Artikel in der Wikipedia: Frankfurt am Main
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616. Frankfurt a. Main.
616. Frankfurt a. Main.
Mittleres Westdeutschland I. (Karten)
Mittleres Westdeutschland I. (Karten)

[604⇒] Frankfurt am Main, Stadtkreis im preuß. Reg.-Bez. Wiesbaden [Karte: Mittleres Westdeutschland, 10, bei Rheinprovinz], bis 1866 eine der vier freien Städte des Deutschen Bundes, rechts am Main, (1900) 288.989 (1905: 336.985) E. (88.457 Katholiken, 21.974 Israeliten), Garnison, Oberlandes-, Land-, Amtsgericht, Oberpost-, königl. Eisenbahndirektion, Reichsbankhauptstelle, Handelskammer, Kommando des 18. Armeekorps, Akademie für Sozialwissenschaften, 3 Gymnasien, Mädchengymnasium, 2 Realgymnasien, 1 Oberreal-, 5 Real-, 7 höhere Mädchenschulen, 1 Lehrerinnenseminar, höhere Handelslehranstalt, 2 Konservatorien für Musik. Merkwürdige Gebäude: der Römer (Rathaus) mit dem Kaisersaal, bis 1866 Sitz des Frankfurter Senats, der 852 gestiftete kath. Dom, in dem seit 1562 die deutschen Kaiser gekrönt wurden, die evang. Paulskirche, 1848/49 Sitz der Nationalversammlung, der Thurn und Taxissche Palast in der Eschenheimer Gasse, 1816-66 Sitz des Bundestags, Opernhaus, Börse, Stadtbibliothek (über 200.000 Bde.), Goethes Geburtshaus (Sitz des Freien Deutschen Hochstifts) mit Goethemuseum, Hauptbahnhof, das Städelsche Kunstinstitut in Sachsenhausen, Deutsch-Ordenshaus, Senckenbergsches Stift (naturhistor. Sammlungen), Bethmannscher Antikensaal (Ariadne von Dannecker), Eschenheimer Turm (1428), Mainbrücke (265 m lg.; 1342). Wichtiger Handel, bes. Bankgeschäft, und Industrie [⇐604][605⇒] (Frankfurter Schwarz [s.d.], Wachstuch, Gold-, Silberdraht), 2 Messen, Schiffsverkehr auf dem kanalisierten Main (1886).

Urkundlich zuerst 793 gennant, wurde F. 843 Hauptstadt des Ostfränk. Reichs, nach Beseitigung der kaiserl. Vögte 1220 unmittelbare Reichstadt, 1356 Stadt der deutschen Königswahl, 1372 mit dem kaiserl. Schultheißenamt beliehen, seit 1562 Krönungsstadt der deutschen Kaiser. Nachdem Napoleon I. die reichsstädtische Verfassung 1806 aufgehoben, bildete er 1810 aus F. mit Hanau, Fulda, Wetzlar und Aschaffenburg für den Fürst-Primas des Rheinbundes, Karl von Dalberg, ein Großhzgt. F. (5230 qkm, mit 302.000 E.). 1815 zur Freien Stadt erklärt, war F. seit 1816 Sitz des Deutschen Bundes, 1848-49 der Deutschen Nationalversammlung (s. Deutschland, Geschichte), infolge seiner antipreuß. Haltung 16. Juli 1866 von Preußen besetzt und 18. Okt. 1866 Preußen einverleibt. Durch den Frankfurter Frieden 10. Mai 1871 zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich ward der Deutsch-Franz. Krieg beendigt. – Vgl. Horne (4. Aufl. 1902). [⇐605]

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 604-605.
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[834⇒] Frankfurt am Main (hierzu der Stadtplan mit Register und »Karte der Umgebung von Frankfurt«), ehemals (bis 1866) Freie Stadt, gegenwärtig Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regbez. Wiesbaden, liegt 91 m ü. M. (Pegel an der Alten Brücke), unter 50°7' nördl. Br. und 8°41' östl. L. (demnach Reduktion von Ortszeit auf M. E. Z.: +25m 15s), zu beiden Seiten des Mains, und zwar auf dem rechten Ufer die eigentliche Stadt, auf dem linken der Stadtteil Sachsenhausen.

Wappen von Frankfurt am Main.
Wappen von Frankfurt am Main.

Den Fluß überspannen 7 Brücken, nämlich 4 Fahrbrücken (darunter die Alte Brücke, im 14. Jahrh. erbaut, mit dem Standbild Karls d. Gr. von Wendelstädt), ein Fußgängersteg (eiserner Steg) und 2 Eisenbahnbrücken. Die Altstadt liegt innerhalb der Grenzen einer Stadtbefestigung des 12. Jahrh., die sich durch Straßennamen, die mit dem Worte Graben endigen (vom Wollgraben bis Hirschgraben), kennzeichnen. Die Neustadt von 1333 reicht bis an die Anlagen. Diese sind auf den im 17. Jahrh. vor die alte Stadtmauer gelegten Festungswällen 1806–12 errichtet. Von den Befestigungen des Mittelalters haben sich nur der Eschenheimer Tor-Turm (1400–28 erbaut, 49 m hoch), der Rententurm am Fahrtor (vollendet 1456) und in Sachsenhausen der sogen. Kuhhirtenturm (um 1490) erhalten. 1877 wurde das ehemalige frankfurtische Dorf Bornheim mit etwa 11,000 Einw., 1895 Bockenheim (ehemals kurhessisch) mit 21,000 und 1900 die Vororte Niederrad, Oberrad und Seckbach mit 20,000 Seelen der Stadt einverleibt. Die Entwässerung erfolgt durch Schwemmsystem (1867 von Lindley eingeführt) mit Klärbeckenanlage. Trink- und Nutzwasser liefern die 1869–73 von P. Schmick erbaute Quellwasserleitung aus Vogelsberg und Spessart (seit 1876 städtisch), die Waldwasserleitung (seit 1885 von Lindley) und die Bockenheimer Leitung, während eine Mainwasserleitung die Hydranten für Feuerlöschzwecke und Straßenbesprengung speist. Der Wasserverbrauch ist auf jährlich 16,4 Mill. cbm gestiegen.

[Straßen, Plätze, Denkmäler.] Die Zahl der bebauten Straßen und Plätze beträgt annähernd 900. Die Altstadt, durch neue, breite Straßen mehrfach durchbrochen, besitzt noch zahlreiche enge Gassen und vorherrschend Fachwerkbauten und ist vornehmlich Sitz des Handwerks und des Kleinverkehrs. Die Neustadt ist der Hauptsitz des Geldmarktes, der Luxusgeschäfte und des Fremdenverkehrs. Ihre Hauptverkehrsadern sind die Linien Zeit-Roßmarkt-Kaiserstraße und Steinweg-Goethestraße; die Kaiserstraße, mit ihren imposanten Bauten die Hauptstraße des neuen, seit 1872 entstandenen Stadtteils, führt zum neuen Hauptbahnhof. Die bedeutendsten Plätze der Altstadt sind: der Römerberg, dessen Springbrunnen (mit einer Justitia) 1887 wiederhergestellt ist, der Paulsplatz (hinter dem Römer) mit Einheitsdenkmal (1903) und der Liebfrauenberg mit Brunnen. Die Neustadt weist außer dem Roßmarkt (mit dem Gutenbergdenkmal von E. v. d. Launitz, 1858 vollendet) und dem anliegenden Goetheplatz (mit Schwanthalers Goethestatue von 1844) noch den Schillerplatz (mit Statue von Joh. Dielmann, modelliert 1863), den Kaiserplatz (mit Granitschale, Geschenk des Barons von Erlanger), Theaterplatz, Börsenplatz und Opernplatz (mit Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. von Buscher 1896) auf. Von den mit Vorgärten besetzten Straßen der Außenstadt sind die Bockenheimer Landstraße und ihre Seitenstraßen die bemerkenswertesten. Im westlichen Sachsenhausen ist ein vornehmes Villenviertel entstanden, ebenso an der Holzhausenstraße im Nordend. Die Anlagen sind mit einer Anzahl Weiher und Springbrunnen und einigen Denkmälern berühmter Frankfurter (Guiollett 1837, Senckenberg 1864, Bethmann 1868, Börne 1877, Kirchner 1879, Rinz 1893, Schopenhauer 1895, Sömmerring 1897) geziert. Am Friedberger Tor befindet sich das sogen. Hessendenkmal, vom König Friedrich Wilhelm II. von Preußen den beim Sturm auf das von Franzosen besetzte F. 1792 gefallenen hessischen Truppen errichtet. In dem benachbarten v. Bethmannschen Museum befinden sich die berühmte Danneckersche Ariadne auf Naxos in Marmor und sehenswerte Gipsabgüsse. Den Platz vor dem zoologischen Garten schmückt ein monumentaler Schützenbrunnen, 1894 zur Erinnerung an das 1. und 9. deutsche Bundesschießen von Eckhardt errichtet. 1895 wurde ein Stoltzedenkmal auf dem Hühnermarkt enthüllt. Denkmäler für die 1870/71 gefallenen Frankfurter Krieger stehen auf dem parkartigen ehemaligen Peterskirchhof (in der Stadt), außerdem auf dem Friedhof in Sachsenhausen und in Bornheim. Hervorragende Denkmäler birgt der neue Frankfurter christliche Friedhof (im Nordend), so in den Familiengrüften in den östlichen Arkaden (v. Bethmann; Reliefs von Pradier und Thorwaldsen) und in dem kurfürstlich hessischen Mausoleum. An den christlichen Friedhof grenzt östlich der jüdische an mit einem von [⇐834][835⇒] v. d. Launitz in Marmor ausgeführten Sarkophag des Barons Karl Mayer v. Rothschild. Vor dem Untermainkai liegt, vor Nordwinden geschützt, die reizende, wegen ihrer südlichen Flora Nizza benannte Promenade. Die alten interessanten Häuser der Judengasse (jetzt Börnestraße) sind bis auf das restaurierte und in die neue Straßenflucht eingerückte Stammhaus der Familie Rothschild verschwunden.

[Gebäude.] F. zählt 9 katholische, 16 lutherische, 2 reformierte Kirchen und 5 Synagogen. Außerdem sind Bethäuser der deutschkatholischen (freireligiösen) Gemeinde, der Altlutheraner, der Methodisten, der Baptisten und der Bekenner der englischen Kirche vorhanden. Unter den katholischen Kirchen sind bemerkenswert: der Dom, die ehemalige Wahl- und seit 1562 Krönungskirche der deutschen Kaiser, ursprünglich (852) eine Stiftung Kaiser Ludwigs des Deutschen, hieß später Salvatorkirche, wurde 1235–1239 neu aufgebaut und dem heil. Bartholomäus geweiht. Es ist ein gotischer Bau mit weit vorspringendem Querschiff (1346–54), einem Langhause, Chor (1315–38), Kreuzgang (1348–1477), Wahlkapelle (1355) und Scheidskapelle (1487). Der Pfarrturm wurde 1415 begonnen, aber erst nach dem Dombrand vom 15. Aug. 1867 durch Denzinger nach dem Plane des Turmmeisters Hans v. Ingelheim (Ende des 15. Jahrh.) vollendet. Die innere Ausschmückung ist nach Entwürfen von E. v. Steinle und A. Linnemann ausgeführt. Neben der Wahlkapelle liegt das Grabmal König Günthers von Schwarzburg (1349). Bemerkenswert ist ein Tabernakel aus dem 14. Jahrh. und eine Grablegung Christi nach van Dyck; auf dem Domfriedhof Kreuzigungsgruppe, 1509 von Jak. Heller gestiftet. In den letzten Jahren wurde der Dom freigelegt. Die Leonhardskirche, ursprünglich eine dreischiffige Basilika, jetzt eine fünfschiffige Hallenkirche mit zwei romanischen Türmen, zwei innern Portalen und schönem Gurtwerk an der Decke, ist von 1219 ab erbaut, seit 1317 mit einem Kollegiatstift verbunden; der spätgotische Chor ist 1317 erbaut. Lange als Vorratsmagazin benutzt, wurde sie 1808 bis 1811 und 1882 wiederhergestellt. Die Liebfrauenkirche, eine dreischiffige Hallenkirche, wird zuerst 1314 erwähnt (Kollegiatstift). Das Langhaus wurde 1340 geweiht, der spätgotische Chor 1506–09, der Turm 1770 errichtet; sie hat ein bemerkenswertes Südportal und schöne Chorstühle. Die hochgotische Deutschordenskirche, in ihrer ursprünglichen Gestalt aus dem 14. Jahrh., steht neben dem 1709 neu erbauten Deutschordenshaus in Sachsenhausen, mit schmuckloser Fassade (von 1750), aber schönen, neu restaurierten Wandgemälden. Die Antoniuskirche, 1897–1900 von Menken erbaut, ist eine dreischiffige Basilika in edler Frühgotik. Das ehemalige Dominikanerkloster und-Kirche sowie das Karmeliterkloster und-Kirche werden zu profanen Zwecken benutzt, erstere als Stadthalle für öffentliche Versammlungen. Von den protestantischen Kirchen ist die Nikolaikirche die älteste. 1264 zuerst erwähnt, diente sie im 15. Jahrh. als Ratskirche, wurde dann 11/2 Jahrh. als Warenspeicher, 1721 als Garnisonkirche benutzt. Der bei dem Umbau von 1842–47 aufgesetzte gußeiserne Helm mußte 1901 wieder abgenommen werden. Die Weißfrauenkirche, aus dem 15. Jahrh., ist spätgotisch (mit zahlreichen Wappen). Die Katharinenkirche, 1678–81 von Melchior Heßler erbaut, ist eine Saalkirche mit schöner Empore, Bildern und Glasmalereien (nach Steinle und Linnemann) und Marmorkanzel. Die Paulskirche, 1789–1833 als Rundkirche erbaut, war 1848–49 Sitz des deutschen Parlaments, worauf die beiden Bronzegedenktafeln (1898 von Krüger) am Haupteingang hinweisen. Die Dreikönigskirche in Sachsenhausen wurde 1875 bis 1880 von Denzinger als dreischiffige gotische Hallenkirche erbaut, die Christuskirche, 1883 von v. Kauffmann, die Lutherkirche, 1889–93 von Neher und v. Kauffmann, und die Neue Peterskirche, 1892–95 von Grisebach und Dinklage in norddeutscher Renaissance des Reformationszeitalters erbaut (farbenprächtige Fenster von Linnemann).

Unter den mittelalterlichen Profanbauten verdient der Römer den ersten Platz. 1322 zuerst erwähnt, wurde er 1405 mit dem Goldenen Schwan am Paulsplatz angekauft und als Rathaus eingerichtet, seitdem mehrfach umgebaut und allmählich zu einem großen unregelmäßigen Gebäudekomplex erweitert. 1896–98 wurde die Römerfassade nach Meckels Entwurf in prächtiger Spätgotik erneuert. Den Kaisersaal schmückten die lebensgroßen Ölbilder sämtlicher deutschen Kaiser, 1838–51 von Veit, Lessing, Rethel, v. Steinle u. a. gemalt; Marmorstandbild Kaiser Wilhelms I. von Kaupert (1892). Daneben liegt das Magistratszimmer, ehemals Wahlzimmer der Kurfürsten. Im Anschluß an den Römer sind 1900–03 die neuen Verwaltungsgebäude von v. Hoven und Neher errichtet; Südbau mit hohem Turm, Festsaal und Ratskeller in deutscher Renaissance, der mit ihm durch eine Überbrückung verbundene kleinere Nordbau in Barock. Vom Saalhof, der an der Stelle des von Kaiser Ludwig dem Frommen 822 erbauten Palastes errichtet ist, stammt aus der Karolingerzeit noch der Unterbau der vom Main aus sichtbaren Kapelle (ältestes Gebäude der Stadt), ihr Hauptbau aus dem Ende des 12. Jahrh. Der vordere Teil an der Saalgasse ist 1604, der südliche Hauptflügel mit den beiden Giebeln 1715–17 erbaut, daran angelehnt der oben erwähnte Rententurm. An weitern Bauten des 15. Jahrh. sind erhalten: das Leinwandhaus, früher Haus der Leinwandhändler, jetzt als städtisches historisches Museum ausgebaut, das Haus Fürsteneck in seiner Nähe (das prachtvolle Zimmergetäfel im ersten Stockwerke [1615] befindet sich jetzt im Kunstgewerbemuseum) und das Steinerne Haus von 1464 am Markt, in gotischem Stile (s. Tafel »Wohnhaus I«, Fig. 2), jetzt im Besitze der Stadt und im Umbau. Die bürgerliche Architektur des 16. und 17. Jahrh. wird repräsentiert durch das Salzhaus (im Römerviertel) und das gegenüberliegende Haus zum Engel (von 1562), beide mit schönen Holzschnitzereien, das Haus Frauenstein mit Wandmalereien, die Goldene Wage, von der Stadt gekauft, 1899 umgebaut (beachtenswerte Fassade); als Beispiel einer Hofeinrichtung dient der Rebstock in der Kruggasse. Als interessante Bauten aus dem 18. Jahrh. stellen sich dar: das Thurn und Taxissche Palais in der Eschenheimer Gasse, nach Entwürfen de Cottes 1732–41 von Hauberat erbaut, von 1816 bis 1866 Sitz des deutschen Bundestags, und die beiden reformierten Kirchen. Vor allem ist hier das Geburtshaus Goethes (Großer Hirschgraben) zu nennen, Eigentum des Freien deutschen Hochstifts, im Innern möglichst getreu wiederhergestellt, seit 1897 mit einem Goethemuseum verbunden.

Von den modernen öffentlichen Bauten sind die hauptsächlichsten: die Stadtbibliothek (1820–25 erbaut, 1891–93 erweitert und umgebaut, mit Säulenportal und Vorhalle; Goethestatue in Marmor von Marchesi, Deckengemälde von Kirchbach, Standbilder und Büsten berühmter Frankfurter; 300,000 Bände, [⇐835][836⇒] und städtische Münzsammlung von 20,000 Stück); der Saalbau mit Fest- und Konzertsälen von H. Burnitz, 1861 eröffnet; die Restaurationsgebäude des zoologischen und Palmengartens, ersteres nach Plänen von Kayser und Durm, letzteres nach dem Brande von 1878 von Schmidt wiederhergestellt; das Aktienhotel zum Frankfurter Hof (von Mylius und Bluntschli, 1876 eröffnet); das Stadtarchiv (hinter dem Dom), in gotischem Stil von Denzinger erbaut, 1878 bezogen; das Städelsche Kunstinstitut in Sachsenhausen, 1878 von O. Sommer erbaut; die neue Börse von H. Burnitz, mit großem Börsensaal und reichem Fassadenschmuck, 1879 eröffnet; das Opernhaus, Prachtbau in italienischer Renaissance, 1873 bis 1880 nach Plänen von Lucae (gest. 1877) erbaut; das Schauspielhaus 1899–1902 nach Seelings Plänen in moderner Renaissance. Von den zahlreichen Schulgebäuden der neuesten Zeit sind hervorzuheben das Goethegymnasium (1897 von Frobenius), das Lessinggymnasium (1902 von Schmidt), die Sachsenhäuser Realschule (1900) und die Musterschule (1901). Andre Neubauten sind: die Markthalle, 1877 und 1878 in Glas und Eisen erbaut; der Schlacht- und Viehhof, 1882–85 errichtet, 1896–1902 bedeutend erweitert (Flächenraum 111/2 Hektar), das städtische Krankenhaus am Sandhof, das Polizeipräsidium und Polizeigefängnis, der Justizpalast und der 1887 eröffnete Hauptbahnhof, einer der größten und schönsten der Welt (vgl. Tafel »Bahnhöfe I«, Fig. 2; Tafel II, Fig. 1, und Tafel »Eisenbau II«, Fig. 1); die kaiserliche Oberpostdirektion, 1891–95 erbaut, im Posthof Denkmal Kaiser Wilhelms I. von Krüger (1895), das städtische Elektrizitätswerk (1893 bis 1894), das städtische Schwimmbad, 1894–96 von Wolff; der Hippodrom (1897–98), größte Reitbahn in Deutschland, auch zu Konzertzwecken verwendet; außerdem mehrere Monumentalbauten für Banken, Versicherungsgesellschaften, den Großhandel und Hotels, meist im Renaissance- und Barockstil.

[Bevölkerung, Erwerbszweige etc.] Die Bevölkerung von F., das 1800 etwa 40,000 Seelen zählte, war 1867 auf 78,000,1885 auf 154,441,1890 auf 180,020,1895 auf 229,279 angewachsen. Die Volkszählung 1900 ergab eine ortsanwesende Bevölkerung von 288,989 Personen; von derselben waren 60,9 Proz. Protestanten, 30,6 Katholiken, 7,6 Israeliten, 0,9 Proz. andern Bekenntnisses. Am 1. Jan. 1904 wurde die Bevölkerung auf 312,000 Seelen berechnet.

Die Gewerbtätigkeit in F. ist sehr lebhaft und vielseitig. Mit Glück und Energie hat es F. verstanden, den Rückgang des Börsengeschäftes durch Entwickelung der Großindustrie auszugleichen. Bedeutenden Einfluß auf diese Entwickelung hatte die elektrische Ausstellung von 1891. In erster Linie stehen die Werke der elektrischen Industrie, Maschinen- und Metallwarenfabriken und chemische Fabriken. Die Schuhindustrie ist durch zahlreiche Fabrikbetriebe vertreten. Neben ihnen nehmen Fabriken für Schmirgel, Asbest und Toiletteseifen, Baugeschäfte, Metallgießereien, Strohhutfabriken und Haarschneidereien, die photographischen Gewerbe, Stein- und Kupferdruckereien, Schriftgießereien und eine kartographische Anstalt eine hervorragende Stellung in der deutschen Industrie ein. Die Jahresproduktion der 13 Bierbrauereien belief sich 1902 auf 973,302 hl.

Handel und Verkehr. F. ist Knotenpunkt der Linien F.-Hanau-Aschaffenburg, F.-Bebra, F.-Gießen, F.-Homburg, F.-Limburg, F.-Niederlahnstein, F.-Goldstein (nach Mainz, resp. Mannheim), F.-Sachsenhausen-. Offenbach der Preußischen Staatsbahn, F.-Heidelberg der Main-Neckarbahn und mehrerer Lokalbahnen. Eine Verbindungsbahn vermittelt den Verkehr zwischen den einzelnen Bahnhöfen untereinander und mit dem Mainhafen. Dampfstraßenbahnen führen nach einigen benachbarten Orten und in den besonders im Sommer stark besuchten Stadtwald; eine elektrische Straßenbahn (in städtischem Besitz, von 39 km Länge; 1902 Beförderung von 51 Mill. Personen) durchkreuzt die Stadt nach allen Richtungen. Ein Telephonnetz mit über 9000 Stadtanschlüssen durchzieht die Stadt. Der Verkehr auf dem Main hat sich seit der Kanalisierung desselben, der Anlage des neuen Hafens und der Errichtung neuer Lagerhäuser (1900–01 Getreide-Silospeicher, 19,700 Ton. fassend) und Lagerplätze bedeutend gehoben, da alle Rheinschiffe direkt bis F. gelangen können. Die Verkehrsleistung des Mains stieg von 1887–1902 von 15,3 auf 59,2 Mill. Tonnenkilometer (1900: 64,07). Namentlich hat sich der Handel in Metallen, Eisen und Stahlwaren, in Leder, Häuten und Fellen, Kolonialwaren, Steinkohlen und Wein in F. ausgebildet. Manufaktur- und Mode-, zumal Seidenwaren und sogen. Konfektionsartikel (fertige Garderobegegenstände, Ausstattungen) setzen ebenfalls große Summen um. Das Bücherantiquariat wie auch der Antiquitätenhandel stehen in hoher Blüte.

Die beiden Messen (Frühjahr und Herbst), auf denen im 16. und 17. Jahrh. Frankfurts Größe und Reichtum beruhten, sind bedeutungslos geworden. Nur die Ledermessen und die Pferdemärkte haben sich auf der alten Höhe erhalten. Der wichtigste aller Handelszweige Frankfurts ist das Geld-, Wechsel- und Bankgeschäft. Auf ihm beruht die internationale Bedeutung Frankfurts, das immer noch einer der ersten Wechsel- und Börsenplätze Europas ist. Eine Reichsbankhauptstelle, mehrere Aktienbanken (Frankfurter Bank, Mitteldeutsche Kreditbank, Deutsche Effekten- und Wechselbank, Deutsche Vereinsbank, Deutsche Genossenschaftsbank) und Filialen der Deutschen Bank, der Diskontogesellschaft u. a. und eine Reihe von Privatbanken ersten Ranges vermitteln den Geldverkehr. Außer der Fondsbörse (vormittags) mit dem Hauptbörsenverkehr besteht in der Effektensozietät eine regelmäßige Abendbörse. Speziellen Zwecken dienen die Hypothekenbank, Hypothekenkreditverein, Landwirtschaftliche Kreditbank, Frankfurter Baubank, Gewerbekasse, Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften (Providentia, Phönix, Germania u. a.), Sparbank, Sparkasse, Ersparungsanstalt, Pfennigsparkasse etc. Einrichtungen zur Regelung der Arbeiterverhältnisse sind die städtische Arbeitervermittelungsstelle, Volksküchen, Auskunftsstelle für Arbeiterangelegenheiten und von Arbeitern gegründet: Gewerkschaftshaus, Arbeitersekretariat, Arbeiterbibliothek und Herberge. In dem Institut für Gemeinwohl und dem Sozialen Museum, das eine Zentralstelle für städtische und ländliche Wohlfahrtspflege für die Provinz Hessen-Nassau darstellt, finden die praktischen sozialen Bestrebungen einen Mittelpunkt.

Zahlreich sind die Wohltätigkeitsanstalten und die Vereine für milde Zwecke. Neben dem städtischen Krankenhaus bestehen das Heiliggeist-Spital (seit 1278 vorkommend, seit 1839 in einem Neubau), das Senckenbergsche Stift, ein Hospital für Bürger und Pfründneranstalt, von dem Arzt Joh. Chr. Senckenberg (gest. 1772) gestiftet; zahlreiche Kliniken, Armen- und Krankenanstalten und -Kassen jeglicher Art dienen der Unterstützung in Krankheitsfällen; [⇐836][837⇒] Waisenanstalten, Kindergärten und ähnliche Institute sind der Erziehung elternloser oder unbemittelter Kinder gewidmet. Der allgemeine Almosenkasten (1428 gegründet, 1532 reformiert), die konfessionellen Almosenkasten, ein Armenverein, eine Anzahl Stiftungen (z. B. die Freiherrl. Karl v. Rothschildsche Stiftung) und der Frauenverein ergänzen die seit 1883 nach dem Elberfelder System umgestaltete städtische Armenpflege. Außer dem städtischen Versorgungshaus für Altersschwache gibt es mehrere konfessionelle Versorgungsstiftungen und Siechenhäuser, ein Asyl für Obdachlose, eine Irrenanstalt, eine Taubstummen-Erziehungsanstalt, eine Blindenanstalt etc.

[Bildungsanstalten, Behörden etc.] Der Jugendbildung dienen 2 städtische Gymnasien (darunter eins mit Frankfurter Lehrplan) und ein königliches Gymnasium, ein Mädchengymnasium (1901), 2 Realgymnasien (eins mit Handelsschule), eine Oberrealschule und 3 Realschulen, ein kath. Progymnasium, 3 höhere Töchterschulen, davon eine mit Lehrerinnenseminar, zahlreiche Mittel- und Volksschulen, Handels- und gewerbliche Fortbildungsschulen. Eine Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften wurde 1901 errichtet. Das Institut für experimentelle Therapie (1899 nach F. verlegt) bezweckt Kontrolle über die Heilsera, vorübergehend auch Krebsforschung. Das Städelsche Kunstinstitut (1816 von dem Bankier I. Fr. Städel gegründet) besitzt eine reiche Gemälde- und Kupferstichsammlung sowie Gipsabgüsse nach Antiken, daneben auch eine Kunstbibliothek und eine Kunstschule. Die Kunstgewerbeschule des Mitteldeutschen Kunstgewerbevereins besitzt eine Vorschule und verschiedene Fachklassen. Der Verein unterhält daneben eine Fachbibliothek und eine permanente Kunstgewerbeausstellung, der Kunstverein eine permanente Gemäldeausstellung (zum Verkauf). Das städtische historische Museum enthält eine hervorragende Sammlung von Gemälden und Altertümern. Das Freie deutsche Hochstift (s.d., in Goethes Vaterhaus) sammelt eine literarhistorische Bibliothek und veranstaltet Vortragszyklen und Einzelvorträge aus allen Wissensgebieten, das Senckenbergsche Stift, die damit verbundene Senckenbergsche naturforschende Gesellschaft (1817 gegründet und im Besitz eines naturhistorischen Museums und botanischen Gartens nebst ansehnlicher Bibliothek), der Physikalische (verbunden mit Laboratorien und Röntgeninstitut) und Geographische Verein Spezialkurse und Einzelvorträge ihrer Wissenschaften. Die Polytechnische Gesellschaft (gegründet 1816), der auch der genannte Mitteldeutsche Kunstgewerbeverein sich angeschlossen hat, ist Gründerin verschiedener nützlicher Institute (so Sparkasse, Blindenanstalt) und einer Bibliothek meist gewerblichen Inhalts. Daneben bestehen die Stadtbibliothek (s. oben), die Rothschildsche öffentliche Bibliothek, Volks- und Freibibliotheken und zahlreiche kleinere Spezialbibliotheken von Vereinen und Instituten. Zwei Musikkonservatorien, eine Gesangschule, eine Musikschule und viele Musikvereine (der Philharmonische Verein, der Cäcilienverein, Rühlsche Gesangverein u. a.), vor allen aber die Museumsgesellschaft (im »Saalbau«) pflegen die Musik. Der Frauenbildungsverein besitzt eine Kochschule und eine gewerbliche Fortbildungsschule. In F. erscheinen sieben größere tägliche Zeitungen, deren bedeutendste die demokratische »Frankfurter Zeitung« (s. diesen Art., S. 841) ist, daneben eine bedeutende Anzahl periodischer Fachzeitschriften. F. ist der Sitz zahlreicher Behörden: Polizeipräsidium, zugleich Landratsamt für den Stadt- und Landkreis, Oberlandesgericht (für die Landgerichte F., Hechingen, Limburg a. L., Neuwied, Wiesbaden; vgl. Jünger, Territorien und Rechtsquellen im Bezirk des Oberlandesgerichts zu F., Wiesbad. 1896), Landgericht (für die Amtsgerichte Bockenheim, F., Homburg), Oberpostdirektion, königliche Eisenbahndirektion, Zoll- und Steuerämter, Handelskammer und evangelisches Konsistorium. Die städtischen Behörden gipfeln in dem Magistrat (26 Mitglieder) und 64 Stadtverordneten. Die städtischen Einnahmen betragen bei der allgemeinen Verwaltung nach dem Voranschlag für 1904: 28,292,790 Mk., die Ausgaben im Ordinarium 28,388,400 Mk., im Extraordinarium 8,410,320 Mk. Hierzu treten noch die Betriebsverwaltungen mit 32,864,570 Mk. im Ordinarium und 3,421,800 Mk. im Extraordinarium. Die bedeutendsten europäischen und außereuropäischen Staaten haben Konsulate in F. Von Militärbehörden sind hier die Kommandos des 18. Armeekorps, der 21. Division, der 21. Kavalleriebrigade, der 21. Feldartilleriebrigade, der 42. Infanteriebrigade und das Bezirkskommando Frankfurt a. M.; die Garnison bildet das 1. kurhessische Infanterieregiment Nr. 81; das 2. nassauische Feldartillerieregiment Nr. 63 »Frankfurt«, zur Frankfurter Garnison gehörig, liegt in Bockenheim. – Das Wappen der Stadt ist ein weißer, goldgekrönter und -bewehrter Adler in Rot (s. Abbildung, S. 834).

An Vergnügungsorten stehen voran der Palmengarten und der zoologische Garten, beide mit täglichen Konzerten. Spaziergänge in der Umgebung: in den bedeutenden Stadtwald, in dem auch in der Nähe des Dorfes Niederrad die Pferderennen stattfinden (am Pfingstdienstag Volksfest, sogen. Wäldchestag), nach Bergen, Bockenheim, Hausen, Rödelheim. Der Taunus wird viel besucht, ebenso Odenwald und Rheingau. Vgl. die »Karte der Umgebung von F.«

[Geschichte.] Die Stelle, wo heute die Altstadt liegt, war eine sumpfige, von zahlreichen Flußarmen durchzogene Niederung und ist deshalb später bebaut worden als die Hochebene oberhalb derselben. F. wird erst 793 urkundlich genannt, kommt aber schon 794 als namhafter Ort vor. Karl d. Gr. baute sich an der »Frankenfurt« einen Königshof, der an der Stelle der jetzigen St. Leonhardskirche stand, und hielt 794 hier eine Kirchenversammlung, auf welcher der Bilderdienst verworfen wurde. Ludwig der Fromme wählte F. zum Wohnsitz, ließ an der Stelle des spätern Saalhofs einen noch größern Palast erbauen und umgab die Stadt 838 mit Mauern und Gräben. Nach dem Vertrag von Verdun (843) wurde F. die Hauptstadt des ostfränkischen Reiches oder Deutschlands. Das häufige Verweilen der Kaiser und Könige in F., die wiederholt hier abgehaltenen Reichstage und Kirchenversammlungen, die Errichtung eines geistlichen Stifts und die zahlreichen Schenkungen an die dortige Kirche förderten das städtische Gemeinwesen ungemein. Nachdem Kaiser Friedrich I. 1152 hier gewählt worden, wurde die Stadt herkömmlich Wahlstadt der deutschen Könige. 1245 wurde F. unmittelbare Reichsstadt, und 1250 wurde die Burggrafschaft daselbst in das Reichsschultheißenamt verwandelt. Der Frankfurter Schöppenstuhl war der Oberhof (Obergericht) für die ganze Wetterau und die angrenzende Gegend. Die Gewalt in der Stadt lag zuerst in den Händen des Vogts und des Schultheißen. Schon früh wählten sich jedoch die Bürger eigne Bürgermeister mit Beisitzern, denen die Polizeiverwaltung und niedere Gerichtsbarkeit [⇐837][838⇒] oblag, und da diese die Gunst des Kaisers genossen, ward die Würde der Vögte endlich zur Zeit des Interregnums (1257) ganz beseitigt. Kaiser Ludwig der Bayer, dem die Bürger, obgleich Friedrich von Österreich schon Sachsenhausen besetzt hatte, die Tore der Stadt öffneten, gab derselben 1329 die Erlaubnis, alle ihre verpfändeten Einkünfte, Ämter und Rechte einzulösen, sowie die Erlaubnis, Bündnisse zu schließen. Auch in F. wurden die städtischen Ämter allmählich ein Erbteil einzelner alter Geschlechter, was zu vielen Streitigkeiten mit den Zünften den Anlaß bot. Kaiser Karl IV. teilte endlich den Rat in die drei (je aus 14 Mitgliedern bestehenden) Bänke der Schöffen, der Gemeinde und der Zünfte. Durch die Goldene Bulle wurde F. 1356 beständige Wahlstadt der deutschen Kaiser, mit der Verpflichtung, den Wahlakt zu schirmen; 16 Jahre später brachte die Stadt das Schultheißenamt an sich. Vorzügliche Verdienste um seine Vaterstadt erwarb sich Jakob Knoblauch, der bei Kaiser Ludwig und Karl IV. die wichtigsten Privilegien, z. B. das, jährlich neben der seit 1240 bestehenden Herbstmesse eine Ostermesse zu halten, und das Münzrecht für F. erwirkte. Er löste auch die kaiserliche Pfalz ein und stellte sie wieder her.

Die Reformation fand 1530 in F. Eingang. Nach einigem Zögern trat F. 1536 auch dem Schmalkaldischen Bund bei, öffnete jedoch im Dezember 1546 nach dem unglücklichen Feldzug der Verbündeten an der Donau den Kaiserlichen seine Tore. 1531–46 wurden in F. mehrere Konvente der protestantischen Fürsten abgehalten, wie auch 1558 hier auf einem Reichstag der Frankfurter Rezeß (s.d.) geschlossen ward. Seit 1562 war F. auch Krönungsstadt des Deutschen Reiches. Als Kaiser Matthias 1612 die städtischen Privilegien bestätigte, kam es zu erheblichen Ruhestörungen, indem sich ein Teil der Bürgerschaft unter Leitung von Vinzenz Fettmilch gegen den Rat erhob und der Pöbel eine Judenverfolgung begann. Der Kaiser beauftragte Mainz und Hessen-Darmstadt mit der Herstellung der Ordnung, was jedoch erst 1616 gelang, wo der Bürgervertrag errichtet und das Zunftwesen aufgehoben wurde. Die Juden erlangten vom Kaiser ein Mandatum poenale restitutorium, zogen unter Militärbedeckung wieder in die Stadt ein und machten den Tag der Rückkehr (20. Adar) zu einem jährlichen Festtag, der den Namen Purim Vinz führt. Im Dreißigjährigen Kriege wußte F. stets die Neutralität zu behaupten, hatte aber dennoch viel, zumal durch die Pest, zu leiden. Im Westfälischen Frieden wurde es als Reichsstadt bestätigt. 1681 fand hier ein Kongreß der deutschen Fürsten statt, um der französischen Willkür entgegenzutreten; doch kam es infolge von Rangstreitigkeiten unter den Gesandten zu keinem Resultat. Als sich die Bürger wegen der drückenden Abgaben und des willkürlichen Regiments an den Kaiser wendeten, gab dieser der städtischen Verfassung, namentlich durch Einsetzung des Bürgerausschusses, eine zeitgemäße Änderung. Während des Siebenjährigen Krieges wurde F. von den Franzosen, die seit 1757 öfters Truppen hatten durchmarschieren lassen, 2. Jan. 1759 besetzt und behielt trotz vieler Proteste die französische Besatzung bis zum Schluß des Krieges.

Im französischen Revolutionskrieg bemächtigte sich Custine im Oktober 1792 Frankfurts und legte der Stadt eine Kontribution von 2 Mill. Gulden auf. Am 2. Dez. d. J. eroberten dagegen die aus der Champagne zurückkehrenden Preußen und Hessen unter Rüchel die Stadt wieder. 1796 besetzte der österreichische General v. Wartensleben dieselbe, konnte sich aber gegen die Franzosen unter Kléber, der die Stadt 15. Juli beschießen ließ, nicht halten, und abermals wurde der Stadt eine Brandschatzung von 6 Mill. Frank in Geld und 2 Mill. in Lieferungen auferlegt. Darauf wurde die Stadt 2. Dez. 1796 für neutral erklärt, was der Reichsdeputationshauptschluß zu Regensburg 1803 bestätigte. F. blieb Reichsstadt u. erhielt überdies alle in seinem Gebiet liegenden geistlichen Besitzungen. Im Januar 1806 besetzte General Augereau mit 9000 Mann die Stadt und erpreßte von ihr abermals 4 Mill. Frank. Mit der Stiftung des Rheinbundes verlor sie ihre Selbständigkeit und wurde den Staaten des Fürsten-Primas Karl v. Dalberg (s.d. 2) einverleibt. Schon 6. Sept. 1806 trat dieser die Regierung an und gewährte den Juden bürgerliche Rechte, vermochte jedoch nicht, der auswärtigen Gewalt Widerstand zu leisten. 1810 wurde F. die Hauptstadt des neugeschaffenen Großherzogtums F. (s.d., S. 834). Am 2. Nov. 1813 zogen die Alliierten in F. ein und stellten es einstweilen unter den von Stein geleiteten Zentralverwaltungsrat. Die Wiener Kongreßakte erklärte F. zu einer Freien Stadt des Deutschen Bundes, und 1816 ward es Sitz des Bundestags. Von wichtigen Folgen war das berüchtigte Frankfurter Attentat (s.d.) vom 3. April 1833. Im J. 1836 schloß sich F. dem Deutschen Zollverein an. Durch einen 18. März 1842 abgeschlossenen Staatsvertrag trat Österreich unter Mitwirkung des Hoch- und Deutschmeisters alle Güter (die Deutschordenskirche und das Deutsche Haus in Sachsenhausen ausgenommen) und Rechte der frühern Deutschordenskommende F. an die Freie Stadt F. käuflich ab.

In F. tagten 1848–49 das Vorparlament und die deutsche Nationalversammlung (Frankfurter Parlament), die am 18. Mai 1848 ihre erste und 31. Mai 1849 ihre letzte Sitzung in der Paulskirche hielt. Hier, als am Mittelpunkt des damaligen politischen Lebens in Deutschland, war das Parteigetriebe und die Aufregung am heftigsten; daher die wiederholten Tumulte, unter denen besonders der zu Sachsenhausen 7. und 8. Juli 1848 sowie der zunächst durch den Malmöer Waffenstillstand hervorgerufene vom 18. Sept. mit Waffengewalt unterdrückt werden mußten. Während der folgenden Jahrzehnte zeigte F. eine große Regsamkeit auf dem Gebiete der Gesetzgebung. In diese Periode fallen namentlich die Verfassungsrevision von 1864, das neue Gewerbegesetz auf der Grundlage vollständiger Gewerbefreiheit und die bereits zehn Jahre früher angebahnte politische Emanzipation der Israeliten (1864). Im August 1863 tagte in F. der mit der deutschen Bundesreform beschäftigte Frankfurter Fürstentag sowie öfters der Nationalverein und der diesem entgegengesetzte Reformverein. Auch der deutsche Abgeordnetentag hielt hier seine Sitzungen. Als es 1866 zum Bruch zwischen den beiden Großmächten kam, stimmte F., in dessen Bevölkerung die Sympathie für Österreich und die preußenfeindliche Stimmung überwogen, 14. Juni, abweichend von den andern Freien Städten, in einem Seperatvotum gegen Preußen und für den österreichischen Mobilmachungsantrag und ließ sein Kontingent zum Bundesarmeekorps stoßen, dessen Hauptquartier nach Bornheim bei F. verlegt wurde. Am 4. Juli beschloß die Bundesversammlung, durch Anlegung von Schanzen um die Stadt her sich einigen Schutz zu verschaffen. Dagegen erhob der Senat Widerspruch, um F. den Charakter eines offenen Platzes zu wahren; doch schon 14. Juli siedelte der Rumpfbundestag [⇐838][839⇒] nach Augsburg über, und 16. Juli rückte Vogel v. Falckenstein an der Spitze der Division Goeben in die Bundesstadt ein. Der Stadt wurden 6 Mill. Gulden Kriegssteuer auferlegt, der ganze Regierungsapparat, Senat, Gesetzgebender Körper und Bürgerkollegium, sofort außer Tätigkeit gesetzt und die Thurn und Taxissche Generalpostverwaltung von Preußen übernommen. Dann trat 19. Juli an Stelle Falckensteins General Manteuffel, der eine neue Forderung von 25 Mill. Gulden stellte und die Stadt mit noch härtern Maßregeln bedrohte. Eine Deputation, die sich in das Hauptquartier des Königs nach Böhmen begab, erlangte zwar den Erlaß der zweiten Kontribution; aber durch königliches Patent vom 18. Okt. 1866 ward die Einverleibung Frankfurts in den preußischen Staat ausgesprochen. Seitdem bildet die Stadt mit ihrem ehemaligen Gebiet, unter Zulegung des vorher großherzoglich hessischen Teils, des Ortsbezirks Nieder-Ursel, einen Kreis (Stadtkreis) des Regierungsbezirks Wiesbaden. In neuester Zeit wurde F. historisch wichtig durch den Frieden von F. (s. Frankfurter Friede).

Vgl. Bleicher, Statistische Beschreibung der Stadt F. (Frankf. 1892–95) in den »Beiträgen zur Statistik der Stadt F.« (hrsg. vom Statistischen Amt); Lersner, Chronik der Stadt F. (Frankf. 1706–34, 2 Bde.); Faber, Topographisch-politische und historische Beschreibung von F. (1788–89, 2 Bde.); Battonn, Örtliche Beschreibung der Stadt F. (hrsg. von Euler, 1866–75); v. Fichard, Entstehung der Reichsstadt F. (1819); Böhmer, Urkundenbuch der Reichsstadt F. (Neubearbeitg. 1901ff.); Kriegk, Geschichte von F. in ausgewählten Darstellungen (1871) sowie andre auf die Geschichte Frankfurts bezügliche Werke von Kriegk (s.d.); Horne, Geschichte von F. (4. Aufl. 1902); Collischonn, F. im Schmalkaldischen Kriege (Straßb. 1890); Stricker, Neuere Geschichte von F. seit 1806 (1874–81,4 Bücher); »Quellen zur Frankfurter Geschichte« (hrsg. von Grotefend, 1884–88, Bd. 1–2); Grotefend, Inventar des Frankfurter Stadtarchivs (1888); Bücher, Die Bevölkerung von F. im 14. und 15. Jahrhundert (Tübing. 1886); Ph. Gwinner, Kunst und Künstler in F. (1862, Zusätze 1867); »Aktenstücke zur neuesten Geschichte von F.« (2. Aufl., Stuttg. 1866); Dietz, Frankfurter Bürgerbuch, geschichtliche Mitteilungen (1896); Jung, Das historische Archiv der Stadt F. (1897); Rittweger, F. im Jahr 1848 (1898); »F. und seine Bauten«, herausgegeben vom Architekten- und Ingenieurverein (1886); Wolff und Jung, Die Baudenkmäler in F. (1895ff.); Spieß, Die hygienischen Einrichtungen von F. (1888); Ziegler und König, Das Klima von F. (1896, Nachtrag 1901); Spieß, Führer durch die Stadt, mit besonderer Berücksichtigung der naturwissenschaftlichen, ärztlichen und hygienischen Anstalten (1897); »Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst« (1839ff.); »Mitteilungen an die Mitglieder des Vereins für Geschichte und Altertumskunde« (1856–85) und dessen »Neujahrsblätter« (1859–86); »Geographisch-statistischer Atlas von F.« (1903ff.). [⇐839]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 834-839.
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[479⇒] Frankfurt am Main (Freie Stadt F.), 1) freie Stadt u. als solche seit 1815 Mitglied des Deutschen Bundes; liegt zwischen Nassau u. den kurfürstlich, großherzoglich u. landgräflich hessischen Ländern; einige der ihm angehörenden Ortschaften sind Enclaven des Gebiets dieser Länder. Flächengehalt 41/2 QM.; 75,000 Ein w. Mit republikanischer Verfassung, an deren Spitze ein Senat steht. Nach dem organischen Gesetze vom 16. Septbr. 1856 besteht derselbe mit Einschluß von 4 Syndiken (rechtsgelehrten Senatoren) aus 21 auf Lebenszeit gewählten besoldeten Mitgliedern, von denen wenigstens vier dem Handwerkerstande angehören müssen. Mit der Vornahme der Wahl eines Senatsmitgliedes werden von dem Senate sechs u. von dem Gesetzgebenden Körper ebensfalls sechs Wahlmänner beauftragt. Alle Jahre findet die neue Wahl der Bürgermeister statt; kein Senatsmitglied darf zwei Jahre hinter einander das Amt des Bürgermeisters führen. Die zu Zeiten der Reichsstadt in Beziehung auf die Rathswahlen bevorzugten beiden Gesellschaften, welche sich im Laufe der Zeit die Namen Hochadelige Ganerbschaft des Hauses Alban Limpurg u. Adelige uralte Gesellschaft des Hauses Frauenstein beigelegt haben, bestehen noch, genießen jedoch keinerlei Prärogativen mehr. Der Gesetzgebende Körper besteht aus 57 von der Bürgerschaft gewählten Mitgliedern, darunter 4 Jsraeliten, aus 20 Delegirten der ständigen Bürgerrepräsentation u. aus 11 von den Landgemeinden aus sich gewählten Mitgliedern. Der Senat sendet in gewissen Fällen, sei es aus eigenem Antriebe, sei es auf den Wunsch der Versammlung, Commissäre in die Ausschüsse des Gesetzgebenden Körpers. Zur Ausgleichung von Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Körperschaften dient ein Vermittlungsausschuß aus fünf beiderseitigen Mitgliedern; im Falle einer Nichtverständigung steht jedem der beiden Theile die Berufung an das Oberappellationsgericht frei. Zur Controle des Finanzwesens ist das Bürgercolleg bestimmt, dessen Mitglieder auf Lebenszeit erwählt werden. Die Ergänzung dieses aus 51 Mitgliedern (daher Colleg der Einundfunfziger) bestehenden Collegs erfolgt durch einen Wahlausschuß von 12 Personen, von denen sechs von dem Bürgercolleg selbst aus seiner Mitte, sechs von der Gesetzgebenden Versammlung aus ihrer Mitte gewählt werden. Zu dem Zwecke des städtischen Revisionsgeschäfts bildet sie aus neun ihrer Mitglieder ein von ihr selbst unabhängiges Revisionscolleg der sogenannten Neuner, dessen Mitglieder jedoch Sitz u. Stimme in der Behörde selbst behalten. Der Senat sorgt für die verfassungs- u. gesetzmäßige Einrichtung des Gerichtswesens u. beaufsichtigt den gesetzlichen Gang der Rechtspflege. Competenzconflicte zwischen Verwaltungsämtern u. Gerichten soll ein eigener Gerichtshof, zur Hälfte aus Senatoren, zur Hälfte aus Richtern bestehend, welche mit absoluter Mehrheit ein siebentes Mitglied erwählen, entscheiden. Außer diesem Gerichtshofe u. dem Oberappellationsgerichte (dritte Instanz) in Lübeck, bestehen folgende Behörden für die Verwaltung der Rechtspflegem streitigen u. nicht streitigen Civilsachen: ein Appellationsgericht (zweite Instanz) mit sieben Räthen; ein Stadtgericht (erste Instanz) mit neun Räthen (auch zweite Instanz für Stadtamtssachen); ein Stadtamt für streitige Civilrechtssachen unter 300 Fl. mit drei Richtern; ein Landjustizamt mit einem Richter, womit die Führung des Transscriptions- u. Hypothekenbuches verbunden ist; eine Standesbuchführung, auf welchem Amte auch die Civilehe vollzogen wird, deren Rechtsgültigkeit auch ohne kirchliche Einsegnung anerkannt ist u. welche der kirchlichen Einsegnung vorausgehen muß; das Fiscalat. Zur Ausführung der Strafgerichtsbarkeit: ein Rügegericht mit einem Richter für Übertretungen; das Zuchtpolizeigericht (erste Instanz), gebildet durch das Stadtgericht, drei Richter; das Appellationsgericht (zweite Instanz); das Appellationsgericht in Lübeck bildet den Cassationshof, auch die Berufung an drei für bestimmte Fristen bezeichnete Facultäten ist zulässig; der Assisenhof besteht aus sechs Räthen des Appellations- u. Stadtgerichts. Zu den Assisen werden zur Entscheidung über die Schuldfrage Geschworene zugezogen. Eine Staatsanwaltschaft verfolgt im Wege der öffentlichen Klage die Verbrechen, Vergehen u. Übertretungen, soweit nicht die Privatklage zugelassen ist. Das Gerichtsverfahren ist öffentlich u. mündlich; die Untersuchung wird von dem Untersuchungsrichter geführt. Die gerichtliche Polizei wird von der Staatsanwaltschaft u. ihren Hülfsbeamten ausgeübt. Das großherzoglich hessische Strafgesetzbuch ist mit geringen Änderungen am 16. September 1856 als Gesetz publicirt. F. hat ein Zuchthaus mit Arbeitshaus u. ein Gefängnißgebäude, die Constablerwache; die schwereren Verbrecher werden in hessische Zuchthäuser gebracht. Dem Senate steht das Recht der Begnadigung u. bei Lebens- od. sonstigen schwereren Strafen det Bestätigung u. Milderung des Urtheils zu. Der neu constituirte Gesetzgebende Körper trat im Novbr. 1856 in Thätigkeit, seiner Wahl folgte bald die Zusammensetzung der Gerichte aus den neuen Richtern u. die Reduction u. Reconstruirung des Senats, dessen überzählige Mitglieder jedoch als außerordentliche an den Senatssitzungen Theil nehmen, bis mit der Zeit das normale numerische Verhältniß von 21 Mitgliedern hergestellt ist. Beim Deutschen Bunde bildet der Staat F. im Engeren Rath der Bundesversammlung mit Hamburg, Lübeck u. Bremen die 17. Curie. Die Stimmführung wechselt unter den Freien Städten nach einem vereinbarten Turnus. Im Plenum der Bundesversammlung hat F. eine Stimme. Einnahmen u. Ausgaben wurden pro 1858 von dem Gesetzgebenden Körper auf etwas über 1,950,000 Fl. veranschlagt. Die öffentliche Schuld beträgt 17,462,586 Fl., hiervon 9,103,700 Fl. Eisenbahnanlehen, 1,000,000 von der Bank dem Staate unverzinslich vorgeschossen. An Militär stellt F. zur Reserveinfanteriedivision des Bundesheeres 1044 Mann. Die Uniform des F-ev Militärs ist: Linie: blaue Röcke mit rothen Aufschlägen, graue Hosen, Pickelhauben, weißes Lederzeug, Gewehr mit Bajonnet; Scharfschützen: grüne Aufschläge, Büchsen u. Hirschfänger, schwarzes Lederzeug. Die Militärverwaltung ist das Kriegs-Zeug-Amt, zwei Senats- u. ein bürgerlicher Deputirter. Gendarmerie: 64 Mann mit 6 Unteroffizieren, 8 zu Pferd u. 56 zu Fuß; Schutzmannschaft: [⇐479][480⇒] 32 Mann; Stadtwehr: 4 Bataillone, so zu alle Männer von 19–35 Jahren gehören, nebst einem Löschbataillon u. einer Escadron Cavallerie (200 Mann) Seit 1848 ist von der Stadtwehr nur noch das Löschbataillon in Activität, die übrigen Stadtwehrcorps sind suspendirt. Wappen: der sogenannte Frankfurter Adler, ein einfacher goldgekrönter silberner Adler mit ausgebreiteten Flügeln im rothen Feld. Städtische Farbe: Roth u. Weiß. Orden u. Ehrenzeichen: silberne Medaille für die Freiwilligen u. das Linienmilitär im Feldzuge 1814; für die Freiwilligen u. das Linienmilitär im Feldzuge 1815; militärisches Ehrenzeichen für 50, 25, 15 u. 10 Dienstjahre; Felddienst-Ehrenzeichen für das Linienmilitär für 1848 u. 49; Feld-Ehrenzeichen des Generalgouvernements F-s für 1814 Die beiden Ganerbschaften, Haus Alten-Limpurg u. Haus Frauenstein, besitzen ein Ordenskreuz. Für das Postregal zahlt der Fürst Thurn u. Taxis, zu dessen Verwaltungsgebiet F. gehört, jährlich 12,000 Fl. F. ist dem Österreichisch-denischen Postvereine beigetreten. Rechtsquellen: die Stadtreformation von 1611, viele ältere u. neuere Verordnungen, Gesetz- u. Statutensammlung, die organischen Gesetze von 1856, das neue Strafgesetzbuch von 1856, die allgemeine deutsche Wechselordnung von 1852, das Gemeine Recht u.a.m. Historische Quellen: Lersners F-er Chronik, Fichards F-er Archiv, Geschichte F-s von Kirchner, desgleichen von Lange; Römer-Büchners Forschungen über F-s Geschichte. Das Archiv für F-s Geschichte u. Kunst erscheint alljährlich in 1 Band, desgleichen eine F-er Jahreschronik.

F. ist einer der wichtigsten Plätze für den Handel des deutschen Binnenlandes u. ein erster Wechselplatz. Der Handel mit Fonds u. Effecten ist sehr bedeutend u. die Coursnotirungen der Frankfurter Börse, neben welcher noch eine sogenannte Effectensocietät außer der Börsenzeit den Handel mit Werthpapieren in einem eigenen Locale betreibt, sind für den größten Theil von Süddeutschland u. der Schweiz maßgebend. Außer den großen Bankhäusern, unter denen die Firma Rothschild u. Söhne u. Gebrüder Bethmann weltbekannt sind, vermittelt den großen Weltverkehr die seit 1854 bestehende F-er Bank (s. Bank). Zur Wahrung der Interessen des Handelsstandes besteht eine Handelskammer u. ein Börsenvorstand aus 20 Mitgliedern, deren Mitglieder auch das Handelsgericht constituiren, ein Syndicat der Wechselsensale u. ein Wechselprotestcomptoir. In commerciellen Angelegenheiten gibt die Handelskammer dem Senate durch die Vermittelung des Rechnei- u. Rentamtes Gutachten ab. Die ökonomischen Verhältnisse F-s eignen sich nicht zur Entwickelung einer großartigen Industrie. Das Fortbestehen des Zunftwesens hemmt dieselbe u. die Productionsverhältnisse sind nicht günstig, weil zu kostspielig. Große Handelshäuser besitzen bedeutende Fabriken in anderen deutschen Staaten u. England; doch hat sich die städtische Industrie sehr gehoben, Tabak, Cigarren, Gold- u. Silbertapeten, Wachstuch, lackirtes Leder, Buchdruckerschwärze, chemische Producte überhaupt, namentlich das berühmte Chinin, Eisengußwaaren, Luxus- u. Galanterieartikel, kunstindustrielle Erzeugnisse aller Art, Portefeuilles, Etiketten, Strohhüte, comprimirte Gemüse, Runkelrübenzucker, Hasenhaare (bedeutend) u.a.m. werden erzeugt. Seit 1855 ist zur Wahrung des Interesses des Gewerbestands eine Gewerbekammer gegründet worden, bestehend aus Handwerkern u. Fabrikanten, gleichfalls 20 Mitgliedern, welche in Gewerbesachen beräth u. begutachtet u. sich bereits mit dem Entwurfe einer neuen Gewerbeordnung beschäftigt. Die Zahl der Buchhandlungen beläuft sich auf 30, bedeutende Buch- u. Steindruckereien, Schrift- u. Stereotypengießereien sind vorhanden. Ein bedeutender Erwerbszweig, namentlich der Bewohner der Vorstadt Sachsenhausen, welche auch Obst-, Wein- u. Gartenbau treiben, ist der Gemüsebau. Seit die Eisenbahnen bestehen, werden die F-er Gemüse weithin versandt. Die Production an Feldfrüchten ist in F. selbst unbedeutend. Als Entrepot für den Fruchthandel befindet sich am jenseitigen Ufer des Mains eine neue Fruchthalle. Alljährlich finden zwei Messen statt, die Oster- u. Herbstmesse, zu Ostern u. Mariä Geburt. Die Messen haben wohl an Bedeutung sehr verloren, doch sind sie in mehreren Artikeln, wie Leder, sächsischen Weberwaaren etc. noch sehr bedeutend; auch der Detailhandel ist sehr ergiebig. Münzen: In F. wird gerechnet nach Gulden à 60 Kr. od. 240 Heller, od. auch ausnahmsweise nach Reichsthalern à 90 Kr. od. 360 Heller. Die Batzenrechnung, der Batzen à 4 Kr., kommt nicht mehr vor. Die Währung ist der 24 Fl.-, od. nach der süddeutschen Münzconvention von 1837 der 241/2 Fl.-Fuß = 241/2 Fl. auf eine seine Kölner Mark Silber. Die Notirung der Wechsel geschiebt in Gulden dieser Währung; 1 Fl. im 241/2 Fl.-Fuße = 17 Sgr. 1,714 Pf. preuß. Cour. Geprägte Münzen der Stadt F. sind: in Gold: Ducaten; in Silber (nach der süddeutschen Münzconvention von 1838): ganze u. halbe Guldenstücke à 60 u. 30 Kr., Dreieinhalb-Guldenstücke = 3 Fl. 30 Kr. = 2 Thlr. preuß. Cour., als Vereinsmünze; als Scheidemünze: 6-, 3- u. 1-Kreuzerstücke im 27 Fl.-Fuße; in Kupfer: Heller, 4 auf 1 Kr.; Papiergeld: Noten der F-er Bank zu 1000, 500, 100, 50, 10 u. 5 Fl. Die Bons der Recharikasse (städtische Finanzverwaltung), sogenannte Rechari- u. Renten. scheine à 1000 u. 500 Fl., sind vollzähliges Zahlungsmittel. Gesetzliche Wechselzahlungsmittel sind: Silbergulden- u. Halbguldenstücke, Silberthaler preuß. Cour., F-er Banknoten, österreichische Silbergulden; seit Mai 1858 haben österreichische Zwanziger u. Zehner aufgehört, gesetzliche Wechselzahlungsmittel zu sein. Ausnahmsweise in Zeiten des Mangels an Silbergeld werden auch französische Frankenthaler u. holländische Guldenstücke zur Wechselzahlung gesetzlich zugelassen. Seit 1. Nov. 1858 ist der Wiener Münzvertrag vom 24. Jan. 1857 in Kraft getreten, durch welchen F. gleich allen übrigen Staaten des 241 Fl.- Fußes den 521/2 Fl.-Fuß erhält – 521/2 Fl. auf 1 Pfund seinen Silbers = dem österreichischen 45 Fl.- u. dem 30 Thlr.-Fuße der zeitherigen 14 Thlr.-Fuß-Länder. Vorerst wird F. nur die groben Münzen des nenen Münzvertrags, Zwei- u. Einvereinsthalerstücke à 3 Fl. 30 u. 1 Fl. 45 Kr. bisheriger Währung, prägen. Die Prägung der neuen, für die 241/2 Fl.-Fuß-Länder vorgesehenen mittelgroben Münzen unterbleibt, da man beabsichtigt, sich mit den übrigen Staaten des 241/2 Fl.- Fußes über die Annghme des österreichischen 45 Fl.-Fußes zu verständigen. Das Papiergeld der benachbarten Staaten, Baiern, Württemberg, Baden, Hessen, Nassau, preußische u. sächsische Kassenscheine, [⇐480][481⇒] cursirt im gewöhnlichen Verkehre zu seinem vollen Werthe. Maße: Längenmaße sind der Fuß, Schuh od. Werkschuh à 12 Zoll à 12 Linien, 100 F-er Werkschuh = 90,683 pr. Fuß, 1 Fuß = 1261/6 Par. Linien; die Elle, in 1/2, 1/4, 1/8, etc. getheilt, hat 242,60: Par. Linien, die F-er Brabanter Ellen = 309,953 Par. Linien, 100 F-er Ellen = 82,061 Berl. Ellen, 100 F-er Brab. Ellen = 104,837 preuß. Ellen; der F-er (französische) Stab = 523,976 Par. Linien, 100 Stab = 177,228 preuß. Ellen; das Klafter der Seiler hat 6 Werkschuh, das Reis (eine Reihe aufrecht neben einander stehender) Schiefersteine 8 Werkschuh; die gewöhnliche od. Feldruthe = 1212 Werkschuh, ist in 10 Feldschuh à 10 Zoll à 10 Linien getheilt, 2 Feldzoll = 3 Werkzoll; die Waldruthe = 15,8489 Werkschuh ist in 16 Theile, aber auch in 10 Waldschuh à 10 Zoll à 10 Lin. getheilt; Flächenmaß: der Morgen od. Feldmorgen hat 160 ORuthen, 100 Morgen = 79,3154 preuß. Morgen, er ist in 4/4 getheilt, der Waldmorgen, eben so, hat 160 QWaldruthen, 100 Waldmorgen = 75,1650 preuß Morgen; Kubikmaß: Brennholzmaß ist der Stecken, 3,554 Werkschuh in Lichten breit u. hoch, enthält also bei gewöhnlicher Scheitlänge von 3 Werkschuhen 37,893 Kubik-Werkschuh, 2 Stecken sind 1 Gilbert u. bei Tannenscheiten 3 Stecken = 1 Gilbert; das Waldklafter ist 6 Schuh breit, 7 Schuh hoch, hält bei 3 Schuh Scheitlänge 126 Kubik-Werkschuh, das Klafter im Forstamts Holzmagazin ist 55 Werkzoki breit, 491/2 Werkzoll hoch, 1 Klafter also = 3 Stecken; Fruchtmaß: das Malter hat 4 Simmer à 4 Sechter à 4 Gescheid à 4 Viertelgescheid; das Gescheid hält 1 altes Maß, das Malter 8600 F-er Kubik-Werkzoll, 100 Malter = 208,773 preuß. Scheffel, gemessen wird mit dem Simmer; die Kohlenbütte hält 5,2574 Kubik-Werkschuh, die Kalkbütte 6,15713 Kubik-Werkschuh; Getränkemaße: das Fuder Wein hat 6 Ohm, das Stück od. Stückfaß 8 Ohm, die Zulast ist 1/2 Stück od. 4 Ohm, das Oxhoft od. die Pièce wird zu 11/2 Ohm gerechnet; die Ohm hat 20 Viertel od. 80 alte (Aich-) Maß à 4 alte Schoppen, die alte Maß = 1,79289 Liter, 100 alte Maß = 156,580 preußische Quart, 1 Ohm = 2,0877 preußische Eimer; die Jungmaß ist das Schenkmaß der Wirthe, sie hat 4 Schoppen, 9 Jungmaß = 8 Altmaß, 100 junge Maß = 140,433 preußische Quart. Gewichte: Seit 1. Juli 1858 ist in F., gleichzeitig in Preußen u. Württemberg, das Zollgewicht eingeführt. Für F. hatte die Einführung desselben eine besondere Bedeutung, indem damit eine Menge Gewichtsgebräuche, als Gold-, Silber-, Fisch-, Fleisch-, Butter-, Schwergewichte u. auch andere Gewichte abgeschafft wurden. Das neue Gesetz bestimmt als Gewichtseinheit das Zollpfund zu 500 französischen Grammen mit der Eintheilung in 32 Lothe, u. gestattet als Unterabtheilungen den Gebrauch sowohl von Halbirungen, als auch der Decimaleintheilung des Pfundes, letzteres, insbesondere in Anwendung auf edle Metalle, wobei das Pfund nach Tausendtheilen mit decimaler Abstufung u. ein Tausendtheil zu zehn Aß gerechnet werden soll. Mit Ausnahme des Apothekergewichts (gilt das alte Nürnberger) u. des Juwelengewichts (gilt der holländ. Juwelenkarat mit seiner Eintheilung), ferner der bei dem Post- u. Zollämtern üblichen Eintheilung des Pfunds in 30 Loth, herrscht seit 1. Juli 1858 vollkommene Gleichförmigkeit im Gewichte.

Anstalten u. Vereine für Kunst u. Wissenschaft. Die Stadtbibliothek, welche die Sammlungen des Domstifts u. der früheren Dominikaner- u. Karmeliterklöster in sich aufgenommen hat, ist 1484 durch ein Vermächtniß Ludwigs von Marburg gestiftet u. später durch verschiedene Privatbibliotheken vermehrt worden u. zählt an 70,000 Bände, dabei mehrere Hundert Incunabeln u. eine große Anzahl wichtiger Manuscripte; in dem Bibliothekgebäude befinden sich auch ein Münzcabinet, eine Sammlung von meist ägyptischen Alterthümern u. das Prehnsche Gemäldecabinet. Die Daem'sche Gemäldegallerie, welche auch der Bibliothek gehört, ist in dem ehemaligen Gebäude des von Bethmannschen Museums aufgestellt. Das Städel'sche Kunstinstitut, gestiftet von I. F. Städel, mit einer privaten Kunstsammlung u. einem Capitale von 1,200,000 Fl., umfaßt außer der Kunstsammlung selbst eine Bibliothek u. eine Lehranstalt, worin in stufenweisem Fortgang vom Elementarunterricht bis zum höheren Kunstunterricht, in den Ateliers der Meister den Kindern verbürgerter u. unbemittelter Eltern Gelegenheit gegeben ist, sich sowohl zu Künstlern als auch in Bauprofessionen u. ver. waudien Handwerken u. Gewerben auszubilden. Das von Bethmann'sche Museum, jetzt vor dem Friedberger Thore in einem neuen, eigens gebauten Locale aufgestellt, eine Sammlung von Antiken, Statuen u. Gypsabdrücken, darunter die herrliche Ariadne u. die kolossale Büste von Schiller, beide von Dannecker. Die Senckenberg'sche Naturforschende Gesellschaft zur Förderung der Naturkunde, zur Unterstützung der ihr gewidmeten bereits hier bestehenden naturwissenschaftlichen Anstalten u. zur Sammlung hierzu dienlicher Gegenstände, besteht aus ordentlichen arbeitenden u. außerordentlichen Ehrenmitgliedern, welche zum Theil Jahresbeiträge, zum Theil ewige Beiträge in Geld leisten. Die Gesellschaft hat ein naturgeschichtliches Museum gestiftet, welches zu Ehren des Stifters der Senckenbergischen Stiftung, die aus einem Bürgerhospitale besteht, mit welchem ein medicinisches Institut mit anatomischem Theater, botanischem Garten, einer Leihbibliothek, einem physikalischem Cabinet u. chemischem Laboratorium verbunden wurde, den Namen des Senckenberg'schen Museums erhalten hat. Vorlesungen über alle Zweige der Naturwissenschaften werden in den Localen der Gesellschaft gehalten. Die Gesellschaft zur Beförderung nützlicher Künste u. deren Hülfswissenschaften, damit verbunden eine allgemeine Unterrichtsanstalt mit Sonntagsschule, Abendschule, Gewerbeschule; die Sparkasse; die Ersparungsanstalt; ein Institut für Garten- u. Feldbau; ein Gewerbeverein; ein Verein zum Wohl der dienenden Klasse; eine Blindenanstalt; die Wohler'sche Stiftung für mittellose junge Techniker. Der Physikalische Verein; der Verein für Geographie u. Statistik; der Ärztliche Verein; die Gartenbaugesellschaft Flora; der auf Actien gegründete Kunstverein mit einer permanenten Kunstausstellung u. jährlichen Prämienverlosungen; der Verein für Deutschlands ältere Geschichtskunde u. Alterthumsforschung. verbunden mit einer permanenten Aufstellung von Alterthümern; das Museum fast ausschließlich Ausführungen der classischen Musik gewidmet. Die Concerte finden im Herbst u. Winter alle vierzehn Tage statt. Musikalische Vereine für Instrumental- u. Vocalmusik [⇐481][482⇒] sind: der Cäcilienverein; der Philharmonische Verein; der Rühlsche Verein; die Vereine für Kirchengesang (katholisch u. protestantisch); an Männergesangvereinen zählt F. etliche zwanzig, deren ältester der Liederkranz ist; dieser Verein hat unter dem Namen Mozart-Stiftung eine Art Stipendium für Ausbildung von Musikern gegründet, dessen Capital alljährlich durch den Ertrag öffentlicher Gesangsausführungen vermehrt wird.

Kirchen u. Bethäuser: F. hat 11 Kirchen (3 katholische, 6 lutherische u. 2 reformirte) u. 4 lutherische Bethäuser, welche mit den öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten verbunden sind. Katholische: die Domkirche (zu St. Bartholomäi); die Kirche St. Leonhard u. die Kirche unserer lieben Frauen; auch die Kapelle in dem Gebäude zur Rosenberger Einigung, einem ehemaligen Nonnenkloster, wird zum Gottesdienste benutzt; Lutherische: die 1833 eingeweihte (einst Barfüßer-) Paulskirche, in welcher 1848 u. 1849 das Deutsche Parlament tagte; die Katharinenkirche; die Weißfrauenkirche (seit 1854 restaurirt u. mit einem neuen Portale versehen); die Peterskirche; die St. Nicolaikirche, die Heilige Dreikönigskirche in der Vorstadt Sachsenhausen; die 8 Ortschaften F-s besitzen jede eine protestantische Kirche; die Französisch- u. Deutsch-Reformirten Gemeinden besitzen jede eine Kirche; die Deutsch-Katholische Gemeinde besitzt einen Andachtssaal in einem Privatgebäude. Die lutherischen u. reformirten Kirchen der Stadt sind seit mehreren Jahren alle mit Heizungsapparaten versehen u. zur Beleuchtung mit Gas eingerichtet worden. Die Israeliten besaßen früher nur eine Synagoge u. einen Betsaal, wo in deutscher Sprache gebetet u. gesungen wurde; 1854 haben sich die altgläubigen Israeliten eine neue Synagoge im östlichen Theile der Stadt gebaut, die sogenannten Reformisraeliten haben an der Stelle der alten Synagoge eine neue gebaut, welche 1858 in ihrem Innern beendigt wurde. Der christliche Friedhof hat musterhafte Leichenhäuser, neben demselben befindet sich der israelitsche;, Sachsenhausen hat seinen besonderen Kirchhof. Öffentliche Schulanstalten: das Gymnasium, in confessioneller Beziehung paritätisch; 6 evangelisch-protestantische Schulen, darunter die Musterschule, die neue höhere Bürgerschule, 4 Bürgerschulen, 8 Schulen der Landgemeinden; 4 katholische Schulen, darunter eine Knaben Selecten-, eine englische Fräuleinschule u. 2 Volksschulen; eine israelitische Real- u. Volksschule; besondere Schulanstalten: Zeichnungsinstitut; Kleinkinderschule; Taubstummenerziehungsanstalt, Unterrichtsanstalt für Blinde, Turnanstalt u. Institut für Heilgymnastik u. Orthopädie; für männliche u. weibliche Zöglinge bestehen zahlreiche Privat- u. Erziehungsanstalten, die auch von Auswärtigen sehr besucht sind, außerdem eine größere Zahl von Beaufsichtigungsschulen für Zöglinge beiderlei Geschlechts.

Wohlthätigkeitsanstalten. Die Armenverpflegung im Allgemeinen ohne Rücksicht auf Confession besorgt der allgemeine Almosenkasten. Die Stadt ist in 90 Bezirke eingetheilt, welchen Armenpfleger vorstehen. Neben ihm bestehen ein evangelisch-lutherischer, ein deutsch- u. französisch-evangelisch-reformirter, ein katholischer u. israelitischer Almosenkasten, eine Niederländische Gemeinde (Augsburgischer Confession) mit einem Waiseninstitute u. eine Oberländische Gemeinde (Augsburgischer Confession). Außer dem für die christlichen Bürger bestimmten Hospitale der Senckenberg'schen Stiftung sind verschiedene Hospitäler der öffentlichen Wohlthätigkeit gewidmet; das nur für Fremde bestimmte Hospital zum heiligen Geiste, die Anstalt für Irre u. Epileptische, das Rochushospital, die Entbindungsanstalt, das Christ'sche Kinderhospital, die Armenklinik, die Augen hellanstalt, das Hospital der israelitischen Gemeinde, die israelitischen Männer- u. Frauen-Krankenkassen. Die Zahl der Wittwen- u. Waisenkassen u. der privaten Stiftungen zu den verschiedenartigsten wohlthätigen Zwecken ist groß. Von Vereinen zu milden u. ähnlichen Zwecken sind zu erwähnen: der Frauenverein, der israelische Frauenverein, der Krippenverein, die Vereine zur Unterstützung nothleidender Handwerker, zur Verbreitung nützlicher Volks- u. Jugendschriften, zur Nachweisung von Arbeit, zum Schutze der Auswanderer, zur Beförderung christlicher Sitte u. Geselligkeit unter den jüngeren Gliedern des Gewerbestands, zum Schutz der Thiere, der Pestalozziverein, die allgemeine Männerkrankenkasse zur Brüderlichkeit u. die Krankenkasse für Handlungscommis Die Israeliten haben 6 Vereine zur Förderung der Handwerke unter den Israeliten, zur Ausstatung, zur Unterstützung armer Wöchnerinnen, zur Sustentation von Lehrern u. Commis zur Holzvertheilung u. zur wechselseitigen Versicherung gegen die Kosten für erkranktes christliches Gesinde. Große öffentliche Wohlthätigkeitsanstalten sind das Versorgungshaus, das Waisenhaus, die vereinigten weiblichen Versorgungsanstalten zu St. Katharinen u. den Weißfrauen. Außer dem großen Pfandhause bestehen private Leihanstalten zur Unterstützung von kleinen Geschäftsleuten. Zur Versorgung der ärmeren Klassen mit wohlfeilen Nahrungsmitteln u. Brennmaterialien hat sich ein Consumverein gebildet. Versicherungsanstalten: die städtische Versicherungsanstalt für Immobilien gegen Brand steht unter Leitung des Bauamts; der deutsche Phönix für Mobilien u. Immobilien gegen Brand, verbunden mit einer Frankfurter Lebensversicherungsanstalt, seit 1844; die Providentia seit 1856 für Mobilien u. Immobilien, Lebensversicherung, Kinderversicherung, Versicherung für Krankheit, Alter u. Unglücksfälle auf Eisenbahnen, Seeversicherung etc. Die Agenturen auswärtiger Versicherungsanstalten sind sehr zahlreich: Freimaurerlogen: der Eklektische Bund mit 3 Logen, die Loge zur Einigkeit, Sokrates zur Standhaftigkeit, die Loge Karl zum aufgehenden Licht; die Loge Karl zur aufgehenden Morgenröthe, unter der großen Loge von England stehend, u. die Loge zum Frankfurter Adler, unter der großen Loge von Hamburg stehend, sind vorwiegend israelitische; in neuester Zeit ist eine Loge Lindenberg entstanden, die unter der großen Loge in Darmstadt steht. An Zeitungen kommen in F. heraus: Frankfurter Journal, Postzeitung, Journal de Francfort, Frankfurter Handelszeitung, Actionär, Arbeitgeber, Frankfurter Anzeiger, Volksfreund für das mittlere Deutschland, diese befassen sich mit Politik, Handel u. Volkswirthschaft; bes. Localblätter sind das Intelligenzblatt mit Amtsblatt, der Anzeiger, der Volksfreund; belletristische Blätter: Didaskalia, Conversationsblatt, Familienblätter, Museum, Reichsadler; Theaterblätter sind mehrere vorhanden. [⇐482]

[483⇒] Die Stadt F. ist Sitz der Bundesversammlung, der Gesandten aller auswärtigen Großmächte, welche beim Bundebeglaubigt sind, sowie auch der beim Senate accredi Tirten Geschäftsträger u. Consuln. Außer der eignen Besatzung hat die Stadt eine permanente Bundesbesatzung, bestehend aus österreichischen, preußischen u. baierischen Soldaten, im Ganzen durchschnittlich 4000 Mann, darunter 200 Mann Cavallerie u. 8 Kanonen. Der Oberbefehl über die Bundesbesatzung wechselt alle drei Jahre zwischen Österreich u. Preußen; auch im Stadtcommando findet ein dreijähriger Wechsel statt; ist der Oberbefehl über die Bundesbesatzung bei der einen, so ist das Stadtcommando bei der anderen Macht. Der Zollverein hat in F. eine Zollverwaltung mit einem aus drei Mitgliedern bestehenden Directorium, ein Hauptsteueramt u. eine Zolluntersuchungsbehörde. Die Stadt selbst liegt am rechten Ufer des Main, ist mit der Vorstadt Sachsenhausen durch eine 1342 erbaute steinerne Brücke verbunden, diese besteht aus 14 Bogen, ist 950 Schuh lang u. 27 Schuh breit u. auf ihr steht seit 1846 das von Wendelstädt modellirte Standbild Kaiser Karls des Großen. Unterhalb der Stadt verbindet seit 1848 eine neue steinerne Brücke, die zugleich Eisenbahnbrücke ist, die beiden Ufer des Flusses. Um die Stadt herum, wo früher die Festungswerke standen, sind Parkanlagen (die Promenade od. die Glacis genannt), um diese her zieht sich ein Gürtel der schönsten Häuser u. von reizenden Gartenvorstädten. 8 Thore, mit eisernen Gittern u. Wachhäusern versehen, führen von der Stadt auf die Promenaden u. in die Gartenvorstädte. Sachsenhausen hat zwei große Thore u. mehrere kleinere Land- u. Wasserthore. Die Hauptthore sind: das neue Taunusthor, bei den westlichen Bahnhöfen, das Bockenheimer, Friedberger- u. Allerheiligenthor, dieses bei dem östlichen Bahnhofe, das Affenthor in Sachsenhausen. Die älteren Stadttheile haben meist enge Straßen mit kleinen Häusern. Die Hauptverkehrsstraßen sind die Fahrgasse, die Allerheiligen-, Friedberger-, Bockenheimer Gasse u. die Zeil. Die Zeil, seit 1856 mit der Neuen Kräme u. dadurch mit dem Maine in gerade Verbindung gesetz, mit ihren eleganten Kaufläden, Palais u. großen Hotels ist die schönste Straße der alten Stadt. Neuere Stadttheile mit schönen Straßen sind die Schöne Aussicht u. die Mainkaistraße, der östliche Stadttheil, die Wallstraßen (Lange-, Seiler-, Bleich-, Hoch-, Neue Mainzerstraße), welche sich von Osten bis Westen um die Stadt hinziehen. Die bgusälligen Häuser der Judengasse, in welcher die Juden bis 1797 wohnen mußten, werden jetzt niedergerissen u. die Juden wohnen in allen Stadttheilen. Zu den freien Plätzen F-s, deren Zahl sich auf 20 belief, hat sich in der westlichen Gartenvorstadt ein neuer, der Taunusplatz, gesellt. Die drei größten Plätze der Stadt sind: der Roßmarkt, mit dem neuen Denkmale für die Erfindung der Buchdruckerkunst; der Römerberg mit dem Rathhaus u. der Liebfrauenberg, seit 1856 durch die neue Liebfrauenstraße mit der Zeit verbunden, alle drei mit Springbrunnen versehen, deren Wasserbedarf durch die alte städtische Wasserleitung von der Friedberger Warte her versehen wird Eine neue städtische Wasserleitung von dem jenseits des Main gelegenen Mühlberge kommend, wird im Laufe 1858 u. 1859 vollendet. Für die Straßenbeleuchtung forgen zwei Gasgesellschaften, eine englische u. eine frankfurter; auch die Häuser, die Geschäftslocale u. viele Wohnungen sind mit Gas beleuchtet. Die merkwürdigsten Gebäude F-s sind: der Römer, Ursprung unbekannt, 1405 vom Rathe angekauft, seitdem Rathhaus, 1511 u. 1602 erweitert, 1740 renovirt, mit dem Wahlconferenzsaale, jetzt Sitzungssaal des Senats, u. dem Kaisersaale. In dem Wahlconferenzsaale wird die Goldene Bulle (s.d.) Kaiser Karls IV. von 1356 aufbewahrt. Im Kaisersaale wurden die festlichen Krönungsmahle gehalten. Er enthielt früher sämmtliche Bildnisse der Kaiser von Konrad I. bis Kaiser Franz II. in Wandnischen en camayeux gemalt. Die alten sind nun durch neue, von den besten deutschen Malern, Veit, Seltigast, Clasen, Stilke, Kiederich, Rethel, Hübner, Oppenheim, Steinle etc., gemalte, ersetzt worden. Der Salhof, an der Stelle der alten Sala Ludwigs des Frommen, welche der erste Anbau der Stadt diesseits des Main war, erbaut, 1338 zur Kaufhalle umgewandelt, 1717 neu gebaut; in ihm wurde Karl der Kahle geboren, wohnte Ludwig der Deutsche mit seinen Söhnen u. starb hier, die St. Elisabethkapelle mit zwei Kreuzgewölben in einer Gruft ist noch vorhanden. Das Deutschordenshaus mit einer Kirche in Sachsenhausen an der Brücke zur Linken, 1221 gegründet u. 1709 vom Deutschen Orden neu erbaut, jetzt Kaserne der baierischen u. eines Theils der österreichischen Bundesbesatzung. Die Domkirche zu St. Bartholomäi im gothischen Styl erbaut, einst Wahl- u. Krönungskirche der deutschen Kaiser, mit der kaiserlichen Wahlkapelle, 3 anderen Kapellen, 7 Altären, 2 Tabernakeln u. 9 Denkmälern, von Ludwig dem Deutschen 854 als der Heiligen Jungfrau Haus auf der Mauer gegründet, 864 vergrößert u. Salvatorkirche genannt, 1239 als Kirche zu St. Bartholomäi neu erbaut, im Anfange des 12. Jahrh. erweitert, seit 1856 baulich abgeändert u. restaurirt; Thurm bis 1512 auf 520 Fuß Höhe fort-, jedoch nicht ausgebaut. Das Fürsteneck, Wohnhaus der Kurfürsten, das alte Leinwandhaus mit dein Waisensaale, der Eschenheimer Thurm, 1346 unter Ludwig dem Baiern gebaut, der letzte noch verhandene Rest der mittelalterlichen Festungswerke, mit vier auf dem Hauptthurme angebauten kleineren Thürmchen. Der Palast des Fürsten Thurn u. Taxis (1733) im italienischen Geschmacke gebaut, Versammlungsort der Bundesversammlung, 1848 u. 1849 Sitz des Reichsministeriums. Vom Eigenthümer an Österreich zur Benutzung unter der Bedingung überlassen, daß dasselbe die Kosten seiner Erhaltung trage; Österreich stellt dem Bunde die Sitzungs- u. Kanzleilocalitäten kostenfrei zur Verfügung; es hat über 100 Zimmer u. prachtvolle Säle; das Braunfels, in ihm 1495 das Reichskammergericht, seit 1694 Eigenthum der adeligen Gesellschaft Frauenstein. Zur Meßzeit, seither Bazar von Luxusartikeln, jetzt Magazine u. ständige Möbelverkaufshalle. Von neueren schönen Gebäuden sind zu erwähnen: das Stadtbibliothekgebäude (1829) mit 6 weißen korinthischen Säulen vor dem Eingang, in der Vorhalle Goethe's Marmorstatue von Marchesi; das Waisenhaus, das Gebäude des Städelschen Instituts, die neue Börse (1840); die Paulskirche, St. Nicolaikirche, die neuen Synagogen; die neuere höhere Bürgerschule; das Schauspiel- u. Opernhaus, 1780 [⇐483][484⇒] gebaut, 1855 ganz restaurirt u. im Inneren erweitert, der Main-Neckar-Bahnhof. Denkmäler: das Hessendenkmal vor dem Friedberger Thore, gesetzt von König Friedrich Wilhelm II. von Preußen, zum Andenken der hessischen Soldaten u. des dieselben führenden Prinzen von Hessen-Philippsthal, die 1792 bei der Erstürmung der von den Franzosen besetzten Stadt fielen, 1844 durch Friedrich Wilhelm IV. renovirt; das Goethedenkmal auf dem Goetheplatz von Schwanthaler (1844 enthüllt) mit Goethe's Standbild; das Denkmal der Erfindung der Buchdruckerkunst zur Säcularfeier 1840 errichtet (1857 enthüllt) von v. d. Launitz, zugleich Brunnen mit Bassin; im westlichen Theil der Anlagen das Denkmal Guioletts, Directorialrath, Maire u. Senator unter der Regierung des Fürsten Primas, des Schöpfers der Frankfurter Anlagen, die er 1806 bis 1813 ins Leben rief. Öffentliche Vergnügungen: verschiedene große Clubgebäude mit Sälen, Lesezimmern, Restauration; die vornehmsten derselben sind die beiden Casinos, das Diplomatische u. das Frankfurter (1788), dessen Mitglieder die Haute finance repräsentiren, beide in der Gallusstraße; der alte Bürgerverein, 1848 gegründet, der zahlreichste mit Clubgebäude auf der Eschenheimer Gasse; der neue Bürgerverein, 1849 gegründet, auf dem großen Kornmarkt (beide Vereine spielen seit ihrem Bestehen eine große Rolle in der städtischen Politik, man nennt die Gothaer jetzt die Partei des alten u. die demokratische Fraction diejenige des neuen Bürgervereins); das Braunfelscolleg im Braunfelsgebäude, die Harmonie, Concordia u. verschiedene kleinere College, die Nachfolger der ehemaligen Trinkstuben. Die Unterhaltungsörter: Mainlust am unteren Main, der Zoologische Garten (1858) an der Bockenheimer Landstraße, ein parkähnlicher Garten, Eigenthum des Städelschen Kunstinstituts, mit verschiedenartigen Thieren, Restauration u. allwöchentlich mehreren Concerten; die neue Anlage an der Hanauer Landstraße, verschiedene Felsenkeller auf dem Mühlberge u. Röderberge, mehrere Unterhaltungsgärten in den benachbarten Ortschaften Bockenheim, Haufen, Bornheim, Oberrad, Niederrad, Bergen (mit reizender Aussicht), das Forsthaus im Stadtwalde, Bierhallen in u. außerhalb der Stadt; Weinhäuser; Schauspiel u. Oper, Sommertheater in Bockenheim, elegante Kaffee u. Weinhäuser, Tanzsäle (öffentliche), große Spaziergänge um die Stadt, Ausflüge in die Nachbarschaft, nach dem Taunus, dem Odenwald, den benachbarten Badeorten, Wiesbaden, Soden, Homburg, Wilhelmsbad u.a.m., welche durch die Eisenbahnen sehr erleichtert sind. Eisenbahnen im Ganzen vier: Taunusbahn nach Mainz, Wiesbaden bis Lahnstein an den Rhein, in Verbindung mit den Rheindampfschiffen; Main-Neckarbahn nach Darmstadt, Heidelberg etc.; Main-Weserbahn nach Kassel, Leipzig, Berlin, Wien etc.; Baierische Bahn nach Aschaffenburg, Würzburg, Nürnberg, Bamberg, Hof, Leipzig einer-, Augsburg, München andererseits. Localbahnen gehen nach Offenbach u. Soden. Zur Verbindung der westlichen Bahnhöfe mit den östlichen, des Zollhauses u. des Hafens des Main mit den Bahnhöfen ist eine Verbindungsbahn auf städtische Kosten gebaut. Der Hafen des Main wurde 1858 erweitert, unterhalb der neuen Brücke wurde ein großer Winterhafen gebaut u. 1858 eröffnet. Dampfschifffahrt den Main auf- u. abwärts. Für den städtischen Verkehr 150 Fiaker, 30 Omnibus, zahlreiche Lohnkutscher. [⇐484]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 479-484.
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[484⇒] Frankfurt am Main (Gesch.). An der Stelle, wo das heutige F. steht, soll gegen Ende des 4. Jahrh. unter Kaiser Valens, nach And. erst 630 von dem fränkischen Fürsten Chlodomir od. Genebald III. eine Stadt gegründet sein. Der Name F. (Palatium Franconenford) kommt urkundlich zuerst 794 vor, wo unter dem Vorsitz Kaiser Karls d. Gr. ein Reichscouvert u. Concil gehalten wurde, welches die Adoptatianer verdammte u. den Bilderdienst verwarf. Ludwig der Fromme, welcher F. oft besuchte, legte hier 822 ein Palatium (Salhof) an u. hielt in demselben Jahre eine Reichsversammlung, wo die Gesandten der östlichen Slawen erschienen; 823 eine gleiche, wo der Streit zwischen den Söhnen des Wilzenkönigs Liubi geschlichtet wurde; 838 wurde F. mit Mauern umgeben u. 843 zur Hauptstadt Ostfrankens erhoben. Damals erhielt F. auch die erste Messe. Im 12. Jahrh. wurde es Brauch, daß die Wahl der Kaiser in F. stattfand, nachdem zuerst 1152 Kaiser Friedrich I. daselbst gewählt worden war. 1329 erhielt F. das Recht, alle von den Kaisern in der Nähe versetzten Güter einzulösen, 1330 das Privilegium zur Haltung einer zweiten Messe, 1339 vom Kaiser Ludwig das Münzrecht u. 1360 die Erlaubniß, Juden gegen ein Schutzgeld anzunehmen. Nachdem die Stadt schon seit geraumer Zeit ein beliebter Aufenthalt der Kaiser gewesen war, wurde sie 1356 förmlich zur Wahlstadt u. 1564 seit Maximilian II. auch zur Krönungsstadt erhoben. Die Grundlage zur Reichsfreiheit legte sie 1257 durch Beseitigung des kaiserlichen Vogts während des Interregnums, 1372 wurde ihr dieselbe ausdrücklich zuerkannt, indem sie das kaiserliche Schultheißenamt erwarb. Im Laufe der Zeit war F. der Schauplatz mehrerer wichtiger historischer Ereignisse, so des Friedensschlusses, des Convents der protestantischen Fürsten 1531, wo der Kurfürst von Sachsen den vom Landgrafen von Hessen gewünschten Zutritt der Schweizer zum Schmalkaldischen Bunde wegen ihrer Abweichung in der Lehre vom Abendmahl verwarf. Während dieser Zeit wurde in F. die Kirchenreformation eingeführt, jedoch wurde der Katholicismus nicht ganz beseitigt, u. der Rath der Stadt, obwohl protestantisch, suchte soviel wie möglich eine neutrale Stellung zwischen den Religionsparteien anzunehmen, um es mit dem Kaiser nicht zu verderben. Daher wurden in F. oft Convente gehalten, so 1536 u. 1539 2 Convente der Protestanten mit kaiserlichen Gesandten, wo eine Erneuerung des Nürnberger Religionsfriedens auf 15 Monate beschlossen wurde; dann zwei, die Befestigung des Schmalkaldischen Bundes u. die Erörterung einzelner unter den Protestanten noch unentschiedener Punkte bezweckende Convente; ferner der Fürstentag, auf welchem 1558 der Frankfurter Receß (s.d.) geschlossen wurde, u. 1599 abermaliger Convent der Protestanten zur Vereinigung der katholischen Stände, s. Deutschland (Gesch.) XI. B). In der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. nahm F. viele um ihres Glaubens willen vertriebene niederländische Familien auf, welche den Unternehmungsgeist u. die Gewerbthätigkeit der Stadt belebten, später aber als Calvinisten von der lutherischen Bevölkerung intolerant behandelt wurden, so daß sie erst gegen Ende des 18. Jahrh. die Erlaubniß zur Errichtung eigener [⇐484][485⇒] Bethäuser auswirkten. Im Österreichischen Erbfolgekriege fand in F. am 22. Mai 1744 die Union zwischen Preußen einer- u. dem Kaiser Karl VII., Pfalz u. Hessen-Kassel andererseits statt; 1732 erlangte die Stadt durch kaiserliche Verordnung die Einsetzung des Bürgerausschusses zur Ordnung der schlechten Finanzwirthschaft des Raths. Im Siebenjährigen Kriege wurde die Stadt 1. Januar 1759 von den Franzosen unter Soubise überrumpelt u. im Französischen Revolutionskriege 23. October 1792 von den Franzosen unter Custine genommen, 2. December unter Rüchel durch Sturm wieder erobert, dann 15. Juli 1796 von den Franzosen unter Kleber beschossen u. am 16. Juli in Folge der Capitulation der Österreicher unter Wartenberg besetzt. Die drückenden Contributionen, welche die Franzosen der Stadt auferlegten, vernichteten anch den Rest der geringeren Sympathien, welche die Frankfurter für die revolutionäre Freiheit hegten. Bei dem Reichsdeputationshauptschluß 1803 behielt F. seine Reichsfreiheit, wurde aber 1806 von Napoleon zu den Staaten des Fürsten Primas des Rheinbundes geschlagen u. 1810 Hauptstadt des Großherzogthums F. Im März 1813 wurde F. von dem Marmontschen Corps besetzt; hier am 31. Oct. 1813 beim Rückzug der Franzosen Brückengesecht zwischen den Franzosen u. Baiern; am 4. Nov. nahm der Fürst Schwarzenberg hier sein Hauptquartier; am 5. zogen Kaiser Alexander u. Kaiser Franz u. am 13. Friedrich Wilhelm III. hier ein, wodurch F. eine Zeit lang der Sammelplatz der politischen Welt ward.

Seit 1814 wieder Freie Stadt u. seit 1816 Sitz des Deutschen Bundes, erhielt F. eine neue Constitution. Die Grundlage derselben wurde im Jahre 1726 gelegt. Vor dieser Zeit verwaltete ein Rath die Stadt, um dessen Machtbesitz sich die sogen. Geschlechter u. Bürger, die zünftigen u. nichtzünftigen Gesellschaften u. Vereine lange abwechselnd stritten. Ein Streit der Bürger mit dem Rathe (im Jahre 1705), welchen man der schlechten finanziellen u. der Gunstwirthschaft beschuldigte, hatte eine Intervention Kaiser Josephs I. zur Folge. Strenge Verfügungen wurden für die Rathswahlen getroffen u. dem Rathe wurde ein (noch heute bestehender) ständiger Bürgerausschuß beigeordnet, welcher die Aufsicht über die Finanzen führen, bei wichtigen Vorfallenheiten zum Besten der Bürger bei dem Rath Erinnerung thun u. auf die Festhaltung der kaiserlichen Resolutionen überhaupt sehen sollte. Der Stadtschultheiß mit seinen Schöffen bildete das Gericht, welches lange Zeit noch die Benennung Reichsgericht, sowie der Stadtschultheiß diejenige eines Reichsschultheißen beibehielt. Schultheiß u. Schöffen waren die Schöffenbank des Raths. Die Verfassung von 1726 erfuhr im Jahre 1810 durch die sogen. am 18. October d. I. beschworene Constitutions-Ergänzungsacte wesentliche Änderungen; F. erhielt durch sie eine demokratische Verfassung. Die Oberhoheit stand nach derselben der Gesammtheit der christlichen Staatsbürger im Gegensatze der Beisassen, Landbewohner u. israelitischen Staatsangehörigen zu. Die Ausübung der Hoheitsrechte wurde einem Gesetzgebenden Körper, einem Senate u. dem 1726 errichteten ständigen Bürgerausschusse, der ständigen Bürgerrepräsentation, übertragen; der Gesetzgebende Körper, gewählt durch ein Wahlcollegium von 75 Bürgern, welches die in drei Wahlabtheilungen eingetheilten christlichen Bürger (Gelehrte, Beamte, Geistliche, Offiziere, Künstler, Lehrer u. Rentiers; Handelsleute; zünftige Handwerker u. Künstler u. alle den beiden ersten Abtheilungen nicht zugewiesenen Bürger) gewählt hatten, erhielt als Wirkungskreis die Gesetzgebung überhaupt, die Besteuerung, die Anordnung u. Einrichtung der bewaffneten Macht, die Sanction aller Staatsverträge, die Prüfung u. Gutheißung der Voranschläge über Ausgaben u. Einnahmen, die Entscheidung von Competenzstreitigkeiten zwischen Senat u. stäudiger Bürgerrepräsentation, die Einwilligung zur Veräußerung von stäbtischen Gemeindegütern, die Mitwirkung bei den Senatswahlen, das Recht u. die Verpflichtung der Bewahrung u. Erhaltung der Verfassung, 45 gewählte Bürger, 11 Abgeordnete der Ortschaften, 20 Delegirte des Senats u. 20 der ständigen Bürgerrepräsentation bildeten denselben. Der Senat erhielt die executive Gewalt u. die Stadt- u. Justizverwaltung im Allgemeinen, den Senat bildeten 42 Mitglieder in drei Ordnungen (Bänken), der Ordnung der älteren Senatoren od. Schöffen aus 14; derjenigen der jüngeren Senatoren gleichfalls aus 14; derjenigen der Rathsverwandten dritter Bank, meist Handwerkern, gleichfalls aus 14 Personen bestehend. Er wählte aus seiner Mitte alljährlich zwei Bürgermeister, den älteren u. den jüngeren, u. ergänzte sich durch Wahlen, an welchen der Gesetzgebende Körper Theil nahm. Die ständige Bürgerrepräsentation behielt die Befugnisse des alten Bürgerausschusses. Alle christlichen Religionsparteien besaßen nach der Constitutions-Ergänzungsacte, wie im ganzen Deutschen Bunde, so auch in F. gleiche staatsbürgerliche Rechte; die Israeliten konnten nicht das volle Bürgerrecht erlangen, namentlich nicht in eine der drei zur Ausübung der Hoheitsrechte bestehenden Körperschaften gewählt werden. Die Gerichtsverfassung war, wie folgt, organisirt: Es bestand für Civilsachen in 1. Instanz bis auf 300 Fl. das Stadtamt, für größere das Stadtgericht, in 2. u. 3. Instanz das Appellationsgericht, beide mit Senatsmitgliedern besetzt, in 3. Instanz für Stadtgerichtssachen das gemeinschaftliche Oberappellationsgericht der vier freien Städte in Lübeck od. eine Facultät. Für Criminalsachen das peinliche Verhöramt od. Criminalamt als Untersuchungsbehörde u. das Appellationsgericht als richtende in 1. Instanz, das Oberappellationsgericht in Lübeck in 2. u. letzter Instanz. Für geringere Verbrechen das Polizeigericht in 1. u. das Appellationsgericht in 2. Instanz. Die politische Bewegung von 1830 blieb auf die Verfassung F-s ohne Einfluß, rief jedoch eine gegen die Bundesversammlung gerichtete Agitation hervor, deren Folge das sogen. Frankfurter Attentat (s. Deutschland, Gesch. XIII. B) war, 1836 schloß sich F. dem preußisch-deutschen Zollverbande an, nachdem der 1832 mit England geschlossene Handelsvertrag abgelaufen war. 1819 im August Auflauf u. Thätlichkeiten gegen die Juden. 1845 am 28. Sept. Unterzeichnung des Staatsvertrags zwischen Österreich u. der Stadt F. über Feststellung der Verhältnisse des dem Deutschen Orden noch gehörigen Deutschen Hauses u. seiner Liegenschaften. 1846 im Juni wurde den Deutschkatholiken die lutherische Weißfrauenkirche zum Gottesdienst eingeräumt.

Im Jahre 1848 u. 1849 war F. Sitz des deutschen Parlaments u. der durch Erzherzog Johann von Österreich geführten Reichsverweserschaft. Am [⇐485][486⇒] 31. März 1848 erste Versammlung der deutschen Volksvertreter in der Paulskirche; am 4. April trat im Kaisersaal des Römers der Fünfzigerausschuß zusammen; am 18. Mai Eröffnung der großen constituirenden Versammlung in der Paulskirche, u. am 30. Mai 1849 letzte Sitzung dieser Versammlung. Der Erzherzog Johann zog als Reichsverweser am 11. Juli 1848 in F. ein u. legte diese seine Stelle am 20. Dec. 1849 nieder. Die Vevölkerung, vermehrt durch zahlreiche politische Fanatiker aus anderen Bundesstaaten, verfolgte mit lebhafter Theilnahme die Verhandlungen des Parlaments, u. als die Parteien immer schärfer an einander geriethen, kam es außerhalb des Parlaments oft zu Reibungen, bis endlich 18. September ein förmlicher Straßenkampf ausbrach, welcher von den Truppen mit Waffengewalt unterdrückt wurde (vgl. Deutschland, Gesch. XIII. C). Die Verfassungsverhältnisse F-s selbst erlitten durch die Bewegung eine Veräuderung. Eine Volksversammlung in einer Reitbahn gehalten u. eine von derselben an den Senat geschickte Deputation bestimmten den Senat. am 28. März, bei dem Gesetzgebenden Körper dem Antrag zu stellen, einen gemeinschaftlichen Ausschuß zu ernennen, welcher die Veränderung der Verfassung berathen sollte. Man vereinigte sich, u. durch ein Gesetz vom 19. October 1848 sollte der Senat u. die ständige Bürgerrepräsentation sich so lange nicht ergänzen, bis die neue Verfassung fertig wäre, welche von einer zu wählenden verfassunggebenden Versammlung berathen werden sollte. Diese Versammlung legte am 29. März 1849 dem Senate einen Verfassungsentwurf vor, nachdem bereits am 20. Februar ein Gesetz über die bürgerliche u. staatsbürgerliche Gleichheit der Staatsangehörigen erschienen war, wodurch die Israeliten, Landbewohner u. Beisassen den christlichen Stadtbürgern in allen bürgerlichen u. staatsbürgerlichen Beziehungen gleichgestellt wurden. Ein großer Theil der Bürgerschaft u. der Senat waren gegen den neuen Entwurf. Der Senat schloß das Sitzungslocal der verfassunggebenden Versammlung, legte der Bürgerschaft am 31. December 1849 die Gründe vor, warum er deren Entwurf nicht zur Abstimmung der Bürgerschaft bringen könne, u. versuchte die Wahl eines neuen Gesetzgebenden Körpers nach dem alten Wahlmodus. Es wurde von einem Theile der Bürgerschaft gewählt, die Anhänger der früheren verfassunggebenden Versammlung enthielten sich der Theilnahme an den Wahlen, u. die Fraction der Bürgerschaft, welche sich an den Wahlen betheiligte, erhielt, da an ihrer Spitze zumeist Männer standen, welche sich zu dem bekannten deutschen Verfassungprogramme von Gotha bekannten, im Laufe der Zeit die Bezeichnung der Gothaer, während die Anhänger der aufgelösten verfassunggebenden Versammlung die demokratische u. die Anhänger des früheren Rechtszustandes u. der streng rechtlichen Entwickelung der Verfassung die conservative Partei genannt wurden. Dieser Gesetzgebende Körper nahm nun das Verfassungswerk in die Hand u. übergab am 19. Juni 1850 dem Senate einen Entwurf. Dieser nahm ihn nicht an u. legte am 17. Sept. einen anderen vor. Es erschienen nun von beiden Körperschaften weitere Entwürfe, wozu ein Ausschuß des Gesetzgebenden Körpers neue Anträge fügte, u. am 22. Juli 1851 ein neuer Entwurf des Senats, welcher jedoch im October 1851 vom Gesetzgebenden Körper verworfen wurde. Der Senat entwarf nun ein organisches Gesetz u. übergab dasselbe am 2. März 1852 dem Gesetzgebenden Körper. Dieser nahm Abänderungen vor, überreichte es am 28. April 1852 dem Senate u. stellte das Verlangen, daß die Richter nicht von dem Senate allein, sondern auch durch Mitwirkung des Gesetzgebenden Körpers gewählt werden sollten. An dieser Meinungsverschiedenheit scheiterte der Senatsentwurf. Am 12. August erklärte die Bundesversammlung in der Absicht, die in Verwirrung gerathehe Verfassungsangelegenheit wieder auf einen festen Rechtsbestand zurückzuführen, auf Grund Artikel 46 der Wiener Congreßacte das bereits oben erwähnte Gesetz vom 20. Februar 1819 über die Gleichstellung der Israeliten, Beisassen u. Landbewohner als nicht legal u. ausdrücklich für ungültig, u. der Senat setzte dasselbe durch Verordnung vom 5. October außer Wirksamkeit. Der Gesetzgebende Körper verwahrte sich gegen den Bundesbeschluß. Im November erinnerte der Gesetzgebende Körper den Senat an den Vollzug des organischen Gesetzes in der von ihm beschlossenen Fassung. Am 25. November lud der Senat den Gesetzgebenden Körper zu Senatswahlen ein u. gab in Beziehung auf das organische Gesetz eine Rückäußerung vom 24. November 1852. Er theilte mit, daß er aus Gründen des öffentlichen Wohls die Verhandlungen wegen des organischen Gesetzes nicht fortsetze, vielmehr die Vorlage hierüber zurückziehe. Der Gesetzgebende Körper verweigerte darauf seine Theilnahme an den Senatswahlen, weil der Senat früher erklärt habe, keine neuen Wahlen zu vollziehen, bevor er die Verfassungsfrage geordnet habe; darauf gab der Senat am 27. November die Rückäußerung, daß die Vorschläge zur Änderung der Verfassung zurückgegangen seien, u. daß er erwarte, daß keine Beschlüsse gefaßt würden, die auf eine Änderung der Organisation des Senats hinausgingen, da, um eine solche Änderung zu berathen, die Zulässigkeit erst von 2/3 der Mitglieder des Senats u. des Gesetzgebenden Körpers anerkannt sein müsse. Auf diese Rückäußerung hin ging die Gesetzgebende Versammlung auf die Senatswahlen ein, u. es wurden sechs neue Senatoren gewählt. Unterdessen war am 12. September 1852 ein organisches Gesetz über die Erweiterung der staatsbürgerlichen Rechte der Israeliten erschienen, welches an die Stelle des in Folge Bundesbeschlusses aufgehobenen Gesetzes vom 20. Februar 1849 trat. An der allgemeinen Abstimmung über dieses Gesetz, durch welches die alte Bürgergemeinde gewissermaßen aufgelöst u. in eine Einwohnergemeinde umgewandelt wurde, hatten sich bei neu eingeführter öffentlicher Abstimmung von 7000 stimmberechtigten Bürgern nur 859, von denen 71 dagegen stimmten, betheiligt. Durch dieses Gesetz wurde den Beisassen das volle Stadtbürgerrecht ertheilt, das Beisassenwesen überhaupt abgeschafft; die staatsbürgerlichen Rechte der Landbewohner u. Juden wurden erweitert; die Mitglieder der Frankfurter Stadtgemeinde wurden ohne Unterschied Frankfurter Bürger genannt, die Mitglieder der Landgemeinden als Bürger ihrer Gemeinden bezeichnet; den Frankfurter Bürgern israelitischen Religionsbekenntnisses wurden außer der zustehenden Rechtsgleichheit in privatbürgerlicher Hinsicht die staatsbürgerlichen [⇐486] [487⇒] Rechte dahin erweitert, daß sie sich wohl an den allgemeinen Urwahlen für das Colleg der Wahlmänner, welches die Mitglieder der Gesetzgebenden Versammlung zu erwählen hat, betheiligen, auch in dieses Colleg gewählt werden dürfen, daß jedoch das Wahlcolleg nur vier israelitische Bürger als Abgeordnete in die Gesetzgebende Versammlung wählen darf; den israelitischen Bürgern wurden auch die öffentlichen Ämter im Allgemeinen zugänglich gemacht, jedoch sind in den Senat u. die ständige Bürgerrepräsention nur christliche Bürger wählbar, ebenso bleiben die israelitischen Bürger von Richterstellen u. Ämtern ausgeschlossen, deren Wirkungskreis christliche Kirchen, Schulen u. Stiftungen betrifft, u. in ähnlicher Weise können die Bürger der Landgemeinden nicht bei der Verwaltung des Vermögens der städtischen Gemeinde angestellt werden, sind jedoch zu Richterstellen wählbar, auch sollen die in die Gesetzgebende Versammlung gewählten Vertreter der Landgemeinden, so wie auch die israelitischen Mitglieder der Gesetzgebenden Versammlung, an allen Berathungen u. Beschlüssen derselben theilnehmen, mit Ausnahme einiger weniger bes. bezeichneter Gegenstände. Auf Grund dieses organischen Gesetzes wurde der neue Gesetzgebende Körper gewählt, welcher sich die Verwahrung des vorigen gegen den Bundesbeschluß aneignete. Unterm 29. October 1853 richteten 12 conservative Bürger, der Beistimmung eines großen Theils ihrer Mitbürger gewiß, eine Eingabe an die Bundesversammlung, in welcher sie den Bundesbeschluß vom 12. August 1852 als nicht ausgeführt, den Gesetzgebenden Körper als illegal gewählt erklärten, eine Reihe weiterer Beschwerden beifügten u. die Bundesversammlung um Inhibition der Wirksamkeit des Gesetzgebenden Körpers u. um die Wiederherstellung eines politischen Rechtszustandes, wie ihn die Ehre u. das Gemeinwohl der Stadt verlange, ersuchten. Diese Eingabe äußerte keine Wirkung. Die demokratische Fraction der Bürgerschaft enthielt sich fortwährend der Betheiligung an den Wahlen u. damit an den Reformen. Am 2. December 1854 legte der Senat dem Gesetzgebenden Körper ein organisches Gesetz vor, in welchem er der früher beaustandeten Ansicht des Gesetzgebenden Körpers wegen der Richterwahl beipflichtet, u. der Gesetzgebende Körper nahm dieses organische Gesetz am 22. December 1854 unverändert an. Der Handwerker- u. Gewerbestand hielt sich in manchen Beziehungen verletzt u. überreichte dem Senate am 10. Januar 1855 einen Protest für den Fall, daß der Entwurf der Bürgerschaft zur allgemeinen Abstimmung vorgelegt werden sollte. Der Senat gab dem Proteste der Handwerker keine Folge, sondern publicirte das organische Gesetz am 18. Januar u. beraumte die allgemeine Abstimmung auf den 5. u. 6 Februar an. Nach Artikel 50 der Constitutions-Ergänzungsacte erhielt eine allgemeine Abstimmung über eine von Senat u. Gesetzgebendem Körper beschlossene Verfassungsänderung erst dann Gesetzeskraft, wenn über dieselbe in den drei Abtheilungen der Stimmberechtigten durch die Mehrheit abgestimmt worden u. zwei Abtheilungen für die Annahme gestimmt haben. In den zwei ersten Abtheilungen hatte nun eine Mehrheit sich für das Gesetz ausgesprochen, u. auf Grund dieses Umstandes machte der Senat durch Erlaß vom 13 Februar bekannt, daß das organische Gesetz durch zwei Abtheilungen angenommen worden sei u. daher in Kraft trete. Die in dieser Wetse abgeänderte Verfassung von 1816 gelangte am 16. Sept. 1856 zur Ausführung. Zugleich wurde den bei dem Barrikadenkampfe vom 18. Sept. 1848 Betheiligten eine Amnestie ertheilt. Obwohl jetzt die beiden anderen Parteien ihre Passivität bei den Wahlen aufgaben, erhielt die Gothaer Partei dennoch die Mehrheit in dem Gesetzgebenden Körper. Der Senat bestand nach seiner Reduction aus 21 ordentlichen Mitgliedern: 18 Juristen, 2 Kaufleuten u. 1 Handwerker, obgleich nach dem neuen organischen Gesetze 4 Handverker ordentliche Mitgliederdes Senats sein müssen. Außerdem verblieben noch 11 außerordentliche u. überzählige Senatsmitglieder der früheren 3. Bank mit der Berechtigung, allen Senatssitzungen beizuwohnen. Die Gehalte der ordentlichen 21 Senatoren wurden zum Theil mehr als verdoppelt. Im Laufe des Gesetzgebungsjahres 1856–57 beschloß die Gesetzgebende Versammlung den Bau einer Verbindungsbahn (s. oben), trotzdem daß ungefähr 2000 Bürger eine Eingabe an den Senat richteten, um die Ausführung derselben zu hindern; ferner kam eine neue lutherische Gemeindeordnung zu Stande, durch welche die Stadt in Sprengel eingetheilt u. die Wahl der Pfarrer den Gemeindeangehörigen überlassen wurde. Die deutsch-österreichische Münzconvention wurde sanctionirt, mit dem Zusatze, der Senat möge dahin wirken, daß die Staaten des 521/2-Guldenfußes die neue österreichische Währung annähmen. Ein Anlehen von 3,500,000 Fl. wurde genehmigt, sowohl zur Deckung der Ausgaben für die neue Gerichtsorganisation, als auch zur Ausführung öffentlicher Bauten, Verbindungsbahn, Wasserleitung etc. Die Vermehrung der Staatsschuld schwächte indeß das Ansehen der herrschenden Partei, so daß bei den nächsten Wahlen im October 1857 ein Theil der ehemaligen Conservativen für die demokratische Wahlmännerliste stimmte u. der neue Gesetzgebende Körper mit Ausnahme von 9 Mitgliedern aus Anhängern der demokratischen Fraction bestand; derselbe nahm einen Antrag auf weitere Verminderung der Senatsmitglieder mit großer Mehrheit an. Am 15. Jan. 1850 ertheilte er der Einführung des allgemeinen deutschen Zollgewichts in F. seine Zustimmung, verwarf dagegen den vom Senate abgeschlossenen Vertrag mit Frankreich zum Schutze des literarischen u. artistischen Eigenthums Dem Antrage auf Verminderung der Senatsmitglieder gab der Senat keine Folge. Noch deutlicherzeigte sich der Zwiespalt zwischen Senat u. Gesetzgebendem Körper bei verschiedenen liberalen Forderuugen des letzteren, als staatsbürgerliche Gleichstellung der Israeliten, Verbesserung der Gehalte der Beamten etc. Bei den Wahlen im Herbste 1858 unterlag die Gothaer Fraction in allen 3 Klassen der Urwähler. Am 1. Novbr. constituirte sich die neugewählte Versammlung. Ein erneuerter Versuch, den Senat am 7. Nov. zu ergänzen, mißlang, da die Wahlmänner des Gesetzgebenden Körpers wie im vorigen Jahre, sich auch diesmal mit den übrigen Wahlberechtigten nicht einigen konnten.

Vgl. Faber, Beschreibung von F. a.M. Frankf. 1788 f., 2 Bde.; Moritz, Staatsverfassung der Reichsstadt F., ebd. 1785; G. Käppe (, Beschreibung von F. a. M., Eßling. 1811; Skizzirtes Gemäld von F. u. Umgebung, Mainz 1811; C. L. Franck, Topographischer Überblick der Stadt F., Frankf. [⇐487][488⇒] 1821; A. Kirchner, Geschichte der Stadt F., ebd. 1807–1810, 2 Bde.; Feyerlein, Nachträge u. Berichtigungen, ebd. 1809 f., 2 Bde.; v. Fichardt, Die Entstehung der Reichsstadt F. u. des Verhältnisses ihrer Bewohner, ebd. 1819; Panorama von F., gezeichnet von F. Morgenstern, beschrieben von B. Hundeshagen, ebd. 1814; Thomas, Frankfurter Annalen von 739–1300, ebd. 1838. [⇐488]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 484-488.
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[750⇒] Frankfurt am Main, ehemal. Hauptstadt des ostfränk. Reiches, später mit vielen Privilegien begabte freie Reichs-, Wahl- und Krönungsstadt der römisch-deutschen Kaiser und Festung, zu den Zeiten des Rheinbundes Residenzstadt des Großherzogthums F. (s. Dalberg), jetzt eine der 4 freien Städte und Sitz der deutschen Bundesversammlung, in schöner, fruchtbarer Ebene auf der rechten Mainseite, durch 2 massive steinerne Brücken (die ältere aus dem 13. Jahrh., die neue als Eisenbahnbrücke) mit dem jenseitigen Ufer u. dem zu F. gehörigen Sachsenhausen verbunden; F. zählte Ende 1852 ohne das Militär (etwa 6000 Mann) 63265 E., darunter 51515 Protestanten, 7000 Katholiken u. 4750 Juden; Eisenbahnstern der Taunus- (Zweigbahn nach Soden), Main-Weser-, Main-Neckar- (Zweigbahn nach Offenbach) u. Hanauerbahn. Als Handelsplatz, namentl. in Wechselgeschäften, und durch seine Frühjahrs- und Herbstmesse von großer Wichtigkeit, ist F. durch starken Fremdenverkehr (auf 130000 jährlich angeschlagen) belebt, besitzt eine Bank, Börse, Effektensocietät, unterhält Schiffahrt auf Main und Rhein durch Dampf- und Schleppboote, hat vorzüglichen Gemüse- und Obstbau (Aepfelwein) u. eine schwefelhaltige Mineralquelle. F. ist ausgezeichnet durch seine histor. Merkwürdigkeiten, durch Handels- und Gewerbfleiß. Statt der ehemaligen Festungswerke umgeben herrliche Promenaden die Stadt im Halbkreis bis zur Mainseite. F. ist in 14 Quartiere (von A bis O) eingetheilt, wovon Sachsenhausen das letzte bildet, hat 7 Land- und 7 Mainthore, vor welchen ersteren zahlreiche, prachtvolle Landhäuser stehen. Kirchen: 4 kathol., nämlich die Domkirche zu St. Bartholomäi, ehemaliges kurmainzisches Stift, gegründet von Ludwig dem Deutschen, mit der Wahlkapelle der Kaiser des hl. [⇐750][751⇒] röm. Reichs, dem Grabmal des Kaisers Günther von Schwarzburg (gest. 1349); die St. Leonhardskirche, gestiftet 1219 von Kaiser Friedrich II., auf die Stätte der alten Residenz der fränk. Könige u. Herzoge gebaut; die Liebfrauenkirche, gestiftet 1322; die Deutschhauskirche in Sachsenhausen, 1309 geweiht; 7 protestant., darunter besonders die St. Katharinen- und die Paulskirche, 1833 eröffnet, 1848 u. 49 Sitz des deutschen Parlaments, jetzt wieder zum Gottesdienst eingerichtet; 1 deutsch-reformirte, 1 franz.-reformirte Kirche. Die Juden haben 2 Synagogen. Außerdem sind merkwürdig: das Rathhaus oder der Römer, mit dem Kaisersaal u. Karls IV. goldener Bulle von 1356; das Haus Braunfels, ehemaliger Sitz des kaiserl. Kammergerichts (31. Oktbr. 1495 von Kaiser Max I. eröffnet); mehre ehemalige Klöster; das Leinwandhaus, eines der ältesten Gebäude; das Thurn- und Taxische Palais, worin die deutsche Bundesversammlung ihre Sitzungen hält; die neue Börse; in Sachsenhausen das deutsche Haus, ehemal. zeitweilige Residenz der Hoch- u. Deutschmeister seit Ludwig von Schwalbach (1273), seit 1833 Kaserne der österr., jetzt der bayer. Garnison; unter den öffentlichen Kunstwerken besonders das Göthemonument von Schwanthaler; unter den Anstalten für Wissenschaft u. Kunst: die Stadtbibliothek mit Münzkabinet u. dem Marmorbilde Göthes von Marchesi; die reiche, Meisterwerke jeder Schule enthaltende Städelsche Gemäldegalerie u. Antikensammlung mit Malerschule und Bibliothek, das Senkenbergische naturhistorische Museum, das Bethmannische Antikenkabinet mit der Ariadne Danneckers (s. d.), sonstige Privat-, Gemälde- etc. Sammlungen. F. hat ein Gymnasium, 5 öffentliche und viele Privat-Schulen, gemeinnützige Anstalten etc. – Die Gründung F.s ist uralt; die Franken hatten hier eine Furt zum Mainübergang, wovon die Stadt den Namen erhielt. Zu den Zeiten Karls d. Gr. muß sie schon ziemlich bedeutend gewesen sein, indem derselbe 794 eine Synode dahin berief, ebenso im J. 799. Nachmals wurde die Stadt vielfach begünstigt, namentl. durch Ludwig den Deutschen, Friedrich Barbarossa etc.; sie durchlief sodann mancherlei Phasen, bis ihr endlich der 18. Oktbr. 1816 die jetzige demokrat. Verfassung brachte, mit gesetzgebendem Körper und executivem Senat, an dessen Spitze 2 jährlich wechselnde Bürgermeister stehen. Die Bewegungen des J. 1848 konnten diese Verfassung nur für kurze Zeit erschüttern, worauf sie durch Senatsbeschluß wieder hergestellt wurde. – F. hat ein Appellationsgericht, die höchste Instanz ist das Oberappellationsgericht in Lübeck. Das F.er Gebiet (außer der Stadt 1 Flecken u. mehrere meist luther. Dörfer), umfaßt 14/5 QM., zusammen mit etwa 75000 E. Das Bundeskontingent beträgt 1024 Mann. Die Garnison, 5200 M., besteht aus Oesterreichern, Preußen und Bayern. 1853 betrugen die Staatseinnahmen 1655200 fl., die Ausgaben 1686140 fl. 33 kr., die Staatsschuld 6680000 fl. und die Eisenbahnschuld 6768700 fl. [⇐751]

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 750-751.
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Frankfurt am Main
Frankfurt am Main

[78⇒] Frankfurt am Main, der Zahl der Einwohner nach die zweite, in politischer Bedeutung die erste der vier freien Städte Deutschlands, liegt auf dem rechten Mainufer in einer meist flachen, sandigen, aber trefflich angebauten Gegend.

Nach N. erblickt man die Berge der Höhe oder des Taunus und im S. die des Odenwaldes in der Entfernung einiger Meilen. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf 52,000, unter denen die meisten der lutherischen, 2500 der reformirten, 6000 der katholischen Kirche angehören. Juden, deren Rechte seit einigen Jahren bedeutend erweitert worden sind, gibt es mehr als 6000. Im Ganzen ist F. nicht schön gebaut. Die Straßen sind unregelmäßig und meist nicht breit, und neben sehr ansehnlichen Gebäuden gibt es viele kleine und alte. Doch hat es sich in neuerer Zeit sehr verschönert, und besonders ist vor den Thoren viel gebaut worden, seitdem die Stadt aufgehört hat, Festung zu sein. Statt der ehemaligen Wälle und Gräben ist sie mit schönen Gärten und Spaziergängen umgeben. Über den Main führt eine breite steinerne Brücke nach der Vorstadt Sachsenhausen, auf welche von jener Einwohnerzahl 5000 kommen. Die größte Wichtigkeit erhält F. durch seinen Handel und Verkehr, der durch die zwei blühenden Messen sehr befördert wird. Die wichtigsten Handelsgegenstände sind: franz. und Rheinweine, Wolle, deutsche, franz., helvet., italien. und engl. Fabrikwaaren, Colonialwaaren und Leder; außerdem werden sehr wichtige Wechsel- und Speditionsgeschäfte getrieben. Die Fabriken sind nicht ausgezeichnet, doch gibt es deren mehre, vorzüglich für Schnupftaback. Ehemals war F. der Hauptsitz des deutschen Buchhandels, was jetzt Leipzig ist. F. hat 7 Land- und 7 Wasserthore. Unter den Straßen zeichnen sich die Zeit, die meist gerade, breit und mit schönen Gebäuden geziert ist, die große Gallus-, die Schnur-, die Sandgasse, die neue Kräm und die neue Mainzerstraße aus; unter den Plätzen: der Paradeplatz, der Roßmarkt, der Platz am Römer und der am Liebfrauenberge. Die merkwürdigsten Gebäude sind: der Römer oder das Rathhaus, in welchem sonst die Wahl des röm. Kaisers berathen wurde, ein altes, ehrwürdiges Gebäude. Hier ist der Kaisersaal, geschmückt mit den Bildern sämmtlicher Kaiser, und das Wahlzimmer, geziert mit Purpurtapeten und wunderlich verschnörkelten Goldleisten; der Thurn- und Taxische Palast, jetzt der Versammlungsort der Bundesversammlung, 1740 erbaut; der Saalhof, einst ein Residenzschloß karolingischer Kaiser, jetzt zum Speicher benutzt; die Börse; das Haus zum Braunfels, auch zu Kaufmannsgeschäften bestimmt; das ehemalige Zeughaus, jetzt zu Kaufgewölben eingerichtet; der Dom oder die Bartholomäikirche, im altdeutschen Styl gebaut, mit dem Grabmale des deutschen Kaisers Günther; auch ist hier die ehemalige Wahlkapelle oder das Conclave, wo die feierliche Wahl der Kaiser vollzogen wurde. An wissenschaftlichen Anstalten und Sammlungen ist F. reich. Es gehören dahin: die aus 100,000 Bänden bestehende Stadt- und Rathsbibliothek, für die seit 1825 ein neues Gebäude errichtet worden ist; ein sehr gut eingerichtetes Gymnasium im ehemaligen Barfüßerkloster; eine Bürgerschule; mehre Volksschulen, zu denen auch eine Sonntagsschule zu rechnen ist; ein Taubstummeninstitut; ein Gelehrtenverein für deutsche Sprache; die Senkenberg'sche naturforschende Gesellschaft, zu der 1817 gegründeten Senkenberg'schen Stiftung gehörig, die auch ein medicinisches und anatomisches Institut, ein Hospital und einen botanischen Garten enthält und ein eignes großes Gebäude für ihre Sammlungen besitzt; mehre öffentliche Bibliotheken und Gelehrtenvereine; das Städelsche Kunstinstitut; der sehr werthvolle Antikensaal im Bethmann'schen Hause; das Museum [⇐78][79⇒] mit mehren sehr guten Sammlungen u.s.w. Auch an Wohlthätigkeitsanstalten fehlt es nicht; dahin gehören außer dem senkenberg'schen Hospitale die seit 1809 eingerichtete Armencommission, das große Hospital zum h Geist, das allgemeine Waisenhaus, das neue Waisenhaus, das Versorgungshaus für hülfsbedürftige alte Leute, mehre Hospitäler und Privatstiftungen. Unter den Privatgebäuden darf das Göthe'sche Haus nicht übersehen werden, in welchem der große Dichter 1749 geboren wurde.

Von der Stadt F. müssen wir das Gebiet unterscheiden, das einen Flächenraum von 41/3 ! M. enthält, mit 60,000 Menschen, die Stadtbewohner eingeschlossen. Der sehr gut bebaute Boden bringt vorzugsweise Gemüse, Wein und Obst hervor; doch müssen für die Bedürfnisse der Stadt noch viele Lebensmittel von auswärts herbeigeholt werden.

F. war schon seit 1254 freie Reichsstadt, wurde aber durch Napoleon zu einem Großherzogthum F. gemacht und dem Fürsten Primas Karl von Dalberg (s.d.) übergeben. Nach dem Sturze Napoleon's wurde es wieder freie Reichsstadt und hat seit 1816 eine neue Verfassung. An der Spitze der Regierung stehen drei Gewalten: der gesetzgebende Körper, der Senat und der ständische Bürgerausschuß. Der erstere besteht aus 20 von und aus dem Senat gewählten Männern, aus 20 Mitgliedern des ständischen Bürgerausschusses und 45 aus der christlichen Bürgerschaft gewählten Personen. Die ausübende Macht liegt in den Händen des Senats, der aus 42 Mitgliedern besteht, deren dritter Theil aus dem Stande der angesehensten Handwerker gewählt wird. Die Wahl der beiden Bürgermeister wird jährlich erneuert. Der ständische Bürgerausschuß enthält 60 Mitglieder. Die Staatseinkünfte belaufen sich ungefähr auf 760,000 Gulden. Auf der Bundesversammlung hat F. mit den drei übrigen freien Städten Eine Stimme und führt unter ihnen den Vorsitz. Die Stadt hält 700 M. Soldaten und hat 475 M. als Bundescontingent zu stellen. In neuester Zeit ist F. dem von Preußen ausgegangenen Zollvereine beigetreten. [⇐79]

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 78-79.
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[181⇒] Frankfurt am Main am Main, freie Bundesstadt mit 46,000 Einwohnern, ehemals die Krönungsstadt der deutschen Kaiser, am rechten Ufer des Mains in einer anmuthigen Gegend. Die schönsten Plätze sind der Roßmarkt, der Römerberg und der Liebfrauenberg. Die prächtigste Straße der Stadt, eine Art italienische Corso, ist die Zeile, wo man neben den großartigsten Gasthöfen eine große Anzahl von Palästen erblickt. Frankfurt hat mehrere alte ehrwürdige Baudenkmale, z. B. den Römer (ehedem Kaiserhof genannt), die Bartholomäus- und Barfüßerkirche etc. Merkwürdig sind noch der Palast des Bundestags, die Börse, das Theater, das senkenberg'sche Stift, mehrere Hospitäler, Bibliotheken etc. Hier wurden Goethe, Klinger, Bettina von Arnim geboren. Segensreich für Kunst und Wissenschaft war die Regierungszeit des Primas von Dalberg, der auch das dortige Museum begründete. Eben so zahlreich als rühmenswerth sind Frankfurts Lehranstalten; der Handel, belebt durch zwei Messen im Jahre, ist sehr bedeutend, die [⇐181] [182⇒] Fabriken in Wachstuch, Tapeten, Teppichen, Gold- und Silberwaaren etc. sind äußerst lebhaft. Frankfurt gewinnt namentlich in den Sommermonaten, wo es für die Brunnengäste, welche nach den süddeutschen Bädern reisen, einen Centralplatz bildet, ungemein an Lebhaftigkeit. – Die dortige Bühne ist eine der geschätztesten Deutschlands und hat Talente, wie: die Lindner, Fischer-Achten etc. aufzuweisen.

–i– [⇐182]

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 181-182.
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[47⇒] Frankfurt am Main, eine berühmte Reichsstadt an den Fränkischen Gränzen in der Wetterau, zum Oberrheinischen Kreise gehörig, welche durch den dazwischen fließenden Main in zwei vermittelst der Mainbrücke zusammenhängende Theile getheilt wird, von denen der größere Frankfurt, der kleinere Sachsenhausen heißt. Frankfurt ist keine eigentliche Festung, aber doch durch Mauern und Wälle und einem breiten mit Wasser angefüllten Graben vor Ueberrumpelung gesichert. Die Volksmenge beträgt 43,000, ungerechnet 7000 Juden, welche in einer besondern Gasse beisammen wohnen. Frankfurt ist ein beträchtlicher Handelsort; und es werden daselbst jährlich zwei Messen gehalten, von denen die eine zu Ostern, die zweite im August und September fällt. Die jedesmahlige Kaiserwahl und gegenwärtig zugleich auch die Kaiserkrönung (welche letztere, der goldenen Bulle gemäß, eigentlich zu Aachen sein soll) zieht nicht minder eine zahlreiche Menge Menschen dahin. Das dasige Rathhaus, welches in diesem Falle besonders wichtig ist, wird der Römer genannt. In Rücksicht auf die Cultur behauptet Frankfurt einen vorzüglichen Rang unter Deutschlands Städten; ein Vorzug, den es zum Theil den dortigen Reformirten verdankt, welche auch 1554 daselbst eine Kirche erhielten, die ihnen aber 1561 wieder genommen wurde, seit welcher Zeit sie ihren Gottesdienst in dem benachbarten Hanauischen Flecken [⇐47][48⇒] Bockenheim halten. In der Nachbarschaft von Frankfurt befindet sich das Schlachtfeld bei dem Dorfe Bergen (wo die Franzosen 1759 eine Schlacht gewannen), die schöne Stadt Hanau, das berühmte Wilhelmsbad, wie auch die Bäder Wisbaden, Schwalbach, Schlangenbad. – Zwei Mahl in dem gegenwärtigen Kriege wurde Frankfurt von den Franzosen besetzt. Das erste Mahl zog, nach Custineʼs schnellem Vorrücken in Deutschland, General Neuwinger am 22. Octbr. 1792, den Tag nach der Einnahme von Mainz, in Frankfurt ein: da aber Custine bald von den Preußen und Hessen zurückgedrängt wurde, und in Frankfurt eine zu schwache Besatzung ließ; welche durchaus unfähig war, einem vorherzusehenden Angriff zu widerstehen (wiewohl er dem Commandeur derselben, dem General Helden, sich bis aufs äußerste zu wehren befahl); so wurde diese Stadt d. 2. Dec. d. J. von den genannten Armeen wieder erobert. Das zweite Mahl rückten die Franzosen in dem merkwürdigen Sommer 1796 in Frankfurt ein, nachdem Jourdan d. 13. Jul. den unter der Gewalt der Oestreichischen Besatzung stehenden Rath vergebens zur Uebergabe aufgefordert hatte und 180 Häuser ein Raub der Flammen geworden waren. Allein zu Folge der günstigen Wendung, die der Krieg zu Ende des Sommers für die Deutschen nahm, räumten die Franzosen in der Nacht vom 7. auf den 8. September Frankfurt wieder, das sie seit dem 16. Jul. besetzt hatten. [⇐48]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 47-48.
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[362⇒] *Frankfurt am Main, diese ehemalige [⇐362][363⇒] alte Reichsstadt wurde nach mancherlei schweren Bedrückungen endlich, in Gemäßheit der errichteten Rhein-Conföderation, von dem Fürst Primas Carl von Regensburg und Aschaffenburg den 9. September 1806 in Besitz genommen, und die neue Organisation derselben durch ein Edikt vom 10. October bekannt gemacht, vermöge dessen die oberste Justiz-Stelle, das Oberappellationsgericht in Aschaffenburg, dann das Schöffengericht in Frankfurt und als unterste Instanz das Stadtgericht daselbst ist. Die Mitglieder aller drei Religionen können zu einem öffentlichen Amte gelangen. In Ansehung der Gesetzgebung werden die Verordnungen von dem Senat entworfen und dem Fürsten vorgeschlagen; außerdem ist der Senat das repräsentative Collegium des städtischen gemeinen Wesens, und besteht aus dem Stadtschultheißen (als der ersten Magistratsperson), 2 Bürgermeistern und 14 Senatoren. Uebrigens wird Frankfurt, dessen Einwohner man auf 50,000 anschlägt, der Sitz der Versammlung der rheinischen Conföderation. [⇐363]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 362-363.
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