger Messen noch bis in die 1860er Jahre namhaft stieg, so machte sich die rückläufige Bewegung in der Bedeutung der Messen für den Handel im allgemeinen doch auch bei den Leipziger Messen mehr und mehr geltend (vgl. E. Hasse, Geschichte der Leipziger Messen, Leipz. 1885) Eine Reihe ehemals wichtiger Meßgüter gingen dem Meßhandel als solchem ganz oder doch zum Teil verloren, indem für sie an seine Stelle oder neben ihn ein ständiger und spezialisierter, in L. ansässiger Großhandel trat (s. unten); dagegen ging für eine Reihe andrer Waren (keramische, Glas-, Metall-, Holz-, Papier- und Lederwaren, Spielwaren, Musikinstrumente, Galanterie- und Kurzwaren etc.) aus dem frühern Warenaustausch, und zwar nur auf den Messen Leipzigs, eine neue Form des Meßverkehrs hervor, nämlich der Verkauf solcher Erzeugnisse auf Lieferung nach zur Messe ausgestellten Mustern. In richtiger Erkenntnis der Tragweite dieser Umwandlung und in gemeinsamer Abwehr eines von Berlin aus unternommenen Versuchs, diesen neuen Meß-Musterlagerverkehr dorthin zu ziehen, sind der Rat und die Handelskammer Leipzigs seit 1893 eifrig bemüht gewesen, L. seine Messen zu erhalten und den Meßverkehr nach jeder Richtung hin zu erleichtern und zu fördern. Diesem Zweck hat namentlich auch der Umbau des alten Gewandhauses zu einem Ausstellungspalast für Meß-Musterlager (Städtisches Kaufhaus) gedient, dem zahlreiche ähnliche, private Meßbauten gefolgt sind und die Errichtung eines zweiten städtischen Ausstellungsgebäudes jetzt folgen soll. Ferner sind in bezug auf die Zeit und die Dauer der Messen seit 1894 einige Änderungen getroffen worden. Die Neujahrsmesse findet seitdem vom 3.–16. Jan., die Ostermesse in den drei Wochen vom ersten Sonntag nach Ostern bis zum Sonntag Cantate einschließlich, die Michaelismesse in den drei Wochen vom letzten Sonntag im August an statt, welche Termine auch für den mit den Messen von altersher noch verbundenen Meßkleinhandel gelten. Daneben wird für den obenerwähnten Musterlagerverkehr der keramischen und verwandten Geschäftszweige vom ersten Montag im März an in der Dauer von 13 Tagen eine von der übrigen, für diese Geschäftszweige zu spät fallenden Ostermesse abgezweigte, sogen. Vormesse abgehalten, während sich im Herbste der Meß-Musterlagerverkehr mit im Rahmen der allgemeinen Michaelismesse abspielt und an der Neujahrsmesse die Musterlager brauchen überhaupt nicht teilnehmen. Naturgemäß findet bei den verschiedenen Messen der Hauptverkehr in der ersten Woche, bez. zu Beginn der Messe statt. Diese neuen Termine und die übrigen von Rat und Handelskammer [⇐380][381⇒] ergriffenen Maßregeln haben sich für das Meßgeschäft überaus günstig erwiesen. Insbesondere hat sich der Meß-Musterlagerverkehr der Ostervormesse und Michaelismesse in großartiger Weise entwickelt, was am besten aus dem von der Leipziger Handelskammer zweimal jährlich herausgegebenen offiziellen Leipziger Meßadreßbuch (Verkäuferverzeichnis) zu ersehen ist, dessen letzte Auflage (Ostervormesse 1905) nicht weniger als 2930 ausstellende Firmen aufweist, davon 2646 aus Deutschland, 206 aus Österreich-Ungarn und 78 aus dem übrigen Ausland. (Näheres bei Heubner, Der Musterlagerverkehr der Leipziger Messen, Tübing. 1904.) Unter den Handelszweigen, für welche die Messen noch die alte Form des Warenverkehrs bewahrt haben, sind der Tuch-, der Leder- und der Borstenhandel, besonders aber der Rauchwarenhandel hervorzuheben; für diesen bildet L. mit seinen ungeheuern Vorräten von Rauchwaren einen Hauptstapelplatz, wie es auch das Zurichten und Färben der Rauchwaren für die ganze Welt besorgt. Dagegen ist bei den übrigen Zweigen des heutigen Leipziger Großhandels der ehemalige Zusammenhang mit den Warenmessen gelöst. Wohl sämtlich verdanken sie aber, so namentlich der gesamte Woll- und Garnhandel, der Manufakturwarenhandel, der Produktenhandel, der Handel mit Tabak, Weinen, Kolonial- und Materialwaren, Nahrungs- und Genußmitteln, der Handel mit Metallen, Farbwaren, Drogen, Chemikalien, Fettwaren und Ölen, ihren Ursprung und ihre Ausdehnung dem frühern Meßhandel. Sie waren berufen, seine für solche Waren nicht mehr geeigneten Formen durch neue, passendere zu ersetzen und nehmen seine Stellung für ihr Gebiet in gewisser Beziehung auch heute noch ein. Freilich ist das Geschäft bei vielen von ihnen, z. B. dem Handel mit Webgarnen, mit roher und gefärbter Seide, mit Farbwaren, mit Eisen und Blech, der, von alten kapitalkräftigen Firmen betrieben, die Industrie in weitem Umkreis versorgt, schwieriger und weniger gewinnbringend geworden. Dasselbe gilt vom Getreidehandel, während anderseits z. B. der Wollhandel mit dem steigenden Verbrauch von Kolonialwollen durch die Industrie beständig gewachsen ist und als neuer Zweig sich ihm das Geschäft in Kammzug und Kämmlingen zugesellt hat. Eine große Entwickelung zeigt ferner der Papierhandel, ebenso der Handel mit Rohtabak. In dem Vertrieb der Erzeugnisse der deutschen Industrie sowohl in Deutschland selbst als nach dem Ausland hat der Handel ein sich immer mehr erweiterndes Arbeitsfeld gewonnen. Der Wert der Ausfuhr aus dem Konsulatsbezirk L. nach den Vereinigten Staaten betrug vom 1. Juli 1903 bis 30. Juni 1904 über 61/2 Mill. Doll.

Die Industrie hat in L. und seinen Vororten, unter denen namentlich Plagwitz, Lindenau und Reudnitz ihr das rasche Wachstum verdanken, in den Jahren 1867–73, dann wieder seit 1878 einen sehr ansehnlichen Aufschwung genommen. Die Zahl der Fabriken (mit mehr als 10 Arbeitern) betrug 1904: 877, in denen 65,917 Arbeiter beschäftigt waren. Hauptzweige der Industrie sind: Eisengießerei, Bau von Maschinen und Apparaten aller Art (z. B. Dampfmaschinen, Dampfkessel, Maschinen für Buchbinderei und Papierindustrie, Nähmaschinen, Strickmaschinen, landwirtschaftliche Maschinen und Ackergeräte, Werkzeugmaschinen etc.), Fabrikation von elektrischen Anlagen, Petroleum- und Gasmotoren, Gasbeleuchtungs-, Gasheizungs-, Wasserleitungs- und Badeeinrichtungen, von Schnellpressen, Geldschränken, Maßstäben, mathematischen, physikalischen und chemischen Instrumenten; Fabrikation von Pianofortes und mechanischen Musikwerken, von Asphalt, Dachpappe und Holzzement, Zement-, Guttapercha- und Gummiwaren, künstlichen Blumen und Federn, Spitzen, Rüschen, Papierwäsche, Zelluloidwäsche, Jalousien, Parkett und Furnieren, Koffern und Lederwaren, Kleidern und Wäsche etc. Auf dem Gebiete der Textilindustrie sind die Kammgarnspinnerei, die Baumwollspinnerei, die Wollkämmerei und die Wollgarnspinnerei großartige Betriebe. Bedeutsam ist ferner die Fabrikation von ätherischen Ölen, Essenzen, Seifen und Parfümerien. Zu großer Bedeutung hat sich, wie schon bemerkt, die Rauchwarenzurichterei und -Färberei entfaltet. Erwähnung verdienen ferner die Bierbrauerei und die Fabrikation von künstlichen Mineralwässern, Likören, Roheis, Tabak und Zigarren. Hochentwickelt ist die Papier- und graphische Industrie mit bedeutenden Buchbindereien, Bunt- und Luxuspapierfabriken, Buchdruckereien, Stein-, Zink-, Kupfer- und Stahldruckereien, Notenstechereien und -Druckereien, Schriftschneidereien und -Gießereien, geographischen und artistischen Anstalten. Auch die Kunst- und Handelsgärtnerei hat in neuerer Zeit einen erfreulichen Aufschwung genommen.

Das Bankwesen zeigt eine entsprechende Entwickelung. Die bedeutendsten Bankinstitute sind die 1856 begründete Allgemeine deutsche Kreditanstalt (Umsatz 1904: 9017 Mill. Mk.), die Reichsbankhauptstelle (Umsatz 1904: 4601,9 Mill. Mk.) und die Filiale der Deutschen Bank. Außerdem sind zu nennen: die Filiale der Sächsischen Bank zu Dresden, die Leipziger Kreditbank, die Leipziger Kredit- und Sparbank, die Leipziger Hypothekenbank, die Kommunalbank für das Königreich Sachsen, der Erbländische Ritterschaftliche Kreditverein etc. Hierzu kommen noch zahlreiche Privatbanken. Im Versicherungswesen hat sich L. mit zuerst hervorgetan. Schon 1819 wurde die Feuerversicherungsanstalt, 1830 die Leipziger Lebensversicherungsgesellschaft begründet; neben diesen ist noch die Renten-, Kapital- und Lebensversicherungsbank Teutonia zu nennen. Außerdem bestehen noch eine Menge kleinerer Anstalten und Zweigniederlassungen auswärtiger Versicherungsinstitute der verschiedensten Art. An der Spitze des Handels und der Industrie steht die Handelskammer, die in der von ihr erbauten Neuen Börse ein würdiges Heim gefunden hat.

Eine ganz hervorragende Bedeutung hat der Leipziger Buch- und Musikalienhandel. L. ist Sitz des 1825 gegründeten Börsenvereins der deutschen Buchhändler, des Deutschen Buchdruckervereins (s. d., Bd. 4, S. 730) und des Deutschen Buchgewerbevereins (s. d., Bd. 3, S. 538). 1905 bestanden in L. 993 buchhändlerische Firmen einschließlich der Kunst-, Musikalien- und Antiquariatshandlungen. Der Verein der Buchhändler zu L., gegründet 25. Febr. 1833, unterhält die Bestellanstalt für den ganzen buchhändlerischen Geschäftsverkehr. Die Kommissionäre (1905: 120) besorgten die Geschäfte von ca. 10,900 Kommittenten. Der Umsatz des Buchhandels in L. entzieht sich der neuen Verkehrserleichterungen halber (billige Zahlungsvermittelung durch die Post, Girokonten der Reichsbank etc.) jeder zuverlässigen Schätzung (vgl. auch Art. »Buchhandel«, besonders S. 545 u. 542). In engem Zusammenhang mit diesem großartigen Buchhandel steht der überaus lebhafte Betrieb der Buchdruckerei, die 1905 von 191 Firmen ausgeübt ward; viele der größern Buchhandlungen haben ihre eignen Offizinen, zum Teil verbunden mit Buchbinderei, Schriftgießerei etc. Notendruckereien sind 7, [⇐381][382⇒] lithographische Anstalten und Steindruckereien 179, xylographische Anstalten 77 vorhanden. 1888 wurde das neue deutsche Buchhändlerhaus eröffnet, worin sich auch das 1885 begründete deutsche Buchgewerbemuseum (s. d.) befindet. Vgl. Lorck, Die Druckkunst und der Buchhandel in L. (Leipz. 1879); Kirchhoff, Die Entwickelung des Buchhandels in L. (bis 1560, das. 1885); O. v. Hase, Die Entwickelung des Buchgewerbes in L. (das. 1887); F. v. Schroeder, Die Verlegung der Büchermesse von Frankfurt a. M. nach L. (das. 1904).

[Bildungsanstalten, Sammlungen etc.] In der großen Zahl der Unterrichtsanstalten Leipzigs nimmt die Universität die erste Stelle ein. Ihre Gründung verdankt sie dem Umstande, daß im J. 1409 etwa 400 deutsche Studenten und Magister die Hochschule in Prag verließen und sich auf sächsischem Boden eine neue Heimat suchten. Als Stiftungstag gilt der 4. Dez. 1409. Der erste Rektor war Otto von Münsterberg (gest. 1416). Kurfürst Moritz verschaffte der Universität reiche Einkünfte aus Grundbesitz, der sich im Laufe der Zeit bedeutend vergrößerte. Zudem erhält sie vom Staat jährlich einen namhaften Zuschuß. Mit der Universität stehen zahlreiche wissenschaftliche Institute und Sammlungen in Verbindung, die zu den größten und am besten eingerichteten Lehrstätten ihrer Art gehören. Die Universitätsbibliothek hat über 500,000 Bände, einschließlich der Handschriften und Inkunabeln, sowie ein reichhaltiges Münzkabinett. Eine segensreiche Einrichtung ist das bereits erwähnte Konvikt, worin gegen 300 unbemittelte Studierende Mittags- und Abendessen erhalten. Nächst Berlin und München ist L. die am stärksten besuchte Universität des Deutschen Reiches. Die Zahl der Studierenden und Hörer belief sich im Winterhalbjahr 1904/05 auf 4630. Davon waren 3880 Studierende (2063 Sachsen, 1817 Nichtsachsen), 659 Hörer und 91 Hörerinnen. Andre Unterrichtsanstalten sind: die Handelshochschule, gegründet Ostern 1898, die erste Anstalt dieser Art in Deutschland, die beiden städtischen Gymnasien (die Thomasschule mit Alumnat und die Nikolaischule), 2 Staatsgymnasien (König Albert-Gymnasium und Königin Carola-Gymnasium), ein städtisches Realgymnasium, 4 Realschulen, eine königliche Baugewerkenschule, eine höhere Schule für Mädchen, verbunden mit Lehrerinnenseminar, eine Gewerbeschule, 4 höhere Bürgerschulen, 14 Bürgerschulen, 31 Bezirksschulen, die sogen. Vereinigte Freischule, 4 Fortbildungsschulen für Knaben, die städtische Schule für Frauenberufe, eine katholische Schule und eine israelitische Religionsschule. Daneben bestehen noch zahlreiche von Vereinen und Korporationen unterhaltene Schulen, ferner Fachschulen, Privatschulen und Institute der mannigfaltigsten Art, z. B. die von der Kramerinnung 1831 gegründete, auch im Ausland sehr geschätzte öffentliche Handelslehranstalt, drei berechtigte Privatrealschulen, ein Privatprogymnasium, die Unterrichtsanstalt für Buchhandlungslehrlinge, die Sonntagsschule der Loge Balduin zur Linde, die Sonntags-Gewerbeschule der Leipziger Polytechnischen Gesellschaft, mehrere kaufmännische Fortbildungsschulen, eine Lehranstalt für erwachsene Mädchen zur Ausbildung für den kaufmännischen und gewerblichen Geschäftsbetrieb, die Carolaschule, eine höhere Fach- und weibliche Gewerbeschule, eine Volkshaushaltungsschule, Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen, ein Lyzeum für Damen, ein Seminar für Handfertigkeitsunterricht, mehrere Schülerwerkstätten u.a.m. Der Förderung der Künste sind folgende Anstalten gewidmet: die Akademie für graphische Künste und Baugewerbe und die damit verbundene Kunstgewerbeschule, das städtische Museum, del Vecchios dauernde Kunstausstellung, das Kunstgewerbemuseum, der Verein der Kunstfreunde, der Leipziger Künstlerverein, der Leipziger Kunstverein. Im Bereich der Musik stehen das Konservatorium der Musik (s. oben) und das altberühmte Institut der Gewandhauskonzerte (s. d.) in erster Linie. Andre Musikinstitute sind: die Singakademie, der weitbekannte Riedel-Verein für Kirchenmusik, der Bach-Verein, die Windersteinkonzerte, die Neuen Abonnementskonzerte etc. Auch des musikhistorischen Museums von P. de Wit (am Thomaskirchhof) ist hier zu gedenken. Außer den beiden städtischen Theatern hat L. noch das in der Südvorstadt gelegene Schauspielhaus (früher Carolatheater), das Theater am Thomasring (Zentraltheater), das Battenbergtheater (Volkstheater) und zwei Sommertheater.

Von den zahlreichen wissenschaftlichen und andern Vereinen, deren nicht bereits gedacht worden ist, sind zu erwähnen: die Königliche Gesellschaft der Wissenschaften (gegründet 1846), die Fürstlich Jablonowskische Gesellschaft der Wissenschaften (seit 1768), die Deutsche Gesellschaft, die Deutsche Morgenländische Gesellschaft, der Verein für Erdkunde, der Verein für Handelsgeographie und Kolonialpolitik, der Deutsche Flottenverein, die Deutsche Genossenschaft dramatischer Autoren und Komponisten, die Fraternität der Notarien und Literaten (1624), der Verein für Geschichte Leipzigs, der Verein zur Feier des 19. Oktobers, der Verkehrsverein, der Landwirtschaftliche Kreisverein, die Naturforschende Gesellschaft, die Medizinische Gesellschaft, der Entomologische Verein Fauna, der Verein des Museums für Völkerkunde, der Kaufmännische Verein, der Leipziger Lehrerverein, die Gemeinnützige Gesellschaft, der Verein für Volkswohl, der Arbeiterbildungsverein, der Schillerverein, die Goethe-Gesellschaft, die Polytechnische Gesellschaft, die beiden Gartenbaugesellschaften, der Gustav Adolf-Verein, der Evangelische Missionsverein, der Allgemeine deutsche Schriftstellerverein, die Pädagogische Gesellschaft, mehrere Freimaurerlogen etc. An Bibliotheken sind außer der Universitätsbibliothek zu nennen die Stadtbibliothek mit über 120,000 Bänden, die Bibliothek des Reichsgerichts mit etwa 125,000 Bänden, die Königlich sächsische bibliographische Sammlung, die Bibliothek des Börsenvereins der Buchhändler, die Bibliothek der Handelskammer, die Pädagogische Zentralbibliothek (s. Comenius-Stiftung), 10 Volksbibliotheken, mehrere öffentliche Lesezimmer etc. Besondere Erwähnung verdient auch das Historische Museum der Völkerschlacht und der Zeit Napoleons I. im Gasthaus zum Napoleonstein. In L. erscheinen über 500 Zeitungen, Zeitschriften und Fachblätter der verschiedensten Art. Unter den Tageszeitungen sind zu erwähnen die konservative Leipziger Zeitung (s. d.), das Leipziger Tageblatt, die Leipziger Neuesten Nachrichten, die Leipziger Abendzeitung, Stadt- und Dorfanzeiger, die sozialdemokratische Leipziger Volkszeitung.

[Wohltätigkeitsanstalten.] Die wichtigsten Anstalten und Vereine zu gemeinnützigen und wohltätigen Zwecken sind: die städtischen Krankenhäuser zu St. Jakob und zu L.-Plagwitz, die städtische Irrenheil- und Pflegeanstalt Thonberg, die neue, sehr umfangreiche Heilanstalt in Dösen bei L., die Diakonissenanstalt, das Diakonissenhaus in L.-Lindenau, [⇐382][383⇒] das Kinderkrankenhaus, das Johannishospital für alte Leute, das Städtische Pflegehaus, die Zwangsarbeitsanstalt zu St. Georg, das Taubstummeninstitut, 3 Stiftungen für Blinde, das Leihhaus und die Sparkasse, die seit 1881 neuorganisierte Armenanstalt mit den damit verbundenen Instituten der städtischen Brotbäckerei, der Bekleidungsanstalt, der Irrenversorganstalt, des Exmittiertenhauses, der Arbeitsnachweisungsanstalt, der 4 Armenhäuser, des Waisenhauses und der Ziehkinderpflege, das Daheim für Arbeiterinnen, die Gesellschaft der Armenfreunde, die Pestalozzi-Stiftung mit Erziehungshaus, der Verein für innere Mission, 3 öffentliche Speiseanstalten, Volksbrausebäder, Sanitätswachen, der Verein für Familien- und Volkserziehung, das Asyl für Obdachlose, zahlreiche Kinderbewahranstalten und Kindergärten, die Erziehungs- und Pfleganstalt für geistig zurückgebliebene und schwachsinnige Kinder, der Verein zur Fürsorge für entlassene Sträflinge, die Schrebervereine für Förderung der Erziehung u. des Unterrichts, der Verein für Ferienkolonien u.a.m. Durch großartige Schenkungen reicher Bürger (Stiftung eines Menschenfreundes, Focke-Stiftung etc.) können wohltätige u. gemeinnützige Zwecke wesentlich gefördert werden.

[Verwaltung, Behörden.] Die städtische Verwaltung liegt in den Händen des Stadtrats, der einschließlich des Oberbürgermeisters, des Bürgermeisters und des Polizeidirektors aus 16 besoldeten und 15 unbesoldeten Mitgliedern besteht, und des Stadtverordnetenkollegiums, das 72 Mitglieder zählt. Die finanziellen Verhältnisse sind günstig. Nach dem Vermögensabschluß vom 1. Jan. 1903 betrugen die Aktiven 124,869,679 Mk., die Passiven 91,597,942 Mk., so daß ein Vermögensbestand von 33,271,737 Mk. vorhanden war. 1903 betrugen die Gesamtausgaben 31,971,721 Mk., die Gesamteinnahmen 31,847,018 Mk. Die Beleuchtung der Stadt und der Vororte erfolgt durch die beiden großen städtischen und durch drei der Thüringer Gasgesellschaft gehörige Gasanstalten sowie (seit 1895) durch zwei Elektrizitätswerke, welche die innere Stadt und die innern Vorstädte mit elektrischem Licht versorgen. Durch ein großes Wasserwerk bei Naunhof (seit 1888) wird L. mit Wasser versorgt. Als kaiserlich deutsche Reichsbehörden hat L. das Reichsgericht, den Disziplinarhof, die Disziplinarkammer, den Ehrengerichtshof, die Anwaltskammer bei dem Reichsgericht, die Oberpostdirektion, das Telegraphenamt, das Fernsprechamt und eine Hauptstelle der Reichsbank. Die hauptsächlichsten andern Behörden sind: die königliche Kreishauptmannschaft, die Amtshauptmannschaft, ein Landgericht und Amtsgericht, 2 sächsische Eisenbahndirektionen, 2 Ephorien, ein Polizeiamt, das Hauptzollamt, Hauptsteueramt, Landbauamt, die Landeslotteriedirektion, eine Handelskammer, eine Gewerbekammer. Dazu kommen 29 Konsulate und Generalkonsulate. L. ist Sitz des Generalkommandos des 19. (2. Königlich Sächsischen) Armeekorps, des Kommandos der 2. Division Nr. 24, der 3. Infanteriebrigade Nr. 47, der 4. Infanteriebrigade Nr. 48, der 2. Kavalleriebrigade Nr. 24, der 2. Feldartilleriebrigade Nr. 24 und Garnison der Infanterieregimenter König Georg Nr. 106 und Prinz Johann Georg Nr. 107, der Maschinengewehrabteilung Nr. 19, des 2. Ulanenregiments Nr. 18, des 7. Feldartillerieregiments Nr. 77 und des 2. Trainbataillons Nr. 19.

[Verkehrswesen.] In direkter Eisenbahnverbindung steht L. mit Dresden (durch zwei Linien), Chemnitz, Magdeburg, Hof, Erfurt, Gera, Dessau, Berlin und Guben. Seit 1897 gibt es in L. nur elektrischen Straßenbahnbetrieb. Zwei Gesellschaften, die Große Leipziger Straßenbahn und die Leipziger Elektrische Straßenbahn, vermitteln durch 22 Linien den Verkehr mit den Vororten und Außendörfern. Eine für L. sehr wichtige Angelegenheit ist die Kanal frage. Von den vier ausgearbeiteten Projekten kommt neuerdings nur noch der Plan eines Elster-Saale-Kanals in Betracht. L. hatte 1905: 28 Postämter, ein Telegraphenamt und ein Fernsprechamt. Mit den Postämtern sind Telegraphenbetriebsstellen und Fernsprechstellen vereinigt.

Das Wappen der Stadt (s. Abbildung, S. 377) ist ein der Länge nach geteilter Schild; links befindet sich auf goldenem Grund ein schwarzer ausgerichteter Löwe; rechts sind vier Balken abwechselnd in Blau und Gold. Vgl. Wustmann, Das Leipziger Stadtwappen (Leipz. 1897).

[Umgebung etc.] Die öffentlichen großen und schönen Gärten, die vormals eine Zierde Leipzigs waren, hat die Spekulation vernichtet und in Straßen umgewandelt. Einen Ersatz bieten die prächtigen Waldungen, die sich im Norden, Westen und Süden der Stadt hinziehen. Auf der südlich vom Scheibenholz gelegenen Rennbahn werden alljährlich im Frühjahr und Herbst große Wettrennen veranstaltet. Die Radfahrer, Fußball-Wettspieler etc. haben einen Sportplatz im Westen der Stadt nahe bei Lindenau. Die besuchtesten Vergnügungsorte für die Leipziger sind außer den schon genannten das Neue Schützenhaus (Schützenhof), die Vororte Gohlis, Eutritzsch, Konnewitz, Lößnig, Lindenau, Plagwitz, Schleußig, ferner Ötzsch, Gautzsch, Leutzsch, Böhlitz-Ehrenberg, Wahren, Lützschena mit Park und einer Gemäldegalerie des Freiherrn Speck v. Sternburg, die durch die Völkerschlacht von 1813 denkwürdigen Dörfer Probstheida, Meusdorf, Wachau, Dölitz und Markkleeberg, teilweise noch mit Spuren der Schlachttage; Machern, Knauthain, Eythra mit schönen Parkanlagen u.a.m.

Geschichte.

Um das Jahr 1000 lag in der Flußniederung der Elster und Pleiße eine slawische Ansiedelung mit einer Burg (in der Nähe des heutigen Alten Theaters), die den Mittelpunkt eines slawischen Verwaltungsbezirks (Burgwart) bildete. Daneben war auf etwas höher gelegenem Boden eine deutsche Ansiedelung entstanden; deren Kirche (die Nikolaikirche) kam 1017 an das Stift Merseburg, das seit 974 in nächster Nähe einen großen Wald besaß und offenbar in dieser Gegend kolonisatorisch tätig gewesen war. Die beiden Siedelungen und die Burg trugen den Namen Libzi, der von dem slawischen Worte lipa (die Linde) abgeleitet wird. Politisch gehörte die Gegend zur »Mark Merseburg« und zum Gau Chutizi, kirchlich zum Bistum Merseburg und während dessen Auflösung 981 bis 1004 zu Magdeburg. Auf Grund seines Eigentums an dem Wald und der Kirche scheint der Bischof früh, und sicher noch im 12. Jahrh., grundherrliche Rechte entwickelt zu haben, während der Landesherr, Otto der Reiche, nach 1156 die deutsche Siedelung mit hallisch-magdeburgischem Stadtrecht bewidmete. Diese neue Stadt war durch nichts Besonderes ausgezeichnet und lag inmitten einer sumpfigen und durch Hochwasser gefährdeten Landschaft auf der einzigen vorhandenen Bodenerhebung. Aber eben darin lag auch die Vorbedingung für die künftige Entwickelung, insofern alle die Gegend berührenden Straßen, um die Sumpfniederung zu vermeiden, durch die Stadt hindurchliefen, deren Bürger durch die [⇐383] [384⇒] Anlage von Brücken und Wegen bereits um 1200 für die Zugänglichkeit Leipzigs sorgten. Wichtig war dies vor allem nach Nordwesten hin, wo um die Mitte des 14. Jahrh. der »Hallische«, und nach Südwesten, wo der »Ranstädter« Steinweg vorhanden waren, die durch das Hallische, bez. Ranstädter Tor in die Stadt einmündeten, während man nach Südosten hin durch das Grimmaische Tor zur Stadt hinauszog. Das vierte Haupttor, das Peterstor, ist bezeichnenderweise nach der Peterskirche und nicht wie die drei andern nach einem Orte benannt, es kommt für den Verkehr wenig in Betracht. Die Grundlage für einen L. berührenden Durchgangsverkehr bildete die Salzproduktion Halles, und zwar besonders deshalb, weil sich die Strecke von dort bis L. in einem Tage zurücklegen ließ und sich hier ein bequemes Nachtquartier bot. Dieser Verkehr der Salzwagen wuchs aber besonders seit 1200, als Schlesien Hallisches Salz zu beziehen begann, als sich die später sogen. Hohe Landstraße (s. d.) ausbildete und der dadurch erzeugte Verkehr bereits eine günstige Rückwirkung auf die städtische Entwickelung äußerte.

Unter andern Verhältnissen hätte diese wohl zur Reichsfreiheit der Stadt geführt, aber Markgraf Dietrich (der 1213 das Thomaskloster gründete) bezwang die Bürger und beraubte sie 1217 ihrer Privilegien. Während der Minderjährigkeit Heinrichs des Erlauchten entstand das Dominikanerkloster St. Paul am Grimmaischen Tor, dem andre geistliche Niederlassungen folgten. Gewiß fanden im 13. Jahrh., seit wann, ist unbekannt, bereits zwei Jahrmärkte nach Ostern und zu Michaelis statt, aber sie hatten keine hervorragende Bedeutung, und die Feststellung des Marktrechts 1268 durch den Markgrafen zeigt nur die gewöhnlichen Verhältnisse. Eine Änderung dieses Zustandes vollzog sich erst gegen Ende des 14. Jahrh., als zwischen 1380 und 1390 die nach Nordosten vordringenden Nürnberger L. als Etappenpunkt für ihren Handel nach Polen zu benutzen begannen. Unter dem Einflusse dieser Bewegung blühten Leipzigs Märkte rasch auf, die Stadt ward eine Zweigniederlassung Nürnbergs, dessen Handelsgewohnheiten sich hierher übertrugen, und seit 1400 wird man mit Recht von Leipziger »Messen« sprechen dürfen. Eine Wirkung der neuen Verhältnisse ist bereits die Gründung der Universität 1409, die dadurch entstand, daß etwa 400 deutsche Magister und Studenten (nicht mehr) von Prag nach L. zogen; auch im Handelsverkehr löste L. im Laufe der Hussitenkriege Prag als östlichen Niederlagsort der Nürnberger völlig ab. Der Rat erwarb im Laufe des 15. Jahrh. die wesentlichsten landesherrlichen Hoheitsrechte, vor allem 1423 die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, wenn auch zunächst nur auf Wiederkauf, wie er die Verkehrsabgaben bereits besaß. Die Landesherren sahen jetzt völlig ein, welchen Wert L. materiell für sie darstellte, und förderten es in jeder Weise. Vor allem ward 1458 als dritte die Neujahrsmesse verliehen, die 1466 die kaiserliche Bestätigung erhielt, und 1464 wird zum ersten Male die »gemeine Niederlage«, der Stapel, als tatsächlich vorhanden erwähnt. Die Landesherren haben auf Grund ihrer politischen Geltung im Reiche die beiden kaiserlichen Privilegien von 1497 und 1507 erwirkt, durch welche die Messen zu Reichsmessen erhoben und die Geltung des Stapelrechts genauer auf einen Umkreis von 15 Meilen festgelegt wurde.

Um 1500 war L. der erste Geld- und Warenmarkt Mitteldeutschlands mit vielfachen Beziehungen nach dem Osten. Seit 1479 wurde hier gedruckt, seit 1483 bestand das Oberhofgericht neben dem berühmten Schöppenstuhl. Bei der Teilung der Wettinischen Lande 1485 fiel L. der Albertinischen (herzoglichen) Linie zu, und Herzog Georg (s. Georg 20) erweiterte die Grenzen des Weichbildes, überließ auch dem Rate die hohe und niedere Gerichtsbarkeit 1508 erblich. In der Pleißenburg fand auf Herzog Georgs Veranlassung 4. Juli 1519 die Disputation zwischen Luther, Karlstadt und Eck statt, aber der Herzog hielt sich streng zu den Altgläubigen und unterdrückte in den 1520er Jahren die evangelische Lehre wie in seinem ganzen Lande, so namentlich in L., wo sie viele Anhänger hatte, gewaltsam, vertrieb viele angesehene Leipziger und schädigte dadurch auch Handel und Meßverkehr, während die Zahl der Studenten an der Universität zusehends abnahm, da sich alles Wittenberg zuwandte. Die Universität L. war tatsächlich die Hochburg der alten scholastischen Richtung, und auch ein Humanist wie Petrus Mosellanus (gest. 1524) vermochte nur vorübergehend Einfluß zu gewinnen. Heinrich der Fromme (1539–41) führte die Reformation förmlich ein, und nachträglich schloß sich ihr auch die Universität an; der Rat erhielt das Patronat über die Kirchen und Schulen, und unter Moritz ward auch die Universität reichlich mit säkularisiertem Kirchengut ausgestattet. Im Schmalkaldischen Kriege wurde L. 1547 von Johann Friedrich vergeblich belagert, und dieses Ereignis hat die erste Abbildung der Stadt veranlaßt. Moritz verstärkte die Festungswerke und ließ die Pleißenburg (in der 1632 Pappenheim starb) sowie die 1547 zerstörten Vorstädte wieder aufbauen. Im März 1549 ward hier von den sächsischen Landständen das sogen. Leipziger Interim (s. Interim) beschlossen. 1550 ward das Konsistorium aus Merseburg nach L. verlegt, 1556–57 entstand das alte Rathaus. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. ließen sich unter dem Schutze des am Handel stark interessierten Kurfürsten August viele niederländische Kaufleute in L. nieder, und es entwickelte sich ein regelmäßiger Verkehr mit Hamburg, das Antwerpen ablöste und nunmehr statt letzterm von den Engländern aufgesucht wurde. Dieser Umstand ist die Voraussetzung für Leipzigs Handelsbedeutung im 17. und 18. Jahrh., denn damals vermittelte L. fast ausschließlich Mittel- und Ostdeutschland, ja Osteuropa (Polen, Rußland, den Donauländern) die englischen Industrieprodukte und die von Engländern eingeführten Kolonialwaren.

Ungemein litt L. im Dreißigjährigen Kriege; fünfmal ward es 1631–42 belagert und beschossen, 1642 von den Schweden unter Torstensson eingenommen und auch noch nach dem Frieden bis zur Abtragung der Kriegskontribution von 267,000 Tlr. (1650) besetzt gehalten. Doch die unglückliche Finanzlage der Stadt war nicht erst durch den Krieg herbeigeführt worden, der Kursachsen erst seit 1631 heimsuchte, sondern L. war schon im Anfang der 162061 Jahre zahlungsunfähig und hatte 12 Mill. Mk. Schulden. Deshalb ließ der Kurfürst die städtische Finanzwirtschaft seit 1627 durch eine Kommission kontrollieren. Nach 1650 wurde L. stärker befestigt und erholte sich nun auch verhältnismäßig rasch wirtschaftlich, da der Handel auf die alten Straßen zurückkehrte, die Handelswaren der Engländer eine immer wachsende Bedeutung für Deutschland erlangten und sich auch Italiener und Franzosen (seit 1688) hier niederließen, die ferner Verbindung mit ihren Heimatländern unterhielten. Seit etwa 1680 ist ein unverkennbarer Aufschwung zu verzeichnen: 1677 wurde die Ratsbibliothek gegründet und 1679 die Börse (am Naschmarkt) [⇐384][385⇒] errichtet. 1681 gab es 63 Großhändler, die damals in den »Handelsdeputierten« eine Interessenvertretung erhielten; 1682 entstand das Handelsgericht, und es wurde eine Handelsgerichts- und Wechselordnung eingeführt. 1690 tagte in L. die Münzkonferenz, deren Frucht die 1691 erfolgte Einführung des Leipziger Münzfußes (1 Mark = 12 Taler) war. L. war eine der vier »Legestädte« des Reiches und hatte das Direktorium der sächsischen Städte auf den Landtagen. Um 1700 war L. wirtschaftlich ein ernster Rival Frankfurts a. M. geworden und überflügelte es um 1710 endgültig. Der Buchhandel hatte auf den Leipziger Messen schon seit 1490 eine bedeutende Rolle gespielt, aber erst nach 1600 gewann L. als Verlagsort größere Bedeutung, und erst nach 1700 ward das Buchgeschäft von Frankfurt a. M., dessen Büchermesse 1764 völlig einschlief, nach L. verlegt. Die Einsetzung der kurfürstlichen Bücherkommission (1687) und die größere Sicherheit vor Nachdruck trugen wesentlich dazu bei. Der allgemeine Wohlstand, der Verkehr der Fremden und die Eigenschaft als Verkehrsmittelpunkt förderten auch das französisch angehauchte geistige Leben (daher »Klein-Paris«): es entstanden zahlreiche zum Teil jetzt noch erhaltene großartige Bürgerhäuser im Barockstil, es wirkten hier Sebastian Bach (1723–50), Gottsched (1724–66) und Gellert (1741–69), während Lessing und Goethe hier studierten. Die schweren Bedrückungen während des Siebenjährigen Krieges, wo Friedrich d. Gr. der Stadt 30 Mill. Mk. Kontributionen abpreßte, bedeuteten wirtschaftlich und geistig trotz alledem nur eine vorübergehende Unterbrechung der günstigen Entwickelung, die bis in den Anfang des 19. Jahrh. hinüberdauerte. 1784 fielen die Festungswerke, und der Stadtgraben wurde in Promenaden umgewandelt.

Die Beschlagnahme aller englischen Waren infolge der Kontinentalsperre (1806) und die Aufhebung der bisherigen Geschäftsverbindungen schädigte anfangs den Handel wesentlich, doch paßte sich L. schnell den veränderten Bedingungen an und hatte sich in den folgenden Kriegsjahren recht guter Messen zu erfreuen. Im Kriege von 1809 wurde es von Österreichern und dann von Braunschweigern besetzt, aber die größten Leiden brachte der Krieg von 1813. Die russischen Vortruppen hatten L. 31. März bis 30. April in Besitz, 2. Mai zog ein Korps Franzosen unter Lauriston ein. Bei der Völkerschlacht (s. unten) vom 16.–19. Okt. drohte der Stadt die Einäscherung, und die glückliche Bewahrung davor war der Anlaß zu den in den folgenden Jahren abgehaltenen Erinnerungsfeiern. Viele Tausende Verwundete lagen noch geraume Zeit nachher in den zahlreichen überfüllten Spitälern, und der Typhus verbreitete sich von diesen aus auch unter der Bevölkerung. Das Regiment führte der russische Fürst Repnin bis zum Friedensschluß, der 1815 die preußischen Schlagbäume bis zwei Stunden vor die Stadt rückte. Die Messen entwickelten sich jedoch trotz böser Ahnungen zunächst günstig und erreichten in den nächsten zwei Jahrzehnten ihre relativ größte Bedeutung, die erst nach dem Anschluß Sachsens an den Zollverein (1834) und der Eröffnung der ersten Eisenbahn (8. April 1839) allmählich sank, während Einwohnerzahl (s. oben, S. 380), ebenso Industrie und Kleinhandel beträchtlich zunahmen. Am 5. April 1831 trat infolge ausgebrochener Unruhen an Stelle der alten städtischen Regierung ein neuer, von den provisorischen Kommunerepräsentanten gewählter Magistrat. 1835 wurden der Schöppenstuhl, das Oberhofgericht und das Konsistorium beseitigt, aber dafür ward L. Sitz des Appellationsgerichts und der Kreisdirektion. 1825 schon war der »Börsenverein der deutschen Buchhändler zu L.« gegründet worden, 1833 wurde die Buchhändlerbörse erbaut. Die 1825 begonnene und 1837 abgeschlossene Reform der Universität machte sie zu einer gesamtdeutschen Bildungsstätte. Unter Mitwirkung Mendelssohns entstand 1843 das königliche Konservatorium der Musik-kurz in jeder Richtung wurden geistige Interessen gefördert. Die Mißstimmung über die Haltung der Regierung gegenüber dem in L. stark verbreiteten Deutschkatholizismus sowie die Befürchtung eines beabsichtigten Glaubenszwanges in der protestantischen Kirche verursachten 12. Aug. 1845 bei Anwesenheit des Prinzen Johann einen Volksauflauf, der mehreren Personen das Leben kostete. Während des Jahres 1848 wirkten in L. zahlreiche politische Vereine, und namentlich entwickelte Robert Blum (s. d.) eine große agitatorische Tätigkeit. 1866 war L. mehrere Monate von preußischen Truppen besetzt. 1868 ward es Sitz des Reichsoberhandelsgerichts und 1879 des Reichsgerichts. 1898 entstand in Verbindung mit der Universität die erste deutsche Handelshochschule.

Vgl. außer den bereits angeführten Schriften: Hasse, Die Stadt L. und ihre Umgebung, geographisch und statistisch beschrieben (Leipz. 1878); die »Mitteilungen des Statistischen Bureaus der Stadt L.«; die Jahresberichte der Handelskammer; »Die Stadt L. in hygienischer Beziehung« (Festschrift des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege, das. 1891); »L. und seine Bauten« (Festschrift des Architekten- und Ingenieurvereins, das. 1892); »Festschrift des Vereins deutscher Ingenieure in L.« (1887); Hirschfeld, Leipzigs Großindustrie und Großhandel (das. 1887); »L. im Jahre 1904« (Weltausstellung in St. Louis, das. 1904); Gurlitt, Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, Heft 17 u. 18: Stadt L. (Dresd. 1895–96); Lokalführer vom Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs, von Moser, Benndorf, Heitmann, Pfau, Bernhard, Gäbler, Wörl u.a.; Hassert, Die geographische Lage und Entwickelung Leipzigs (in den »Mitteilungen des Vereins für Erdkunde«, Leipz. 1899); Helm, Heimatkunde von L. (2. Aufl., das. 1903); Große, Geschichte der Stadt L. (das. 1837–42, 2 Bde.; neuer Abdruck, das. 1897–98); Böttger, Die Ereignisse um L. im Herbst 1642 (Halle 1882); Rachel, Verwaltungsorganisation und Ämterwesen der Stadt L. bis 1627 (Leipz. 1902); Wustmann, Aus Leipzigs Vergangenheit (das. 1885, neue Folge 1898), Bilderbuch aus der Geschichte der Stadt L. (das. 1897), L. durch drei Jahrhunderte, Atlas zur Geschichte des Leipziger Stadtbildes (das. 1891), Quellen zur Geschichte Leipzigs (das. 1889–95, 2 Bde.) und Geschichte der Stadt L. (das. 1905, Bd. 1), die erste urkundliche Darstellung; »Urkundenbuch der Stadt L.« (hrsg. von v. Posern-Klett und Förstemann im »Codex diplom. Saxoniae regiae«, das. 1870–95, 3 Bde.); Seifert, Die Reformation in L. (das. 1883); Buchwald, Reformationsgeschichte der Stadt L. (das. 1900); Kirchhoff, Geschichte der reformierten Gemeinde in L. 1700 bis 1725 (das. 1874); Friedberg, Die Universität L. in Vergangenheit und Gegenwart (das. 1898); Zarncke, Die Statutenbücher der Universität L. (das. 1861); »Matrikel der Universität L. 1409–1559« (hrsg. von Erler im »Codex diplom. Saxoniae regiae«, das. 1895–1902, 3 Bde.); Hasse, Geschichte der Leipziger Messen (das. 1885); Kretzschmar, Die Entstehung von Stadt und Stadtrecht in den Gebieten [⇐385][386⇒] zwischen der mittlern Saale und der Lausitzer Neiße (Bresl. 1905); Tille, Die Anfänge der Hohen Landstraße (Gotha 1906); Biedermann, Geschichte der Leipziger Kramerinnung (Leipz. 1881); Moltke, Die Leipziger Kramerinnung im 15. und 16. Jahrhundert (das. 1901); Geffcken und Tykocinski, Stiftungsbuch der Stadt L. (das. 1905); »Untersuchungen über das Leipziger Handwerk« (in den »Schriften des Vereins für Sozialpolitik«, Bd. 63, 66 u. 67, das. 1895–1897); »Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs« (das. 1872–1904, 7 Bde.).

Die Kreishauptmannschaft Leipzig umfaßt 3567 qkm (64,78 QM.) mit (1900) 1,060,632 Einw.; darunter waren 1,005,483 Evangelisch-Lutherische, 8520 Reformierte, 35,306 Römisch-Katholische, 1011 Deutsch-Katholische und 6692 Israeliten. Sie besteht aus den sieben Amtshauptmannschaften:

Tabelle

Die Völkerschlacht bei Leipzig.

(Hierzu Karte »Leipziger Völkerschlacht, 16. u. 18. Oktober 1813«.)

Die Gegend von L. ist in neuerer Zeit mehrfach der Schauplatz großer Schlachten gewesen, was mehr in der Wichtigkeit der an Hilfsquellen für den Krieg so reichen Stadt und in ihrer leichten Zugänglichkeit auf bekannten Straßen als in der Beschaffenheit des Terrains seinen Grund hat. Drei Hauptschlachten (die von Lützen 16. Nov. 1632 nicht mitgerechnet) wurden hier geliefert, zwei im Dreißigjährigen Kriege, nämlich die nach Breitenfeld (s. d.) benannt zu werden pflegen, 17. Sept. 1631 und die am 2. Nov. 1642, und die sogen. Völkerschlacht vom 16.–19. Okt. 1813 gegen Napoleon I., die den Krieg in Deutschland zugunsten der Verbündeten entschied und insofern einen geschichtlichen Markstein bildet.

Durch die Niederlagen seiner Marschälle im August und September genötigt, gab Napoleon seine Stellung bei Dresden auf und ließ durch 45,000 Mann unter Murat das bedächtig über das Erzgebirge vordringende böhmische Heer unter Schwarzenberg, bei dem sich auch Kaiser Alexander und König Friedrich Wilhelm III. befanden, möglichst lange aufhalten; er selbst wollte mit allen übrigen Streitkräften Blücher über die Elbe zurückjagen, dann umkehren und das böhmische Heer angreifen. Aber Blücher wich geschickt aus, und Napoleon kehrte unverrichteter Dinge nach L. zurück. Ein Reitergefecht bei Liebertwolkwitz 14. Okt. endete zum Vorteil der Verbündeten, deren 200,000 Mann Napoleon 176,000 Mann gegenüberzustellen hatte. Er wollte die allgemeine Vereinigung der Gegner verhindern, wählte seine Stellung östlich von der die Elster und Pleiße begleitenden Sumpf- und Waldniederung mit dem Rücken gegen L., obgleich ihm hier als einzige Rückzugslinie die Straße über Lindenau blieb. Auf der Nordseite beobachteten Blücher 42,000 Mann unter Ney; den Paß bei Lindenau bewachte Bertrand mit 10,000 Mann. Napoleon ordnete am 15. vom Galgenberg zwischen Wachau und Liebertwolkwitz aus seine Scharen in einem großen Halbkreise, der von der Pleiße zwischen Konnewitz und Lösnig über Probstheida und Holzhausen bis Paunsdorf reichte, zur Schlacht gegen das böhmische Heer.

Die Schlacht bei L. vom 16. Okt. zerfällt in drei Einzelkämpfe: in die Napoleons bei Wachau gegen das böhmische Heer, die Marmonts bei Möckern gegen Blücher und das Gefecht zwischen Gyulai und Bertrand bei Lindenau. Verleitet von dem Sachsen v. Langenau, wollte Schwarzenberg, die ganz unwegsame Flußniederung umgehend, gegen L. vorrücken. Zwar versagte Kaiser Alexander die Mitwirkung der Russen zu dem verkehrten Plane; da aber Schwarzenberg dennoch 35,000 Mann dazu bestimmte, so blieben nur 84,000 Mann (Kleist, Wittgenstein und Klenau unter Barclays Oberbefehl) auf dem rechten Ufer verfügbar. Ein fünfstündiger Geschützkampf leitete die Schlacht bei Wachau ein, das Dorf Markkleeberg wurde viermal genommen und viermal verloren, bis es die Preußen behaupteten. Noch heftiger tobte der Kampf um Wachau selbst, das Herzog Engen von Württemberg mit seinen Russen gegen die von Napoleon persönlich befehligte Übermacht nicht zu behaupten vermochte; er mußte nach Güldengossa zurück, und zu seiner Rechten ging auch Fürst Gortschakow nach dem Universitätsholze zurück. Noch weiter rechts hatte zwar Klenau Liebertwolkwitz den Franzosen entrissen und den Kolmberg besetzt, mußte aber auch in seine frühere Stellung bei Großpößna und Fuchshain zurück. Um 11 Uhr waren die Angriffe der Verbündeten sämtlich gescheitert; die Schlacht stand für sie höchst bedenklich. Zwar zog nun Schwarzenberg auf Alexanders Andringen, wenigstens einen Teil der Österreicher, die jenseit der Pleiße nicht vorwärts kamen, auf das rechte Ufer, aber ehe sie eintrafen, entstand bei Wachau höchste Gefahr. Napoleon, bisher aus 170 Geschützen beschossen, suchte sich 3 Uhr nachmittags durch einen Reiterangriff (8000 Mann unter Murat) zu retten. Bis an den Fuß des Hügels, auf dem die Monarchen und jetzt auch Schwarzenberg hielten, ging der Stoß; das Zentrum der Verbündeten war durchbrochen, und Napoleon befahl, in L. Sieg zu läuten. Doch in diesem Augenblick ermattete der Reiterschwarm und wurde von der herbeieilenden russischen Kavallerie und Reserveartillerie überwältigt. Ein zweiter von Maison mit Fußvolk unternommener Ansturm hatte denselben Erfolg. Die Nacht machte dem mörderischen Kampf ein Ende. Gyulais matter Angriff auf Lindenau hatte inzwischen Bertrand ebenfalls abgewiesen.

Insofern Napoleon den Angriff des böhmischen Heeres abgeschlagen hatte, durfte er sich bei Wachau den Sieg zuschreiben, und dieser würde voraussichtlich entscheidend geworden sein, hätte sein linker Flügel unter Ney und Marmont dem Ruf auf das Schlachtfeld von Wachau folgen können. Im Begriff, dahin aufzubrechen, sah sich Marmont plötzlich durch Blücher festgehalten, den der Kanonendonner früh zum Ausbruch von Halle veranlaßt hatte. Ney hatte sich zwar nach Wachau in Marsch gesetzt, kehrte aber wegen Marmonts gefährdeter Lage um, kam jedoch zu spät und gelangte daher weder hier noch dort zum Schlagen. Um seine infolge des Ausbleibens der Nordarmee unter dem Kronprinzen von Schweden ungedeckte linke Flanke nicht einem feindlichen Stoß auszusetzen, konnte Blücher nur mit dem Korps Yorck, 21,500 Mann, Marmont angreifen, der, um den Weg nach L. zu versperren, das durch seine Lage dicht an der Elster vor Umgehung geschützte Dorf Möckern zu hartnäckiger Verteidigung eingerichtet hatte. Um [⇐386][387⇒] dieses tobte der von beiden Seiten mit höchster Energie durchgeführte Kampf, bis die unvergleichliche Tapferkeit der Preußen durch Erstürmung des Dorfes und durch einen glänzenden Reiterangriff die Niederlage Marmonts entschied. Den Preußen kostete ihr Sieg an Toten und Verwundeten 172 Offiziere und 5500 Mann, den Franzosen 6000 Mann und 2000 Gefangene.

Der 17. Okt., ein Sonntag, verlief still. Die Verbündeten verschoben gemäß dem Beschluß des zu Sestewitz gehaltenen Kriegsrats die Erneuerung der Schlacht auf den folgenden Tag, wo das Nordheer und das russische Reserveheer unter Bennigsen eingetroffen sein mußten. Nur Blücher, noch unbekannt mit diesem Beschlusse, ließ von Langeron und Sacken den Feind durch Wegnahme der Dörfer Eutritzsch und Gohlis bis dicht an die Stadt zurückdrängen. Dieselben Erwägungen, welche die Verbündeten zum Aufschub veranlaßten, hätten Napoleon zum Rückzug bestimmen müssen, da die Voraussetzungen, unter denen er sich dem böhmischen Heere zur Schlacht gestellt hatte, nicht eingetroffen waren und er nur 14,000 Mann Verstärkungen unter Reynier von Düben her zu erwarten hatte. Allein diesen Entschluß gestattete sein Stolz nicht; er hoffte vielmehr auf die Möglichkeit, Österreich durch Anerbietungen der Koalition abtrünnig zu machen, und schickte zu diesem Zwecke den bei Konnewitz gefangenen österreichischen General Merveldt an seinen Schwiegervater. Aber der Tag verging ohne Antwort, und nun erst traf er einige, aber auch ungenügende Anordnungen, die den Rückzug einleiten sollten.

Da Napoleon den auf 276,000 Mann verstärkten Gegnern nur 150,000 Mann gegenüberstellen konnte, sa verkürzte er die Ausstellung seiner Truppen, indem er sie etwas näher an die Stadt zurücknahm. Der Hauptteil unter Murat stand dem böhmischen Heer gegenüber auf einer von der Pleiße über Probstheida bis Holzhausen reichenden Linie, links verteidigte Ney den Lauf der Parthe, den großen Zwischenraum zwischen beiden besetzte nur das schwache Korps Reynier, da Napoleon zunächst vom Nordheer nichts fürchtete. Er selbst leitete am 18. die Schlacht von der Tabakmühle bei Stötteritz aus. Daß er trotz der großen Überzahl der Gegner ihnen auch diesen ganzen Tag standhielt, lag wesentlich an dem bei diesen herrschenden Mangel an Übereinstimmung und Ineinandergreifen. In drei Heersäulen schritt Schwarzenberg zum Angriff. Die erste, 45,000 Mann unter Prinz Hessen-Homburg und nach dessen schwerer Verwundung unter Colloredo, entriß den Polen Poniatowskis die Dörfer Dölitz und Dösen, konnte aber Konnewitz nicht nehmen. Barclay konnte den Hauptangriff auf Probstheida erst unternehmen, als Bennigsen nachmittags um 2 Uhr heran war. Um dieses massiv gebaute Dorf, das für Napoleon als die die beiden Schenkel seiner Ausstellung verbindende Spitze von höchster Wichtigkeit war, erhob sich ein erbittertes, für die Verbündeten erfolgloses Ringen. Am spätesten griff Bennigsen ein und nahm nach vergeblichem Angriff auf Stötteritz die Dörfer Zuckelhausen, Holzhausen und Baalsdorf, zuletzt auch Zweinaundorf. Bei Paunsdorf gingen 3000 Mann Sachsen mit 19 Kanonen über; ihrem Beispiel folgten zwei württembergische Reiterregimenter (nur noch 500–600 Mann) unter General Normann. Um 4 Uhr nachmittags traf das Korps Bülow vom Nordheer auf dem Schlachtfeld ein, nachdem Blücher in einer Zusammenkunft zu Breitenfeld mit großer Mühe die Bedenken des Kronprinzen von Schweden überwunden hatte. Vor dieser Übermacht brach Napoleons linker Flügel zusammen. Ein Dorf nach dem andern ging verloren; Schönefeld verlor Ney in der Nacht an Langeron.

Dieser Ausgang machte Napoleons Aufenthalt vor L. unmöglich. Mit Eintritt der Dunkelheit zog er seine Truppen in die Stadt; er selbst verbrachte die Nacht im Hôtel de Prusse. Als die Verbündeten am Morgen des 19. Okt. die Dörfer von den Franzosen geräumt fanden, schritten sie zum Sturm auf die Stadt; ein Versuch Napoleons, durch Abordnungen des Königs von Sachsen und des Rates an die Monarchen eine Frist zum Abzug zu gewinnen, hatte keinen Erfolg. Langeron und Sacken nahmen die Hallesche, Bülow die Grimmaische Vorstadt; hier drang das Königsberger Landwehrbataillon des Majors v. Mirbach (nicht Friccius, s. d.) zuerst in die Stadt ein; die Petersvorstadt räumte Poniatowski ohne Kampf. Da man keine besondern Brücken geschlagen hatte, stand dem Heere nur die schmale Elsterbrücke am Ranstädter Tore zum Rückzug zur Verfügung. Mühsam bahnte sich der Kaiser selbst Bahn durch die Fliehenden; sobald er das Ranstädter Tor hinter sich hatte, flog die Elsterbrücke, angeblich zu früh, in die Luft, alles, was sich noch diesseits befand, meist Rheinbündler, der Gefangenschaft überliefernd. Viele, unter ihnen Poniatowski, ertranken bei dem Versuche, durch den angeschwollenen Fluß zu entkommen. Gegen 1 Uhr hielten die Monarchen von Preußen und Rußland ihren Einzug in L. unter dem Jubel der Bevölkerung, der eine Zeitlang das entsetzliche Elend vergessen ließ, das die ungeheure Menge von Verwundeten und Kranken in der Stadt verursachte.

Die dreitägige Schlacht hatte auf beiden Seiten gewaltige Opfer gekostet: die Preußen zählten 16,000 Mann, darunter 620 Offiziere, an Toten und Verwundeten, die Russen 21,000 Mann und 860 Offiziere, die Österreicher 14,000 Mann und 420 Offiziere. Die Franzosen verloren 38,000 Mann an Toten und Verwundeten, 15,000 Gefangene, 300 Geschütze und ließen 23,000 Mann in den Lazaretten zurück. Napoleons Weltmacht war vernichtet, und wenn auch eine energischere Verfolgung hätte Platz greifen sollen, so war doch mit Einem Schlag Deutschland bis zum Rhein befreit. – Zahlreiche Denksteine bezeichnen die merkwürdigsten Punkte der Schlacht, so die gußeiserne Spitzsäule (seit 1847) auf dem »Monarchenhügel«, das Denkmal des Fürsten Schwarzenberg (ein Würfel aus Stein unweit Meusdorf), der Napoleonsstein unweit Thonbergs, dazu mehrere in der Stadt selbst errichtete Denkmäler (s. oben, S. 377). Schon 1814 ward in L. ein Verein zur Feier des 19. Okt. gegründet, der sich die Aufgabe stellte, das Gedächtnis der Völkerschlacht in möglichst treuer Überlieferung der Nachwelt zu erhalten und alle auf dieselbe bezüglichen Schriftstücke zu sammeln. 1863 wurde die 50jährige Jubelfeier der Schlacht festlich begangen. Die Errichtung eines würdigen Völkerschlachtdenkmals, dessen Grundstein 1900 gelegt wurde und dessen Fundamente gegenwärtig (1905) schon stehen, wurde erst durch den 1895 gegründeten Deutschen Patriotenbund (s. d., Bd. 4, S. 738) in die Wege geleitet. 1875 wurde eine Kreuzerfregatte der deutschen Marine der Leipziger Schlacht zu Ehren »Leipzig« getauft. Seit 1905 trägt wieder ein kleiner Kreuzer den Namen »Leipzig«. Vgl. After, Die Gefechte und Schlachten bei L. im Oktober 1813 (Dresd. 1852–53, 2 Bde.; 2. Ausg. 1857); Naumann, Die Völkerschlacht bei [⇐387][388⇒] L. (Leipz. 1863); Wuttke, Die Völkerschlacht bei L. (Berl. 1863); Apel, Führer auf die Schlachtfelder Leipzigs (2. Ausg., Leipz. 1872); Gerlach, Die Schlacht bei L., die Armeestellungen etc. (Tafel, entworfen im J. 1813; neuer Abdruck, das. 1892); Friedr. Richter, Historische Darstellung der Völkerschlacht bei L. (Hamb. 1864; neue Ausg., Leipz. 1897). [⇐388]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 377-388.
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[251⇒] Leipzig, 1) Kreisdirectionsbezirk des Königreichs Sachsen, gebildet 1835 aus dem ehemaligen Leipziger Kreise, zu welchem noch Theile des ehemaligen Meißnischen u. Erzgebirgischen Kreises geschlagen sind, 63,14 QM. umfassend, zählt in 37 Städten, 3 Marktflecken u. 941 Dörfern 467,040 meist protestantische Einwohner; südlich nur durch Vorberge des Erzgebirges etwas bergig (Rochlitzer Wald, Kolmberg), sonst meist eben u. fruchtbar; Flüsse: die beiden Mulden, die sich hier vereinigen u. deren Thäler manche landschaftliche Schönheit bieten, die Elster u. Pleiße; Producte: Getreide, Obst, Ölgewächse, wenig Holz, Zuchtvieh; Gewerbe: viel Fabriken; Handel, wichtig, vor Allen in der Hauptstadt; Behörden, s.u. Sachsen (Königreich); Eintheilung: in vier Amtshauptmannschaften (Borna, Grimma, Rochlitz u. Döbeln) u. in fünf Gerichtsbezirke: das Bezirksgericht Leipzig mit den Gerichtsämtern Leipzig I. u. II., Brandis, Markrannstädt, Taucha u. Wurzen; in das Bezirksgericht Borna mit den Gerichtsämtern Borna, Frohburg, Grimma, Lausigk, Pegau, Rötha u. Zwenkau; in das Bezirksgericht Rochlitz mit den Gerichtsämtern Kolditz, Geithain, Geringswalde, Hartha, Leisnig u. Penig; in das Bezirksgericht Mittweida mit den Gerichtsämtern Mittweida, Burgstädt, Hainichen, Roßwein u. Waldheim; u. in das Bezirksgericht Oschatz mit den Gerichtsämtern Oschatz, Döbeln, Mügeln, Strehla u. Wermsdorf. 2) Bezirksgericht u. zwei Gerichtsämter in obengenanntem Kreisdirectionsbezirk, von welchen das Gerichtsamt I. in 1 Stadt (Leipzig) u. 23 Dörfern 91,360 Ew., das Gerichtsamt II. aber in 41 Dörfern 24,360 Ew. zählt. 3) Hauptstadt des gleichnamigen Kreisdirections- u. Gerichtsbezirks im nordwestlichen Theile Sachsens, in einer großen u. fruchtbaren Ebene, welche von den die Stadt zum Theil berührenden u. sich in deren Nähe vereinigenden Flüssen Elster (mit Luppe), Pleiße u. Parthe, sowie deren zahlreichen Armen reichlich bewässert wird u. durch den Wechsel von sorgfältig angebauten Feldern, Wiesen u. schönem Laubwald, sowie durch dichtgereihte, meist wohlhabende u. volkreiche Dorfschaften sehr beleht erscheint; zerfällt in die innere Stadt, die Vorstädte u. die neuen Anbaue. Die innere Stadt, die nur etwa 3/4 Stunden im Umfang hat, war früher befestigt, doch wurden seit 1784 die Festungswerke fast vollständig abgetragen u. die vier Thore u. acht Pförtchen allmälig (zuletzt das erst 1722 neuerbaute Petersthor im März 1860) niedergerissen, so daß die innere Stadt nach allen Seiten hin offene Ausgänge nach den Vorstädten besitzt u. von diesen nur durch die ringsum laufenden Promenaden u. Parkanlagen geschieden wird. Entsprechend der administrativen Eintheilung der inneren Stadt in vier (Grimmaisches Hallesches, Ranstädter u. Peters-) Viertel unterscheidet man die Grimmaische od. Dresdener, die Hallesche, die Ranstädter od. Frankfurter, die Peters- od. Zeitzer Vorstadt; dazu kommen noch die erst im 18. Jahrh. angelegte Johannisvorstadt u. erst seit 1834 entstanden im Osten der Stadt die Friedrichsstadt u. Marienstadt, die Äußere Zeitzer Vorstadt im Süden u. an der Westseite der Stadt (dem ehemaligen Reichelschen u. Rudolfschen Gärten) der nach seinem Begründer (E. K. E. Heine) benannte Heinesche Anbau od. die Westvorstadt. Im Süden entstand seit 1832 das Johannisthal, eine große u. freundliche Anlage von Privatgärten, von denen jedoch schon ein Theil im Frühjahr 1860 zu Bauplätzen verkauft wurde. Unter den zahlreichen öffentlichen Plätzen L-s sind hervorzuheben: der Marktplatz in der inneren Stadt mit dem Rathhaus, der Augustusplatz, der mit dem Roßplatze u. weiter dem Königsplatze (mit der Marmorstatue des Königs Friedrich August I.) u. dem kleineren Obstmarkte eine zusammenhängende Reihe von Plätzen zwischen der inneren Stadt u. den Vorstädten bildet, etc. Die neuen Anbaue u. zum großen Theil auch schon die inneren Vorstädte tragen in Bezug auf Architektur u. Anlage ganz modernen Charakter. Die Comptore u. Verkaufslokale der bedeutendsten Handelshäuser befinden sich meist in der inneren Stadt, namentlich in dem Theile, wo sich der Meßverkehr concentrirt (in Meßlage); in einem anderen Theile (Grimmaisches Viertel der inneren Stadt u. mehreren Straßen der Dresdener Vorstadt) ist der Sitz des Buchhandels. Die Gesammtzahl der Häuser beläuft sich auf 2500; die Straßen werden äußerst reinlich gehalten, zu beiden Seiten in der inneren Stadt fast vollständig, in den Vorstädten erst zum Theil mit breiten Trottoirs versehen u. durch Gas erleuchtet. Durch ein Kloakensystem findet Unrath, Regen- u. Schneewasser ihren Abzug; die hölzerne Röhrenleitung, welche jetzt nur die innere Stadt u. einen Theil der Vorstädte von der Wasserkunst aus mit fließendem Wasser versieht, wird in nächster Zeit durch eine großartige Wasserleitung für die gesammte Stadt ersetzt werden. Die Zahl der meist lutherischen Einwohner war Anfang 1860 bereits auf 74,600 (ohne das Militär) gestiegen. [⇐251][252⇒] L. besitzt nur wenige Bauwerke, die in architektonischer Beziehung ausgezeichnet zu werden verdienen. Unter den 8 lutherischen Kirchen sind die Thomaskirche (1496 eingeweiht) u. die Nikolaikirche (1525 eingeweiht, 1785–96 restaurirt) die Hauptkirchen; die Pauliner- od. Universitätskirche (1240 erbaut) erhielt 1841 ein Denkmal des Markgrafen Diezmann von Meißen; die übrigen 5 (Neukirche, Peterskirche, Johanniskirche [mit Gellert's Denkmal], Georgen- u. Jakobikirche) sind ohne Bedeutung, ebenso die Kirche der Reformirten u. die beiden Bethäuser der Griechen. Die katholische Kirche wurde 1845–47 in Gothischem Styl, die Synagoge 1855 in Maurischem Styl erbaut. Sonst sind merkwürdige Gebäude: in der inneren Stadt das Rathhaus am Markte (1556 erbaut), die Pleißenburg (das Schloß), die frühere 1549 von Kurfürst Moritz erbaute Citadelle L-s, seit 1818 theilweise umgebaut od. mit modernen Aufbauen versehen, jetzt theils zur Kaserne, theils zum Local für einige königliche Behörden u. Institute, der dickrunde Thurm seit 1790 zum Observatorium (das jedoch durch eine neu vor der Stadt zu erbauende Sternwarte ersetzt werden soll) eingerichtet, die Börse, das Gewandhaus mit Stadtbibliothek, Concertsaal u. Ballsaal. Unter den neueren Bauwerken zeichnen sich vor Allem aus: das Augusteum, 1831–1836 ausgeführt, an der Westseite des Augustusplatzes, nebst der Umgebung Sitz der Universität, u. das Museum, an der Südseite des Platzes, 1857–59 im Palaststyl erbaut. Sonst sind noch zu nennen: zunächst von den Gebäudender Universität das Fridericianum, das Mauricianum, ganz zu Läden u. Miethlocalen benutzt, u. das im Frühjahr 1860 begonnene Palais mit der Wohnung für die königliche Familie (am Ritterplatz u. Park); ferner von anderen öffentlichen Gebäuden: das Postgebäude, die Deutsche Buchhändlerbörse, die Erste u. Dritte Bürgerschule, die Georgen- od. Fleischhalle (1859 vollendet); unter den fünf Bahnhöfen der Baierische (Westliche Staatsbahn), der Thüringische (1857) u. der Berliner (1859). Unter den Privatgebäuden sind in künstlerischer Hinsicht hervorzuheben: das Römische Haus (auf Kosten des Dr. Härtel gebaut, jetzt der Baumgärtnerschen Familie gehörig), die Centralhalle, die Freimaurerloge in der Elsterstraße (vereinigt Apollo u. Balduin), mehrere sehr ansehnliche, ganz od. theilweise für Zwecke des kaufmännischen Verkehrs bestimmte Häuser (Tuchhalle, Leinwandhalle, Kaufhalle, Hotel de Pologne etc.), wozu noch mehrere, in der zweiten Hälfte des 17. u. der ersten des 18. Jahrh. erbaute große Häuser reicher Kaufleute sich gesellen, wie Koch's, Hohmann's, Auerbach's Hof (früher der Bazar von Deutschland, noch jetzt mit Auerbach's Keller, der in Goethe's Faust eine Rolle spielt), Große Feuerkugel, Hohenthal's, Stieglitz's, Barthel's Hof etc. Unter den Gärten sind berühmt der Löhr'sche (jetzt Keil'sche) u. der Gerhard'sche (sonst Richter'sche, dann Reichenbachsche), letzter wegen des Denkmals des Fürsten Poniatowski, welcher hier am 19. Octbr. 1813 an einer, durch einen Stein bezeichneten Stelle in der Elster seinen Tod fand (der Reichelsche u. Rudolfsche sind jetzt bebaut, ebenso der früher Bose'sche, später Reimersche); in horticulturhistorischer Hinsicht sind der Botanische (Trier'sche) Garten, sowie die von Frege, Laurentius u. A. hervorzuheben. Der Friedhof zu St. Johannis (dessen ältester Theil jedoch 1850 abgeräumt wurde), welcher wie der 1845 angelegte Neue Gottesacker (vor dem Hospitalthore) gartenähnlich von den Leipzigern gepflegt wird, ist reich an Grabmälern berühmter Verstorbener (Spohn, Gellert, Pölitz etc.); vgl. die Schriften über denselben von Gretschel (Lpz. 1836) u. Heinlein (ebd. 1837); sehr einfach ist der Friedhof am Jakobshospital; einen besonderen Begräbnißplatz besitzen die Israeliten (im Johannisthal) u. wollen die Katholiken anlegen (vordem Zeitzer Thor). Denkmäler: das eherne Standbild Thaer's (von Rietschel), seit 1850 in der Promenade zwischen Roßplatz u. Bürgerschule, seit Ende 1859 am Ausgang der Universitätsstraße, Gellerts Denkmal (von Öser) in den Promenaden auf dem Schneckenberge u. in einem anderen Theile des Parks ein Denkstein auf den Bürgermeister K. Wilh. Müller (st. 27. Febr. 1801), auf dem Theaterplatz eine sitzende Statue Hahnemann's (von Steinhäuser, seit 1851), in der Nähe der Thomasschule die Denkmäler Hillers u. Seb. Bachs (1843).

L. ist Sitz der Kreisdirection für den Leipziger Kreisdirectionsbezirk, eines Appellationsgerichts, eines Bezirksgerichts (dessen eine Abtheilung das Handelsgericht bildet), der Oberpostdirection für das Königreich Sachsen, des Kreissteuerraths für den zweiten Steuerkreis, der Landeslotterie, der Direction der Westlichen Staatseisenbahn, Hauptzoll-, Hauptsteuer- u. Rentamt, die Verwaltung der Leipziger Zeitung u. anderer Behörden. Der Stadtrath besteht aus 1 Bürgermeister, 1 Vicebürgermeister, 7 besoldeten u. 12 unbesoldeten Stadträthen; die Zahl der Stadtverordneten beträgt 60. Unter den Anstalten u. Einrichtungen für die gemeine Wohlfahrt sind bes. hervorzuheben: die gut organisirten Feuerlöschanstalten, das 1826 eingerichtete Pfand- u. Leihhaus, mit welchem eine Sparkasse verbunden ist, die Anstalt für Arbeitsnachweisung, die Speiseanstalt, die Darlehnanstalt für Gewerbtreibende (seit 1858), der Sparverein, die Armenanstalt, die 1853 ein neues Armenhaus aufführen ließ. Stiftungen u. Vereine für wohlthätige Zwecke sind: das städtische Jakobshospital (dient zugleich für die Universität als medicinische Klinik), die Heilanstalt für Augenkranke (1820 von Ritterich gestiftet, seit 1823 als klinisches Institut benutzt), das Taubstummeninstitut u. mehre Kleinkinderbewahranstalten. Privatunternehmungen sind das Orthopädische Institut (1831), die homöopathische Berathungsanstalt u. dergl. mehr; ferner die Irrenheilanstalt von Güntz im nahen Stötteritz, die Erziehungsanstalt von Kern für Blödsinnige (seit 1859 in Möckern, vorher in Gohlis). Für alte Leute besteht das reich dotirte Hospital zu St. Johannis, als Versorgungsanstalt dient das Georgenhaus (bisher zugleich auch Arbeitshaus für Freiwillige, Correctionsanstalt u. Waisenhaus); ferner bestehen noch zahlreiche Wittwen-, Kranken-, Begräbnißkassen etc.

L. ist nächst Hamburg die bedeutendste Handelsstadt Deutschlands u. einer der wichtigsten Handelsplätze der civilisirten Welt überhaupt; das Meiste haben hierzu unstreitig die Messen beigetragen. Sie sind a) die Oster- od. Jubilatemesse, welche stets mit dem Sonntag Misericordias Domini (dem zweiten Sonntag nach Ostern, die eigentliche Meßwoche mit dem Sonntag Jubilate) beginnt; b) die Michaelismesse, welche mit Anfang der Woche beginnt, in welche der Michaelistag fällt, u. c) die Neujahrsmesse, welche mit dem 27. December [⇐252][253⇒] anfängt. Die Ostermesse ist die bedeutendste, die Michaelismesse nur wenig geringer, die Neujahrsmesse weniger bedeutend. Jede dieser Messe dauert drei Wochen, die eigentliche Meßwoche ist die, wo den Sonntag vorher die Messe eingeläutet wird, ihr geht die Böttcherwoche voraus, wo schon Meßfreiheit, d. h. Erlaubniß für Jeden ist, gegen ein gewisses Standgeld feil zu halten (doch ist diese Erlaubniß für Juden u. für gewisse Handwerke, z.B. Schuhmacher, kürzer), u. folgt die Zahlwoche nach, wo am Donnerstag Zahltag, am Freitag Assignationstag ist. Ungeachtet dieser gesetzlichen Zeit u. ungeachtet das frühere Auslegen der Waaren u. das Ausstecken von Meßfirmen bei Geldstrafe verboten ist, werden doch die wichtigsten, bes. die Geschäfte en gros, in der Vorwoche, d. h. in der Woche vor der Böttcherwoche, gemacht. Schon in der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. hatte L. besuchte Märkte; 1183 verordnete Markgraf Otto der Reiche, daß 2 Meilen um L. kein Jahrmarkt abgehalten werden solle, welcher der Stadt Nachtheil bringen könnte. Es bestanden seitdem nur die privilegirten Jubilate- u. Michaelismärkte (die aber im 15. Jahrh. noch keine Messen waren), bis 1458 Friedrich der Sanftmüthige den Neujahrsmarkt hinzufügte, der 1466 vom deutschen Kaiser Friedrich III. privilegirt wurde. Neu bestätigt wurden alle drei Privilegien 1497 durch Kaiser Maximilian I., welcher alle Märkte in den Bisthümern Magdeburg, Halberstadt, Meißen, Erfurt u. Naumburg, welche L. nachtheilig werden könnten, untersagte. Die Stadt wachte eifersüchtig über ihre Vorrechte u. gerieth deshalb vielfach in Streit mit den anderen Marktplätzen, namentlich mit Naumburg, weshalb sich der Rath seine Privilegien, wozu unterdessen noch das Stapel- u. Niederlagsrecht gekommen war, noch durch eine päpstliche Bulle vom 8. Dec. 1414 bestätigen ließ. Seitdem fand der Meßhandel seinen Schwerpunkt in Leipzig, gegen welches viele andere Makte (wie Halle, Erfurt, Jena, Weißenfels, Langensalza, Meißen, Zeitz, Naumburg u.a.m.) ihre Bedeutung verloren. Das Kipper- u. Wipperunwesen, wie die Drangsale des Dreißigjährigen Krieges schadeten zwar den Messen sehr, doch vermochten sie nur vorübergehend den Aufschwung derselben niederzuhalten. Zwar verlor L. im Anfang des 18. Jahrh. das Stapelrecht, dagegen überflügelte es gegen Ausgang desselben Frankfurt a. d. O. Während die Continentalsperre nicht unvortheilhaft wirkte, übten die Ereignisse von 1813, weiter die Theilung Sachsens, die Prohibitivmaßregeln des Auslandes, das Absperrungssystem Preußens, die Elbschifffahrt, die eingeführten Accisefixationen u. anderes mehr einen sehr nachtheiligen Einfluß insbesondere auf L-s Handel. Allein einen neuen Aufschwung nahmen die Messen wie der ganze Leipziger Handel in Folge des Beitritts Sachsens zum Deutschen Zollverein 1833, sowie namentlich seit Eröffnung der Leipzig-Dresdener Eisenbahn (begonnen 1835, in ihrer ganzen Ausdehnung eröffnet 1839), durch welche der erste Anstoß zur Anlegung größerer Eisenbahnen gegeben wurde. Derselben folgten 1840 die Magdeburg-Leipziger, 1843 die Sächsisch-Baierische (jetzt Westliche Staatsbahn), 1856 die Thüringer u. 1859 die Berliner Bahn, deren Bahnhöfe sämmtlich durch eine Verbindungsbahn (seit 1851) in Zusammenhang stehen. L. ist gegenwärtig einer der wichtigsten Knotenpunkte des deutschen Eisenbahnnetzes, welches sich namentlich in den umliegenden Theilen des mittleren Deutschlands immer mehr verzweigt u. somit die Ackerbau- u. Bergwerksdistricte, wie die zahlreichen Fabrikorte mit L. in nächste Verbindung setzt. Eisenbahnen nach Grimma etc. zum Anschluß an die Östliche Staatsbahn, wie nach Eilenburg etc. zur directen Verbindung mit Frankfurt a. d. O. sind projectirt. Seit 1834 hat sich der Meßverkehr in L. verdreifacht; während 1834 die Waarenzufuhr aus dem Zollvereinsgebiet nur 131,182 Centner, die der fremden Waaren 31,000 Centner betrug, wurden 1854 an vereinsländischen Waaren 359,543, an fremden 11,746 Centner declarirt. Diese Waarenzufuhr vertheilte sich auf die Ostermesse mit 160,000, auf die Michaelismesse mit 150,000, auf die Neujahrsmesse mit 60,000 Centnern. Die Leipziger Messen sind daher die bedeutendsten in Deutschland, da von der gesammten Waarenmasse, die auf die deutschen Messen gelangen, allein 46 Proc. nach L. auf den Markt kommen (Frankfurt a. d. O. 36 Proc., Frankfurt a. M. 15 Proc., Braunschweig nur 5 Proc.). Die wichtigsten Waarengattungen sind: Baumwollenwaaren, Glas, Leder, Seidenwaaren, Leinwand, Wollenwaaren (Tuch etc.), Kurz- u. Galanteriewaaren, Pelzwerk, Holzwaaren, Häute, Felle, Wolle, Thierhaare, Bettfedern etc. L. ist der Hauptplatz für fremde Baumwollenartikel (Frankfurt a. d. O. für vereinsländische) wie für vereinsländische Wollenwaaren; für Leder aus den Vereinslanden ist L. mit Frankfurt a. M., für seidene u. halbseidene mit Frankfurt a. d. O. der größte Markt; in Leinenwaaren ist L. u. Frankfurt a. d. O., ebenso auch in Glas allen übrigen Plätzen voraus; für Rauchwaaren u. Bettfedern ist L. der Hauptplatz. Der Handel der eigentlichen Leipziger Firmen beschäftigt sich theils mit dem Vertrieb der Landesproducte u. der Erzeugnisse der städtischen Industrie, theils mit Zinn, Blech, Smalte, Alaun, Eisen, Kohlen u. anderen Mineralproducten, Porzellan u. Steingut, Leinen- u. Weißwaaren, Leder, Tuch, Papier, Kattun, Spitzen, Stickereien, Gold- u. Silberarbeiten, Wolle, Pferden etc. Der sehr besuchte Wollmarkt wird im Juni (seit. 1826) abgehalten. Die seit 1842 bestehende Ölbörse wurde 1853 mit einer Productenbörse vereinigt. Den Zwischenhandel beschäftigen hauptsächlich Colonialwaaren, Seidenstoffe, Rauchwaaren, Droguen, Färbehölzer, Weine; hierzu kommen bedeutende Speditions-, sowie ansehnliche Commissions-, Export- u. Wechselgeschäfte. Zur Erleichterung des Verkehrs bestehen in L. verschiedene Geldinstitute, vor Allem die Bank (seit 1838), sowie Auswechselungskassen der Weimarischen, Geraer u. der Anhalt-Dessauischen Landesbank u. der Privatbanken von Gotha, Lübeck u. Rostock, die Allgemeine deutsche Creditanstalt (seit 1855), der Erbländisch-Ritterschaftliche Creditverein, die Landständische Hypothekenbank des Markgrafenthums Oberlausitz zu Bautzen, Feuerversicherungsgesellschaft u. Mobiliarbrandversicherungsbank, Lebens, versicherungsanstalt, Flußassecuranzcompagnie, Allgemeine Sächsische Lehrerbrandversicherungsgesellschaft, Hagelschädenvergütungsgesellschaft, die Rentencapital- u. Lebensversicherungsbank Teutonia. Für die Heranbildung des Kaufmannsstandes, der übrigens in L. in die Kaufmannschaft, welche nur Grossohandel treibt, u. die Mitglieder der Kramerinnung, welche allein zum Detailhandel berechtigt [⇐253][254⇒] sind, getheilt wird, sorgt seit 1831 die Handels-schule; zur weiteren Ausbildung der jüngeren Glieder derselben hat sich 1858 der kaufmännische Verein gebildet.

Ein Hauptzweig des Leipziger Handels ist der Buchhandel, der sich seit Anfang des 16. Jahrh. zum Theil von Frankfurt am Main nach L. zog; gegenwärtig ist L. der Hauptstapel- u. Commissionsplatz des gesammten deutschen u. zum Theil auch ausländischen Buch-, Kunst- u. Musikalien-handels (s. Buchhandel). Die Buchhändler theilen sich in Verlags-, Commissions- u. Sortimentsbuchhändler; seit 1825 besteht der Allgemeine Börsenverein der deutschen Buchhändler, der am Platze eine Börse erbauen ließ u. das Börsenblatt herausgibt. Ende Februar 1860 bestanden in L. 187 Buch-, Kunst- u. Musikalienhandlungen, 47 Druckereien mit 135 Buchdrucker- u. 105 Schnellpressen (worunter 3 doppelte), welche über 900 Drucker u. Setzer beschäftigen; ferner 11 Schriftgießereien, 5 Notendruckereien, zahlreiche Kupfer- u. Steindruckereien, Ateliers für Kupfer- u. Stahlstich, Lithographie u. Xylographie; an 100 Buchbindereien u. viele Papierhandlungen. Mehrere größere u. kleinere Buchhandlungen haben auch umfassende Antiquariate errichtet; jährlich werden mehrmals in den beiden Auctionsanstalten von Hartung u. I. O. Weigel große Bücherauctionen abgehalten. Durch den Buchhandel sind nicht nur viele damit in näherer u. fernerer Verbindung stehende Zweige des Handels, wie der künstlerischen u. technischen Industrie, ungewöhnlich belebt, sondern auch eine große Anzahl von Literaten nach L. gezogen u. zahlreiche journalistische Unternehmungen hervorgerufen wurden. So erscheinen außer vielen wissenschaftlichen od. unterhaltenden (Gartenlaube, Familienjournal etc.) od. blos zur Anzeige bestimmten periodischen Schriften, vier größere politische Blätter (die officielle Leipziger Zeitung, die Deutsche Allgemeine Zeitung, das Leipziger Journal [seit 1860], die Illustrirte Zeitung), drei größere Anzeigeblätter (Leipziger Tageblatt, Dorfanzeiger, Generalanzeiger) etc. (s. Zeitungen u. Zeitschriften). Eine Bildungsanstalt für Buchbändlerlehrlinge wurde 1853 errichtet.

Obgleich die meisten städtischen Gewerbe mehr od. minder fabrikmäßig betrieben werden, so ist doch L. keine eigentliche Fabrikstadt. Von hervorragenden Fabriketablissements, die meist auf den benachbarten Dörfern liegen, sind zu nennen: zwei Kammgarnspinnereien zu Pfaffendorf u. Eutritzsch, eine Waggonfabrik (der Leipzig-Dresdener Eisenbahn), eine Rübenzuckerfabrik in Mockau, eine Teppichmanufactur in Plagwitz, zwei Dampfwalzmühlen (in der Stadt u. Neuschönefeld), einige Sägewerke, einige Kattundruckereien; die Seidenmanufacturen, wie Gold- u. Silbergespinnst, haben sich stets nicht lange erhalten können. Auf bedeutender Höhe behaupteten sich jedoch die Fabriken für Wachstuch, Tabak, ätherische Öle u. andere Chemikalien, Liqueure u. Essenzen, die Ölraffinerien; ferner die Production don Weißzeug, künstlichen Blumen, Stickereien aller Art, Putz- u. Modewaaren, Gold- u. Silberarbeiten, Hüten, Seife u. Licht, Parfümerien, Spielkarten u. anderen Artikeln für das Leben u. namentlich den Luxus. Bierbrauerei wird in fünf großen Etablissements (worunter die sehr ansehnliche Vereinsbrauerei) betrieben. Für Hebung der Gewerbsthätigkeit wirkt seit 1824 die Polytechnische Gesellschaft, die seit 1829 eine Sonntagsschule für Lehrlinge unterhält. Viele Leipziger Kaufleute besitzen oft sehr bedeutende Fabriken in den eigentlichen Fabrikstädten Sachsens u. der Nachbarländer.

Unter den Wissenschaftlichen Anstalten steht die Universität oben an. Sie wurde 1409 von 2000 aus Prag einwandernden Studenten begründet mit Erlaubniß des Papstes (9. Sept. 1409) u. von diesem am 4. Dec. 1409 (dem eigentlichen Stiftungstage) bestätigt. Die Gesammtheit der Lehrer u. Studenten theilte sich in vier Nationen (Sachsen, Meißner, Franken [nachher Baiern] u. Polen); die Universität erhielt drei Häuser (Großes u. Kleines Fürstencollegium u. Frauencollegium), viele Freiheiten u. die Einkünfte von drei Dörfern (Hohenheida, Göttsprina, Merkwitz) überwiesen, auch erhielt sie 1413 vom Papst Johann XXIII. sechs Canonicate. Der Reformation leistete die Universität hartnäckigen Widerstand. Gewissermaßen ihr zweiter Stifter wurde Kurfürst Moritz, der ihr das Paulinerkloster nebst der Paulinerkirche, reiche Einkünfte aus den eingezogenen Gütern der Klöster auf dem Petersberge u. in Pegan, ferner fünf Dorfschaften, 325 Acker Waldung (das Universitätsholz) etc. überwies. Zugleich wurde das Convict begründet, in welchem 1860 über 250 arme Studirende speisen. Kurfürst August errichtete zwölf Professuren u. veranlaßte eine Universitätsordnung; Christian I., August der Starke u. namentlich König Friedrich August I. ließen sich die bessere Ausstattung der Hochschule angelegen sein. 1829 wurde zur besseren Verwaltung der ökonomischen Angelegenheiten eine eigene Rentverwaltung eingesetzt; die alte Verfassung erlag namentlich seit 1830 vielen Veränderungen; die letzte Umgestaltung datirt von 1850 (Umänderung 1860). Unter den Regierungen der Könige Anton, Friedrich August II. u. namentlich Johann ist sehr Vieles, theils für Steigerung der Einkünfte (durch Neubauten, bessere Verwerthung der Grundstücke etc.), theils für die Sammlungen der Universität geschehen. Die Leipziger Universität hat sich während. der ganzen Zeit ihres Bestehens den Ruf einer der ausgezeichnetsten deutschen Hochschulen bewahrt. Sie zählte in den letzten Jahren über hundert Professoren u. Docenten, sowie zwischen 800 u. 850 Studenten. Das Vermögen der Universität ist sehr bedeutend; die Vermächtnisse zu Stipendien, Freitischen, Benefizien aller Art betragen allein an 750,000 Thlr.; sie besitzt allein in der Stadt 37 Hausgrundstücke. Zur Universität gehören die Universitätsbibliothek (1543 gegründet, 1660 an 124,000 Bände stark, mit 2000 Handschriften u. einer bedeutenden Münzsammlung); das Anatomische Institut mit Sammlung; die Sternwarte mit Bibliothek u. Instrumentensammlung; der Physikalische Apparat; das Chemische Laboratorium; das Naturhistorische Museum (im Augusteum); der Botanische Garten; die Archäologische Sammlung (im Fridericianum); das Pharmakognostische Museum; die Hebammenschule mit Entbindungsanstalt (Triersches Institut); das mit dem Städtischen Jakobshospitale verbundene Klinische Institut; das Medicinisch-poliklinische Institut; das Chirurgischpoliklinische Institut u. das Institut für Augenheilkunde; endlich ein Homiletisches u. Philologisches Seminar.

An Schulen bestehen in L. noch zwei Gymnasien, [⇐254][255⇒] die Thomasschule u. die Nicolaischule; eine Realschule (seit 1834, Ostern 1860 mit 234 Schülern); eine erste od. höhere Bürgerschule (Ostern 1860 mit 1745 Schülern); letztere, 1804 eröffnet, hat vielen anderen als Muster gedient. Die zweite Bürgerschule zählt 1099, die dritte 2418 Schüler (eine vierte wurde 1860 im Bau begonnen); zwei jetzt vereinigte Freischulen (Raths- u. Wendlersche Freischule), eine Armenschule, eine katholische Bürger- u. Armenschule, die Waisenhausschule u. die am Arbeitshaus für Freiwillige. Außerdem mehrere Privatinstitute, darunter das von Hauschild begründete, seit 1856 von Zille geleitete Moderne Gesammtgymnasium. Ferner die Taubstummenlehranstalt, 1778 von Sam. Heinicke begründet; die Pestalozzistiftung (bei Pfaffendorf) zur Erziehung armer u. verwahrloster Kinder (1846 gestiftet; seit 1853 im gegenwärtigen Local); fünf Kinderbewahranstalten. Unter den Gelehrten Gesellschaften obenan steht die Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften (am Geburtstage Leibnitz's 6. Juli 1846 eröffnet), nebst der sich anschließenden Fürstlich Jablonowsky'schen Gesellschaft der Wissenschaften. Ferner sind zu nennen: die Deutsche Morgenländische Gesellschaft (zugleich auch in Halle); die Deutsche Gesellschaft (gestiftet 1697, welche zu Gottscheds Zeit in der Entwickelungsgeschichte der Deutschen Literatur eine wichtige Rolle spielte); die Historischtheologische Gesellschaft (seit 1818); die Medicinische Gesellschaft (gestiftet 1829); die Astronomische Gesellschaft (seit 1844); die Leipziger Ökonomische Societät (1765) mit Versuchsstation in Möckern; die Bachgesellschaft (seit 1849) etc. Hieran reihen sich der Advocatenverein (1842), der Ärztliche Verein (1844), der Homiletische Localverein der Candidaten (1641), der Lehrerverein, der Schillerverein, der Gabelsberger Stenographenverein (1846), der Schriftstellerverein (1842) etc. Außer dem oben erwähnten kaufmännischen Verein besteht auch ein Gesellenverein. Der Gustav-Adolf-Verein (s.d.) hat seinen Centralsitz in L. Der 1843 gebildete 19. Octoberverein hat den Zweck, Nachrichten u. Einzelheiten über die Schlacht bei L. 1813 zu sammeln u. die Stellen, wo der Kampf am heftigsten gewesen, mit Denksteinen zu bezeichnen, wie denn dergleichen Steine auch bereits am 5. Juni 1845 in der Marienstraße, am 3. Juli 1850 bei Möckern (versetzt a. vergrößert 1858), 1856 bei Göhren u. 1857 bei Holzhausen errichtet worden sind. Zu den sonst noch in L. bestehenden Instituten für geistige Bildung gehört vor allen noch die Stadtbibliothek im Saale des Gewandhauses, etwa 90,000 Bände u. 2000 Handschriften zählend, 1683 gegründet, 1637 durch das Vermächtniß der Pölitzschen Bibliothek (26,000 Bände), 1855 durch die Beckersche musikalische Sammlung bereichert. Seit 1851 besteht eine Volksbibliothek; mehr als 30 Leihbibliotheken in der Stadt u. deren nächster Umgebung, zum Theil mit Lesezirkeln verbunden; Literarisches Museum für Zeitungslectüre des Buchhändlers Fleischer; 6 Musikleihanstalten.

Unter den Anstalten für künstlerische Bildung ist nur die Königliche Akademie für Malerei u. Zeichenkunst (seit 1764), früher unter Ösers, Fischbeins, Schnorrs, gegenwärtig unter G. Jägers (s.d.) Direction, nebst der Baugewerkenschule. Eine größere öffentliche Kunstsammlung erhielt L. erst 1848 mit Errichtung des Städtischen Museums, welches durch das reiche Vermächtniß des Kaufmanns u. Kunstfreundes H. Schletter einen Schatz der trefflichsten Bilder, namentlich neuerer Meister (Delaroche, Calame, Gudin, Verboekhoven etc.) erhielt u. seit 1859 im Museumgebäude aufgestellt ist; Kupferstichsammlung des Leipziger Kunstvereins (im Museum); Permanente Kunstausstellung des Kunsthändlers Del Vecchio in der Kaufhalle; die reichen Privatgallerien des Dr. Keil u. des Freiherrn Speck-Sternburg (in Lützschena); die Weigelschen Sammlungen für Kupferstichkunst u. Xylographie; das Antiquitätenlager von Köder u. Zschiesche etc. Seit 1856 besteht ein Leipziger Künstlerverein für gesellige Zwecke. Für die Bildung eigentlicher Maler u. Bildhauer ist L. nicht der Ort, da alle jungen Talente bald für die buchhändlerische u. sonstige Industrie gewonnen werden. Dagegen finden Theater u. namentlich Musik wohl nirgends mehr Antheil, als in L. Das Stadttheater (seit 1817 stehend), gehört zu den vorzüglichsten städtischen Bühnen Deutschlands; es feierte unter Direction Küstners (s.d.) bis 1828 seine Glanzperiode; daneben wurde 1853 ein Sommertheater in Gerhards Garten errichtet. Berühmt sind die Großen Concerte im Gewandhaus (1743 gegründet), welche namentlich große classische Musiken zur Aufführung bringen u. den ausgezeichnetsten Künstlern Gelegenheit geben, ihre Talente zu zeigen. Das Conservatorium der Musik, 1843 von Mendelssohn-Bartholdy gestiftet, wird von tüchtigen Meistern, wie Hauptmann, Becker, David, Rietz, Moscheles, Dreyschock, Lobe, Brendel geleitet. Vorzüglich geschulte Chöre für Gesang sind das Thomanerchor u. der Paulinergesangverein, welche bei den sonntäglichen Kirchenmusiken mitwirken. Musikalische Bildung u. Unterhaltung bezwecken auch der Musikverein Euterpe (im Winter acht Concerte in der Buchhändlerbörse); ferner der Riedelsche Verein, der Ossian, die Singakademie, der Philharmonische Verein, der Zöllnerverein, Dilettanten-Orchesterverein u. gegen 20 Männergesangvereine; sechs concessionirte u. drei Militärmusikchöre besorgen die Concerte etc. in den zahlreichen Vergnügungslocalen.

Es gibt in L. zahlreiche (über 600) Etablissements für Vergnügen u. geselligen Verkehr, Concert- u. Ballsäle, Bierhäuser u. Restaurationen, Kaffeehäuser u. Conditoreien etc.; viele Gesellschaften zum Zwecke des Vergnügens. Ein reizender Spaziergang in unmittelbarer Nähe der Stadt (zwischen letzter u. Gohlis) ist das Rosenthal. Alle Ortschaften in der Umgegend von L. werden namentlich während des Sommers, bes. an Sonn- u. Feiertagen besucht. Die merkwürdigsten u. besuchtesten Orte sind: Gohlis (mit dem Hause, wo Schiller das Lied an die Freude dichtete), Möckern (mit Schlachtdenkmal), Wahren, Lützschena (Besitzung des Freiherrn von Speck-Sternburg, mit Park, Gemäldegallerie, großartigem Ökonomiebetrieb u. Landwirthschaftlicher Lehranstalt); Lindenthal u. Breitenfeld; Eutritzsch, Schönfeld, Abtnaundorf (mit Park u. den Villen der Familie Frege), St. Thekla; Zweinaundorf (mit Park); der Thonberg, Stötteritz (mit Irrenanstalt, Tabaksbau); Neusellerhausen, Stüntz, Paunsdorf, Sommerfeld, Machern (mit Park); Probstheide, Mensdorf, Wachau u. das Städtchen Liebertwolkwitz, Güldengossa, Störmthal, Connewitz, Lösnig, Dölitz, Markkleeberg, Crostewitz (Holzpantoffelfabrikation), Cröbern, Raschwitz, Ötzsch, Zöbigker, das Städtchen Zwenkau, Schleußig, Klein- u. Großzschocher, Knauthain u. Eythra (mit Park); [⇐255] [256⇒] Lindenau (mit der Restauration zum Kuhthurm), Plagwitz (fast ganz dem Dr. Heine gehörig u. von demselben mit Straßenanlagen u. Neubauten versehen), Schönau, Leutsch (in der Nähe die prächtige Waldpartie der Bürgeraue mit der großen Eiche), Böhlitz-Ehrenberg, Gundorf (in der Nähe der botanisch interessante Bienitzwald) etc. Mehrere nahe Dörfer, wie namentlich Reudnitz, Volkmarsdorf, Neuschönfeld, Neusellerhausen, Anger u. Krottendorf hängen nicht blos unmittelbar mit der Stadt, sondern auch wieder unter sich selbst zusammen, tragen theilweise (Reudnitz, ganz u. gar das erst seit 1837 erbaute Neuschönfeld) städtisches Ansehen u. sind außerordentlich bevölkert;mehrere Dörfer zählen über 1000, einige (Lindenau, Neuschönfeld, Volkmarsdorf) über 3000, Stötteritz u. Reudnitz über 5000 Ew., die zum großen Theil die Quellen ihres Verdienstes in der Stadt haben.

L. dankt seine Gründung sorbenwendischen Fischern u. war jedenfalls schon ein Dorf (benannt von Lip od. Lipa Linde), als König Heinrich I. am Zusammenfluß der Pleiße u. Parthe eine Burgwart anlegte (um 920). Als Stadt (d.i. ein befestigter Ort) wird es zuerst um 1015 in Ditmars Chronik erwähnt. Es gehörte ursprünglich Gaugrafen (des Gaues Chutici), in geistlicher Hinsicht aber seit 1018 unter das Bisthum Merseburg, welches 1022 auch die weltliche Herrschaft über L. erlangte, bis es nach einer Belagerung 1134 Markgraf Konrad von Meißen tauschweise an sich brachte. Dessen Nachfolger Otto der Reiche erweiterte L-s Befestigung unter Ertheilung des Weichbildrechts, stiftete die Nikolaikirche u. 1182 die beiden Jahrmärkte, welche sich später zur Jubilate- u. Michaelismesse entwickelten. Um die ihm bes. wegen der Gründung des Thomasklosters (nebst Kirche, 1213), welchem er das Patronat der Leipziger Kirchen zueignete, feindselig gesinnten Bürger L-s in Zaum zu halten, ließ Markgraf Dietrich 1218 die Stadtmauern schleifen u. drei Burgen anlegen, von welchen aber eine schon 1231 in ein Dominicanerkloster (Paulinum genannt) u. bald darauf eine zweite in ein Franciscanerkloster verwandelt wurde. Heinrich der Erlauchte hielt bis 1259 in L. mehre Landtage, u. unter Markgraf Dietrich von Landsberg bildete sich nicht nur das städtische Rathscollegium aus, sondern es erweiterte sich auch L-s Handel in Folge eines Schutz- u. Freiheitsbriefes (von 1268) für fremde, nach L. ziehende Kaufleute (namentlich wandten sich dahin viel Lombarden, welche meist Geldwechsel trieben) u. des 1273 der Stadt ertheilten Münzrechtes, so daß man wohl von dieser Zeit die Entstehung der Leipziger Kramerinnung od. Kaufmannsgilde datiren kann. Dagegen litt L. sehr in den Kriegen der Markgrafen Friedrich u. Diezmann, welcher Letztere 1307 in der Thomaskirche ermordet wurde. 1325 fanden sich die ersten Spuren des Leipziger Schöppenstuhls, eines Anfangs nur städtischen, seit 1574 aber landesherrlichen Spruchcollegiums. 1395 wurde die Nikolaischule u. 1409 die Universität gegründet (s. oben). 1435 erwarb der Rath die städtische Gerichtsbarkeit (welche seit 1856 wieder an den Staat übergegangen ist), u. 1488 wurde das Leipziger Oberhofgericht gegründet, nachdem am 26. Aug. 1485 zu L. die Landestheilung zwischen Kurfürst Ernst u. Herzog Albrecht stattgefunden hatte. 1480 wurde die erste. Buchdruckerei in L. angelegt; 1507 erhob Kaiser Maximilian die drei Leipziger Jahrmärkte (die Neujarhsmesse war 1458 hinzugekommen) zu Messen (s. oben). Nachdem hier 1519 die Leipziger Disputation (s.d.) zwischen Luther, Eck u. Karlstadt stattgefunden hatte, wurde im Jahre 1539 unter Herzog Heinrich die Reformation eingeführt, in deren Folge der Rath das Kirchen- u. Schulpatronat nebst vielen säcularisirten Klostergütern an sich brachte, wogegen die Stadt durch den Schmalkaldischen Krieg (sowie früher im Sächsischen Bruderkriege) bedeutend litt, bes. durch die Belagerung im Januar 1547, welche auch den Neubau der Pleißenburg veranlaßte. Über das auf dem hiesigen Landtage 1549 auf Befehl des Kurfürsten Moritz, welcher auch das Consistorium von Merseburg nach L. verlegte, abgefaßte Leipziger Interim s. Interim c). Ums Jahr 1600 entstanden die Buchhändlermessen (s. Buchhandel), doch wurde L. erst zu Anfang des 18. Jahrh. der Hauptstapelplatz des deutschen Buchhandels. Ungemein litt die Stadt im Dreißigjährigen Kriege durch siebenmalige Belagerung von 1631–42, Contributionen u. andern Kriegslasten, wozu namentlich auch die blutige Schlacht bei L. od. Breitenfeld am 7. Sept. 1631 beitrug, in welcher Gustav Adolf die Kaiserlichen unter Tilly schlug (s. Dreißigjähriger Krieg), sowie eine zweite Schlacht bei L. am 2. Nov. 1642, in welcher ebenfalls die Schweden unter Torstenson siegten u. dann bis 1650 L. besetzt hielten. Während dieses Krieges wurde hier im Jahre 1631 nicht nur (im Februar) ein Bündniß der protestantischen Stände Norddeutschlands unter dem Vorsitz des Kurfürsten von Sachsen geschlossen, sondern auch Behufs der Vereinigung der Calvinisten u. Lutheraner das Leipziger Colloquium (s.d.) gehalten Den Handel förderte die Errichtung der Börse 1678 u. des Handelsgerichts 1682, sowie 1690 eine Münzconferenz in L., durch welche der Leipziger Münzfuß (1 Mark sein – 12 Thlr.) an der Stelle des Zinnaischen in Sachsen eingeführt wurde (s. Münzfuß). Nachdem sich schon unter Kurfürst Christian I. viel aus den Niederlanden vertriebene Kaufleute in L. niedergelassen hatten, führte die Aufhebung des Edictes von Nantes abermals viel dergleichen protestantische Flüchtlinge aus Frankreich nach L., wo sich dadurch eine französische Colonie bildete. Hart traf L. der Siebenjährige Krieg, jedoch erholte es sich bald wieder, um seit 1770 seine alten Festungswerke nach u. nach in Promenaden (s. oben) verwandelt zu sehen Eine ganz veränderte Richtung gab dem Handel der Französischpreußische Krieg von 1806 u. ein harter Schlag für denselben war die von Napoleon gebotene Vernichtung aller englischen Waaren; dessenungeachtet litt der Meßverkehr in den Kriegsjahren 1806–1812 nur wenig. Nachdem L. in dem Österreichischen Kriege von 1809 zwei Mal von den Österreichern u. Braunschweigern besetzt worden war, traf es bes. hart das Kriegsjahr 1813, in welchem vom 14.–19. October die Napoleons Macht stürzende Völkerschlacht bei L. geschlagen (s. Russisch-deutscher Krieg von 1812–15) u. L. von den Alliirten mit Sturm genommen wurde. Nicht minder nachtheilig wurde für L. die Theilung Sachsens 1815, welche die preußischen Schlagbäume bis 2 Stunden vor die Stadt setzte, bis dieselben in Folge des Zollvereins 1834 wieder fielen. Viel Veraltetes, bes. das Privilegium de non reddendis rationibus des Stadtraths, beseitigten die Septembertage 1830, sowie das Jahr 1835 den Schöppenstuhl, [⇐256][257⇒] vas Oberhofgericht u. Consistorium, während die Stadt dafür das Appellationsgericht u. die Kreisdirection bekam. Hierzukamen 1836 die Buchhändlerbörse u. 1839 die Leipziger Bank. Zu der gegenwärtigen mächtigen Blüthe der Stadt trugen neben dem obengedachten Zollverein hauptsächlich seit 1836 die Eisenbahnen (s. oben) bei, deren gegenwärtig fünf sich in L. vereinigen. Am 12. Aug. 1845 die Leipziger Ereignisse, bei Gelegenheit der Abhaltung der Revue der Leipziger Communalgarde durch den Prinzen Johann, wo Abends der entstehende Tumult vor der Wohnung des Letztern durch Einschreiten des Militärs beschwichtigt wurde. Vom 20. Oct. bis 27. Nov. 1847 Versammlung von Deputirten aller deutschen Staaten, um die Grundzüge eines allgemeinen deutschen Wechselrechts aufzustellen. Unruhen u. politische Bewegungen erlitt L. auch im Jahr 1848 u. 1849. Im März 1848 wurde die Stadt in weitem Umkreise mit Truppen cernirt. Im Mai 1849 neue Unruhen; am 6. Mai stellte sich der Rath der Stadt L. bis zum Austrag der Conflicte zwischen Regierung u. Volk unter den Schutz der Deutschen Reichsgewalt. In der Nacht zum 7. wurden Barrikaden errichtet, wobei es zwischen der Communalgarde u. den Tumultuanten zu blutigen Zusammenstößen kam. Vom April bis Mai 1850 wurde in der neuerbauten Centralhalle eine große Ausstellung deutscher Industrieerzeugnisse abgehalten. Hauptbrände haben die Stadt betroffen 1420, 1498, 1546 (im Schmalkaldischen Kriege), 1631, 1632, 1642 u. 1682. Vgl. Schneider, Leipziger Chronik, Lpz. 1655; Vogel, Leipziger Annalen, ebd. 1740, Fol. (n. Aufl. 1756); Franz, Pragmatische Handelsgeschichte der Stadt L., ebd. 1772; Gretschel, L. u. seine Umgebung, 2. Aufl. 1836; Ramshorn, L. u. seine Umgebung, Braunschw. 1841; Gretschel, Beiträge zur Geschichte L-s, Lpz. 1836; Dolz, Versuch einer Geschichte L-s, ebd. 1818; Große, Geschichte der Stadt L., ebd. 1840–42, 2 Bde.; Sparfeld, Chronik der Stadt L., ebd. 1849, 2. A. 1851; jährlich erscheint ein Leipziger Adreßbuch u. ein Meßadreßbuch. [⇐257]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 251-257.
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[737⇒] Leipzig, Hauptst. des gleichn. Kreisdir.-Bez. im Königr. Sachsen, in einer großen, fruchtbaren, von der Elster, Pleisse und Parthe durchströmten Ebene, besteht aus der innern Stadt, den Vorstädten und dem neuen Anbau, zählte 1853 beinahe 67000 E., zum weitaus größeren Theile Protestanten. L. hat einige schöne öffentliche Plätze, viele schöne aber keine ausgezeichneten Gebäude, ist aber einer der Haupthandelsplätze Deutschlands. Auf seinen 3 weltberühmten Messen: Jubilate- (Ostermesse). Michaelis- und Neujahrsmesse kommen die Kaufleute aller Nationen, besonders aus den östl. Ländern (Rußland, Türkei, Griechenland) zusammen; die Hauptgeschäfte werden gemacht in: Tuch, Leder, Pelzwerk, Baumwolle-, Seide- und Leinewaaren, Bijouterien; der Umsatz auf der Ostermesse wird auf 70 Mill. Thlr. berechnet. Für den Geschäftsverkehr bestehen Bank, Börse, Oel- und Produktenbörse. Mit der Ostermesse ist zugleich die Buchhändlermesse verbunden; L. ist dadurch u. durch sein Commissions- sowie Verlagsgeschäft der Mittelpunkt des deutschen Buch-, Kunst- und Musikalienhandels und man zählte 1853 nicht weniger als 154 Firmen, 77 Commissionäre, 34 Buchdruckereien. In industrieller Beziehung ist dagegen L. weniger bedeutend. Sein Verkehr hat sich besonders seit der Gründung des deutschen Zollvereins u. dem Bau der Eisenbahnen nach Dresden-Prag, Magdeburg-Berlin, Hof-Nürnberg gehoben. Unter den wissenschaftlichen Anstalten nimmt die Universität (gestiftet 1409) einen bedeutenden Rang ein, indem sie besonders im letzten Jahrh. durch mehre Männer auf [⇐737][738⇒] die Bildung der deutschen Nation Einfluß ausübte; auch die gelehrte Schule (Thomasschule) hat berühmte Philologen aufzuweisen. Außerdem besitzt L. eine königl. Akademie für Malerei u. Zeichnenkunst, Baugewerkschule, Real- und Bürgerschulen, Handelsschule etc.; das Conservatorium der Musik hat europ. Ruf. An öffentlichen Bibliotheken, Sammlungen. wissenschaftlichen und Kunstvereinen, wohlthätigen Anstalten ist L. reich. Der Name L. (von Lipa, Linde) deutet auf slavischen Ursprung; als Stadt wird es 1015 genannt, im 12. Jahrh. erhielt es seine Hauptmessen, 1507 von Kaiser Max I. das Stapel- u. Niederlagsrecht. 1521 von Karl V. erweiterte Meßfreiheit. Im Jahr 1519 wurde hier die bekannte Disputation zwischen Luther und Eck abgehalten, 1539 die Reformation durch den Landesherrn eingeführt. Der 30jährige Krieg brachte L. sehr herunter, nach demselben zog sich jedoch der Buchhandel von Frankfurt a. M. nach L., weil die Presse hier weniger strenge als in Frankfurt behandelt wurde. Im 7jährigen Kriege beutete es Friedrich II. aus, 1813 litt es sehr als Mittelpunkt des großen Kriegstheaters. Im Jahr 1830 fanden Unruhen statt, welche eine Aenderung in der Verwaltungsweise der Gemeinde im Gefolge hatten, am 12. August 1845 ein blutig unterdrückter Auflauf, der durch das Rongeunwesen veranlaßt wurde; dagegen hielt die Bürgerschaft die öffentliche Ruhe 1849 aufrecht, als in Dresden die ernsthafte Revolution ihr Haupt erhoben hatte. Geschichtlich berühmt ist L. durch 3 Schlachten. Die erste (auf dem Breitenfelde) gewann Gustav Adolf den 7. Sept. 1631 gegen Tilly, die 2. der schwed. General Torstensohn gegen den kaiserl. General Piccolomini, die 3., die Völkerschlacht vom 16.–20. Octbr. 1813. vernichtete die Uebermacht Frankreichs. Sie wurde den 14. u. 15. Oct. durch einzelne Gefechte eingeleitet und begann am 16. um 7 Uhr. Der Hauptkampf war bei Wachau; Napoleon vermochte es nicht das Centrum der feindlichen Armee zu durchbrechen und da die von Macdonald erfochtenen Vortheile durch Marmonts Niederlage bei Möckern gegen Blücher mehr als aufgewogen wurden, so mußte sich Napoleon zum Rückzuge entschließen, wenn er seine Armee retten wollte. Er that es nicht, weil er auf die Uneinigkeit und Ungeschicklichkeit der Verbündeten rechnete, und bei L. wie überall in seiner späteren Kriegsführung nie das Nöthige für den Fall eines Rückzugs vorbereitete. Am 17. wurde nur bei Lindenau gefochten. Am 18. begann der Angriff auf Napoleons concentrirtere Stellung mit aller Macht; sie wurde an einigen Punkten zurückgedrängt, aber nirgends vollständig durchbrochen, jedoch durfte Napoleon nicht hoffen, sich länger gegen die Uebermacht zu halten. Der Rückzug der Franzosen begann in der Nacht und um denselben zu decken, opferte Napoleon am Morgen des 19. die Corps von Poniatowski und Macdonald. Die Vorstädte wurden nach wüthendem Kampfe erstürmt, die einzige Brücke über die Elster von einem Offizier zu frühe in die Luft gesprengt, was die Verwirrung u. den Verlust der Franzosen ungeheuer vergrößerte. Napoleon wurde nicht verfolgt, sonst hätte er bereits in Sachsen sein Waterloo gefunden u. konnte schon in Erfurt die Reste seines Heeres ordnen, mit dem er sich bei Hanau durchschlug. Der Verlust der Franzosen wird auf 68000 Mann, darunter 30000 Gefangene und 300 Kanonen angegeben, der Verbündeten auf 48000, darunter 15000 Preußen. Eine treue Darstellung der Schlacht verdanken wir dem trefflichen After (die Gefechte u. Schlachten bei L. im Oct. 1813. Dresden 1852 bis 53, 2 Bde., mit Planen). [⇐738]

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 737-738.
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Leipzig
Leipzig

[725⇒] Leipzig, die Hauptstadt des leipziger Kreises im Königreiche Sachsen, ist eine ebenso sehr historisch als durch ihren ausgebreiteten Handel wichtige Stadt.

In beider Beziehung ist sie durch die Beschaffenheit ihrer Lage begünstigt. Sie liegt in einer weiten, nur durch wenige sanftanschwellende unbedeutende Hügel und einige kleine Flüsse unterbrochenen Ebene, auf welcher sich kriegerische Operationen sehr wohl ausführen, große Heeresmassen bequem entwickeln lassen, und wurde daher mehr als einmal der Schauplatz blutiger, das Schicksal Deutschlands entscheidender Schlachten. Für den Handel ist Leipzig vortheilhaft gelegen, weil es in der Mitte Deutschlands liegt, welches Land wieder das Herz Europas bildet, und weil es nach allen Richtungen hin durch gute Straßen mit den übrigen Handelsstädten Deutschlands in directe Verbindung gesetzt ist. Was die Schlachten bei Leipzig betrifft, so sind von welthistorischer Wichtigkeit namentlich die Schlacht am 7. Sept. 1631 und die am 18. Oct. 1813. Nachdem der ausgezeichnete Feldherr Tilly Magdeburg erobert hatte, wünschte er den König von Schweden, Gustav Adolf, zu einer Schlacht zu bringen; doch dieser hielt sich noch nicht für stark genug, um seinem Gegner die Spitze zu bieten, und verharrte daher in dem verschanzten Lager bei Werben in der Altmark. Um dem Mangel in seinem Heere abzuhelfen, wendete sich Tilly gegen das sächs. Land, indem er zum Vorwand den kaiserlichen Befehl, die Glieder des leipziger Bundes zu entwaffnen, benutzte. Der Kurfürst von Sachsen hatte die Waffen noch nicht niedergelegt, und ohne Kriegserklärung rückte daher Tilly in Sachsen ein, plünderte Merseburg, Zeitz, Naumburg und Weißenfels und näherte sich Leipzig. Nun entschied sich der bis dahin schwankende Kurfürst von Sachsen zum engen Bündniß mit Gustav Adolf und vereinigte am 4. Sept. sein Heer bei Düben mit dem schwedischen. An demselben Tage beschoß Tilly Leipzig, welches sich seinem Einzuge widersetzte, und am folgenden Tage fiel die Stadt in seine Hände. Der Kurfürst von Sachsen trieb den noch schwankenden schwed. König zur entscheidenden Schlacht an, und am 7. Sept., auf den Feldern des Dorfes Breitenfeld, stießen die feindlichen Heere aufeinander. Die Sachsen wurden auf den linken Flügel des schwed. Heers gestellt. Um Mittag begannen die groben Geschütze ihr verheerendes Spiel, welches den Kaiserlichen verderblicher war, als den Schweden, weil diese in dünnern Reihen als jene standen. Mit Gewalt warf sich nun der rechte Flügel der Kaiserlichen auf die sächs. Truppen und stürzte sie in die Flucht; wogegen die wüthenden Anfalle Pappenheim's, des berühmtesten Reiteranführers seiner Zeit, siebenmal von den Schweden zurückgeschlagen wurden, und auch den neuerfolgenden Angriff Tilly's, welcher sich von der Verfolgung der Sachsen ab gegen die Schweden wendete, hielten diese mit unerhörter Tapferkeit aus. Ein rascher Angriff brachte das auf einem Hügel aufgestellte feindliche Geschütz in die Hände der Schweden und diese richteten es sogleich gegen die darauf nicht gefaßten Kaiserlichen. Dadurch wurde die Schlacht entschieden, denn in wilder Flucht stäubte Tilly's Heer auseinander, indem es 7000 Todte auf dem Felde ließ. Tilly, der bisher noch niemals Besiegte, entkam nur mit Mühe und Wunden. Erst bei Halle gelang es ihm, einen kleinen Theil seines Heers wieder zu sammeln und sich mit Pappenheim wiederzuvereinigen. Einer der wichtigsten Vortheile dieses Sieges war, daß die Furcht vor der Unbesiegbarkeit Tilly's vernichtet war, und daß Gustav Adolf die glänzendste Probe seines Feldherrntalents abgelegt hatte, sodaß ihm fortan das begeisterte Vertrauen der Protestanten zur Seite stand und die Katholischen ihn mit derselben Furcht betrachteten, welche früher die Protestanten vor den kaiserlichen Feldherren gehegt hatten. Dem Sieger stand der Weg nach München und Wien offen, und die Fortdauer des Protestantismus im nördlichen Deutschland war sichergestellt. Nicht minder siegreich kämpften die Schweden auch am 2. Nov. 1642 unter Torstenson bei Leipzig gegen die Kaiserlichen und Sachsen. Nach einer dreiwöchentlichen Belagerung fiel auch die Stadt in die Hände der Schweden.

In jeder Beziehung eine der großartigsten Schlachten, welche jemals geschlagen worden sind, ist die Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. – 18. Oct. 1813. Die Verbündeten, Russen, Oestreicher, Preußen und Schweden, rückten mit drei großen Heeren von verschiedenen Seiten gegen Napoleon; die schlesische Armee unter Blücher, die Nordarmee unter dem schwed. Kronprinzen Karl Johann an der Niederelbe und die große Armee unter Schwarzenberg an der Oberelbe operirten, sodaß sie dem franz. Kaiser womöglich in den Rücken zu kommen und ihn von Frankreich abzuschneiden trachteten. Napoleon verließ am 7. Oct. Dresden, ließ aber daselbst ein [⇐725] [726⇒] Heer von 28,000 M. unter dem Marschall Gouvion St.-Cyr zurück. Er sammelte seine Heere in der Gegend von Leipzig und hielt sich daselbst vier Tage in dem sächs. Städtchen Düben auf, worauf er am 14. Oct. um Mittag nach Leipzig kam. Der größte Theil des franz. Heers lag bei Wachau, anderthalb Stunden südöstlich von Leipzig, um sich dem Schwarzenberg'schen Heere entgegenzustellen. Ein für die Franzosen nachtheiliges Reitergefecht war der Anfang der Feindseligkeiten. Napoleon hatte 180,000 M. bei sich, welche er am 15. Oct. rund um die Stadt aufstellte, und am folgenden Tage nach 9 Uhr wurde die Schlacht durch den Donner der Geschütze eröffnet, von denen 600 Stück auf Seiten der Franzosen und gegen 1000 auf Seiten der Verbündeten in Thätigkeit gewesen sein sollen. Es wurde auf drei Seiten gekämpft, südöstlich von der Stadt bei Markkleeberg, Wachau und Liebertwolkwitz gegen das große verbündete Heer, westlich bei Lindenau zwischen Bertrand und dem östreich. General Giulay, und nördlich bei Möckern zwischen Blücher und dem Marschall Marmont. Das Heer unter Schwarzenberg war so geordnet, daß auf dem linken Flügel der General Meerveldt dem poln Heere unter dem Fürsten Poniatowski gegenüberstand, die Russen und Preußen unter Witgenstein und Kleist die Mitte bildeten und die Östreicher unter Klenau den rechten Flügel einnahmen. Die Verbündeten hatten Markkleeberg und Wachau eingenommen und den Kolmberg bei Liebertwolkwitz besetzt, als Napoleon durch einen gewaltigen Angriff sie auf ihre frühere Stellung wieder zurückwarf und selbst mehre Punkte besetzte, welche vorher in der Gewalt der Verbündeten gewesen waren. Die beiden Flügel der Verbündeten waren beinahe ganz von der Schlachtordnung getrennt und der Sieg neigte sich so entschieden den Franzosen zu, daß um drei Uhr Nachmittags Napoleon an den König von Sachsen eine Siegesbotschaft abgehen und in Leipzig alle Glocken läuten ließ. Indeß ließ der Fürst Schwarzenberg den östreich. Rückhalt unter dem Erbprinzen von Hessen-Homburg anrücken, ein franz. Heerhaufen, welcher siegreich vorgedrungen war, wurde zurückgeworfen und die Verbindung des linken Flügels mit dem Mittelpunkte wiederhergestellt. Kleist hatte mit den Preußen Markkleeberg behauptet und wurde um fünf Uhr von östreich. Truppen in seiner schwierigen Stellung abgelöst. Unter Murat strömten indeß die Franzosen gegen das Dorf Güldengossa vor, dessen Einnahme demnach die Schlacht entschieden hätte. Schon waren die Franzosen in das Dorf eingedrungen, als sie durch einen tapfern Reiteranfall wieder zurückgeworfen wurden; auch noch ein zweiter fürchterlicher Angriff wurde von den Preußen zurückgewiesen. Indeß brach der Abend des blutigen Tages ein und machte dem Treffen ein Ende. Die Heere hatten fast wieder ganz ihre frühern Stellungen eingenommen, nur daß die Franzosen auf ihrem linken Flügel die Schwedenschanze, eine die Umgegend beherrschende Anhöhe, und die Verbündeten auf der andern Seite das Dorf Markkleeberg besetzt hielten. Bei Lindenau und gegen den östreich. General Meerveldt bei Dölitz und Connewitz hatten die Franzosen die Oberhand behalten und der genannte General war sogar in Gefangenschaft gerathen. Dagegen hatte nach einem der blutigsten Gefechte der General Blücher bei Möckern und Wiederitzsch siegreich mit unerhörter Tapferkeit gekämpft und den Marschall Marmont bis dicht vor Leipzig zurückgedrängt. Den folgenden Tag unterhandelte Napoleon vergeblich wegen eines Waffenstillstandes mit den Verbündeten, und nur Blücher machte einen glücklichen Angriff gegen den bei Schönefeld mit seiner Reiterei haltenden Herzog von Padua. Indessen hatten die Verbündeten durch Benningsen, Colloredo und den Kronprinzen von Schweden noch bedeutende Verstärkungen erhalten, sodaß die Franzosen sich nach allen Richtungen eingeschlossen fanden und ihnen nur gegen Westen über Lindenau ein Ausweg blieb. Die Franzosen hatten Wachau und Liebertwolkwitz aufgegeben und sich enger um Leipzig zusammengezogen, sodaß nun Probsthaida den Mittelpunkt der Stellung gegen Süden machte. Der Angriff der Verbündeten am 18. Oct. war so geordnet, daß der Kronprinz von Schweden und das schlesische Heer von Norden, Benningsen mit den Russen, den Östreichern unter Klenau und den Preußen unter Ziethen von Osten, und endlich Wittgenstein und Kleist mit Russen und Preußen, sowie der Erbprinz von Hessen-Homburg mit Östreichern von Süden gleichzeitig losbrechen sollten. Um acht Uhr entspann sich der Kampf. Trotz der tapfern Gegenwehr der Polen unter Poniatowski wurde Dölitz genommen, nachdem der Erbprinz von Hessen-Homburg selbst verwundet worden und Colloredo an seine Stelle getreten war. Auch bis vor Probsthaida waren bis Mittag die Preußen und Russen vorgedrungen; hier entbrannte der Kampf mit fürchterlicher Wuth, ohne daß es jedoch den anstürmenden Verbündeten gelang, des Dorfes sich zu bemächtigen. Von Osten her wurden die Franzosen bis Stötteritz, nahe bei Probsthaida, zurückgedrängt, und der Marschall Ney wurde von Blücher und dem Nordheere bis dicht vor Leipzig zurückgeworfen. Blücher hatte eine Abtheilung Russen bei Mockau durch die Parthe geführt, statt, wie der Kronprinz von Schweden gewollt hatte, den weiten Umweg über das Städtchen Taucha zu nehmen, worüber der Tag verloren gegangen wäre. Marmont zog sich mit den Franzosen gegen Schönefeld nahe bei Leipzig zurück und als die Reiterei der Verbündeten die Weichenden verfolgte, gingen das sächs. Husaren- und Uhlanenregiment zu ihnen über. Ebenso gingen auf den portitzer Anhöhen einige sächs. und würtemb. Abtheilungen zu dem Nordheere über. Das Nordheer drang von Taucha her vor; nach fünf Uhr Abends wurde Marmont von Langenau aus Schönefeld verdrängt. Ebenso waren Ney und Reynier von Bülow aus ihrer Stellung in und um Paunsdorf geworfen worden, und setzten sich erst in Volkmarsdorf wieder fest. Hier gingen nun die sächs. Krieger sämmtlich zu den Verbündeten über und trugen dadurch nicht wenig zur völligen Entscheidung der Schlacht bei. Schon seit zehn Uhr Morgens hatte Napoleon unter dem Schutze des Bertrand'schen Corps, welches gegen die Saale gerückt war, Wagen und Gepäck sich zurückziehen lassen, und die gewaltigen Kraftanstrengungen gegen die übermächtigen Gegner sollten nur dazu dienen, den Rückzug zu decken. Nach Mitternacht begann der auf Napoleon's Befehl angeordnete Rückzug des franz. Heers, welcher durch die engen Passagen auf dem Wege nach Lindenau, wo mehre Brücken über Arme der Pleiße und Elster führen, öfters gehemmt wurde. Die Polen, Badener und Darmstädter sollten zur Deckung des Rückzugs Leipzig, welches in der Eile, so gut es ging, befestigt worden war, so lange als möglich gegen die Verbündeten halten. Um acht Uhr Morgens begann der Angriff der Verbündeten gegen die Stadt. Das Getümmel [⇐726][727⇒] gegen das nach Lindenau führende ranstädter Thor wurde immer wilder und ungeordneter; um zehn Uhr verließ Napoleon die Stadt und konnte sich nur mit Mühe nebst seinem Gefolge durch die Flüchtenden drängen. Um halb zwölf Uhr kamen die ersten Preußen in die Stadt, während die Franzosen noch immer in wilder Angst durch das ranstädter Thor sich drängten. Da wurde durch eine Übereilung die Brücke über die Elster, dicht am genannten Thore, zu zeitig in die Luft gesprengt und dadurch den noch in der Stadt sich aufhaltenden Kriegern der einzige Ausweg der Flucht abgeschnitten. Viele suchten sich durch den nicht breiten, aber tiefen und mit hohen Ufern versehenen Fluß zu retten, aber sie kamen fast alle in demselben um, unter ihnen auch der edle polnische Fürst Poniatowski, welcher mit so großer Tapferkeit gekämpft hatte. Über 15,000 Soldaten, darunter die Generale Reynier, Bertrand und Lauriston, mußten sich als Kriegsgefangene ergeben, desgleichen 25,000 Verwundete und Kranke, und über 300 Kanonen nebst zahllosem Gepäck waren im Ganzen in die Hände der Verbündeten gefallen. Überhaupt sollen die Franzosen an 60,000 M. in den drei Tagen eingebüßt haben, während die Verbündeten 45,000 M. verloren, nämlich 8000 Östreicher, 21,740 Russen, 14,950 Preußen und 300 Schweden. Mittags hielten der russ. Kaiser, Alexander, und der preuß. König, Friedrich Wilhelm III., ihren Einzug in Leipzig, und wenige Stunden nachher traf auch der östreich. Kaiser, Franz I., in der Stadt ein. Die Befreiung Deutschlands von der franz. Obermacht war die Frucht dieses Sieges, obgleich noch harte Kämpfe zur Befestigung dieser Freiheit nöthig wurden.

Die Stadt Leipzig soll aus einem kleinen slaw. Dorfe entstanden sein, welches in dem Winkel lag, der durch die Parthe und durch die sie aufnehmende Pleiße gebildet wird. Lip oder Lipa heißt in der slaw. Sprache eine Linde und so erhielt jener Ort den Namen von den in seiner Nähe stehenden Linden. Erst im 12. Jahrh. wird Leipzigs als einer Stadt mit Mauern und Gräben von 5–6000 Einw. gedacht, und Markgraf Otto der Reiche ertheilte ihr auch das Recht, zu Ostern und Michaelis Märkte zu halten. Im J. 1218 wurden vom Markgrafen Dietrich drei Schlösser angelegt, um die unruhigen Bürger Leipzigs im Zaum zu halten, und von diesen steht, wiewol in veränderter Gestalt, jetzt noch die Pleißenburg. Der Neujahrsmarkt wurde zuerst 1458 ausgeschrieben und 1466 bestätigt, worauf 1507 alle drei Märkte als öffentliche Messen vom Kaiser anerkannt wurden. Im J. 1519 hielten Luther, Eck und Karlstadt ihr berühmtes Colloquium zu Leipzig. Durch den dreißigjährigen Krieg büßte die Stadt ihren frühern Reichthum ein, doch hob sie sich wieder in der darauf folgenden Friedenszeit. Nach dem siebenjährigen Kriege wurden die Festungswerke abgetragen, und an ihre Stelle traten allmälig, wie der Wohlstand der Stadt zunahm, schöne Gartenanlagen; auch wurden die Vorstädte immer ansehnlicher und schöner, und nachdem die Stadt auch den franz. Krieg und dessen sie hart treffende Drangsale überwunden hat, ist sie in fortwährendem [⇐727][728⇒] Steigen geblieben. Der Zollverband Sachsens mit Preußen hat dazu beigetragen, Leipzigs Flor zu fördern, wie man schon daraus sieht, daß seit dem Eintritte desselben sich ganz neue Stadttheile zu bilden angefangen haben. Es steht zu erwarten, daß die nun fast vollendete Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden, wie für das ganze sächsische Land, so namentlich auch für Leipzig segenbringend sein wird.

Die innere Stadt Leipzig ist von geringem Umfange; man kann in drei Viertelstunden bequem auf der Promenade, welche sie wie ein Kranz umschließt, um sie herumgehen. Desto ausgedehnter sind zum Theil die Vorstädte, welche vor den vier innern Hauptthoren, dem grimmaischen, dem hallischen, dem ranstädter und dem Petersthore, liegen. Diese innern Thore sind bis auf das zuletzt genannte abgetragen worden. Man zählt in Leipzig über 45,000 Einw. Seit einer Reihe von Jahren ist für Verschönerung der Stadt außerordentlich viel geschehen. Nicht nur hat man noch immer an Vervollkommnung der Promenaden gearbeitet, ist noch bemüht, das an der Stadt liegende Rosenthal, eine schöne Eichen- und Buchenwaldung, in einen herrlichen Park umzuwandeln und hat die Gasbeleuchtung der ganzen Stadt zu Stande gebracht, sondern man hat namentlich auch durch Aufführung ausgezeichneter öffentlicher und Privatgebäude die Stadt vervollkommnet. Auf diese Weise sind vor dem grimmaischen Thore neue ausgedehnte Stadttheile im Entstehen begriffen, und besonders vor dem ehemaligen innern grimmaischen Thore ist ein Platz entstanden, der einst einer der schönsten werden kann, die eine Stadt Deutschlands aufzuzeigen vermag. An diesem Platze liegen das großartige, umstehend abgebildete neue Postgebäude, das Universitätsgebäude, die stattlich aufgezierte Paulinerkirche, das großartige Bürgerschulgebäude und mehre ansehnliche Privatgebäude, während rechts und links an den Platz die Promenaden sich anschließen. Andere bedeutende Gebäude der Stadt sind die Nikolaikirche, die Thomaskirche, das 1599 erbaute, unten abgebildete Rathhaus, die Buchhändlerbörse, das Gewandhaus, das Theater. – Als Hauptstadt des Kreises ist Leipzig der Sitz der Kreisdirection, sowie eines Appellationsgerichts. Die wichtigste wissenschaftliche Anstalt Leipzigs ist die Universität, welche 1409 gegründet wurde, als in Folge der Streitigkeiten auf der Universität Prag viele Lehrer und Studirende von da ausgewandert und nach Leipzig gekommen waren. Kurfürst Friedrich der Streitbare und sein Bruder Wilhelm stifteten die Universität und Papst Alexander VI. bestätigte sie 1409. Andere wissenschaftliche Anstalten sind das klinische Institut, welches mit dem Jakobshospitale in Verbindung steht, die mit dem Trier'schen Institut in Verbindung stehende Entbindungsschule, die Heilanstalt für arme Augenkranke, die Sternwarte, mehre gelehrte Gesellschaften, zwei Gymnasien (die Thomasschule und die Nikolaischule), die Handelslehranstalt, die Bürgerschule u.s.w. Die 1764 errichtete Akademie der bildenden Künste, das sogenannte große Concert, das stehende Theater sind mit Liebe gepflegte Kunstanstalten. Die [⇐728][729⇒] Rathsbibliothek zählt über 40,000 Bände, mehr als 100,000 aber, sowie 4000 Handschriften, die Universitätsbibliothek. Ganz besonders erwähnt muß noch werden die fürstl. Jablonowski'sche Gesellschaft der Wissenschaften, welche 1774 von Joseph Alexander von Jablonowski, Reichsfürsten von Jablonow, gest. 1777, gestiftet wurde, und nach einer durch den Krieg herbeigeführten Unterbrechung 1828 wieder jährliche Preisfragen stellt. – Der leipziger Handel wird besonders durch die drei schon erwähnten Messen, von denen die zu Ostern und Michaelis die bedeutendsten sind, gefördert und ist der wichtigste Erwerbszweig der Einwohner. Er ist im Allgemeinen jetzt minder bedeutend als früher, hat sich jedoch seit dem Anschlusse Sachsens an den von Preußen ausgegangenen Zollverband gehoben. An Wichtigkeit hat in neuester Zeit der Wollhandel gewonnen, indem die Wollmärkte stärker besucht worden sind. Auch die in Leipzig seit 1838 begründete Bank, sowie die der Vollendung nahe Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden werden sicher zur Befestigung und Förderung des Handels in Leipzig beitragen. Ebenso ist der leipziger Buchhandel durch die neue Börse befestigt worden. Leipzig ist insofern der Mittelpunkt des gesammten deutschen Buchhandels, als nicht allein hier die meisten Verlagsbuchhandlungen sind, sondern auch jeder deutsche Buchhändler in Leipzig seinen Commissionnair hat, durch welchen er seine eignen Verlagswerke versendet und die in andern Buchhandlungen erschienenen Werke bezieht. Auch die Buchdruckerei ist ein wichtiger Erwerbszweig Leipzigs, indem man rechnet, daß hier jährlich über 40 Mill. Bogen gedruckt werden. Das Fabrikwesen ist im Verhältniß gegen den Handel nicht eben bedeutend, doch gibt es ansehnliche Wachstuch-, Tabacks-, Spielkartenfabriken und auch die Wollspinnerei, die Gold- und Silberspinnerei u.s.w. beschäftigen eine bedeutende Anzahl von Menschen. [⇐729]

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 725-729.
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[324⇒] Leipzig. Keine Stadt der Paläste und Denkmäler, nicht wie London der Aufenthalt von mehr als einer Million Menschen, nicht wie Dresden oder Wien ausgezeichnet durch eine romantische Umgegend, an keinem schiffbaren Strome oder Canale gelegen, nicht durch die Laune eines mächtigen Regenten der Mittelpunkt eines gewaltigen Reiches, eines prunkenden Hofstaates, der Intelligenz und der Gesammtinteressen eines Volkes, wie z. B. Petersburg – und dennoch eine Stadt von europäischer Bedeutung! Hier wurden riesige Schlachten geschlagen, hier concentrirte sich zuerst, in Folge der Messen, der deutsche Binnenhandel, hier entstand frühzeitig, nach den Prager Zerwürfnissen mit Huß, eine Universität, hier durchkreuzen sich die Straßen des nördlichen und südlichen Deutschlands, hier fanden die deutschen Eisenbahnen mit zuerst lebhafte Unterstützung, auch wird bald die erste größere deutsche in's Leben treten, und hier hat sich, unterstützt durch Privilegien, Lage, Gewerbthätigkeit und Volkssinn, ein Zustand der Intelligenz, Speculation, Betriebsamkeit und geistigen Wirksamkeit gebildet, wie in wenig andern Städten unter ähnlichen Verhältnissen. So ist Leipzig, die zweite Stadt des Königreichs Sachsen, Dresdens Nebenbuhlerin geworden. Nicht so reich als dieses an Kunstschätzen und Naturreizen, excellirt es durch finanzielle Kräfte und eine merkantilische Energie, die für das ganze Land von größtem Vortheile [⇐324][325⇒] und segenbringender Wirkung ist. Es leben in L. nicht viel Besitzer von Millionen, aber viele Wohlhabende, ja man kann sagen, ein gewisses Wohlbehagen ist über alle Stände verbreitet, und darum fast nirgends schreiende Armuth vorhanden. Für diese sorgt mit der dankenswerthesten Bestrebung die trefflich organisirte Armendirection, sowie der Frauen-Hilfsverein, an dessen Spitze die ersten Damen der Stadt stehen. Die Universität ist noch immer eine der blühendsten Deutschlands; für Wissenschaft und Kunst herrscht ein großer Eifer, die Menge der öffentlichen und Privatanstalten zu ihrer Förderung setzen bei nur 45,000 Ew. in Erstaunen. Wir erwähnen hier nur 2 große öffentliche Bibliotheken, die Sternwarte, eine Zeichnenakademie, den Kunst- und Gewerbsverein, die naturforschende, die deutsche und die polytechnische Gesellschaft, die Handelslehranstalt, die Bank für Lebensversicherung etc. Von den Anstalten für Leidende und Arme dürfen die Entbindungsanstalt, 2 Spitäler, die Ritterich 'sche Augenheilanstalt, das homöopathische Krankenhaus, das Georgenhaus (ein Waisenhaus und mehrere wohlthätige Anstalten in sich fassend), das Leihhaus nebst Sparkasse etc. nicht übergangen werden. Die Vorliebe für Musik ist allgemein. Wenn auch das Theater nur mäßigen Ansprüchen genügt, so übertrifft doch das sogenannte große Concert durch seine großartigen Leistungen die meisten derartigen Institute. Leipzigs Handel und seine 3 Messen sind weltberühmt, die Fabriken in Tabak, musikal. Instrumenten, Spielkarten etc. nicht unbedeutend. Es glänzt als Mittelpunkt des deutschen Buchhandels, man zählt 120 Buchhandlungen, 25 Buch-, 8 Stein- und 17 Kupferdruckereien. Zahllose gesellige Vereine wirken für die Unterhaltung, der Ton der Gesellschaften ist heiter und ungezwungen und wird durch keine schroffen Standesunterschiede gestört. Der lebhafte Verkehr in den beiden Hauptmessen, wo die Anzahl der Bewohner oft auf 70–75,000 steigt, mag das Seinige zu dieser Ausgleichung der Verhältnisse beitragen. Die Stadt hat viele schöne Gebäude, z. B die [⇐325] [326⇒] Börse, das herrlich ausgemalte Härtel 'sche Haus, das Café français, die Buchhändler-Börse, die Bürgerschule, das Augusteum (Universitätsgebäude); unter den ältern sind die Nikolai- und Thomaskirche, das Gewandhaus, das Düfour- und Schwägrichen'sche Haus, Auerbachs-, Hohenthals-, Kochs- etc. Hof zu nennen. Reichel's, Keil's, Reimer's und Gerhard's Garten, letzterer mit Poniatowsky's Denkmal, werden von allen Fremden bewundert. – Für die Umgebungen hat die Kunst Viel gethan. Die reizenden Promenaden, nach Art des Wiener Glacis auf den frühern Festungswerken angelegt, umgürten, ein grünender Kranz, die eigentliche Stadt und trennen diese von den wohlgebauten Vorstädten, welche von Jahr zu Jahr erweitert werden. Das freundliche Rosenthal mit seinen im Gebüsch versteckten Restaurationen ist im Sommer der Versammlungsplatz der Leipziger schönen Welt. – Die Frauen sind meist hübsch, selten schön, aber heiter und gewandt in der Conversation, eben so weit entfernt von Koketterie wie von Prüderie. Man bemerkt mehr niedliche und interessante, als hohe und imposante Gestalten. Die Gesichtsbildung ist oft edel, die Carnation frisch und lebhaft. In der Toilette besitzen sie viel Geschmack und übertreffen darin viele ihrer Mitschwestern. Eine Versammlung Leipziger Mädchen, z. B. im großen Concerte, bildet einen reichen Blüthenflor und gewährt den lieblichsten Anblick. Vergnügungs- und Putzsucht wird ihnen freilich vorgeworfen, aber beides ist in einer Stadt von so allgemeinem Wohlstande und lebhaftem Fremdenverkehr zu entschuldigen, wird hier sogar bedingt. Um die schöne Literatur bekümmern sie sich allerdings weniger, als um Bälle und glänzende Soireen, viel weniger als die Frauen Berlins etc.; aber es finden sich auch selten Ueberbildete unter ihnen und die wahre Weiblichkeit und Häuslichkeit ist ihnen mit wenigen Ausnahmen doch nicht abzusprechen.

–n. [⇐326]

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 324-326.
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[380⇒] Leipzig, eine der wichtigsten Deutschen Handelsstädte und Universitäten, in Chursachsen, und zwar im Leipziger Kreise, in einer schönen Ebene an der Pleiße gelegen. Bis zu Anfang des 16. Jahrhunderts führte sie von den Sorben-Wenden, einer Slavischen Nation, welche zuerst das Land zwischen der Elbe und Saale anbauten, den Slavischen Namen Lipzk, welcher einen Lindenhain bezeichnet; auch sind noch jetzt zwischen der Stadt und Vorstadt die schönsten Linden-Alleen. Im 15. Jahrhunderte wurde Leipzig, welches an sich keine günstige Lage zum Handel hat, durch ein Zusammentreffen [⇐380][381⇒] mehrerer günstiger Umstände eine Handelsstadt (seit 1337 war es schon eine Handels-Niederlage), und nahm in einer directen Verbindung mit Augsburg und Nürnberg an Venedigs unermeßlichen Geschäften Antheil; der innere Handel, welcher gegenwärtig so hoch gestiegen ist, konnte jedoch damahls nur schwach sein. Gegenwärtig kann der jährliche Meßhandel von Leipzig, wo drei Messen gehalten werden, unter denen die Oster- und Michaelismesse die wichtigsten sind, nach Hungarʼs (s. dessen Denkwürdigkeiten zur Finanz Geschichte von Sachsen) Berechnung auf die runde Summe von 18 Millionen Thaler angeschlagen werden. Ein Hauptzweig des Leipziger Handels ist der Buchhandel, der sich fast ganz hier concentrirt. Zwar stehen die Manufacturen in Leipzig nicht im Verhältniß mit der Größe des dasigen Handels, doch giebt es mehrere Fabriken von Bedeutung daselbst. Man verfertigt hier Sammt, seidne und halbseidne Waren, Spielkarten, Tapeten, Leder, Tobak, Wachs-Leinewand, Stickereien u. s. f. – Die i. J. 1409 von Friedrich dem Streitbaren, auf Veranlassung der Unruhen auf der Universität zu Prag, gestiftete Akademie behauptet bis jetzt den Ruf einer der ersten Akademien in Deutschland. Man hat der Leipziger Universität den Vorwurf gemacht, daß es daselbst zu viel Zerstreuungen und Vergnügen gebe: allein auf der einen Seite hat Kästner, welcher aus Leipzig ist, und gegen den man einst das nehmliche äußerte, denselben vortrefflich durch die Worte beantwortet: »on y en peut avoir, man kann deren daselbst haben;« auf der andern trägt eben dieses, so wie überhaupt die große Menge gebildeter Leute, mit denen der Student in Verbindung kommt, dazu bei, seine Sitten zu bilden und ihn vor dem Egoism und der Einseitigkeit zu bewahren, wozu er auf andern Universitäten, wo er isolirt ist, leicht verleitet werden kann. – Die Zahl der Einwohner belief sich i. J. 1789 (nach Hungar a. a. D.) auf 28,250; jetzt beläuft sie sich höher, und nach der neuesten Schrift über Leipzig (Geschichte und Beschreibung von Leipzig für Fremde und Reisende) war im Oct. 1795 die Volksmenge 31,152. Hierbei ist bemerkenswerth, daß Leipzig nicht nur unter den Sächsischen Städten, sondern nach den Süßemilchischen Tabellen auch gegen andre große Städte [⇐381][382⇒] Europens die größte Mortalität hat. Eine Hauptursache hiervon ist ohne Zweifel die auf einem so kleinen Raum (denn Leipzig ist nichts weniger als groß) zusammengedrängte Menschenzahl, die überdieß in den beiden Messen ungeheuer vermehrt wird; in dieser Rücksicht wäre es vielleicht gut, nach und nach eine Art von Neustadt anzulegen. Eine andere mit der ersten zum Theil zusammenhängende Ursache, die ungesunde Lage, ist seit mehrern Jahren durch die vortrefflichen Englischen Anlagen sehr vermindert worden, welche, so wie mehrere Verschönerungen und Verbesserungen, Leipzig dem dasigen Bürgermeister, dem H. G. K. R. Müller verdankt, und wodurch die Luft ungemein verbessert worden ist. Uebrigens zeichnet sich Leipzig vor vielen volkreichen Städten durch eine gewisse unverkennbare Wohlhabenheit aus, die sich über alle Stände verbreitet, wozu außer der eignen Industrie der Einwohner vorzüglich der Handel und die Messen beitragen; nur den Leipziger Armen würde der Verfasser Hamburgs Armenanstalten wünschen, welche sich von den gewöhnlichen Anstalten dieser Art dadurch unterscheiden, daß diese die Armen zwar zu Tode füttern, jene hingegen unmittelbar auf die Vertilgung des Armuths und die Veredlung der Armen zu thätigen Menschen hinarbeiten. – Unter Leipzigs gemeinnützigen Anstalten zeichne ich hier bloß die Zeichnungs-, Mahlerei- und Architectur-Akademie (an deren Spitze der berühmte Oeser steht, der sich noch unlängst durch seine Gemählde in der neuerbauten Nicolaikirche verewigt hat), das Taubstummen-Institut (in welchem, nach Heinickens Tode, jetzt Herr A. F. Petschke Unterricht ertheilt), die unlängst errichtete Bürgerschule und Sternwarte, und das ebenfalls vor kurzen etablirte Museum des Herrn Beigang aus, wo man alle Deutsche und ausländische Zeitungen und Journale, nebst einer sehr beträchtlichen Bibliothek zum Gebrauch findet; schade, daß das schöne Winklersche Gemählde-Cabinet jetzt einzeln verkauft wird! – Auch in der Nähe von Leipzig giebt es viele angenehme Oerter und Sehenswürdigkeiten; von den erstern führe ich hier nur den Englischen Garten in Machern, und von den letztern das durch Tillyʼs Niederlage berühmte Schlachtfeld bei Breitenfeld [⇐382][383⇒] und das Schlachtfeld bei Lützen (s. Gustav Adolph) an. [⇐383]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 380-383.
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[555⇒] *Leipzig, dessen Einwohnerzahl jetzt auf 36,000 gesetzt wird, und das allerdings dem für alles Gute und Schöne so thätigen und verdienstvollen, leider aber schon im J. 1801 (28. Febr.) verstorbenen unvergeßlichen Müller (geh. Kriegsrath und ersten Bürgermeister) so viele trefliche gemeinnützige Anstalten verdankt, hat auch den Wunsch, welcher im Art. selbst in Betreff einer Armen-Anstalt ausgesprochen worden, nun im J. 1803 in Erfüllung gehen sehen. Gewiß würde diese Anstalt, deren Beförderung zwar schon jetzt glückliche Fortschritte gemacht, und durch die ansehnlichsten Beiträge und durch beträchtliche Vermächtnisse große Unterstützung erhalten hat, ihrem Endzwecke noch weit näher gekommen sein, wenn nicht die jetzigen Verhältnisse, die so manches Gute unterbrochen haben, auch hier in gewisser Hinsicht ihren wichtigen Einfluß zeigten! – Um den Anschein jeder Lobpreisungen zu vermeiden, darf man, ohne weiteres Wortgepränge, hier wenigstens noch des treflichen Concert- und Ball-Saales (beide mit Gemälden von Oesers Meisterhand geziert) im Gewandhause; der eben daselbst befindlichen sehr schönen und reichlich ausgestatteten Raths, sowohl als im sogenannten Paulinum befindlichen Universitäts-Bibliothek; ferner der vielen neuerlich so schön aufgeführten Gebäude (worunter das jetzige Universitäts-Gebäude einen sehr ausgezeichneten [⇐555][556⇒] Platz behauptet), auch unter den Schulanstalten der so löblichen Freischule (seit 1792 gestiftet); dann des neuerlich, seit 1797 so zweckmäßig eingerichteten Lazareths oder Jakobshospitals, mit welchem zugleich ein klinisches Institut verbunden ist; der durch sogenannte Reverberes vervollkommneten Beleuchtung der Stadt, nicht minder der vielfachen hier befindlichen Manufakturen und Fabriken (unter denen die schon von Alters her so berühmte Breitkopfische, jetzt Breitkopf-Härtelsche, Buch- und Musikhandlung durch die wichtigsten Schriftgießereien, durch Buch-Noten-Kupfer- und Stein-Druck, nicht minder durch eine neuerlich angelegte vorzügliche Instrumenten-Fabrik, ingleichen die Rostische Kunstmanufaktur sich rühmlichst auszeichnen), endlich des physikalischen Magazins des M. Taubers – Erwähnung thun. [⇐556]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 555-556.
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