Artikel in der Wikipedia: Berlin
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193. Berlin.
193. Berlin.
Deutsches Reich. I. (Karten)
Deutsches Reich. I. (Karten)
Provinzen Brandenburg, Posen, Schlesien und Königreich Sachsen. I. (Karten)
Provinzen Brandenburg, Posen, Schlesien und Königreich Sachsen. I. (Karten)
Renaissance. II. 1. Gewandhaus zu Braunschweig (1590). 2. Alte Universität zu Wien (1755). 3. Kunstakademie zu München (von Neureuther, 1873-85). 4. Dom zu Berlin (von Julius und Otto Raschdorff, 1894-1905). 5. Reichstagsgebäude zu Berlin (von Wallot, 1884-94).
Renaissance. II. 1. Gewandhaus zu Braunschweig (1590). 2. Alte Universität zu Wien (1755). 3. Kunstakademie zu München (von Neureuther, 1873-85). 4. Dom zu ...
Provinzen Brandenburg, Posen, Schlesien und Königreich Sachsen. II. 1. Brandenburger Tor in Berlin. 2. Havellandschaft mit Schloß Babelsberg. 3. Gehöft im Spreewalde. 4. Alter Markt mit Rathaus in Posen. 5. Riesengebirge mit Krummhübel und Schneekoppe. 6. Rathaus in Breslau. 7. Dresden-Altstadt. 8. Sächsische Schweiz mit Bastei.
Provinzen Brandenburg, Posen, Schlesien und Königreich Sachsen. II. 1. Brandenburger Tor in Berlin. 2. Havellandschaft mit Schloß Babelsberg. 3. Gehöft im ...
Renaissance. II. 1. Gewandhaus zu Braunschweig (1590). 2. Alte Universität zu Wien (1755). 3. Kunstakademie zu München (von Neureuther, 1873-85). 4. Dom zu Berlin (von Julius und Otto Raschdorff, 1894-1905). 5. Reichstagsgebäude zu Berlin (von Wallot, 1884-94).
Renaissance. II. 1. Gewandhaus zu Braunschweig (1590). 2. Alte Universität zu Wien (1755). 3. Kunstakademie zu München (von Neureuther, 1873-85). 4. Dom zu ...
Romanischer Stil. I. 1. Notre-Dame du Port zu Clermont-Ferrand (9. Jahrh.). 2. Dom zu Pisa (1118 geweiht) nebst Glockenturm (sog. Schiefer Turm, 1174-1350). 3. Burg Dankwarderode zu Braunschweig (1150-60). 4. Inneres der Kirche zu Gernrode (10. Jahrh.). 5. Dom zu Worms (11. bis 12. Jahrh.). 6. Dom zu Bamberg (1237 geweiht). 7. Dom zu Limburg a. d. Lahn (13. Jahrh.). 8. Inneres des Doms zu Limburg. 9. Garnisonkirche zu Stuttgart (1879, von Dollinger). 10. Bennokirche zu München (1894, von Romeis). 11. Gnadenkirche zu Berlin (1895, von Spitta).
Romanischer Stil. I. 1. Notre-Dame du Port zu Clermont-Ferrand (9. Jahrh.). 2. Dom zu Pisa (1118 geweiht) nebst Glockenturm (sog. Schiefer Turm, 1174-1350). 3. ...

[188⇒] Berlin, Haupt- und Residenzstadt des Königr. Preußen und des Deutschen Reichs [Karten: Deutsches Reich I, mit Nebenkarte 3, und Provinzen Brandenburg etc. I], 1881 als selbständiger Verwaltungsbezirk aus der Prov. Brandenburg ausgeschieden, an der schiffbaren Spree, 63 qkm, (1900) 1.884.848 E. (187.848 Katholiken, 92.206 Israeliten; 23.142 Militärpersonen), Sitz der meisten Reichsbehörden, der obersten preuß. Staatsbehörden, des Reichstags, preuß. Landtags, der Botschafter, Gesandten, des Kammer-, zweier Land-, vier Amtsgerichte, einer Oberpostdirektion etc. Die Lange oder Kurfürstenbrücke zwischen den Stadtteilen Kölln und B. mit dem Reiterstandbild des Großen Kurfürsten (von Schlüter) führt auf den Schloßplatz mit Schloßbrunnen (von R. Begas, 1898) und königl. Schloß, auf dessen Westseite das Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. (von R. Begas, 1897), auf der Nordseite der Lustgarten mit dem Reiterstandbild Friedrich Wilhlems III. (von Alb. Wolff, 1871), dem neuen Dom (von Raschdorff, 1905 [Tafel: Renaissance II, 4]), dem Alten Museum (von Schinkel), hinter dem das Neue Museum und die Nationalgalerie (beide von Stüler) mit dem Reiterstandbild Friedrich Wilhelms IV. (von Calandrelli, 1886), das Pergamon- und Kaiser-Friedrich-Museum (von Ihne, 1904), davor das Reiterstandbild des Kaisers Friedrich (von Maison, 1902). Vom Lustgarten nach NO. führt die Kaiser-Wilhelm-Brücke und -Straße, nach W. die Schloßbrücke (mit 8 Marmorgruppen, den Lebensgang des Kriegers darstellend) und Straße »Unter den Linden«, vor welcher das Reiterstandbild Friedrichs d. Gr. (von Rauch, 1851); dazwischen der Opernplatz mit rechts Ruhmeshalle (ehemals Zeughaus), Universität und Akademiegebäude, links Palais der ehemal. Kaiserin Friedrich, Opernhaus, dahinter die kath. Hedwigskirche, die königl. Bibliothek und das Palais Kaiser Wilhelms I. (jetzt Eigentum des Prinzen Heinrich). Die »Linden« endigen mit dem Pariser Platz am Brandenburger Tor (nach dem Vorbild der Propyläen Athens, mit der Quadriga der Siegesgöttin [Tafel: Brandenburg etc. II, 1], das in den Tiergarten (255 ha) führt, woselbst die Denkmalsanlage für den Kaiser und die Kaiserin Friedrich (von Ihne, 1903) mit den Standbildern beider von Brütt und Gerth, die Denkmäler Goethes (von Schaper, 1880), Lessings (von O. Lessing, 1890), Friedrich Wilhelms III. (von Drake, 1849), der Königin Luise (von Ende, 1880), Richard Wagners (von Eberlein, 1903) und auf dem nahen Königsplatz die Siegessäule (67 m, von Strack, 1873) und das Reichstagsgebäude (von Paul Wallot, 1894 [Tafel: Renaissance II, 5]), davor das Kolossalstandbild Bismarcks (R. Begas, 1901). Weiter führt die Hauptallee über die Siegesallee mit 32 Standbildergruppen der brandenb.-preuß. Herrscher nach Charlottenburg. Mehr als 80 Kirchen und Kapellen, darunter: Nikolai- (12. Jahrh.), Kloster- (13. Jahrh.), Friedrich-Werdersche (von Schinkel), Markus- (von Stüler), Thomas- (von Adler), Petri-, Zions- und Dankes-(1873 und 1884, beide von Orth), Gnaden- (von Spitta, 1895 [Tafel: Romanischer Stil I, 11]), Kaiser-Wilhelm- und Kaiser-Friedrich-Gedächtnis- (von Schwechten und von Vollmer, 1895), Emmaus-(1893), die geräumigste Kirche der Stadt, die kath. Michaelskirche (1856); dazu die Neue Synagoge (1866). Andere Plätze: Wilhelmsplatz, Belle-Allianceplatz am südl. Ende der 21/2 km langen Friedrichsstraße, Leipziger Platz, Schillerplatz (früher Gendarmenmarkt) mit dem königl. Schauspielhaus (1905 umgebaut), davor das Schillerstandbild (von R. Begas, 1871), Dönhoffsplatz, Alexanderplatz mit der Berolina (von Hundrieser, 1895), Neuer Markt mit Lutherdenkmal (von Otto, 1895).

Bildungsanstalten: Friedrich-Wilhelms-Universität (seit 1810), Akademien der Wissenschaften und der Künste, Technische, Landw. und Tierärztliche Hochschule, Geolog. Landesanstalt mit Bergakademie, Hochschule für Musik, Akademische Hochschule für die bildenden Künste, Militärtechnische Akademie, Seminar für oriental. Sprachen, Physik.-technische Reichsanstalt, Kriegsakademie und andere Militärbildungsanstalten, Sternwarte, königl. Bibliothek (900.000 Bde.). Außer den oben erwähnten Museen: Museum für Völkerkunde, Kunstgewerbe-, Hohenzollern-, Märk. Provinzialmuseum, Museum für deutsche Volkstrachten, Postmuseum; 25 größere Theater. Schulen: 18 Gymnasien, 8 Realgymnasien, 2 Ober-, 12 Realschulen, Lehrer-, Lehrerinnenseminar, israel. Lehrerseminar, 32 höhere Mädchen- und zahlreiche andere Schulen.

B. ist die erste Industriestadt Deutschlands und der erste Binnenhandelsplatz Europas, namentlich für Getreide, Spiritus und Wolle sowie Weltmarkt im Bank-und Wechselgeschäft und Knotenpunkt des mitteleurop. Eisenbahnnetzes mit zahlreichen Bahnhöfen; die Berliner Stadt- und Ringbahn (51 km, meist viergleisig) führt um und quer durch die Stadt von O. nach W., die Elektr. Hoch- und Untergrundbahn südl. im Halbkreis durch die Stadt von O. nach Potsdamer Bahnhof und Charlottenburg (Wilhelmsplatz). Daneben bestehen über 500 km elektr. und Dampfstraßenbahnen, 2 Omnibusgesellschaften u.a.

B., entstanden aus der Vereinigung (1307) der beiden ursprünglichen Fischerdörfer Kölln (auf einer Spreeinsel) und B. (rechts an der Spree), die zwischen 1225 und 1232 das brandenb. Stadtrecht erhielten, galt im 14. Jahrh. als Hauptstadt der Landsch. Barnim und Teltow, trat dem Hansebund bei und blieb seit Johann Cicero (1486-99) beständig Residenz. Es ward bes. durch den Großen Kurfürsten sehr vergrößert, bildete sich unter Friedrich d. Gr. nach den Brandschatzungen im Siebenjähr. Kriege durch die Österreicher (1757) und Russen (1760) zu einem Industrie- und Handelsplatze aus (1707: 55.000 E.; 1800: 172.132 E.) und wurde im 19. Jahrh. bes. durch Schinkel und Rauch großartig verschönert. Sehr schnell wuchs es dann zur Weltstadt heran (1858: 448.610, 1871: 824.580, 1880: 1.122.330, 1895: 1.677.304 E.), in welcher 1878 der Berliner Kongreß (s.d.), 1880 die Berliner Konferenz (s.d.), Nov. 1884 bis Febr. 1885 die Kongokonferenz, März 1890 die Arbeiterschutzkonferenz, 1891 die erste internationale Kunstausstellung abgehalten wurden.

Vgl. Borrmann, »Die Bau- und Kunstdenkmäler von B.« (1893); Schwebel, »Geschichte der Stadt B.« (2 Bde., 1888); Streckfuß, »500 Jahre Berliner Geschichte« (1900). [⇐188]

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 188.
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[692⇒] Berlin (hierzu zwei Stadtpläne: »Übersichtsplan« und »Innere Stadt«, mit Registerblättern), die Hauptstadt des Deutschen Reiches und des Königreichs Preußen, zugleich erste Residenz des deutschen Kaisers und Königs von Preußen und Sitz der höchsten Reichs- und Staatsbehörden. B. liegt unter 52°30´ 16´´ nördl. Br. und 13°23´ 43´´ östl. L. (demnach Reduktion von Ortszeit auf M.E.Z.: +6m 25s), Meereshöhe am Oberbaum, im O., 31,38 m, am Unterbaum, im W., 30,13 m über dem Spiegel der Ostsee, an beiden Ufern der Spree, welche die Stadt von SO. nach NW. durchfließt, sich gabelt und von N. her die Panke aufnimmt.

Wappen der Stadt Berlin. (Vgl. S. 701.)
Wappen der Stadt Berlin. (Vgl. S. 701.)

Links von der Spree geht oberhalb B. der Landwehr- oder Schiffahrtskanal ab, der, 10,3 km lang, durch den 2 km langen Luisenstädtischen Kanal mit der Spree innerhalb der Stadt verbunden ist; rechts der Spree geht unterhalb der Stadt der Spandauer Schiffahrtskanal in einer Länge von 12,05 km zu dem Ausgang des Tegeler Sees in die Havel. Das Weichbild der Stadt umfaßt 63,49 qkm (1,15 QM.). Der Durchmesser des städtischen Terrains von N. nach S. ist 9,265 km, von O. nach W. 10,056 km, der Umfang 47,3 km. Die mittlere Temperatur beträgt 9,2°, die Niederschläge 589 mm.

Stadtteile. Öffentliche Anlagen.

Die historischen Stadtteile sind durch die natürlichen Wasserläufe, die jetzt aber z. T. zugeschüttet sind, voneinander geschieden, und zwar: Alt- Kölln, als Zentrum der Stadt mit dem königlichen Schloß auf der Spreeinsel, Alt-B., von gleichem Alter, mit dem Rathaus, nördlich davon gelegen Friedrichswerder und Neu-Kölln mit dem Zeughaus und der Reichsbank, ferner die Dorotheenstadt und Friedrichstadt, [⇐692][693⇒] die sich in der Behrenstraße scheiden, zusammen aber von der Friedrichstraße durchzogen werden. Nördlich an die Dorotheenstadt am rechten Spreeufer stößt die Friedrich-Wilhelmstadt, die durch die Verlängerung der Friedrichstraße von dem Spandauer Viertel getrennt wird. Die Fortsetzung des letztern nach O. bilden die Königsstadt und das Stralauer Viertel, das mit der Friedrichstadt durch die Luisenstadt am linken Spreeufer verbunden ist. Diese letzten sieben Stadtteile bilden einen zweiten konzentrischen Kreis um die drei vorher genannten, die in unmittelbarem Anschluß an den Mittelpunkt den ersten Kreis bilden. Im W., N. und S. schiebt sich sodann noch ein dritter, im O. allerdings nicht geschlossener Kreis vor, dessen Mitte von dem Tiergarten eingenommen wird. Nördlich davon liegen das sogen. Hansaviertel, Moabit, Wedding und die Oranienburger und Rosenthaler Vorstadt, südlich die Friedrichsvorstadt, das Schöneberger und Tempelhofer Revier. Mit der alten Stadtmauer sind auch die Tore verschwunden bis auf eins, das Brandenburger Tor, das von den Linden zur Chaussee nach Charlottenburg führt. Es wurde von Langhans nach dem Vorbilde der Propyläen zu Athen 1789–93 errichtet, hat eine Breite von 62,5 m bei 20 m Höhe und besteht aus einem Doppelportikus von 12 dorischen kannelierten, je 14 m hohen Säulen, die fünf Durchgänge für Wagen bilden, während für Fußgänger 1868 ein in gleichem Stil gehaltener Säulenbau hinzugefügt wurde. Die Attika trägt die in einer Quadriga stehende Siegesgöttin, 6,3 m hoch, von Schadow modelliert, von Jury und Gerike in Kupfer getrieben; diese Viktoria wurde 1807 von den Franzosen nach Paris entführt, aber 1814 zurückgebracht. Seitdem fährt sie das Viergespann (anders als vor 1807) der Stadt zu, und in die Spitze ihres adlergekrönten Stabes wurde das Eiserne Kreuz eingefügt.

Unter den Brücken der Stadt ist die schönste die Schloßbrücke von den Linden zum Lustgarten, 1822 bis 1824 nach Schinkels Entwürfen gebaut, 48 m lang, 32 m breit. Ihr Geländer wird von acht Marmorgruppen geziert, die das Leben eines Kriegers durch antike Figuren zur Anschauung bringen (s. Tafel »Bildhauerkunst XV«, Fig. 1). Monumental erscheint auch die 1886–89 von der Stadt B. erbaute Kaiser Wilhelm-Brücke, die den Lustgarten mit der Kaiser Wilhelm-Straße verbindet. Die vom Schloßplatz zur Königstraße führende Lange oder Kurfürstenbrücke, 1692–95 erbaut, 1895 erneuert und verbreitert, ist durch das meisterhafte Standbild des Großen Kurfürsten geschmückt, von Schlüter entworfen und modelliert, von Jacobi in Erz gegossen und 12. Juli 1703 feierlich enthüllt (s. Tafel »Bildhauerkunst XII«, Fig. 2). Die übrigen ältern Brücken sind seit ihrem Übergang in das Eigentum der Stadt (1876) neu erbaut; hervorzuheben sind die Oberbaum-, Schillings-, Michaels-, Jannowitz-, Waisen-, Friedrichs-, Weidendammer, Marschalls-, Kronprinzen-, Moltke-, Luther-, Moabiter-, Lessing-, Hansa- und Achenbachbrücke, ferner von Kanalbrücken die Belle-Alliance- und die Herkulesbrücke (jene mit allegorischen Marmorgruppen, diese mit den mythologischen Figuren der alten Herkulesbrücke), ferner die mit den Standbildern von Helmholtz, W. Siemens, Gauß und Röntgen geschmückte Potsdamer Brücke.

Die über 700 Straßen der Stadt haben zusammen eine Länge von etwa 464 km. Die schönste Straße ist die vom Brandenburger Tor nach dem königlichen Schloß führende Unter den Linden, 1004 m lang, 60,6 m breit, in der Mitte mit einer dreifachen Baumreihe und einer Promenade, an der Nordseite mit einem Weg zum Reiten, auf beiden Seiten mit Fahrwegen und breiten Trottoirs für die Fußgänger versehen. Hier stehen das Palais weiland Kaiser Wilhelms I., die alte Kunstakademie, das Kultusministerium, das Ministerium des Innern, die russische Botschaft, mehrere Hotels und eine Reihe der glänzendsten Kaufläden; sie hat nach O. zu eine Art Fortsetzung erhalten in der durch die alten Stadtteile gelegten Kaiser-Wilhelmstraße. Von den Linden führt in einer gebrochenen Linie nach der Ecke der Friedrich- und Behrenstraße die Passage (Kaisergalerie genannt). Die Friedrichstraße durchschneidet die Stadt von N. nach S. vom Oranienburger Tor bis zum Belle-Allianceplatz und ist 3 km lang. Die Wilhelmstraße enthält in ihrer ersten Hälfte von den Linden ab das Reichskanzlerpalais, Minister- und Gesandtschaftshotels. Die Leipziger Straße verbindet zwei große Plätze (Dönhofs- und Leipziger Platz). An ihr liegen: das Kriegsministerium, das Reichspostamt, das Herrenhaus und zahlreiche großartige Geschäftshäuser sowie die Warenhäuser von Wertheim und Tietz. Die neuesten Straßen, welche die reichste Abwechselung des Baustiles zeigen, liegen in dem sich immer weiter hinausschiebenden Westen, zwischen der Tiergarten-, Potsdamer Straße und dem zoologischen Garten; unter ihnen zeichnen sich die Viktoria-, Bellevue-, Kurfürstenstraße und der nur zum kleinsten Teil zu B. gehörige Kurfürstendamm aus. Der weiter im W. entstandene neue Stadtteil gehört schon zu Charlottenburg. B. zählt 72 öffentliche Plätze, von denen die größern mit Gartenanlagen und teilweise mit Springbrunnen geschmückt sind; darunter die wichtigsten: der Opernplatz am östlichen Ende der Linden, von den prachtvollsten Gebäuden (Zeughaus, Universität, Opernhaus) umgeben; der Gendarmenmarkt (in seiner Mitte, am Denkmal Schillers, Schillerplatz genannt) in der Friedrichstadt; der Schloßplatz; der Lustgarten zwischen der nördlichen Langseite des Schlosses, dem Dom und dem Museum; der Leipziger Platz; der Wilhelmsplatz in der Friedrichstadt; der Pariser Platz am Brandenburger Tor; der Königsplatz (mit dem Siegesdenkmal und dem Reichstagsgebäude) nordwestlich von letzterm; der Dönhofsplatz an der Leipziger Straße; der kreisförmige Belle-Allianceplatz am Halleschen Tor; der Lützowplatz; der Nollendorfplatz an der Grenze gegen Charlottenburg und Schöneberg (jetzt verunziert durch einen Bahnhof der Hochbahn).

Die hervorragendste der öffentlichen Anlagen Berlins ist der Tiergarten. Er umfaßt ein Areal von ungefähr 255 Hektar und erhielt unter Friedrich Wilhelm III. durch Lenné im wesentlichen seine jetzige Gestalt. Durch seinen südöstlichen Teil führt die herrliche Siegesallee mit den vom Kaiser Wilhelm II. 1898–1901 errichteten 32 Marmorgruppen von brandenburgischen und preußischen Herrschern (s. Tafel »Berliner Denkmäler II«, Fig. 6, und Tafel »Bildhauerkunst XIX«, Fig. 3) zum Königsplatz. Weiter nach S. befindet sich das Standbild Friedrich Wilhelms III. von Drake (1849 errichtet; s. Tafel »Bildhauerkunst XIV«, Fig. 6); ihm gegenüber das Denkmal der Königin Luise von Encke (1880 errichtet; s. Tafel »Berliner Denkmäler II«, Fig. 5); ferner in der Nähe des Brandenburger Tores das Denkmal Goethes von Schaper (1880 errichtet; s. Tafel »Bildhauerkunst XVII«, Fig. 8) und dasjenige Lessings von Otto Lessing (1891 errichtet; s. Tafel »Berliner [⇐693][694⇒] Denkmäler II«, Fig. 4). Die wichtigsten Partien im und am Tiergarten sind: das königliche Lustschloß Bellevue mit Park, die Zelte, eine Reihe von Erfrischungslokalen, der Goldfischteich, der Floraplatz, die Luisen- und Rousseau-Insel etc. Außerdem hat die Stadt einige Parke in der unmittelbaren Umgebung der Stadt geschaffen, nämlich den Friedrichshain (52 Hektar) vor dem Königstor mit den Gräbern der Märzgefallenen und einer Büste Friedrichs d. Gr., und den Humboldthain (35 Hektar) vor dem sogen. Gesundbrunnen (einem nach einer Mineralquelle benannten Stadtteil). Seit 1876 ist ein 14 Hektar großes Gebiet bei Treptow zu einem Park umgewandelt und seit 1888 am Kreuzberg der terrassenförmige Viktoriapark (mit großartig angelegtem Wasserfall) geschaffen worden.

Denkmäler.

(Hierzu Tafel »Berliner Denkmäler I und II«.)

Von den öffentlichen Denkmälern sei zunächst das 1821 für die 1813–15 gefallenen Krieger auf dem Kreuzberg (20 m hohe, in gotischer Pyramidenform nach Schinkels Entwurf) errichtete erwähnt. Ein Seitenstück dazu bildet die am 2. Sept. 1873 eingeweihte Siegessäule auf dem Königsplatz, die nach dem Entwurf von Strack zur Erinnerung an die drei siegreichen Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 ausgeführt wurde und mit der sie krönenden Viktoria von Drake eine Gesamthöhe von 61 m erreicht. Ihr gegenüber ist vor dem Reichstagsgebäude 1901 dem Reichskanzler Fürsten Bismarck ein Kolossaldenkmal (nach einem Entwurf von R. Begas, Tafel I, Fig. 2) errichtet worden. Von ältern Denkmälern sind noch die Friedenssäule auf dem Belle-Allianceplatz mit einer Viktoria von Rauch und das Nationalkriegerdenkmal im Invalidenpark zum Andenken an die 1848 und 1849 Gefallenen (1854 errichtet) zu erwähnen. Das figurenreichste Werk monumentaler Skulptur ist aber die Reiterstatue Friedrichsd. Gr., ein Meisterwerk Rauchs, von Friebel in Erzguß ausgeführt, 13,5 m hoch (s. Tafel »Bildhauerkunst XIII«, Fig. 3), am Eingang der Linden, die am 31. Mai 1851 enthüllt wurde. Das umfangreichste Denkmal Berlins ist das am 22. März 1897 enthüllte Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. auf dem Platze der ehemaligen Schloßfreiheit (von R. Begas, Tafel I, Fig. 1) mit einer den architektonischen Abschluß bildenden Hallenanlage (von G. Halmhuber). Andre Denkmäler sind die der Helden der Befreiungskriege auf dem Opernplatz, der des Siebenjährigen Krieges auf dem Wilhelmsplatz, der Grafen Brandenburg und Wrangel auf dem Leipziger Platz, das Reiterstandbild König Friedrich Wilhelms III. (von Wolff) im Lustgarten, 1871 enthüllt, das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms IV. (von Calandrelli, 1886 enthüllt) auf der Freitreppe der Nationalgalerie, das Marmordenkmal der Kaiserin Augusta (von Schaper, seit 1895) vor der königlichen Bibliothek, das Lutherdenkmal auf dem Neuen Markt (1895 enthüllt, von P. Otto und V. Toberentz, Tafel II, Fig. 1–3), ferner die Denkmäler von Schinkel, Beuth und Thaer (Rauchs letztes Werk) vor der frühern Bauakademie, von Schinkel, Rauch, Schadow, Winckelmann, K. O. Müller, D. Chodowiecki, Cornelius, v. Knobelsdorff, Carstens und Schlüter in der Vorhalle des alten Museums, die Denkmäler Wilhelms und Alexanders v. Humboldt (das erstere v. P. Otto, das zweite von R. Begas) sowie für Helmholtz (von E. Herter, Tafel I, Fig. 5) vor der Universität, das von Hegel (Kolossalbüste) hinter der Universität (Hegelplatz), von Chamisso (gleichfalls Kolossalbüste) auf dem Monbijouplatz, das am 10. Nov. 1871 enthüllte Schillerdenkmal von R. Begas auf dem Schillerplatz, das Denkmal des Freiherrn vom Stein auf dem Dönhofsplatz (seit 1875) von Schievelbein, die der Abgeordneten Waldeck (von Walger) und Schultze-Delitzsch (von H. Arnoldt, Tafel I, Fig. 6), die Kolossalstatue der Berolina auf dem Alexanderplatz (von E. Hundrieser, Tafel I, Fig. 4), die Bronzestandbilder der Markgrafen Waldemar und Albrecht des Bären (von M. Unger und I. Boese) auf dem Mühlendamm, die Gruppe der heil. Gertraudis (von R. Siemering); das Denkmal des Turnvaters Jahn von Encke in der Hasenheide, das Aloys Senefelders von Pohle im N. der Stadt; das Feuerwehrdenkmal (auf dem Mariannenplatz). Die beiden großen Berliner Ärzte v. Grase (s. Tafel »Bildhauerkunst XVII«, Fig. 3) und Wilms haben 1882–83 jeder ein Denkmal erhalten; auch sind den Dichtern aus den Befreiungskriegen im Viktoriapark Hermen errichtet worden. – An monumentalen Brunnen sind zu erwähnen: auf dem Schloßplatz (im Zuge der Breiten Straße) der von R. Begas 1891 geschaffene Schloßbrunnen, den die Stadt B. Kaiser Wilhelm II. als Huldigungsgeschenk darbrachte; auf dem Spittelmarkt der 1891 von Kyllmann und Heyden in Granit errichtete Spindlerbrunnen; endlich der 1902 von Kaiser Wilhelm II. der Stadt geschenkte Rolandbrunnen mit Rolandstatue am Schlußpunkte der Siegesallee (1902 nach dem Entwurfe von O. Lessing errichtet) an Stelle des sogen. Wrangelbrunnens.

Bauwerke.

(Hierzu die Tafeln »Berliner Bauten I-III«)

An gottesdienstlichen Gebäuden besitzt B. 58 evangelische Kirchen und Kapellen (in 48 Gemeinden), 8 katholische Kirchen und 10 Kapellen, 15 Kirchen und Kapellen von der Landeskirche unabhängiger Gemeinden und 9 Synagogen. Von den evangelischen Kirchen stammen vier aus dem Mittelalter, darunter aus dem 13. Jahrh. die Marienkirche (mit dem Grabdenkmal des Feldmarschalls v. Sparr) und die Nikolaikirche, beide neuerdings wiederhergestellt. Im 17. und 18. Jahrh. sind 14 Kirchen entstanden und meist in den letzten Jahrzehnten renoviert, darunter die Französische und die Neue Kirche aus dem 18. Jahrh.; die an beide angefügten Kuppeltürme ließ Friedrich II. nach dem Muster der Kirche Maria del Popolo in Rom erbauen. Unter Friedrich Wilhelm III. sind zwei von Schinkel erbaut, wie die Friedrich Werdersche Kirche im gotischen Stil, unter Friedrich Wilhelm IV. acht, meist von Stüler (wie die Matthäi-, Markus- und Bartholomäuskirche) oder von Strack (wie die Andreas- und Petrikirche), unter Kaiser Wilhelm I. zehn, darunter von Orth die Zions- und die Dankeskirche, von Otzen die gotische Heilig-Kreuzkirche. Mehr als 20 Kirchen sind unter Kaiser Wilhelm II. entstanden, und zwar die umfangreichsten und schönsten. Unter den Stilformen überwiegen dabei der gotische und romanische Stil, einige sind neuerdings im altmärkischen Baustil erbaut; die meisten dieser Kirchenbauten stammen von Orth, Spitta, Otzen und Schwechten her. Während die ältern Kirchen überwiegend Backsteinbauten sind, hat man neuerdings durch Verwendung von Sandsteingliederungen oder von farbig glasierten Ziegeln Abwechselung geschaffen oder einige ganz aus Werksteinen errichtet. Zu den schönsten neuern Kirchenbauten gehört in erster Linie der Dom am Lustgarten (Tafel III, Fig. 1), seit 1894 im Stil der Hochrenaissance von J. C. Raschdorff aus schlesischem Sandstein erbaut, 114 m lang, 43 m [⇐694][695⇒] tief, 100 m hoch; er besteht aus einer zweischiffigen Vorhalle, der dahinter liegenden Predigtkirche in Gestalt eines ungleichseitigen Achtecks, der Tauf- und Trauungskirche an der Süd- und der Denkmalskirche an der Nordseite, unter der sich die Hohenzollerngruft befindet. Sodann ist die Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche am Zoologischen Garten zu erwähnen (Tafel II, Fig. 2); sie ist 1891–95 von Schwechten im spätromanischen Stil aus rheinischem Tuffstein erbaut und mit Statuen und Glasmalereien reich geschmückt; ferner die Kaiser Friedrich-Gedächtniskirche an der Südseite des Hansaviertels, 1895 von Vollmer im gotischen Stil erbaut; die Gnadenkirche (zum Gedächtnis an die Kaiserin Augusta), 1892–94 im romanischen Stil von Spitta erbaut, die gotische Lutherkirche (von Otzen 1891–94), die neue Garnisonkirche an der Hasenheide, 1894–97 von Roßteuscher im gotischen Stil errichtet, etc. Die älteste der katholischen Kirchen ist die St. Hedwigskirche am Opernplatz, 1747–73 nach dem Muster des Pantheons in Rom gebaut und 1886–87 durch Hasak renoviert. Außer der St. Michaelskirche stammen die übrigen katholischen Kirchen aus dem letzten Jahrzehnt, darunter die katholische Garnisonkirche zu St. Johannes in der Gneisenaustraße (1895–97 von Mencken erbaut). Die von 1859–60 erbaute jüdische Synagoge in der Oranienburger Straße ist im maurischen Stil von Knoblauch, eine andre in der Lindenstraße 1896–98 von Cremer u. Wolffenstein erbaut.

Profanbauten. Aus dem Mittelalter stammt noch das sogen. Lagerhaus in der Klosterstraße, Absteigequartier der Kurfürsten vor Erbauung des Schlosses, jetzt Sitz des Geheimen Staatsarchivs und des Rauchmuseums. Auch das Schloß reicht in seinem ältesten Teile noch ins 15. und 16. Jahrh. hinein, doch wurde es seit 1698 von Andreas Schlüter und nach ihm von J. F. Eosander umgebaut; Friedrich Wilhelm IV. fügte die 71 m hohe Schloßkapelle und die Terrasse am Lustgarten hinzu, und Kaiser Wilhelm II. ließ 1888–89 die nach dem Schloßplatz gelegenen Wohnräume neu herrichten und neuerdings den Nordwestflügel umbauen. Das Schloß bildet ein längliches Viereck (mit einem seitlichen Vorbau nach dem Dom zu) und umschließt vier Höfe (darunter der äußere mit der Kolossalstatue des drachentötenden St. Georg); die Front am Lustgarten ist 197 m, die am Schloßplatz 168 m, die Seite nach der Schloßfreiheit 117 m lang; die Höhe des Gebäudes mit seinen vier Stockwerken beträgt 32 m. Von den fünf Portalen (s. Tafel »Architektur XII«, Fig. 3) ist das nach der Schloßfreiheit eine Nachahmung des Septimianischen Triumphbogens. Das Hauptportal nach dem Lustgarten flankieren zwei Gruppen von Rossebändigern (Erzguß nach Modellen des Barons Clodt v. Jürgensburg; s. Tafel »Bildhauerkunst XV«, Fig. 7), Geschenke des Kaisers Nikolaus von Rußland. Das Schloß enthält gegen 600 Zimmer, Säle etc., wovon der Ritter- oder Thronsaal, der Weiße Saal und die Bildergalerie die bemerkenswertesten sind. Im Stil des Schlosses ist die Fassade des neuen Marstallgebäudes an der Südseite des Schloßplatzes gehalten. Jenseit der Schloßbrücke erhebt sich das Palais, das Kaiser Friedrich III. als Kronprinz und vor ihm Friedrich Wilhelm III. bewohnte (aus dem 17. Jahrh., im 19. Jahrh. durch Strack umgebaut), und das Palais weiland Kaiser Wilhelms I. Unter den Linden (1834–36 vom Oberbaurat Langhans erbaut); das Sterbezimmer Kaiser Wilhelms ist zu einer Gedächtniskapelle umgewandelt worden. Durch eine Galerie ist damit das ehemalige Niederländische Palais aus dem 18. Jahrh. verbunden. Dem königlichen Schloß gegenüber erheben sich das Alte und das durch einen Bogengang mit demselben verbundene Neue Museum, ersteres eine Schöpfung Schinkels, letzteres Stülers. Das Alte Museum (s. Tafel »Museumsgebäude I«, Fig. 2; Grundriß, Tafel II, Fig. 4), 1824–28 erbaut, bildet ein längliches Viereck, 86,6 m lang, 56 m tief und mit der Kuppel 26 m hoch; eine 28,5 m breite Freitreppe führt zu einer mit Fresken geschmückten Vorhalle. Die beiden Treppenwangen sind mit Gruppen in Bronzeguß von Wolff (Löwentöter) und Kiß (Amazone), s. Tafel »Bildhauerkunst XIV«, Fig. 7 und 9, ausgestattet. Dieses Museum ist für Gemälde und Bildwerke bestimmt, während das Neue Museum, 1843–55 erbaut, Gipsabdrücke, Vasen, Terrakotten, Kupferstiche und andre Sammlungen beherbergt (s. unten). Der Mittelbau umschließt das 18 m breite, 40 m hohe Treppenhaus mit sechs historischen Wandgemälden von Kaulbach. Vor dem Alten Museum steht eine 7 m im Durchmesser haltende Gneisschale, die 1827 aus einem Teil eines der sogen. Markgrafensteine auf den Rauenschen Bergen bei Fürstenwalde verfertigt ward. Neben dem Neuen Museum erhebt sich die Nationalgalerie, aus Sandstein (nach einem Entwurf Stülers) von Strack erbaut. An der Nordwestspitze der Museumsinsel erheben sich das Pergamenische Museum (1897–99 nach Plänen von Wolff erbaut) und das noch im Bau befindliche Kaiser Friedrich-Museum (von E. Ihne). Im N. davon, jenseit der Spree, steht Schloß Monbijou (im 18. Jahrh. von J. F. Eosander erbaut und jetzt dem Hohenzollernmuseum eingeräumt) und südwestlich vom Museum, auf dem Friedrichswerder, das Zeughaus, 1695–1706 nach Nehrings Plänen im Stil der italienischen Spätrenaissance errichtet, 1880–83 im Innern als »Ruhmeshalle« umgebaut (s. Tafel »Architektur XII«, Fig. 2). Unter den plastischen Dekorationen nehmen die Masken sterbender Krieger im innern Hof (s. Tafel »Bildhauerkunst XII«, Fig. 3) und das den ruhenden Mars darstellende Relief an der Stirnseite des obern Stockes (beides von Schlüter) die erste Stelle ein. Das Untergeschoß enthält Sammlungen von Geschützen und Festungsmodellen, das Obergeschoß eine vorzügliche Waffensammlung, die Herrscherhalle (Statuen der preußischen Regenten seit dem Großen Kurfürsten, vier Wandgemälde aus der preußischen Geschichte und allegorische Kuppelmalereien von Geselschap) und die Feldherrenhalle (Kolossalbüsten brandenburgisch-preußischer Heerführer und 13 Wandgemälde aus der brandenburgisch-preußischen, resp. neuesten deutschen Geschichte). Westlich davon steht die Königswache, 1819 von Schinkel in der Form eines römischen Castrum erbaut; das Universitätsgebäude, ehemals Palais des Prinzen Heinrich, 1754–64 von Boumann (Vater) erbaut; das alte Akademiegebäude (1690 von Nehring erbaut, 1749 von Boumann restauriert), das bisher der Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Künste zum Sitz diente (die Hochschulen für die bildenden Künste und die Musik sind in das 1902 vollendete Gebäude in der Hardenbergstraße in Charlottenburg verlegt); am Opernplatz die königliche Bibliothek (1770–80 durch Boumann [Sohn] erbaut); das Opernhaus (1741–43 von Knobelsdorff erbaut, nach dem Brande von 1843 durch Langhans wiederhergestellt); am Schinkelplatz und Werderschen Markte die ehemalige Bauakademie, ein Hauptwerk Schinkels (1835 aus Backsteinen errichtet), seit 1884 den Zwecken der Kunstakademie dienend, und auf dem [⇐695][696⇒] Schillerplatz das Schauspielhaus, nach dem Brande des ältern 1819–21 von Schinkel errichtet.

Aus dem 18. Jahrh. stammen das Hausministerium, das Auswärtige Amt, das Reichskanzlerpalais, das Kammergericht, die russische Botschaft, die Kommandantur u. a. An die oben erwähnten Bauten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrh. schlossen sich unter der Regierung Wilhelms I. an: das Rathaus, ein Backsteinbau von 99,2 m Länge und 87,9 m Breite mit 74 m hohem Turm, von Wäsemann 1861–70 erbaut, die Börse (von Hitzig 1859–63 im Renaissancestil aus Sandstein erbaut und 1884 erweitert, s. Tafel »Börsengebäude I«, Fig. 1; Grundriß Tafel II, Fig. 5), die Münze (mit einem von dem alten Gebäude übernommenen Relief von Schadow), mehrere Universitätsinstitute (Kliniken, physikalisches und physiologisches Institut etc.), die Geologische Landesanstalt und Bergakademie, die Landwirtschaftliche Hochschule, das Museum für Naturkunde (Grundriß s. Tafel »Museumsgebäude II«, Fig. 6), das Generalstabsgebäude, die Kriegsakademie, das Hauptpostamt in der Königstraße, das Reichspostamt in der Leipziger Straße (1871–73 von Schwatlow erbaut, 1893–98 von Techow und Ahrens erweitert), das Polizeipräsidium (1885–90 von Blankenstein und Hesse erbaut), die Zentralmarkthalle (s. Tafel »Markthallen«), das Museum für Völkerkunde (1886) und das Kunstgewerbemuseum (1877 bis 1881 von Gropius und Schmieden erbaut; Tafel I, Fig. 3; Grundrisse auf Tafel »Museumsgebäude II«, Fig. 7 und 5), der Packhof und das Kriminalgerichtsgebäude in Moabit (1882–85 erbaut), die neuen Bahnhofsgebäude, wie der Potsdamer und der Anhaltische Bahnhof (dieser von Schwechten 1875–80 errichtet; s. Tafel »Berliner Bauten I«, Fig. 1), mehrere Bahnhöfe der Stadtbahn (s. Tafel »Bahnhöfe II«, Fig. 2), die Reichsbank (1869–76 von Hitzig erbaut, 1894 erweitert; s. Tafel »Berliner Bauten I«, Fig. 2; Grundriß s. Tafel »Bankgebäude«, Fig. 7), zahlreiche Bauten von höhern und Gemeindeschulen (Tafel III, Fig. 2) etc. Noch imposanter sind manche der unter Kaiser Wilhelm II. vollendeten öffentlichen Bauten, zunächst das Reichstagsgebäude (s. Tafel »Reichstagsgebäude« mit Beschreibung), 1884–94 von Wallot im Stil der Hochrenaissance mit einem Aufwande von 22 Mill. Mk. erbaut, 132 m lang, 88 m breit, bis zum Hauptgesims 27 m hoch, mit einer Kuppel (75 m) und vier Ecktürmen (46 m); ferner die beiden Häuser des Landtags zwischen der Prinz Albrecht- und der Leipziger Straße, von denen das Abgeordnetenhaus (s. Tafel »Parlamentsgebäude I«, Fig. 1; Grundriß Tafel II, Fig. 1) im Stil der italienischen Hochrenaissance 1893–98 von F. Schulze erbaut ist, während das mit ihm durch einen schmalen Mittelbau verbundene Herrenhaus seiner Vollendung noch entgegensieht. Neubauten für mehrere Reichsämter sind neuerdings errichtet worden, wie das Reichspatentamt im Barockstil, das Reichsversicherungsamt im Renaissancestil und das Reichsgesundheitsamt (alle drei von A. Busse). Für das Land- und Amtsgericht I wird ein gewaltiger Neubau von Schmalz in der neuen Friedrichstraße errichtet (Tafel II, Fig. 3). Beträchtlich ist ferner die Zahl der Monumentalbauten, die für große Bankinstitute, Hotels, Bierhäuser, Vereinshäuser (z. B. das Künstlerhaus in der Bellevuestraße), Waren- und Geschäftshäuser errichtet sind. Auch einige Theater, wie das Lessingtheater (Tafel II, Fig. 5), das Neue und das Metropoltheater, ferner der Zirkus Busch und mehrere Reitbahnen sind neu entstanden. Zahllos sind die neuern Privathäuser, die besonders in den westlichen Stadtteilen durch ihre stattlichen Fassaden und glänzende innere Einrichtung sich auszeichnen. (Vgl. die Ansichten hervorragender Gebäude auf beifolgenden Tafeln: »Berliner Bauten«; weiteres auf den Tafeln »Gasthäuser«, »Kaufhäuser«, »Krankenhäuser« etc.)

Bevölkerung.

Die Bevölkerung Berlins hat sich im letzten Jahrhundert in fast beispielloser Weise vermehrt. Während dieselbe 1816: 197,717 Personen betrug, stieg sie bis 1849 auf 431,566, 1871: 826,341, 1880: 1,122,330, 1890: 1,578,794. Nach der letzten Volkszählung 1. Dez. 1900 betrug sie 1,888,848 (darunter ca. 20,000 Mann Militär). Die jährliche Zunahme belief sich im Zeitraum 1895–1900 auf 2,37 Proz. Nach dem Geschlecht entfielen 1900 auf 100 männliche 109,1 weibliche Personen. Geboren wurden 1900: 26,584 Knaben, 25,086 Mädchen, worunter 1007 männliche und 832 weibliche Totgeborne. Unehelich geboren wurden 7722 (14,94 Proz.), darunter 424 Totgeborne. 20,756 Eheschließungen fanden statt. Gestorben sind (einschl. Totgeborne) 19,712 männliche, 17,537 weibliche Personen. 1891/1900 fanden im Durchschnitt jährlich 10,1 Eheschließungen, 29,9 Geburten, 20,2 Sterbefälle auf 1000 Einw. statt. Die Zahl sämtlicher im Weichbild Berlins belegenen bebauten Grundstücke belief sich 1900 auf 25,357, die Zahl der Wohnhäuser auf 37,733, die der Haushaltungen auf 471,534. Der Religion nach gab es 1. Dez. 1900: 1,590,115 (84,2 Proz.) Evangelische, 188,440 (9,97 Proz.) Römisch-Katholische, 14,209 andre Christen und 92,206 (4,88 Proz.) Juden. Bei 1,844,600 Personen war die Muttersprache deutsch, 14,061 sprachen daneben noch eine fremde Sprache (darunter 10,628 polnisch), 30,187 ausschließlich eine fremde Sprache. In der Bevölkerung tritt das Berlinertum mehr und mehr zurück; zählte man 1880 unter 1000 Einw. noch 434 geborne Berliner, so 1900 nur noch 409. 1900 gab es in B. 35,026 Reichsausländer (besonders Österreicher, Russen, Ungarn und Amerikaner). Nach der Berufszählung vom 14. Juni 1895 umfaßte die Bevölkerung 43,33 Proz. Erwerbstätige im Hauptberuf, 3,78 Proz. Dienende für häusliche Dienste, 48,85 Proz. Angehörige ohne Hauptberuf und 4,04 Proz. beruflose Selbständige.

Industrie, Handel und Verkehr etc.

Unter den Erwerbszweigen steht die Industrie obenan. 1895 waren 52,85 Proz. aller im Hauptberuf Erwerbstätigen in der Industrie, dem Gewerbe und Bauwesen beschäftigt. Man zählte 150,170 Haupt- und 5898 Nebenbetriebe; von erstern waren 1006 Großbetriebe (mit über 20 Gehilfen), die größten Betriebe (341 mit je über 100 Personen) entfielen auf den Maschinenbau, das Baugewerbe, die Industrie in Bekleidung und Reinigung, die Nahrungsmittel-, die Textilindustrie und die polygraphischen Gewerbe. Am umfangreichsten ist die Bekleidungsindustrie, die ihren Sitz in der Gegend des Hausvogteiplatzes hat und meist als Heimarbeit betrieben wird; ihr gehören an die Mäntelkonfektion (jährlicher Produktionswert 120–150 Mill. Mk.), die Damenkleiderkonfektion, die Fabrikation von Besatzstoffen, Knöpfen, künstlichen Blumen, Hüten, die Wäschefabrikation, die Färberei, Druckerei und Appretur. Ausgedehnt ist ferner die Maschinen- und Eisenindustrie, die in den nördlichen Stadtteilen, in Moabit und im Südosten Berlins heimisch ist, für die aber neuerdings große Werke in den Vororten (Oberschöneweide, Tegel etc.) errichtet sind. Für die Metallwarenindustrie bildet die Ritterstraße den Mittelpunkt. Bedeutend ist der Bau [⇐696][697⇒] von Eisenbahn-, Post- und gewöhnlichen Wagen, Nähmaschinen, Stahlfedern, feuerfesten Geldschränken, Chronometern, elektrischen Beleuchtungsanlagen, Motoren und Telegraphenapparaten, die Feinmechanik sowie die Bijouterie. Sehr bedeutend ist ferner die Herstellung von Juwelierarbeiten, die Fabrikation von Gold- und Silberwaren, Kautschuk- und Guttapercha-Artikeln, Seife, Chemikalien, Holzarbeiten, Dachpappe, Marmorwaren, wohlriechenden Wässern, Goldleisten, Schirmen, Posamentierwaren, Linoleum, Asphalt, Porzellan, Öfen und andern Tonwaren, Pianofortes und andern musikalischen Instrumenten, Möbeln, Papier, Tapeten, Handschuhen sowie die Bierbrauerei. In B. nebst Vororten produzierten 1900/1901: 111 Brauereien 2,793,790 hl untergäriges und 1,412,248 hl obergäriges Bier. Zahlreiche Gärtnereien pflegen Spezialitäten, namentlich Blattpflanzen, Maiblumen, Zwiebelgewächse, Alpenveilchen, Baumschulartikel etc. Außerdem gehört B. zu den Hauptsitzen des deutschen Buchhandels (man zählt etwa 700 Buch-, Kunst- und Musikalienhandlungen) und hat umfangreiche Buchdruckereien, lithographische Anstalten, Schriftgießereien etc. Die industriellen Aktiengesellschaften hatten Ende 1899 ein Aktienkapital von 622 Mill. Mk. Ende 1899 waren 8704 Fabriken der gesetzlichen Revision des Gewerberates unterstellt; sie beschäftigten zusammen ca. 210,000 Personen, darunter 13,300 unter 16 Jahren.

Die zweite Stelle im Berliner Erwerbsleben nehmen Handel und Verkehr ein; daran sind 23,64 Proz. aller im Hauptberuf Erwerbstätigen beteiligt. Hauptartikel des Berliner Warenhandels sind Getreide, Spiritus, Vieh, Wolle und Brennstoffe. Die Zufuhr an Zerealien belief sich 1900 auf 47,134 Ton. Weizen, 112,314 T. Roggen, 59,325 T. Gerste, 112,577 T. Hafer und ca. 110,000 T. Mehl, wovon der größte Teil für den Konsum in B. verblieb. B. ist der Sitz einer bedeutenden Getreidespekulation, außerdem ein Zentrum des Spiritushandels. 1900 stand einer Zufuhr von über 47,5 Mill. Lit. eine Ausfuhr von 13–15 Mill. Lit. gegenüber. Der fünftägige Juniwollmarkt vermittelt den Hauptumsatz in Wolle (1900 wurden 24,000 Zentner zum Verkauf gestellt). An Stein- und Braunkohlen gingen 1901 zum Lager und Konsum ein 4,274,000 Ton.; die Einfuhr von Petroleum betrug fast 81 Mill. kg, die von ausländischem Wein 16,9 Mill. kg, die von Eiern 30,2 Mill. kg. Über den Viehhandel s. unten. Was den Schiffahrtsverkehr anbelangt. so kamen 1899 in B. an: 57,134 Schiffe mit 5,031,319 T. Ladung, es gingen ab: 55,821 Schiffe mit 626,081 T. Ladung. Die Börse, täglich von 4000 Personen besucht, ist im Staatspapier- und Aktienhandel Deutschlands Hauptbörse und für den europäischen Geldmarkt von Bedeutung. Außerdem ist 1902 eine Handelskammer in B. errichtet worden. In naher Beziehung zur Börse steht die Bank des Berliner Kassenvereins (seit 1850). Die Geldoperationen werden gefördert durch die Reichsbank (1899 hatte die Berliner Hauptbank einen Umsatz von 60,708 Mill. Mk.); ferner die Deutsche Bank (150 Mill. Mk. Kapital), Diskontogesellschaft und Dresdener Bank (je 130 Mill. Mk.), Bank für Handel und Industrie (105 Mill. Mk.), Berliner Handelsgesellschaft (90 Mill. Mk.), Nationalbank für Deutschland (60 Mill. Mk.), Preußische Bodenkreditbank (30 Mill. Mk.), Zentralbodenkredit-Aktiengesellschaft (28,8 Mill. Mk.) u. a. Zu diesen Anstalten gehört auch die Königliche Seehandlung (s. d.) und die 1895 errichtete Zentralgenossenschaftskasse (Kapital 50 Mill. Mk.).

Verkehr. B. ist Mittelpunkt des norddeutschen Eisenbahnnetzes und Knotenpunkt von 12 Bahnlinien. Dem Fernverkehr dienen 5 Bahnhöfe der Stadtbahn u. 5 isolierte Bahnhöfe. Die mit einem Kostenaufwand von 75 Mill. Mk. erbaute Stadtbahn ist 11,26 km lang, viergleisig und wurde 1882 eröffnet; sie verbindet den Schlesischen und den Charlottenburger Stadtbahnhof und im weitern Sinne Westend mit Stralau-Rummelsburg und ist auch dem Verkehr nach den Vororten und dem Grunewald dienstbar gemacht. Der besonders starke Verkehr der westlichen Vororte mit B. hat zu dem Bau der sogen. Wannseebahn mit zwei Bahnhöfen in B. (1891 eröffnet) geführt, die einen Vorortverkehr über Potsdam hinaus unterhält. Neben der Stadtbahn ist die 1871 eröffnete, später aber mehrfach erweiterte Ringbahn, die aus einem Nordring (34,5 km lang) und einem Südring (33,6 km lang) besteht, ein wichtiges Verkehrsmittel. Im Februar 1902 ist die seit 1896 erbaute Elektrische Hochbahn eröffnet, die in einer Länge von 10 km den Süden der Stadt von der Warschauer Brücke nach dem Zoologischen Garten durchquert und unterwegs eine Linie nach dem Potsdamer Platz entsendet, die hier unterirdisch mündet. Vom Nollendorfplatz ab ist sie auf Charlottenburger Terrain als Unterpflasterbahn weitergeführt. Weiteres über den Bau dieser Bahnen s. Art. »Stadtbahnen« mit Tafel.

B. besitzt (1901) 112 Postämter, davon 100 zugleich Telegraphenämter, 55 Rohrpostämter, 7 Fernsprechämter. An Briefsendungen (einschließlich Karten, Drucksachen etc.) gingen 1901: 427 Mill. Stück ein, 488 Mill. wurden aufgegeben; der Betrag der eingegangenen Wertsendungen belief sich auf 2560 Mill. Mk., der der ausgegebenen auf 2482 Mill. Mk.; Pakete gingen 113/4 Mill Stück ein, 22 Mill. ab; 4,3 Mill. Telegramme gingen 1909 ein, 4,4 Mill. wurden aufgegeben. Die Zahl der von den Fernsprechanstalten vermittelten Gespräche betrug 120 Mill. An öffentlichen Fuhrwerken waren 1902 vorhanden: 6969 Droschken erster Klasse, 1140 Droschken zweiter Klasse, 148 Torwagen, 726 Omnibusse, 3386 Straßenbahnwagen (fünf Gesellschaften). Befördert wurden 1901 im Omnibus (sechs Gesellschaften) 80,5 Mill., mit den Straßenbahnen, für die jetzt durchweg der elektrische Betrieb eingeführt ist, 330 Mill., wovon auf die Große Straßenbahn 283 Mill. entfallen, mit Stadt- und Ringbahn 88,6 Mill. Die die Spree befahrenden und die nächsten Vergnügungsorte (wie Treptow, Stralau, dann auch neuerdings die Orte an der Unterspree und Havel etc.) mit B. verbindenden Dampfschiffe beförderten 1899: 776,933 Personen. Die 1884 gegründete Berliner Paketfahrtgesellschaft befördert Pakete innerhalb Berlins (1899: 2,3 Mill. Stück).

Diesen großen Unternehmungen des Staates und der Privatgesellschaften kann die Kommune einige würdig an die Seite stellen, so die 4 städtischen Gasanstalten (neben denen für einen geringern Umfang eine englische besteht), die städtischen Wasserwerke, die 1874 einer englischen Aktiengesellschaft für 252/3 Mill. Mk. abgekauft wurden, und die in den letzten Jahren fast vollendete, über 114 Mill. Mk. (wovon schon 23 Mill. getilgt) kostende unterirdische Kanalisation mit Berieselung, die den Ankauf von sieben benachbarten Landgütern zu Rieselfeldern nötig machte. Mit der Regelung der Kanalisation ging der Bau neuer, resp. die Verbesserung alter Wasserwerke (in Tegel und am Müggelsee) Hand in Hand, ferner wurde die Straßenreinigung, die 1900: 1126 Personen beschäftigte, bedeutend umgewandelt und energisch mit der Einrichtung [⇐697][698⇒] von Markthallen vorgegangen; neben der 1886 eröffneten, 11,000 qm bedeckenden und ca. 650 Verkaufsstände enthaltenden Zentralmarkthalle am Alexanderplatz bestehen in B. noch 13 Markthallen. Von ältern städtischen Instituten sind zu erwähnen: die Sparkasse, mit 1899/1900: 52,833,600 Mk. Einzahlungen (das Guthaben erreichte 1900 einen Gesamtbetrag von fast 241 Mill. Mk. auf etwa 675,000 Sparkassenbücher), und die städtische Feuersozietät, die auf dem zwangsweise auferlegten Beitritt sämtlicher Grundstücke (1900: 24,219 mit einem Versicherungswert von 4017 Mill. Mk.) beruht. Ein ausgezeichnetes Institut ist ferner die Feuerwehr (1851 durch Scabell reorganisiert), die 1898/99: 1,937,995 Mk. kostete und 1900 außer 20 Offizieren ein Personal von 873 Mann (mit 132 Pferden) besaß. Als großartiges städtisches Institut zeigt sich der 1881 eröffnete und seitdem mehrfach vergrößerte Zentral-Vieh- und Schlachthof; er umfaßt eine Fläche von ca. 40 Hektar zwischen der Landsberger Allee und der Eldenaer Straße und enthält einen eignen Bahnhof und ein Börsengebäude. Es wurden an Schlachtvieh zu Markte gebracht 1901: 259,693 Rinder, 943,221 Schweine, 193,935 Kälber, 610,715 Hämmel; auf dem Viehhof geschlachtet wurden 1901: 190,681 Rinder, 796,951 Schweine, 163,374 Kälber, 461,741 Hämmel.

Armenwesen. Wohltätigkeitsanstalten.

Es wurden von der städtischen Verwaltung für die Armenpflege mit Einschluß der Waisen- und Krankenpflege im Rechnungsjahr 1899/1900: 14,373,595 Mk. verausgabt und 29,458 Almosenempfänger mit 5,137,847 Mk. unterstützt, an Extraunterstützungen aber 763,728 Mk. verausgabt. 5637 Waisen- und verwahrloste Kinder wurden auf Kostender Stadt verpflegt.

Wohltätigkeitsanstalten besitzt B. in einem anderswo kaum gekannten Maß. Die hauptsächlichsten sind: unter Kommunalverwaltung das Friedrichs-Waisenhaus mit der großen Waisenanstalt zu Rummelsburg; das Friedrich Wilhelms-Hospital; das Nikolaus-Bürgerhospital (für alte Personen männlichen Geschlechts); die Wilhelminen Amalien-Stiftung (für Frauen und Jungfrauen aus höhern Ständen). Segensreich wirkt ferner das vor dem Prenzlauer Tor 1887 errichtete städtische Obdach, das 1899: 351,778 Personen nächtliche Unterkunft sowie 1899/1900: 1263 Familien (aus 4295 Köpfen bestehend) und 2426 Einzelpersonen längere Unterkunft gewährte. Daneben bestehen zahlreiche Institute der französischen, katholischen und jüdischen Gemeinde, und außerdem wird eine Anzahl von Anstalten von Privatvereinen unterhalten, so bestehen ein Magdalenen-, ein Johannisstift, mehrere Mägdeherbergen, ein Asylverein für Obdachlose (1899 wurden 237,027 Männer und 37,684 Frauen, Mädchen und Kinder zur Nächtigung aufgenommen), 9 Volksküchen, die 1899: 1,3 Mill. Portionen austeilten, Volks-, Kaffee- und Speisehallen etc. Endlich gibt es noch eine große Anzahl von Privatwohltätigkeitsvereinen, darunter einen Verein gegen Verarmung (1898 mit 8700 Mitgliedern). Auch für Krankenanstalten ist ausreichend gesorgt. Die 1785 von Friedrich II. gegründete Charité, mit einem Raum für 1450 Kranke, steht unter dem Kultusministerium. Ihr zunächst ist das große Diakonissenhaus Bethanien zu nennen, eine Stiftung des Königs Friedrich Wilhelm IV., worin 350 Kranke Raum finden. Das große städtische Krankenhaus am Friedrichshain, 1870–73 von Gropius und Schmieden ausgeführt, ist nach dem Pavillonsystem angelegt und enthält 600 Betten. Außerdem bestehen noch: das unter dem Protektorat der Kaiserin stehende Augustahospital, das Elisabethkrankenhaus, das Lazaruskrankenhaus, das Krankenhaus am Urban, das Elisabeth-Kinderhospital, das Kaiser und Kaiserin Friedrich-Krankenhaus, das Barackenlazarett in Moabit, das neue Rudolf Virchow-Krankenhaus, das katholische St. Hedwigs- und das jüdische Krankenhaus, endlich ein Leichenschauhaus (Morgue) sowie die städtischen Heimstätten für Genesende in Blankenburg, Heinersdorf, Blankenfelde und Malchow bei B. etc. Es bestehen zwei städtische Irrenanstalten in Dalldorf (mit 3060 Betten) und Herzberge (1070 Betten) und eine Anstalt für Epileptische (Wuhlgarten) in Biesdorf (1083 Betten); ferner 2 Volksbadeanstalten und 16 städtische Flußbadeanstalten. Das Invalidenhaus (seit 1748 bestehend) vermag 600 Mann aufzunehmen.

Bildungsanstalten.

Unter den Lehranstalten nimmt die Friedrich Wilhelms-U niversität den ersten Rang ein; im Sommersemester 1902 hatte sie 430 Professoren und Dozenten und 5676 immatrikulierte Studierende (im Wintersemester 1902/03: 7091), und zwar 274 (366) Theologen, 1714 (2428) Juristen, 1018 (1219) Mediziner und 2670 (3078) in der philosophischen Fakultät; außerdem waren 5460 (6309) Studierende andrer Hochschulen und sonstige Personen, einschließlich 370 (552) Frauen, zum Hören berechtigt. An sie reiht sich die 1659 gegründete königliche Bibliothek mit über 1 Mill. Bänden, 30,000 Handschriften, 80,000 Blatt Karten und 96,000 Bänden und Heften Musikalien. Unter ihren Raritäten befinden sich Luthers Handexemplar einer hebräischen Bibel mit eigenhändigen Randbemerkungen, der Codex Wittekindi (eine Evangelienhandschrift aus dem 8. Jahrh.), Beethovens Originalpartitur zur neunten Symphonie, die von O. v. Guerike verfertigte Luftpumpe u. a. Außerdem besteht noch eine Universitätsbibliothek, die 1831 gegründet worden ist und jetzt etwa 215,000 Bände umfaßt; sodann sind zu nennen die Bibliotheken des preußischen Statistischen Bureaus (140,000), der Kriegsakademie, des Kammergerichts, des Reichstags, des Generalstabs, des Magistrats, der Gesellschaft für Erdkunde, 27 städtische Volksbibliotheken etc. Die technische Hochschule ist 1884 nach Charlottenburg (s. d.) verlegt worden. Die königliche Bergakademie hatte im Wintersemester 1899/1900: 192, die königliche landwirtschaftliche Hochschule 580, die königliche akademische Hochschule für die bildenden Künste 1899: 254 Studierende. Ferner sind zu erwähnen die tierärztliche Hochschule, die königliche Hochschule für Musik, das neue Seminar für orientalische Sprachen etc. Auf der königlichen Sternwarte (seit 1835 am Enckeplatz) sind insgesamt 5 Planeten (darunter der Neptun) und 13 Kometen entdeckt worden. Außerdem bestehen, teils mit der Universität verbunden, teils selbständig: das chemische Laboratorium, der botanische Garten und das reichhaltige botanische Museum (deren Verlegung nach Dahlem beschlossen ist), das christlich-archäologische Kunstmuseum, das kartographische Institut, das klinische Institut für Chirurgie und Augenheilkunde, das zahnärztliche Institut, das Poliklinikum, das klinische Institut für Geburtshilfe, die Anatomie (im Tierarzneischulgarten), das anatomische, zoologische, mineralogische und Hygienemuseum und der Universitätsgarten etc. B. zählte 1902: 15 Gymnasien, 8 Realgymnasien, 2 Oberrealschulen und 13 Realschulen (höhere Bürgerschulen); ferner hat B. 11 höhere Knabenschulen, [⇐698][699⇒] ein Frauengymnasium, an höhern Mädchenschulen 8 öffentliche und 45 private, ferner 8 mittlere sowie 255 Gemeindeschulen, zusammen mit etwa 250,000 Schülern und Schülerinnen. Populär-wissenschaftliche Vorträge werden seit 1878 in der Volkshochschule Humboldt-Akademie gehalten. Zur wissenschaftlichen Ausbildung für Damen ist das Viktorialyzeum bestimmt, eine Art Frauenuniversität. Zu erwähnen sind ferner mehrere Handelsschulen, dann die städtischen Taubstummen- und Blindenschulen, 12 städtische Fortbildungsschulen für Jünglinge, 13 für Mädchen, 2 Handwerkerschulen, 18 städtische Fachschulen etc. Über die Stadt verteilt sind 13 Turnhallen. Hieran schließen sich 42 Kleinkinderbewahranstalten und 24 Fröbelsche Kindergärten, die alle von Privatvereinen unterhalten werden. Von höhern Lehranstalten für besondere Fächer sind die wichtigsten: die allgemeine Kriegsakademie (in der Dorotheenstraße); die Artillerie- und Ingenieurschule in der Hardenbergstraße (Charlottenburg); ferner die Militärturnanstalt, die königliche Hebammenschule, das königliche pädagogische Seminar für höhere Schulen, das Domkandidatenstift, die königliche Turnlehrerbildungsanstalt, die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, das theologische Seminar der französischen Kolonie, das Seminar für Missionare etc. Die Akademie der Künste, 1699 gestiftet, teilte bisher mit der Akademie der Wissenschaften ein Gebäude »Unter den Linden« (s. S. 695). Sie besitzt eine reichhaltige Kupferstichsammlung und veranstaltet akademische Kunstausstellungen (neuerdings in dem Glaspalast des Landesausstellungsparks in Moabit, s. Tafel »Ausstellungsbauten II«, Fig. 8 u. 9). Seit 1833 ist die Akademie durch eine musikalische Sektion erweitert worden. Zur Förderung der Kunstindustrie wurde 1867 das Deutsche Gewerbemuseum ins Leben gerufen, aus dem sich das Kunstgewerbemuseum (mit Unterrichtsanstalt) entwickelt hat. Dasselbe enthält eine reichhaltige Sammlung von Erzeugnissen aller Zweige der Kunstindustrie. Ferner besteht noch eine Kunstschule (Seminar für Zeichenlehrer), eine Zeichen- und Malschule des Vereins für Künstlerinnen und einige private Malschulen. Auch ein königliches Institut für Glasmalerei besteht seit 1843 in Charlottenburg. Das wichtigste wissenschaftliche Institut nächst der Universität ist die Akademie der Wissenschaften, in demselben Jahr gestiftet wie die Akademie der Künste; sie ist in eine physikalisch-mathematische und eine philosophisch-historische Klasse geteilt. Außerdem gibt es sehr viele wissenschaftliche, künstlerische und technische Korporationen und Gesellschaften; man zählt nicht weniger als 700 verschiedene Vereinigungen.

Zeitungswesen.

In B. erscheinen etwa 1100 Zeitungen, Zeitschriften etc. Die politischen Zeitungen Berlins (30), in denen sämtliche parlamentarische und politische Parteien vertreten sind, üben einen bestimmenden Einfluß auf das politische Leben in den preußischen Provinzen, z. T. auch im übrigen Deutschland aus. Die größte politische Bedeutung haben die Zeitungen von entschieden liberaler Tendenz. Das älteste Organ dieser Richtung ist die »Vossische Zeitung« (s. d.). Größere Verbreitung haben das »Berliner Tageblatt« (erscheint seit 1872, Redakteur A. Levysohn) und die »Berliner Zeitung« (seit 1877, Redakteur H. Ullstein), deren Verleger noch besondere verkleinerte Ausgaben für B. und die Provinz veranstalten (»Berliner Morgenzeitung«, »Berliner Morgenpost«, »Berliner Abendpost«). Die Interessen der Börse und der Freisinnigen Vereinigung zugleich vertritt der »Berliner Börsenkurier« (seit 1867, Redakteur I. Landau), während die »Berliner Börsenzeitung« (seit 1856, Redakteur R. Tiedemann) in ihrem politischen Teil die Bestrebungen der nationalliberalen Partei unterstützt. Die »Freisinnige Zeitung« (seit 1885) ist das Organ der E. Richterschen Partei, während die »Volkszeitung« (1852 gegründet, Redakteur K. Vollrath) von der Fortschrittspartei zur reinen Demokratie übergegangen ist. Die in ihren Anfängen liberale »Staatsbürger-Zeitung« (begründet 1865 von Held) ist das Organ der Antisemiten. Eine neutrale Stellung innerhalb der politischen Parteien nimmt der »Berliner Lokalanzeiger« (seit 1883, Verlag von A. Scherl) ein, der durch geringen Preis die größte Verbreitung in B. gewonnen hat. Aus demselben Verlag ist 1901 die gleichfalls unparteiische Zeitung »Der Tag« (mit Illustration der Tagesereignisse) hervorgegangen. Eine politisch unparteiische, aber durchaus national gesinnte Zeitung ist die »Tägliche Rundschau« (seit 1881, seit Mitte 1900 im Besitz des Bibliographischen Instituts in Leipzig, Redakteur H. Rippler). Das Parteiorgan der Sozialdemokraten ist der »Vorwärts«. Die konservativen Parteien werden in der Berliner Zeitungspresse durch die »Neue Preußische (Kreuz-) Zeitung« (seit 1848, Redakteur H. Kropatschek), das Organ der auf dem äußersten rechten Flügel stehenden Konservativen, den »Reichsboten« (seit 1873, Redakteur Pastor Engel), den Vorkämpfer der orthodox-kirchlichen Parteien, die »Deutsche Tageszeitung« (Vertreterin der agrarischen Interessen, Redakteur G. Ortel) und »Die Post« (Redakteur W. Kronsbein) vertreten, die, 1866 von Strousberg gegründet, seit 1874 das Organ der deutschen Reichs- und freikonservativen Partei ist. Die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« (gegründet 1861) ist ihrer Tendenz nach ein Organ der konservativen Parteien, hat aber eigentlich nur Bedeutung durch halbamtliche (offiziöse) Mitteilungen aus den Reichsämtern, Ministerien etc., die übrigens auch Zeitungen der Mittel- und liberalen Parteien zugänglich gemacht werden. Das amtliche Organ der Regierung ist der »Deutsche Reichs- und königlich Preußische Staatsanzeiger« (seit 1861). Das Hauptorgan der nationalliberalen Partei für B. ist die »Nationalzeitung« (gegründet 1848, Redakteur Köbner). Für die Interessen der klerikalen Partei, insbes. für die Politik der römischen Kurie, tritt die »Germania« (gegründet 1871) ein. Zeitungen ohne bestimmte Parteiangehörigkeit sind die »Berliner Neuesten Nachrichten«, das »Kleine Journal«, die »Deutsche Warte« und die »Deutsche Zeitung« (Redakteur Fr. Lange), letztere mit Betonung der nationalen Tendenz. Mit Ausnahme der »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung« und des »Reichsboten« erscheinen alle großen politischen Zeitungen Berlins. täglich zweimal (Sonntags und Montags meist einmal). Die seit 1881 erscheinenden »Berliner Politischen Nachrichten« sind eine für Zeitungen bestimmte Korrespondenz.

Kunstsammlungen, Theater etc.

Unter den Kunstsammlungen nehmen die der königlichen Museen (s. oben) die erste Stelle ein. Das Alte Museum enthält im Souterrain die Bibliothek und eine Münzsammlung von 200,000 Stück in Gold, Silber und Kupfer (von denen allein 90,000 Münzen und Medaillen des Altertums sind), im ersten Stockwerk die Skulpturengalerie. Die Gemäldegalerie, die den obersten Stock einnimmt, ist besonders reich an Werken der italienischen und niederländischen Schulen [⇐699][700⇒] des 15. Jahrh. Das Neue Museum enthält im Erdgeschoß eine Sammlung nordischer Altertümer und das ägyptische wie neue vorderasiatische Museum, ferner die Sammlung der Skulpturen und Gipsabgüsse des deutschen Mittelalters; das zweite Geschoß eine reiche Sammlung von Gipsabgüssen antiker Skulpturen; das dritte endlich die Vasensammlung, das Antiquarium (Hildesheimer Silberfund) und das Kupferstichkabinett, das mehr als eine halbe Million Holzschnitte, Kupferstiche, Handzeichnungen etc. umfaßt (Hamiltonsche Miniaturen). Diesen beiden Museen reiht sich die Nationalgalerie an. Sie ist vornehmlich für Bildwerke der modernen deutschen Kunst seit dem Ende des 18. Jahrh. bestimmt; ihren Grundstock bildete die 1861 vom Konsul Wagener König Wilhelm I. geschenkte Wagenersche Galerie. Im dritten Stock ist die gräflich Raczynskische Gemäldegalerie aufgestellt. Die Nationalgalerie enthält ca. 850 Kunstwerke und eine reiche Sammlung von Handzeichnungen. Das Pergamenische Museum enthält eine Nachbildung des Zeusaltars in Pergamon mit den von Humann ausgegrabenen Friesreliefs, die den Kampf der olympischen Götter gegen Titanen und Giganten darstellen, ferner Ausgrabungen aus Magnesia und Priëne. Andre öffentliche Museen sind: das Rauch-Museum (enthält fast sämtliche Modelle, Entwürfe und Abgüsse der Rauchschen Werke); das Museum der Abgüsse aus Olympia; das Hohenzollern-Museum im Schloß Monbijou (enthält eine äußerst interessante Sammlung von Merkwürdigkeiten und Erinnerungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte und der des preußischen Herrscherhauses); das Zeughaus (s. oben); das Kunstgewerbemuseum (s. oben); das Museum für Völkerkunde mit den prähistorischen und Schliemannschen Sammlungen im Erdgeschoß und den ethnographischen und anthropologischen Sammlungen in den drei übrigen Geschossen; das Museum für Naturkunde mit dem zoologischen Institut und reichen zoologischen, mineralogischen etc. Sammlungen; das märkische Provinzialmuseum (Neubau am Märkischen Platz unternommen; enthält märkische Altertümer aller Art, bis jetzt 80,000 Nummern); das Beuth-Schinkel-Museum (enthält den künstlerischen Nachlaß Schinkels sowie die hinterlassene Sammlung Beuths); landwirtschaftliches Museum und Museum für Bergbau und Hüttenkunde in der Invalidenstraße; das Reichspostmuseum, das Hygienemuseum, das Museum für deutsche Volkstrachten, das handelsgeographische Museum, das Architekturmuseum der königlich technischen Hochschule, das städtische Schulmuseum, die königliche Sammlung alter Musikinstrumente und das christliche Museum. Unter den Privatgalerien ist die Ravenésche, moderne Gemälde enthaltende hervorzuheben; dauernde Kunstausstellungen finden an verschiedenen Orten statt, unter andern im Verein Berliner Künstler.

Für die geistige Unterhaltung Berlins sorgt eine große Zahl von Theatern, Konzerten und ähnlichen Vergnügungen. An ihrer Spitze stehen die beiden königlichen Institute: das Opernhaus (für Oper u. Ballett) und Schauspielhaus (für das rezitierende Drama; vgl. das Geschichtliche im Art. »Schauspielkunst«), zu denen neuerdings das ehemalige Krollsche Theater als Neues Operntheater hinzugetreten ist. Außerdem bestehen noch ca. 20 größere und kleinere Theater, von denen die künstlerisch hervorragendsten sind: das Deutsche Theater, das Berliner und zwei Schillertheater im O. und N. (klassisches und modernes Repertoire), das Lessingtheater (moderne Richtung im Sittendrama) und das Residenztheater (französisches Schauspiel). Konzerte von größerer Bedeutung sind diejenigen des königlichen Domchors, die Symphoniekonzerte der königlichen Kapelle, die Aufführungen der königlichen Hochschule für Musik, des philharmonischen Orchesters (Philharmonie) und der Singakademie (gegründet von Fasch; vgl. ihre Geschichte von M. Blumner, 1891). Erwähnung verdienen noch die beiden Zirkus Busch und Schumann, das Passage- und das Castansche Panoptikum und mehrere Panoramen, endlich die beiden Institute der Urania im Landesausstellungspark (mit Sternwarte) und in der Taubenstraße für wissenschaftliche Vorträge. Großer Beliebtheit erfreuen sich die Hindernisrennen bei Karlshorst und die Flachrennen in Hoppegarten, die Wettfahrten für Trabrennen in Weißensee und bei Charlottenburg, ferner die für Radfahrer auf der Rennbahn bei Charlottenburg, die Ruder- und Segelregatten in Grünau wie auf dem Müggel- und Wannsee. Ihre alte Anziehungskraft haben auch die Frühjahrs- und Herbstparaden auf dem Tempelhofer Feld und die Hubertusjagd (früher im Grunewald, neuerdings nach Döberitz verlegt) bewahrt. Unter allen Vergnügungs- und Unterhaltungslokalen steht obenan der Zoologische Garten, der seit 1899 durch geschmackvolle Neubauten und die Anlagen neuer Promenaden umgestaltet ist und durch den Reichtum seines Inhalts und die Pracht seiner Einrichtungen den ersten Rang auf dem Kontinent einnimmt; ferner sind der Landesausstellungspark mit der jährlichen großen Kunstausstellung (im Sommer) und das Aquarium Unter den Linden zu nennen.

Verwaltung. Finanzen. Behörden.

Seit 1. April 1881 ist B. aus der Provinz Brandenburg ausgeschieden und bildet einen Verwaltungsbezirk für sich. Doch sind das Oberpräsidium, das Konsistorium, das Provinzialschulkollegium und das Medizinalkollegium der Provinz Brandenburg auch für B. als höhere Instanz zuständig. Das Polizeipräsidium ist für B. die königliche, der Magistrat die städtische Behörde. Hinsichtlich militärischer Maßnahmen haben der Oberbefehlshaber in den Marken, der Gouverneur und der Kommandant von B. Anordnungen zu treffen. Das Polizeipräsidium steht direkt unter dem Ministerium des Innern und gilt seit 1900 als oberste Polizeibehörde in den zu einem Landespolizeibezirk vereinigten Stadtbezirken B., Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf. Es hat in B. die eigentliche Polizei und die Aussicht über Fremden-, Paß-, Fuhrwerks-, Dienstbotenwesen, Feuerwehr und sonstige zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung gehörige Anstalten. Für diese Zwecke steht ihm eine bedeutende Schutzmannschaft (einschließlich der Offiziere und Kriminalbeamten ca. 6000 Mann) zu Gebote, die z. T. beritten ist. Über B. verteilt sind 12 Bezirkshauptmannschaften und 102 Polizeibureaus. Der Magistrat besteht aus einem Oberbürgermeister, einem Bürgermeister, 15 besoldeten (darunter 2 Syndiken, 2 Schul- und 2 Bauräte) und 17 unbesoldeten Stadträten. Die verschiedenen einzelnen Aufgaben dieser Behörde werden durch Direktionen, Deputationen, Kommissionen und Kuratorien erledigt, die aus Magistratsmitgliedern, Stadtverordneten und Bürgerdeputierten bestehen; im ganzen sind im Gemeindedienst der Stadt etwa 20,000 Personen beschäftigt, von denen der größte Teil die Ämter unentgeltlich als Ehrenämter verwaltet. Die Stadt ist in 326 Bezirke geteilt, deren jeder einen unbesoldeten Vorsteher hat; ferner schickt sie aus 4 Wahlbezirken 9 Abgeordnete in das Abgeordnetenhaus (der [⇐700] [701⇒] Oberbürgermeister ist Mitglied des Herrenhauses) und 6 Abgeordnete aus 6 Wahlkreisen in den deutschen Reichstag. Die Zahl der Stadtverordneten beträgt 141. Die Gerichtsbarkeit über alle Einwohner hatten bisher das Landgericht I und das einzige ihm unterstellte Amtsgericht I, doch ist durch Gesetz vom 16. Sept. 1899 die Einrichtung von drei neuen Amtsgerichten. B.-Tempelhof, B.-Schöneberg und B.-Wedding (in Reinickendorf), in Aussicht genommen, von denen die beiden ersten dem Landgericht II, das letzte dem Landgericht III (Charlottenburg) unterstellt wird. Die oberste Instanz für B. bildet als Oberlandesgericht das Kammergericht. Zu diesem gehören 10 Landgerichte, unter andern auch das Landgericht II in B. für die 9 Amtsgerichte B.-Schöneberg, B.-Tempelhof, Köpenick, Großlichterfelde, Königswusterhausen, Mittenwalde, Rixdorf, Trebbin und Zossen.

Finanzen. Das städtische Budget beziffert sich für das Finanzjahr 1902/1903 in Einnahme und Ausgabe auf 112,781,257 Mk. Zu den Einnahmen liefern die Steuerverwaltung 65,6 Mill. Mk., die Vermögensverwaltung 15,4 Mill., die städtischen Werke 6,2 Mill., die Kämmerei 826,286 Mk., die Straßen- und Vorortbahngesellschaften 2,103,900 Mk., die Berliner Elektrizitätswerke 2,025,000 Mk., die englische Gasgesellschaft 505,850 Mk., das öffentliche Anschlagswesen 400,000 Mk. etc. An direkten Steuern erhebt die Stadt eine Gemeinde-Einkommensteuer, eine Gemeinde-Grundsteuer, eine Gewerbe- und eine Umsatzsteuer, an indirekten eine Hunde- und Braumalzsteuer. Unter den Ausgaben erfordern nach dem Etat 1902/1903:

Tabelle

Die Gesamtschulden der Stadt beliefen sich Ende März 1902 auf 319 Mill. Mk.; das Vermögen repräsentierte einen Wert von 649 Mill. Mk., wovon auf Grundbesitz 414 Mill. Mk. entfielen. Das Stiftungsvermögen der Stadt betrug 42 Mill. Mk.

In B. haben außer Bundesrat und Reichstag folgende Reichsbehörden ihren Sitz: Auswärtiges Amt, Reichsamt des Innern, Reichsmarineamt, Reichsjustizamt, Reichsschatzamt, Reichseisenbahnamt, Verwaltung des Reichsinvalidenfonds, Reichspostamt, Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen, Reichsbank, Reichsschuldenkommission, endlich Reichsmilitärgericht. Preußische Behörden sind, abgesehen von den beiden Häusern des Landtags, in B.: Staatsrat, die 9 preußischen Ministerien nebst den ihnen unmittelbar unterstellten Behörden (wie unter dem Staatsministerium: Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte, Disziplinarhof für nicht richterliche Beamte, königliches Oberverwaltungsgericht); ferner der evangelische Oberkirchenrat.

Von Militärbehörden befinden sich in B. der Generalstab der Armee, die Landesverteidigungskommission, die Generalkommandos des Garde- und des 3. Armeekorps nebst den Stäben der Gardedivisionen und der Mehrzahl der Gardebrigaden, die Generalinspektionen der Artillerie, des Ingenieurkorps, des Militärerziehungswesens, die Inspektionen der Jäger und Schützen, des Trains, der Kriegsschulen u. a. Die Garnison besteht aus 3 Garderegimentern zu Fuß, 3 Gardegrenadierregimentern und dem Gardefüsilierregiment, 4 Gardekavallerieregimentern (Gardekürassiere, 1. und 2. Gardedragoner, 2. Garde-Ulanen) und 1 Eskadron der Gardedukorps, dem 2. und einer Abteilung des 3. Garde-Feldartillerieregiments, dem Gardepionier- und dem Gardetrainbataillon, 3 Eisenbahnregimentern nebst Luftschifferabteilung, dem Telegraphenbataillon und 4 Landwehr-Bezirkskommandos. Außerdem sind hervorzuheben: die Oberfeuerwerkerschule, Militärroßarztschule und Militärlehrschmiede; endlich gibt es in B. ein Proviantamt, ein Hauptmontierungsdepot und 2 Garnisonlazarette.

Wappen (s. Abbildung, S. 692). B. führte nach einer Urkunde von 1272 einen Adler im Siegel. Bereits 1280 findet sich im Stadtsiegel der Adlerschild von zwei Bären beseitet, die man, da sie dem Schilde den Rücken kehren, als Schildwächter bezeichnen kann. 1418 erscheint im Schilde der Adler auf einem schreitenden, mit einem Halsband versehenen Bären fußend. König Friedrich I. bewilligte (6. Febr. 1710) ein neues Siegelbild: Schild gespalten; vorn Preußen, rückwärts Brandenburg, in der eingepfropften Spitze ein aufrechter, mit einem Halsband versehener Bär. 1839 erscheint an Stelle der Spitze ein mit einer Mauerkrone geschmückter Schild mit dem Bären aufgelegt, dem mit Magistratsbeschluß vom 1. Okt. 1875 der Halsring genommen wurde.

Umgebung Berlins.

(Hierzu »Karte der Umgebung von Berlin«.)

B. ist mit den benachbarten Orten, die sich besonders im W. mächtig entwickelt haben, fast zusammengewachsen, so im W. und SW. mit Charlottenburg (nebst der Villenkolonie Westend) und Schöneberg, an die sich die aufblühenden Orte Deutsch-Wilmersdorf, Friedenau, Schmargendorf anschließen. Aufwärts an der Havel liegen Saatwinkel mit der Insel Valentinswerder und Tegel am gleichnamigen See, einst W. v. Humboldts Besitztum. Zwischen Tegel und Moabit breitet sich die Jungfernheide (mit der Strafanstalt Plötzensee) und die Tegeler Forst mit dem Artillerieschießplatz aus. Unterhalb Spandau an der Havel liegen Pichelswerder und Schildhorn. ferner Wannsee mit stattlicher Villenkolonie an einer seeartigen Ausbuchtung der Havel; am nahen Kleinen Wannsee H. v. Kleists Grab. Südwestlich von Charlottenburg zieht sich bis zur Havel die Spandauer Forst hin, an die sich südwärts der Grunewald anschließt. An seinem Eingang liegt der Vorort Halensee, zu dem vom Lützowufer in B. durch Charlottenburg und Deutsch-Wilmersdorf hin der Kurfürstendamm führt, ferner am Bahnhof Grunewald die vornehme Villenkolonie Grunewald. Der Grunewald enthält von Vergnügungsorten: Hundekehle, Jagdschloß Grunewald, Krumme Lanke, Schlachtensee. Die B.-Potsdam-Magdeburger Bahn führt an Schöneberg, Friedenau, Steglitz, Großlichterfelde und Zehlendorf vorüber; ein Zweig von ihr, die Wannseebahn (für den Vorortverkehr, s. S. 697), zieht sich auf der Strecke Zehlendorf-Neubabelsberg nördlich von der Hauptbahn hin; die B.-Anhaltische Bahn führt über Großlichterfelde (mit der Hauptkadettenanstalt) nach Großbeeren (s. d.). Im S. der Stadt liegt die Hasenheide mit zahlreichen Vergnügungslokalen. Sie stößt an den großen Exerzierplatz der Berliner Garnison bei Tempelhof. Im SO. liegt die volkreiche Stadt Rixdorf (s. d.). An der obern Spree sind Treptow, Stralau und Köpenick zu nennen, ferner Rummelsburg an dem gleichnamigen, mit der Spree zusammenhängenden See, Grünau an der Dahme, Friedrichshagen am Müggelsee. Friedrichsfelde im O. der Stadt enthält ein Schloß (mit Park); nördlich davon liegt der große Vorort Lichtenberg, [⇐701][702⇒] dessen Einverleibung in B. geplant ist. Im NO. liegen Weißensee und Neu-Weißensee, im N. Pankow und Niederschönhausen mit königlichem Lustschloß und Park, endlich Schönholz mit dem Schützenhaus der Berliner Schützengilde.

Geschichte Berlins.

B. ist Anfang des 13. Jahrh. aus zwei Ortschaften entstanden, B. auf dem rechten Spreeufer und Kölln auf einer Spreeinsel. Die Stelle war zur Anlage einer Ansiedelung geeignet, weil sich hier ein bequemer Übergang über die Spree für die von Leipzig nach der untern Oder führende alte Handelsstraße darbot. Der Ort B. bildete sich wohl im Anschluß an eine slawische Kastellanei, an deren Stelle unter den Askaniern eine markgräfliche Vogtei trat, und bedeckte den Raum zwischen der Spree und der Neuen Friedrichstraße, dem spätern Stadtteil B. entsprechend, während Kölln nur den südlichen Teil der Spreeinsel umfaßte. Vorzugsweise nach NO. und S. erstreckte sich das Gemeindeland, ferner Acker und Wiesen beider Orte, wobei das ältere und wichtigere B. mit weit größerm Grundbesitz (120 Hufen Ackerland) ausgestattet erscheint als Kölln. Beide Orte erhielten unter der Regierung der Markgrafen Johann I. und Otto III. Stadtrechte, Kölln um 1232 von Spandau, B. um 1240 von Brandenburg a. H. Für Kölln war die Petrikirche, für B. die Nikolaikirche Pfarrkirche, neben der hier im 13. Jahrh. noch die Marienkirche gebaut wurde.

Der Name »B.« ist wahrscheinlich auf »Wehr« (Damm) zurückzuführen und der Bär als Wappentier erst nachträglich (s. oben, S. 701) gewählt worden; »Kollen« (Kölln) bezeichnet im Wendischen einen aus Sumpf und Wasser sich erhebenden Hügel. An der Spitze beider Städte stand ein gemeinsamer Stadtschultheiß, unter ihm 2 Räte, in Berlin von 12, in Kölln von 6 Mitgliedern gebildet. Der am Jahresschluß abtretende Rat ernannte die neuen Mitglieder, trat aber meist im darauf folgenden Jahre wieder in Funktion. Die Vereinigung der Räte beider Städte zu einem gemeinsamen Rat (1307) wurde schon 1311 aufgehoben. B. wurde gleich andern märkischen Städten zu den Landtagen hinzugezogen und galt um 1400 als Hauptstadt des Barnim und Teltow. Auch in dem märkischen Städtebund spielte es eine Hauptrolle und trat im 15. Jahrh. der Hansa bei. 1391 erwarb es das Schultheißenamt und die Gerichtsgewalt. Die Vereinigung beider Städte (1432) und die Bildung eines gemeinsamen Rates neben dem bestehenden führte zu Unruhen, infolge deren Friedrich II. der Eiserne 1442 die Vereinigung aufhob, den Viergewerken einzelne Sitze in den Ratskollegien zugestand, die Gerichtsbarkeit und das Recht der Niederlage beiden Städten entzog und den Bau eines Schlosses in Kölln begann. Als der Kurfürst vielen Bürgern die widerrechtlich angeeigneten Lehen entzog, kam es zur offenen FehdeBerliner Unwille«), bis sich B. 1448 einem Gericht der Stände der Mittelmark zu Spandau unterwerfen und die Verfassung von 1442 anerkennen mußte. B. war nun und blieb die Residenz der Hohenzollern. Eine dauernde Hofhaltung führte zuerst Johann Cicero in Berlins Mauern ein. Joachim I. verlieh 1508 wieder die Gerichtsbarkeit der Stadt, behielt sich nur die Ernennung des Richters vor, bis auch diese 1544 der Stadt zufiel. Joachim II., mit dem B. 1539 das lutherische Bekenntnis annahm, reformierte das Kirchen- und Schulwesen, wobei das Kirchenpatronat auf den Rat überging, und baute die noch aus dem 13. Jahrh. stammende Dominikanerkirche (auf dem heutigen Schloßplatz) zu einer Dom- und Gruftkirche für das Herrscherhaus um. Unter Joachim II. begann auch 1538 der Um- oder Neubau des Schlosses in Kölln (s. oben). In die Regierungszeit Johann Georgs (1571–98) fallen die erste Bebauung des Werders in der Nähe des königlichen Schlosses, die Errichtung der ersten lateinischen Schule (1574 in dem aufgehobenen Franziskanerkloster) sowie die Niederlassung von Handwerkern und Künstlern aus den Niederlanden. Der 1613 erfolgte Übertritt des Kurfürsten Johann Siegmund zum reformierten Bekenntnis hatte in B. mehrere Aufläufe zu Folge, in deren einem (1615) sogar der Statthalter, Markgraf Johann Georg von Jägerndorf, verwundet wurde. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde B. nur während der Jahre 1627–43 in Mitleidenschaft gezogen und von Kaiserlichen und Schweden mehrfach bedroht, mußte aber nur 1636 und 1639 an die Schweden Kontributionen zahlen. Insgesamt hat die Stadt etwa 1/2 Mill. Tlr. für den Krieg aufwenden müssen, wovon jedoch drei Fünftel für Zwecke der Landesverteidigung verausgabt wurden. Die Bevölkerung, um 1600 etwa 14,000 Seelen, war um 1650 auf kaum 8000 gesunken; man zählte 1654 neben 727 bewohnten 147 verlassene Häuser im Stadtteil B., ferner wurden die Vorstädte 1640–41 aus Rücksicht auf die Verteidigung der Stadt von den kurfürstlichen Truppen selbst zerstört.

Ein großer Aufschwung der Stadt erfolgte unter Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten. Zuerst sorgte er für die Pflasterung und Beleuchtung der Straßen, dann wurden Maßregeln für die Bebauung der wüsten Stellen getroffen, alle kurfürstlichen Gebäude und Anlagen wiederhergestellt und der Lustgarten, ein Park in holländischem Stil, mit Lusthaus und Orangerie angelegt. Von Privatbauten entstanden die Palais Derfflingers (am Köllnischen Fischmarkt), Schombergs (im 19. Jahrh. kronprinzliches Palais), Danckelmanns (in der Kurstraße). Der Kurfürst erleichterte die Steuerlast der Hausbesitzer durch Einführung der Akzise (1667), ferner der Kopf- und der Stempelsteuer, neben denen von früher her die Bierziese bestand. Die Verfolgungen der Protestanten in Frankreich, die Aufhebung des Edikts von Nantes, verbunden mit dem Potsdamer Edikt vom 29. Okt. 1685, führten eine Menge gewerbfleißiger Franzosen nach B., die viele Privilegien (z. B. besondere Gerichtshöfe, langjährige Steuerfreiheit etc.) erhielten; ihnen schlossen sich 1689 und 1697 auch viele Pfälzer und Schweizer an. Dadurch wurde eine bedeutende Erweiterung der Städte notwendig. Schon 1658 begann die Vergrößerung der Anlagen auf dem Werder; 1670 fing man an, die Spandauer Vorstadt aufzubauen; 1674 entstand eine neue Vorstadt vor dem neuen Tor des Friedrichswerders, seit 1676 von ihrer Gründerin, der Kurfürstin Dorothea, Dorotheenstadt genannt. Seit 1680 wurden die übrigen Vorstädte und Neu-Kölln angelegt. Die Einwohnerzahl war beim Tode Friedrich Wilhelms (1688) auf 20,000 gestiegen. Das Aussehen der Stadt wurde sehr verändert durch die 1658 begonnene Befestigung; schon 1657 hatte B. Garnison (etwa 2000 Mann) erhalten. Der damals aus der Spree abgeleitete Festungsgraben umgab B. und Kölln in zwei Armen: der eine ging rechts aus dem Hauptstrom bei der Stralauer und mündete in denselben unweit der Spandauer Brücke; die andre Hälfte begann oberhalb der Waisenbrücke und ging um Kölln und den Werder in den Kupfergraben. Der Friedrichswerder, seit 1667 ein besonderer Stadtteil mit eignem Magistrat, und Neu-Kölln waren außerhalb des Festungsgrabens in die Verteidigungslinie [⇐702][703⇒] eingeschlossen. Die neue Befestigung bestand jedoch nur wenige Jahrzehnte unverändert.

Friedrich III. (als König Friedrich I.) beschloß 1688 den Anbau der Friedrichstadt, und bereits 1695 standen 300 Gebäude nach einem bestimmten Plan, der durch Friedrich Wilhelm I. zu dem gegenwärtigen Umfang erweitert wurde. Zu den bedeutendern Bauten König Friedrichs I. gehören außerdem: das Zeughaus, das Akademiegebäude, die Kurfürstenbrücke, die Sternwarte, die Kirchen auf dem Gendarmenmarkt, die Garnisonschule u. a. Sein glänzender Hof erzeugte auch unter den Bürgern Luxus und Vergnügungssucht. Kaffeehäuser wurden angelegt und Schauspiele zuerst 1690 von den Truppen Sebastian Scios und des sächsischen Hofkomödianten Magister Feldheim im Rathaus ausgeführt. Unter Friedrich I. wurden auch die bisher getrennten und von besondern Magistraten verwalteten Stadtteile Berlin, Kölln, Friedrichswerder, Friedrichstadt, Dorotheenstadt 1709 zu einem Ganzen vereinigt und einem Magistrat (bestehend aus 4 Bürgermeistern, 2 Syndiken, 3 Kämmerern und 10 Ratsherren, deren Amt ständig, aber erst seit Friedrich Wilhelm I. vom König besetzt wurde) untergeordnet. Die Einzelbenennungen Kölln, Friedrichstadt u. a. gingen seitdem in dem Gemeinnamen B. unter. 1710 wurde ein Stadtgericht errichtet, das aber nur für die Bürger galt, während im Amte Mühlenhof der dortige Hauptmann, im Schloßbezirk der Hausvogt und für vornehme Personen das Kammergericht zuständig blieben. Auch die Polizei blieb in den Händen des Gouverneurs und des Hausvogts.

Während der Regierung Friedrich Wilhelms I., der zuerst seine Edikte nicht von Kölln an der Spree, sondern von B. datierte, wurden das Friedrich Wilhelms-Waisenhaus und der Schloßbau bis 1716 größtenteils vollendet und der Lustgarten in einen Exerzierplatz umgewandelt. Vornehmlich ward die Friedrichstadt ausgebaut, ferner zahlreiche Kirchen gebaut (ihre Zahl stieg von 12 auf 25); schon 1737 gab es dort 1682 Häuser. Für das Schulwesen waren die Anlage der frühern Gebäude des Joachimsthalschen Gymnasiums und die Gründung einer Kadettenschule von Bedeutung. Ferner wurde der botanische Garten der Akademie (jetzt der Universität) angelegt und im NW. der Stadt ein Pesthaus errichtet, an dessen Stelle Friedrich II. 1785 die Charité erbaute. 1740 bestanden außer den schon 1709 eine Stadt bildenden fünf Städten noch die Luisenstadt, das Stralauer Viertel, die Königsstadt, die Sophienstadt.

Unter Friedrich d. Gr. wurde noch vor dem Siebenjährigen Kriege der Tiergarten zu einem Park umgestaltet; auch erfolgte die Abtragung der noch vorhandenen Befestigungswerke (1745), anderen Stelle die Neue Friedrichstraße, Alexanderstraße und Wallstraße traten. 1747 erhielt die Stadt eine neue Verfassung, wodurch die Zahl der Ratsmitglieder auf 20 erhöht wurde, die sich durch eigne Wahl ergänzen sollten; an ihre Spitze trat ein vom König ernannter Stadtpräsident, der zugleich die Polizei mit mehreren Ratsmitgliedern leitete; erst 1795 erfolgte die Errichtung einer vom Magistrat gesonderten Polizeibehörde. 1757 drang der österreichische General Haddik in die Vorstädte ein und erpreßte eine Kontribution von 200,000 Tlr. 1760 beschossen die Russen unter Totleben die Stadt vom Tempelhofer Feld aus, drangen 9. Okt. in dieselbe ein und erhoben eine Kontribution von 11/2 Mill. Tlr. Der Kaufmann Gotskowsky machte sich um die Milderung der feindlichen Forderungen sehr verdient. Nach dem Frieden fanden sich von den 1755 vorhandenen 126,661 Einw. nur noch 103,200 vor. Friedrich d. Gr. suchte durch Kanalbauten den Handel Berlins zu heben und richtete neue Industriezweige ein. Es wurden auf königliche Kosten großartige Seidenfabriken, Webereien und Druckereien für Kattun u. a. angelegt; die Porzellanmanufaktur hatte er schon 1751 errichtet. Die Bevölkerung stieg bis nahe an 150,000, wovon allerdings noch nicht 11,060 Bürger waren. Dieser Zuwachs machte die Anlegung der Rosenthaler und die Erweiterung der Stralauer Vorstadt nötig. Zur Verschönerung der Stadt trugen die beiden Türme auf dem Gendarmenmarkt bei, ferner die Ausschmückung des Wilhelmsplatzes, das Opernhaus, das Schauspielhaus, die königliche Bibliothek und andre öffentliche Bauten. Damals war B. der Sammelplatz der französischen Schön- und Freigeister (d'Argens, Voltaire, Lamettrie); auch Lessing, Moses Mendelssohn, Ramler, Gleim, Engel hielten sich größtenteils in B. auf. Unter Friedrich Wilhelm II. wurde das Brandenburger Tor (s. oben, S. 693) errichtet.

Während des letzten Jahrzehnts des 18. Jahrh. hob sich, begünstigt durch die französische Revolution, namentlich die Seidenzeugfabrikation. Auch die künstlerischen und literarischen Verhältnisse der Stadt erlangten von Tag zu Tag eine größere Bedeutsamkeit. Anstalten wie die Tierarzneischule, die Artillerieakademie, das medizinische Friedrich Wilhelms-Institut wirkten auf den gesamten Staat zurück. Noch größer wurden die Fortschritte Berlins seit dem Anfang des 19. Jahrh., und die im Unglücksjahr 1806 erfolgende Besetzung der Stadt durch die Franzosen (24. Okt. 1806 bis 1. Dez. 1808) machte darin nur eine kurze Unterbrechung. Eine völlige Änderung der Verwaltung führte die neue Städteordnung von 1808 herbei, die im April 1809 in B. durchgeführt wurde. Der Magistrat bestand fortan aus einem Oberbürgermeister, einem Bürgermeister, 2 Syndiken, einem Kämmerer, einem Baurat, 4 besoldeten und 12 unbesoldeten Stadträten; die Stadtverordnetenversammlung zählte 102 Mitglieder. Erst 23. Dez. 1809 kehrte die königliche Familie nach B. zurück. Das wissenschaftliche Leben der Residenz erhielt 1816 durch die Gründung der Universität einen neuen Mittelpunkt. An Stelle der Akzise trat damals eine Konsumtions- und Luxussteuer, außerdem wurde eine Gewerbesteuer eingeführt. Als Preußen sich 1813 gegen Frankreich erklärte, strömte auch ein großer Teil der Berliner Bevölkerung begeistert zu den Fahnen. Am 20. Febr. 1813 drangen russische Reiter unter Tschernitschew und Tettenborn in die Stadt ein, die inzwischen wieder von einem französischen Korps besetzt war, und der Übergang Wittgensteins über die Oder nötigte den französischen General Saint-Cyr, 4. März B. zu räumen. Weitere Versuche der Franzosen gegen die Hauptstadt wurden durch die Siege der Nordarmee bei Großbeeren und Dennewitz vereitelt. Nach 1816 begann von neuem die Verschönerung Berlins durch Prachtgebäude und Denkmäler aller Art, vornehmlich unter Schinkel. Sein erstes größeres Werk war das neue Schauspielhaus, das an Stelle des ältern abgebrannten 1819–21 errichtet ward; dann folgten das Museum, die Königs- oder Neue Wache, die Schloßbrücke, die Werdersche Kirche, die frühere Bauakademie und die frühere Artillerie- und Ingenieurschule (letztere in »Unter den Linden«). 1834–36 entstand das Palais des spätern Kaisers Wilhelm I. (s. oben). Eine andre Verschönerung der Stadt unter Friedrich Wilhelm III. war die Ausstellung der Standbilder Blüchers, Scharnhorsts [⇐703][704⇒] und Bülows nach Rauchs Modellen (1822–26) am Opernhausplatz; 1840 ward der Grundstein zum Friedrichsdenkmal gelegt. Damals wurde von dem Gartenbaudirektor Lenné der Tiergarten in einen englischen Park umgewandelt. 1826 begann die Einführung der Gasbeleuchtung, und die erste Eisenbahn von B. nach Potsdam wurde 29. Okt. 1838 eröffnet.

Kunstsinnig wirkte Friedrich Wilhelm IV. für B. Unter seiner Regierung entstanden das Opernhaus, das Neue Museum, das Krollsche Gebäude am Königsplatz, Kirchen und Kapellen, Bethanien, das katholische Hedwigskrankenhaus, die Ulanenkaserne zu Moabit, das Zellengefängnis ebendaselbst; ferner wurden die Friedenssäule auf dem Belle-Allianceplatz, die Standbilder Yorcks u. Gneisenaus am Opernplatz, Thaers an der Bauakademie, das Denkmal Friedrich Wilhelms III. im Tiergarten, endlich das Reiterdenkmal Friedrichs d. Gr. eingeweiht; das Nationalkriegerdenkmal im Invalidenpark ist das letzte Werk dieser Art. Neue Stadtviertel wurden errichtet, die Friedrich Wilhelmsstadt und die Friedrichsvorstadt schlossen die zwölf historischen Bestandteile der Stadt ab, so, wie sie mit ihren 458,000 Einw. Ende 1858 bestand. Diese günstige Entwickelung wurde durch die Märzrevolution von 1848, die vom 18.–20. März zum Bau von Barrikaden und zu blutigen Kämpfen mit dem Militär führte (vom Volke fielen 183, von den Truppen 20 Mann), nur unwesentlich gehemmt. Doch wurde 1848 eine neue Polizeitruppe, die Schutzmannschaft, errichtet. Unter König Wilhelm I. wurde B. durch die Aufnahme eines großen Teiles der Vorstädte in seine Mauern (die weggerissen wurden) bedeutend vergrößert und durch zahlreiche Prachtbauten (besonders während der 1870er Jahre), ferner die Zuschüttung der alten Festungsgräben sowie den Bau der Stadtbahn in seinem Aussehen völlig umgestaltet. Die Stadt dehnte sich, während in den alten Stadtteilen Berlin, Kölln und Friedrichswerder die Häuser in Geschäftshäuser verwandelt und die Einwohner verdrängt wurden, im Laufe der Zeit (außer im N.) über die Grenzen ihres Weichbildes aus, indem 1861 Moabit und 1878 ein Teil der Feldmark von Lichtenberg einverleibt wurden. Die neueste Entwickelung Berlins ist in die Darstellung seiner heutigen Erscheinung verwoben worden (s. oben). Der gewaltige Aufschwung der Berliner Industrie zeigte sich auf den Gewerbeausstellungen 1879 und 1896. Seine neueste Geschichte läßt sich nicht von der des preußischen Staates trennen. B. wurde 1871 auch Hauptstadt des Deutschen Reiches; hier ward 13. Juli 1878 der Berliner Friede (s. Berliner Kongreß) unterzeichnet. Vom November 1884 bis Ende Februar 1885 tagte in B. die Konferenz über die Kongofrage (s. Kongokonferenz), 15.–29. März 1890 die Arbeiterschutzkonferenz (s. d.).

[Literatur.] Amtliche Werke: »Statistisches Jahrbuch der Stadt B.« (hrsg. von R. Böckh); Verwaltungsbericht über die Gemeindeverwaltung der Stadt B. von 1889–95 (1899–1900, 2 Bde.). Vgl. ferner: Ring, Die deutsche Kaiserstadt B. (Leipz. 1883, 2 Bde.); Lindenberg, B. in Wort und Bild (Berl. 1894–95); Bädeker, Berlin, Führer (12. Aufl., Leipz. 1902); F. v. Zobeltitz, B. und die Mark Brandenburg (Bielef. 1902); O. Raschdorff, B. Rundbild vom neuen Dom aufgenommen (1900); »B. und seine Bauten« (hrsg. vom Architektenverein, 1896, 2 Bde.); Müller-Bohn, Die Denkmäler Berlins (1897); Muther u. Hirth, Cicerone der königlichen Gemäldegalerie von B. (Münch. 1889); Spemanns »Handbücher der königlichen Museen zu B.« (1891 ff.); Borrmann, Die Bau- und Kunstdenkmäler von B. (1892); »Das medizinische B.« (6. Aufl. 1901); Dahms, Das literarische B. (1895); Virchow und Guttstadt, Die Anstalten der Stadt B. für die öffentliche Gesundheitspflege (1886); Pistor, Das öffentliche Gesundheitswesen von B. 1886 bis 1888 (1890); Geologisches von Berendt (s. d. 2); Hellmann, Das Klima von B. (1891); Wiedfeldt, Statistische Studien zur Entwickelungsgeschichte der Berliner Industrie von 1720–1890 (Leipz. 1898); »Der richtige Berliner in Wörtern und Redensarten« (4. Aufl. 1882); Brendicke, Der Berliner Volksdialekt (1895); Spielmann, Die Anstalten zur Pflege von Wissenschaft und Kunst in B. (1897); Rodenberg, Bilder aus dem Berliner Leben (1890, 3 Bde.); »Die Stadt B.« (Festschrift zum 7. Geographenkongreß 1899); »Die Straßenbrücken von B.« (amtlich, 1902); »Die Wohlfahrtseinrichtungen Berlins« (2. Aufl. 1899); Rowe, Die Gemeindefinanzen von B. und Paris (Jena 1893); Voigt, Grundrente und Wohnungsfrage in B. (das. 1901); »Führer durch das kirchliche B.« (1902); Evers, Die Berliner Stadtmission (1902); Brachvogel, Handbuch der Behörden der Provinz Brandenburg um. des Stadtkreises B. (1901). – Für die Umgebung Berlins vgl. Trinius, Die Umgebung der Kaiserstadt B. in Wort und Bild (1888); F. Fontanes »Führer durch die Umgegend von B.« (5 Tle.).

Zur Geschichte Berlins vgl. die zahlreichen »Publikationen des Vereins für die Geschichte Berlins«, die von diesem herausgegebene »Berlinische Chronik nebst Urkundenbuch« sowie dessen Zeitschriften: »Mitteilungen« (seit 1884) und »Der Bär« (seit 1875); Nicolai, Beschreibung von B. und Potsdam (1786, 3 Bde.); Geppert, Chronik von B. seit Entstehung der Stadt (1837–41); Fidicin, Historisch-diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt B. (1837–1842, 5 Bde.); Derselbe, B., historisch und topographisch (2. Ausg. 1852); Streckfuß, 500 Jahre Berliner Geschichte (neue Ausg. von Fernbach, 1900); Derselbe, B. im 19. Jahrhundert (1867–69, 4 Bde.); Woltmann, Die Baugeschichte Berlins (1872); Rosenberg, Die Berliner Malerschule (1879); »Berlin im Jahre 1786. Schilderungen der Zeitgenossen« (Leipz. 1886); Schwebel, Geschichte der Stadt B. (1889, 2 Bde.); L. Geiger, B. 1688–1840; Geschichte des geistigen Lebens (1892–95, 3 Tle.); Wolff, Berliner Revolutionschronik (neue Ausg. 1897); Busch, Die Berliner Märztage von 1848 (Münch. 1899). [⇐704]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 692-704.
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[620⇒] Berlin, Stadt in der preußischen Provinz Brandenburg, Hauptstadt der preußischen Monarchie, Residenz des Königs u. Sitz der höchsten Staatsbehörden, liegt in einer sandigen Ebene, auf einem zum großen Theile von Infusionsthierschalen gebildeten Grunde zu beiden Seiten der Spree u. ihres Nebenarmes, durchschnitten von der Panke, welche unweit der Weidendammerbrücke in die Spree fällt, u. verschiedenen Kanälen, dem Kupfergraben, Königsgraben, Grünen Graben, u. im Süden begrenzt vom Landwehrgraben (ehedem Schafgraben). Die innere Stadt ist von einer 16 Fuß hohen, nicht ganz 2 Meilen im Umfang habenden Mauer umschlossen, u. bildet ein ungleichseitiges Viereck, dessen Längendiagonale ungefähr mit der Spree zusammenfällt u. 3/4 Meile beträgt, während die kleinere Diagonale, vom Hallischen zum Königsthore, etwa 1/2 Meile lang ist. Der ganze Flächenraum hält 6017 Magdeburger Morgen. Außerdem gehören noch zum Territorium der Stadt, welches ungefähr 1 QM. groß ist, die außerhalb der Ringmauern neuentstandenen Bahnhöfe, Kasernen u. Privathäuser. Diese eingerechnet hat B. über 12,000 bebaute Grundstücke u. mit Einschluß des 15,100 M. starken Militärs 460,000 Einwohner, darunter etwa 6000 Abkömmlinge der französischen Colonie, 1000 böhmischer Abkunft, 13,000 Israeliten, 5000 Separatisten u. Dissidenten, 18,000 Katholiken u. 415,000 unirte Protestanten, wenige Griechen u. Mennoniten.

I. Die Stadtheile B-s: a) Berlin, der innere Kern am rechten Ufer der Spree; b) Köln zwischen den beiden Hauptarmen der Spree, das wieder in Alt-Köln, den nördlichen u. Neu-Köln, den südlichen Theil zerfällt; c) Friedrichswerder, noch westlicher am linken Spreeufer mit Neu-Köln, von dem ehemaligen Festungsgraben umschlossen; d) (Neu-) Dorotheenstadt, so von der Kurfürstin Dorothea genannt, welche 1673 diesen schönsten Theil Berlins, vom Opernhaus bis zum Brandenburger Tbor, bebauen ließ, liegt westlich von den Vorigen; links u. südlich von der Spree; e) Friedrichstadt, größer als vorige, südlich von derselben u. westlich von Friedrichswerder, völlig regulär gebaut. Diese Städte sind noch umgeben von den ehemaligen Vorstädten: f) der Friedrich-Wilhelmsstadt, nördlich der Dorotheenstadt (früher Theil des folgenden); g) dem Spandauer Viertel, nördlich von Alt-B. u. der Dorotheenstadt; h) der Königsstadt, östlich von dem eigentlichen B.; i) dem Stralauer Viertel, südöstlich von der Königsstadt; sämmtlich am rechten Spreeufer; k) der Luisenstadt (sonst Köpnicker Viertel), südlich von Alt-B. u. östlich der Friedrichsstadt. Auf dem linken Spreeufer lagen 1840 innerhalb der Ringmauer noch große unbebaute Strecken, welche inzwischen zu einem eigenen Stadtviertel, l) Köpnicker Viertel, angewachsen sind. Eine eigentliche Vorstadt ist nur m) die Rosenthaler Vorstadt (Voigtland), nördlich des Spandauer Viertels, jenseits des Rosenthaler u. Oranienburger Thors, ehedem von armen Voigtländischen Handarbeitern colonisirt, jetzt Hauptsitz der Berliner Gewerbthätigkeit. Alle übrigen außerhalb der Ringmauer gelegenen Häuser u. Straßen sind zu den zunächst gelegenen Stadtvierteln zugezogen. Ehedem bildeten die 2 erstgenannten Stadttheile eigene Städte mit besonderen Magistraten u. die übrigen Stadttheile waren Vorstädte derselben. Jetzt sind alle Theile unter Einem Magistrat mit einem Oberbürgermeister u. eigenen Stadtverordneten vereinigt, u. in 21 Stadtbezirke getheilt.

II. Thore u. Brücken. Die Umfassungsmauer wird durch 18 Thore od. Ausgänge unterbrochen, von denen das schönste, das Brandenburger Thor, am Ausgange der Linden steht; es ist 1789–1793 von Langhans nach den Propyläen der Akropolis zu Athen in Form einer Colonade, mit 12 dorischen Säulen aus Sandstein, erbaut, 196 Fuß breit, 60 Fuß hoch u. mit der von Schadow modellirten, 20 Fuß hohen kupfernen Gruppe der Victoria, welche 4 Pferde leitet u. einen Stab mit dem umkränzten eisernen Kreuz in der Hand hält, geschmückt. (Diese Gruppe wurde von den Franzosen 1807 nach Paris geführt u. 1813 im Triumph von da zurückgebracht). Über die Spree führen da, wo sie in die Umfassungsmauer von B. ein- u. austritt, 2 Brücken (bei denen zugleich Wasserthore sind), nämlich der Ober- u. der Unterbaum. Außerdem führen eine große Anzahl öffentliche u. auch Privatbrücken über die Arme der Spree; unter diesen sind merkwürdig: die Kurfürsten- od. Lange Brücke, von der Königstadt nach dem Schloßplatz führend 1690–95 aus Pirnaischen Quadersteinen erbaut [⇐620][621⇒] auf dem mittleren Brückenpfeiler steht das eherne Reiterstandbild des Großen Kurfürsten (1703 von Schlüter modellirt, 300 Centner schwer, mit 4 gefesselten Sklavenstatuen zu feinen Füßen); die Schloßbrücke, von Schinkel 1822 erbaut, führt vom Lustgarten nach dem Opernplatz, ist 104 Fuß breit u. mit 8 Marmorgruppen von je 8 Fuß Höhe, die Laufbahn des Kriegers in mythologisch-allegorischer Weise darstellend, verziert. Die Gruppen sind nach Schinkels Idee von den Berliner Bildhauern Emil Wolf, Schievelbein, Möller, Wichmann, Alb. Wolf, Drake, Blaeser u. Wredow ausgeführt. Die Herculesbrücke, das Stadtviertel Berlin mit dem Spandauer Viertel verbindend, 1792 von Langhans aus Stein gebaut, mit 2 Sandsteingruppen nach Schadows Entwurf den Kampf des Hercules mit dem Nemeischen Löwen u. einem Centauren darstellend. Die Neue Friedrichsbrücke, von dem Lustgarten nach der Neuen Friedrichsstraße, über den Hauptarm der Spree führend. Die Durchfahrt durch die königlichen Mühlen, welche denselben Spreearm oberhalb der Kurfürstenbrücke überbrücken u. burgähnlich nach einem Entwurf von Persius, ganz aus Stein u. Eisen im englisch-normännischen Styl erbaut sind.

III. Straßen, Plätze u. Denkmäler. Von Plätzen im älteren Theile von B. zeichnet sich der Schloßplatz, von wo über die lange Brücke die Königsstraße durch Alt-B. beginnt, durch Stattlichkeit aus; großartiger aber ist der vom Schloß, der Domkirche, dem Museum u. Zeughaus umschlossene, mit Bäumen u. Bowlinggreens geschmückte, in der Mitte mit einem Springbrunnen versehene Lustgarten, wo vor dem Museum die 22 Fuß im Durchmesser haltende, 1500 Centner wiegende Granitschale seit 1827 aufgestellt ist. Von da eröffnet sich über die Schloßbrücke, den Platz am Zeughaus u. den Platz am Opernhaus einer der großartigsten Prospecte nach den Linden, einer mit 4 Reihen Lindenbäumen besetzten Straße, welche, 250 Ruthen lang u. 14 Ruthen breit, nach dem Brandenburger Thor führt, einen Spaziergang für Fußgänger in der Mitte u. 2 Wege für Reiter u. Wagen zur Seite enthält u. mit dem 4eckigen Pariser Platz (sonst Viereck) endigt. Diesen Prospect machen die prächtigsten Gebäude zu einem der schönsten der Welt. Er ist mit ausgezeichneten Monumenten geziert: zwischen dem Opernhause u. dem königlichen Palais steht das 1826 errichtete, von Rauch modellirte eherne Standbild des Fürsten Blücher, 24 Fuß hoch, mit entsprechenden, von Schinkel entworfenen Basreliefs am Fußgestelle; diesem rechts u. links zur Seite die ebenfalls von Rauch modellirten Standbilder York's u. Gneisenau's u. ihnen gegenüber, neben der Königswache, die marmornen Statuen Scharnhorst's u. Bülow's, gleichfalls von Rauch, so wie zwischen der Königswache u. dem Zeughause, von einem Gitter umschlossen, die aus Lübeck nach Frankfurt entführte, von dort hierher gebrachte Riesenkanone u. 2 in la Fere zur Beschießung von Cadix gegossene, von den Preußen eroberte große Mörser. An dem Eingang der Linden, zwischen dem Palais des Prinzen von Preußen u. der Akademie, erhebt sich die broncene Reiterstatue Friedrichs d. Gr., zu der am 1. Juni 1840, wo Friedrich vor hundert Jahren die Regierung antrat, der Grund gelegt wurde. Diese, am 31. Mai 1851 enthüllt ist ebenfalls ein Werk Rauchs. Die ganze Höhe beträgt 43 Fuß, die der Figur des Königs zu Pferde, auf dem Kopf den dreieckigen Hut, in der Rechten den Krückstock tragend u. mit einem Hermelinmantel bekleidet, 18 Fuß; zu dem Ganzen sind 880 Centner Metall verwendet. Das Piedestal besteht aus 4 Absätzen. Der untere ist ein Granitsockel. Auf diesem ruht der untere Theil des Broncegusses, die Gedächtnißtafeln von 60 lerühmten Zeitgenossen des Königs u. die Inschrift: Friedrich dem Großen Friedrich Wilhelm III. 1840, vollendet unter Friedrich Wilhelm IV. 1851, enthaltend. Darüber erhebt sich der 3. Absatz, an dessen 4 Ecken die Reiterstatuen des Prinzen Heinrich, des Herzogs Ferdinand von Braunschweig, der Generale Seydlitz u. Ziethen vorspringen. Die dazwischen liegenden Seiten des Absatzes sind mit Reliefs geschmückt, welche Scenen von historischem u. allegorischem Charakter, alle mit Bezug auf die Thaten des Königs u. die kriegerischen u. culturgeschichtlichen Momente seiner Zeit, darstellen. Die 4 abgestumpften Ecken des obersten Absatzes zieren 4 weibliche Figuren, die Cardinaltugenden, Gerechtigkeit, Weisheit, Tapferkeit u. Mäßigung, darstellend Die Reliefs der Seitenflächen geben in Allegorien die Geburt Friedrichs d. Gr., den Unterricht des Knaben in der Geschichte, die Weibe des Jünglings zum Krieger durch Pallas, die ihm das Schwert überreicht, den König nach der Schlacht bei Kollin als Feldherr, dann als Freund u. Schützer der Künste u. des Gewerbfleißes, endlich auf der Hinterseite eine Apotheose Friedrichs, wie er von einem Adler zum Himmel getragen wird. Völlig parallel mit den Linden laufen nördlich 3 u. südlich 13 breite u. schnurgerade Straßen, von denen die Behrenstraße die breiteste, die Leipziger Straße aber, welche mit dem Leipziger Platz (sonst Achteck, am Potsdamer Thore in der Nähe des Bahnhofs) beginnt u. neben dem Dönhofischen Platz über die in Form eines mit Säulengängen versehenen Rondels über den alten Festungsgraben weggebaute Spittelbrücke weg nach dem kleinen Spittelmarkte führt, die längste u. belebteste ist. Alle diese Straßen werden von der breiten, schnurgeraden, vom Hallischen nach dem Oranienburger Thore, von Süden nach Norden laufenden, 4250 Schritt (2/3 Ml.) langen Friedrichsstraße, welcher die Charlotten- u. Markgrafenstraße parallel laufen, rechtwinkelig durchschnitten; zwischen beiden letzteren, der Leipziger u. Französischen Straße liegt der Gensd'armenmarkt, ein großer, völlig regulärer Platz, welchen das Schauspielhaus u. symmetrisch daneben stehend, die Französische u. Neue Kirche zieren. Die Friedrichsstraße mündet südlich aus in den kreisrunden Belle-Alliance-Platz (sonst Rondel). In der Mitte desselben erhebt sich die Friedenssäule von Granit auf einem Piedestal von grauem Marmor, welches in Form eines Brunnens von einem granitnen Bassin umgeben ist. Auf dem Säulencapitäl von weißem Marmor steht in schwebender Haltung eine geflügelte Victoria von Bronce, modellirt von Rauch. Dort beginnt auch rechts die nordöstlich bis zum Dönhofischen Platz gerade laufende Lindenstraße u. die 3750 Schritt lange, schnurgerade Wilhelmsstraße, die nordwestlich nach den Linden führt u. vom Wilhelmsplatze an fast nur von den Hotels hoher Staatsbeamter u. Prinzen eingefaßt wird. Auf dem mit Gartenanlagen geschmückten [⇐621] [622⇒] Wilhelmsplatze stehen die auf Friedrichs d. Gr. Befehl von Adam, Michael Renz u. Tassart gearbeiteten marmornen Statuen Schwerins, Winterfelds, Seidlitzs u. Keiths, neben diesen die Statuen des Fürsten Leopold v. Dessau u. des Husarengenerals Ziethen, beide von Schadow ausgeführt. Auf der anderen Seite der Linden setzt sich die Wilhelmsstraße als Neue Wilhelmsstraße mittelst eines Bogens unter einem Hause zwischen Colonnaden nach der Spree fort, die sie mittelst der Marschallsbrücke überschreitet, von dort an den Namen Luisenstraße führend u. an dem 4eckigen Luisenplatz, von wo die Straße durch das Neue Thor nach dem Hamburger Bahnhofe führt, endigend. Von der Wilhelmsstraße, zwischen dem Belleallianceplatz u. der Leipziger Straße in der Mitte, führt die auf der einen Seite von schönen Häusern, auf der anderen vom Garten des Prinzen Albrecht begrenzte Anhaltsche Straße nach dem Anhaltschen Bahnhofe. Von den mit der Friedrichsstraße parallel laufenden Straßen ist noch die Jerusalemer Straße zu erwähnen, welche von dem Hausvogteiplatz ausgehend an dem Dönhofsplatz vorüberführt u. in der Lindenstraße ausmündet. Die schönsten Privatgebäude finden sich in den vor dem Potsdamer Thore gelegenen neuen Stadttheilen: Potsdamer Straße, Lennéstraße, Thiergartenstraße, Karlsbad etc. In der Luisenstadt sind bemerkenswerth die Köpnicker Straße, welche nach dem Schlesischen, die Dresdener Straße, welche nach dem Kottbuser Thore u. von dort nach der Hasenhaide führt. Die Luisenstadt ist mit dem Stralauer Viertel durch 3 Brücken über die Spree verbunden. Die mittlere führt nach dem Stralauer Platze, in dessen Nähe der Frankfurter Bahnhof liegt. Die Hauptstraßen der Königsstadt sind die Landsberger u. die Neue Königsstraße, beide vom Alexanderplatz ausgehend, wo vom Innern der Stadt kommend die frequenteste aller Straßen, die Königsstraße, mit der Königsbrücke mündet. Die Hauptplätze der Spandauer Vorstadt sind nahe zusammenliegend der Haaksche Markt u. der Montbijouplatz, von wo aus die Rosenthaler u. die Oranienburger Straße beide nach den gleichnamigen Thoren führen. Von den Plätzen im Innern der Stadt sind noch merkwürdig der Werdersche Markt, an dem die Werdersche Kirche, u. der Platz an der Bauakademie, wo das Beuthdenkmal errichtet werden soll. Sämmtliche Straßen u. öffentliche Plätze der Stadt, mit Ausnahme weniger, erst vor Kurzem neubebauter Strecken, werden durch Gas erleuchtet, welches in den städtischen Gasanstalten am Stralauer Platze u. am Hellwege bereitet wird. Privatleute beziehen ihre Gasbeleuchtung theils von der städtischen Anstalt, theils von der seit 1825 bestehenden Continental-Gas-Association, deren Gasanstalten sich am Hellwege u. in der Holzmarktstraße befinden. Das Straßenreinigungs- u. Feuerlöschwesen, beide unter einer Verwaltung stehend u. von gemeinsamen Arbeitskräften betrieben, ist vortrefflich organisirt u. durch die seit 1855 in Thätigkeit gesetzte Wasserleitung zu einer hohen Stufe der Vollkommenheit gebracht. Die Feuerwehr, seit 1851 errichtet, besteht aus etwa 600 Mann. Die 23 Feuerwachen, welche in den 5 Brandinspectionen der Stadt gleichmäßig vertheilt sind, stehen mit der Hauptfeuerwache an der Breiten Straße durch einen elektrischen Telegraphen in Verbindung u. sind so eingerichtet, daß binnen 5 Minuten nach der geschehenen Anzeige eine genügende Anzahl Spritzen auf der Brandstätte concentrirt werden können. Die Wasserleitung, deren Druck- u. Pumpwerk mit 12 Dampfkesseln sich vor dem Stralauer Thore befindet, dient theils zum Reinigen der Abzugskanäle, theils zur Speisung der Spritzenschläuche bei Feuersgefahr, theils zum Besprengen der Straßen im Sommer u. theils endlich zum Privatgebrauch. Zur Regulirung des Plakatenwesens sind in allen frequenteren Stadttheilen runde, 12 Fuß hohe Anschlagesäulen aufgestellt. Zur bequemeren Communication innerhalb der Stadt dienen eine Anzahl Omnibus, welche regelmäßig auf bestimmten Wegestrecken hin- u. herfahren, u. über 1200 Droschken. Unter diesen befinden sich auch sogenannte Wegemesser, bei denen sich das Fahrgeld nach der Anzahl der Radumdrehungen richtet, die letztere aber durch ein Uhrwerk im Wagen auf einem Zifferblatte angezeigt wird. Eine Stadtpost, welche Bureaus in den verschiedenen Stadtvierteln besitzt u. in allen Hauptstraßen Briefkästen angebracht hat, sorgt für die Beförderung der Briefe innerhalb des Weichbildes. Außer den bei Erwähnung der merkwürdigen Straßen u. Plätze genannten Denkmälern befinden sich noch außerhalb der Ringmauern: das 1821 enthüllte Nationaldenkmal der Kriege gegen Frankreich 1813–1815, auf dem Kreuz- (Tempelhofer) Berge vor dem Hallischen Thore. Es ist 61 Fuß hoch, nach Schinkels Entwurf aus Eisen stückweis gegossen u. dann zusammengesetzt, besteht aus einer gothischen Spitzsäule mit 12 Kapellen, in denen die 12 Hauptschlachten aus den Kriegen 1813–15 als Genien nach Modellen von Rauch, Tieck u. Wichmann dargestellt sind, erhebt sich auf einem Sockel von mehreren Stufen u. ist von einem eisernen Gitter umgeben. Das National-Krieger-Denkmal, eingeweiht 1854, im Garten des Invalidenhauses vor dem Neuen Thore, in der Nähe des Hamburger Bahnhofes, dem Andenken der im Jahre 1848 u. 1849 gefallenen Soldaten gewidmet, ist eine 118 Fuß hohe Säule, innerhalb mit einer Wendeltreppe versehen, welche zu dem auf dem Capitäl derselben befindlichen 251/2 F. breiten fliegenden Adler führt. Das Capitäl ist mit einer Gallerie versehen. Das Denkmal ist von drei Seiten von einer Granitmauer umgeben, in welche 38 Marmortafeln mit den Namen der gefallenen Soldaten eingelassen sind. Marmorbild Friedrich Wilhelms III. von Drake, im Thiergarten vor der Stadt errichtet. Das Relief, welches das runde Piedestal umgiebt, bezieht sich auf den Charakter des Königs als Freund u. Beförderer des Familienglückes u. unschuldiger Naturfreuden.

IV. Kirchen. Kirchen zählt B. 40, darunter: die Nikolaikirche, mit einem Grabmal Pufendorfs, die älteste, 1223 geweiht, 1817 im Innern restaurirt, an der äußeren Kirchenmauer die Denkmäler Speners u. Spaldings; die Marienkirche, mit dem Grabe des Dichters Kanitz u. einer von Schlüter 1703 aus Alabaster erbauten Kanzel; die Garnisonkirche; die Graue-Klosterkirche, mit dem Grabmal Ludwigs des Römers; die Parochialkirche, mit Glockenspiel, sämmtlich in Alt-B.; die Domkirche im Lustgarten beim Schlosse, mit Begräbniß des Grossen Kurfürsten u. Friedrichs I., Bildsäulen [⇐622][623⇒] der Kurfürsten Johann Cicero u. Joachim I., marmornem Taufstein von Rauch, Altarblatt von Begas; die Werdersche Kirche auf dem Friedrichswerder, neu, nach Schinkels Angabe ganz von Ziegeln im altdeutschen Styl gebaut u. mit Altargemälden von Begas u. W. Schadow, mit einem St. Georg über dem Haupteingange von gebranntem Thon nach einem Modell von Tieck; in der Friedrichsstadt befinden sich die Katholische Kirche St. Hedwig, eine nach dem Muster der Maria Rotonda zu Rom gebaute Rotunde, innen von 24 korinthischen Säulen getragen; das mit 6 römischen Säulen geschmückte Portal u. die Gruppe Christus u. Maria am Hochaltare, ließ der Cardinal Quirini auf seine Kosten errichten; die Dorotheenstädtsche Kirche, mit den Denkmälern Lamberts u. des Grafen von Mark, natürlichen Sohnes Friedrich Wilhelms II., von Schadow; die Französische u. Neue Kirche, beide auf dem Gensdarmenmarkt sich einander gegenüber stehend. Die 225 F. hohen Thürme mit schlanken Kuppeln sind nach dem Muster der Kirche Maria del popolo zu Rom gebaut. Auf den Kuppeln stehen kupferne, vergoldete Figuren (15 F. hoch), die der erstern die triumphirende Religion, die der andern die siegende Tugend darstellend; die St. Petrikirche in Köln, seit 1852 an der Stelle, wo schon seit 1237 eine mehrere Male, zuletzt 1809 abgebrannte Kirche stand, nach einem Plane von Strack in Form eines griechischen Kreuzes erbaut, mit einem 307 F. hohen Thurme, dessen 107 F. hohe Spitze von Eisen ist, u. vier achteckigen Thürmen an den Ecken; die St. Marcuskirche in der Weberstraße, 1855 eingeweiht, nach Stülers Entwurf im Rundbogenstyl mit Kuppel ausgeführt; die Jerusalemer Kirche, die Dreifaltigkeitskirche u. m. a. Die Jüdische Synagoge wurde 1714 von Kemmater, die neue von Titz 1850 erbaut. Der Tempel der jüdischen Reformgemeinde ist 1854 nach dem Entwurf G. Stiers errichtet. Die Englische Kapelle befindet sich seit 1854 im Schlosse Montbijou.

V. Königliche Schlösser u. sonstige Paläste. Das Königliche Schloß in Köln, ein längliches Viereck, 1011/2 F. hoch. Der ursprüngliche, jetzt nicht mehr vorhandene Bau, wurde 1451 unter Kurfürst Friedrich II. begonnen u. 1538 durch Kurfürst Johann II. niedergerissen. Von dem dann von Kasp. Theis neu erbauten Schlosse ist an der Wasserseite noch ein Theil übrig. Das jetzige Schloß wurde erst unter König Friedrich I. 1600 von Schlüter begonnen, von Eosander v. Goethe fortgesetzt u. 1710 endlich von Böhm vollendet. Die Hauptfronte des Schlosses ist 276 rhein. F. lang u. hat ein nach dem Triumphbogen des Septimius Severus erbautes Portal. Über dieses wölbt sich die unter Friedrich Wilhelm IV. erbaute Schloßkuppel, welche die Decke der darunter befindlichen Schloßkapelle bildet. Die Seitenfronten nach dem Lustgarten u. dem Schloßplatz sind 430 F. lang u. von Portalen durchbrochen, welche nach den vier inneren Höfen führen. Von den 600 Zimmern des Schlosses sind bemerkungswerth der Rittersaal, der weiße Saal, das Wohnzimmer Friedrichs I. u. Friedrich Wilhelms II., das Kurfürstenzimmer, das Kroncabinet, die Brautkammer, das Schwarze-Adlerzimmer u. die Bildergallerie. Das Schloß ist Wohnung des Königs Friedrich Wilhelm IV. Das Königliche Palais auf dem Friedrichswerder, vom großen Kurfürsten aufgeführt, ursprünglich den Gouverneurs zur Wohnung bestimmt, dann von Friedrich II. als Kronprinz, später von Friedrich Wilhelm III. als Kronprinz u. König bewohnt, endlich von dem Prinzen Friedrich Wilhelm, einstigem Thronerben, bezogen, nachdem es um ein Stockwerk erhöht worden ist, ist durch einen über die Oberwallstraße gehenden Bogen mit dem ehemaligen Palais des Prinzen Louis (Prinzessinnenpalais) verbunden, welches letztere später Wohnung der Fürstin von Liegnitz wurde. Das Gartenschloß Montbijou, in dem Spandauer Viertel, an der Spree, mit Park umgeben, von Eosander v. Goethe in zwei getrennten Gebäuden erbaut u. von den Gemahlinnen Friedrich Wilhelms I. u. II., dann vom Herzog Karl von Mecklenburg (gegenwärtig vom Landgrafen von Hessen-Philippsthal, Prinzen Alexis Wilhelm Ernst u. dessen Gemahlin) bewohnt. Das Palais des Prinzen von Preußen, 1834–36 von Langhans gebaut; das Palais des Prinzen Karl in der Wilhelmsstraße, 1787 als Palais des Johanniterordens erbaut, 1828 von Schinkel umgeändert, mit Waffenhalle im unteren Stock; das Palais des Prinzen Albrecht, 1738 als Privathaus erbaut, von Friedrich II. seiner Schwester, der Prinzessin Amalie, zur Sommerwohnung bestimmt, seit 1810 Luisenstiftung, 1832 von Schinkel für den Prinzen Albrecht eingerichtet; das Palais des Prinzen Adalbert am Leipziger Platz, zugleich Admiralitätsgebäude; unter den Linden das des Prinzen Friedrich der Niederlande; im Thiergarten das Schloß Bellevue an der Spree, früher dem Prinzen Heinrich, dann dem Prinzen August von Preußen gehörig, gegenwärtig königlich, mit Park u. Bildergallerie.

VI. Militäretablissements besitzt B., als Hauptstadt Preußens, sehr viele. Das Zeughaus auf dem Friedrichswerder, wurde von Nehring begonnen, von de Bodt 1696 umgeschaffen u. 1706 vollendet; von Schlüter sind die in Stein gehauenen Masken sterbender Krieger im inneren Hof u. über der Hinterthür die der Reue, die Statuen des Mars u. der Bellona u. die übrigen kriegerischen Embleme über den Bogenfenstern u. auf dem Dache. Das Bauwerk bildet ein Quadrat, jede Seite 290 Fuß lang mit 3 Portalen. In den um das ganze Viereck herumlaufenden hohen u. sehr breiten Gallerien sind Gewehre aus neuerer Zeit symmetrisch geordnet u. eine reiche Sammlung alter Waffen, so wie eine andere von Modellen zu Kriegsmaschinen befindlich; die Wände sind mit französischen Fahnen aus der Revolutionszeit geziert; das untere Stockwerk enthält Geschütze, auch eine Sammlung von alten Geschützen aus der frühesten Zeit bis jetzt. Neben ihm steht die Königswache, 1819 von Schlakel in Form eines römischen Castrums gebaut; über die Statuen daneben, s. oben III.; das Kriegsministerium in der Leipziger Straße; das Invalidenhaus vor dem Neuen Thore an der Panke, 1748 für 600 Mann eingerichtet, aus 2 palastähnlichen Vierecken, die durch ein Mittelgebäude verbunden sind, bestehend; auf dem Kirchhof daneben das Denkmal Scharnhorsts; mehrere Artillerieetablissements in der Jungfernhaide vor dem Unterbaum, sehr viel Kasernen, Exercirhäuser, Reitbahnen, das Gießhaus, Festungsmodellhaus, Admiralität etc. Außer dem Kriegsministerium u. seinem Zubehör (Militärökonomiedepartement, Abtheilung für Invalidenwesen, [⇐623][624⇒] desgleichen für Remonteaugelegenheiten, Generalauditoriat, Generalmilitärkasse), sind der große Generalstab, das Trigonometrische u. das Topographische Bureau, die Plankammer, die Direction des Militärmedicinalwesens, das Königliche Lithographische Institut, das Generalcommando des Garde- u. Grenadiercorps, das des 3. Armeecorps, das Generalinspectorat der Artillerie, das der Festungen u. Ingenieure, die Divisionscommandos der beiden Gardedivisionen, das Gouvernement von B. u. viele Examinations- u. andere Commissionen hier stationirt. In Garnison zu B. befinden sich das 2. Gardeinfanterie-, Kaiser-Alexander- u. Kaiser-Franz-Grenadierregiment, Gardereserve-Infanterieregiment, das Gardeschützenbataillon, das Gardecürassier-, Gardedragoner-, 2. Gardeulanenregiment, die Lehrescadron, die Gardeartilleriebrigade, die Gardepionierabtheilung, das Berliner Invalidenbataillon, die Cadres des 1. Bataillons des Gardelandwehr- u. das 1. u. 3. Bataillon des 20. Landwehrregiments. Über die militärischen Unterrichtsanstalten s. unten VIII. – Von den übrigen merkwürdigen Gebäuden werden die meisten bei den Behörden, wissenschaftlichen, Kunst-, Unterrichts-, Industrie- u. milden Anstalten erwähnt werden; wir nennen daher hier nur das Lagerhaus, als älteste Residenz der Markgrafen u. Kurfürsten, später Wollenmanufactur, jetzt Atelier Rauchs; das Kammergericht (Collegienhaus) in der Lindenstraße; den Königlichen Marstall in der Breitenstraße.

VII. Behörden. Außer dem Staatsrath u. den verschiedenen Ministerien, die ihre eigenen Palais haben, ist B. Sitz des Geheimen Staatsarchivs, des Statistischen Bureaus, der Direction der Rentenbank, des Generalpostamts (mit weitläufigem Gebäude), der Telegraphendirection, Verwaltung der Eisenbahnen, der Technischen Baudeputation, der Technischen Deputation für Gewerbe, des Generalmünzdirectoriums, des Oberbergamts, der Bureaus des Herren- u. Abgeordnetenhauses, des Geheimen Obertribunals, des Kammergerichts, des Disciplinarhofs, der Centralstelle für Preßangelegenheiten, des Geheimen Ministerialarchivs, der Immediat-Examinationscommission, der Generatordenscommission, der Generallotteriedirection, der Verwaltung der Staatsschulden, des Landesökonomiecollegiums, der Staatsdruckerei, der Seehandlung, des Hauptsteueramts, der wissenschaftlichen Deputation für das Medicinalwesen, der Oberexaminationscommission für die Staatsprüfungen der Ärzte u. Wundärzte; des Seminars für gelehrte Schulen, der Intendantur der königlichen Museen, der Intendantur der Schauspiele u. mehrerer Behörden der Provinz Brandenburg: der Hauptritterschaftsdeputation der Kur- u. Neumark, Kriegsschuldentilgungscommission, Feuerversicherungsanstalt u. der Stadtbehörden, Polizeipräsidium, Baucommission, Magistrat, Stadtgericht.

VIII. Wissenschaftliche u. Kunstanstalten. Die Königliche Akademie der Wissenschaften, s.u. Akademie X. E). Das Akademiegebäude unter den Linden hat eine Uhr, welche als Normaluhr dient; in demselben finden auch die großen Kunstausstellungen statt, so wie dort auch die Akademie der Künste (die Kunstakademie) ihre Säle hat u. Sitzungen hält. Die Königliche öffentliche Bibliothek, in einem 1780 von Friedrich II. erbauten Bibliothekgebäude am Opernplatze besteht aus 600,000 Bänden u. 10,000 Manuscripten; außerdem haben die Universität, die meisten höheren Behörden u. die wichtigsten Unterrichtsanstalten noch Bibliotheken. Die Universität wurde 1809 von Friedrich Wilhelm III. gestiftet u. hat ihren Sitz im ehemaligen Palais des Prinzen Heinrich unter den Linden. Sie hat 4 Facultäten. Die Zahl der Lehrer beläuft sich gegenwärtig auf 175, die Zahl der Zuhörer auf über 2300. Mit der Universität ist ein Theologisches u. Philologisches Seminar verbunden. Die Universität wird durch einen (wechselnden) Rector geleitet; die akademische Gerichtsbarkeit führt in dessen Namen ein akademischer Syndicus. Zu ihren Hülfsanstalten gehören: das Pathologisch-anatomische Institut, die Anatomische Sammlung, das Institut für Chirurgie u. Augenheilkunde, die Poliklinik, die Entbindungsanstalt, das mit der Charité verbundene Klinicum, das Zoologische Museum, das Mineralogische Cabinet, beide in dem Universitätsgebäude, die Physikalische Apparatensammlung, das Meteorologische Institut, der Physiologische Apparat, die Chirurgische Instrumentensammlung, das 1849 gegründete Christliche Museum (welches christliche Denkmäler von den ersten Anfängen des Christenthums an in geschnittenen Steinen, Inschriften, Miniaturgemälden, Elfenbeinschnitzwerken, Abbildung kirchlicher Bauwerke, Nachbildungen religiöser Gegenstände, auch Ölgemälde biblischen Charakters umfaßt), der Botanische Garten im nahen Schöneberg, die kleinere botanische Anpflanzung nebst Winterhaus hinter der Universität u. viele andere Anstalten; dann die Sternwarte, 1835 neu errichtet, unweit des Hallischen Thores am Enckeplatz. Außerdem bestehen hier noch die Bauakademie in dem von Schinkel in Backstein aufgeführten Gebäude an der Werderschen Straße, seit 1824 von der Akademie getrennt, seit 1849 neu organisirt. Daran schließt sich das Beuth-Schinkelmuseum, theils Handzeichnungen Schinkels zu Bauwerken u. Sculpturen, theils Kupferstiche u. andere Gegenstände aus dem Beuthschen Nachlasse enthaltend; das Technische Gewerbeinstitut in der Klosterstraße zur Ausbildung von Schülern bestimmt, die sich dem Maschinenbau u. der Technik überhaupt widmen wollen; mit demselben ist eine Musterweberei verbunden; die Baugewerbeschule für Handwerker. Die Königliche Thierarzneischule befindet sich in einem 1840 erbauten Gebäude an der Luisenstraße. Zu erwähnen bleibt noch: das Königliche Seminar für Stadtschulen; ferner das Königliche Gymnastische Centralinstitut mit Turnplätzen auf der Hasenhaide u. in Moabit, Außerdem bestehen in B. folgende Schulen: 7 Gymnasien u. 6 Realschulen (worunter eine Gewerbschule), theils königlichen, theils städtischen Patronats. Es sind mit einzelnen derselben Alumnate u. Vorschulen, auch ein Seminar für Lehrer der Mathematik u. Physik für Gymnasien verbunden. Sie haben zusammen etwa 6600 Schüler mit 211 Lehrern. Neben ihnen stehen 6 höhere Töchterschulen mit 1800 Schülerinnen u. 70 Lehrern u. Lehrerinnen (die königliche Bildungsanstalt für Lehrerinnen u. Erzieherinnen ist darin einbegriffen), 6 höhere u. mittlere Knabenschulen mit 1200 Schülern u. 40 Lehrern, u. 17 Elementarschulen mit 4900 Schülern, 6000 Schülerinnen u. 210 Lehrern, alle königlichen od. städtischen Patronats. Dazu kommt [⇐624][625⇒] eine Anzahl Schulen, welche unter Specialaufsicht von Vereinen u. Kirchenministerien stehen: 9 sogenannte Erwerbschulen, jede von 2 Klassen u. 80 Mädchen. Sie sind unter besonderer Protection der Königin u. haben zum Zweck, Töchter armer Eltern von 7–14 Jahren zu unterrichten u. ihnen zugleich durch Handarbeiten zeitig einen Verdienst zu gewähren. Ferner 13 Parochialschulen, darunter die der Böhmisch-reformirten, Böhmisch-lutherischen, Böhmisch-mährischen u. der Französisch-reformirten Gemeinden. In ihnen werden 820 Knaben u. 910 Mädchen von 50 Lehrern u. Lehrerinnen unterrichtet. Mit Waisenhäusern u. Erziehungsanstalten verbundene Schulen bestehen 9. Darunter das Kinderhospiz der Französischen Kirche, ferner eine Anstalt, in welcher die unterrichteten erwachsenen Mädchen zu Kinderwärterinnen ausgebildet werden, u. ein Institut für sittlich verwahrloste Kinder. Im Ganzen werden in diesen Schulen unterwiesen 400 Knaben u. 260 Mädchen. Katholische Schulen gibt es 6 (darunter eine höhere Töchterschule), mit 820 Schülern, 700 Schülerinnen u. 36 Lehrern u. Lehrerinnen. Jüdische Schulen existiren 4; darunter eine Religionsschule, worin Zöglinge aus 36 anderen Schulen (Gymnasien, Real-, Knaben- u. Töchterschulen) Religionsunterricht erhalten. Die jüdischen Schulen zählen 430 Schüler u. 300 Schülerinnen. Dazu kvmmen 113 zum großen Theil sehr klassenreiche Privatschulen; unter denselben zählt man 8 höhere Knabenschulen, welche ihre Zöglinge für Gymnasien u. Realschulen vorbereiten u. zusammen etwa 1500 Schüler haben; ferner 12 mittlere Knabenschulen mit 3000 Schülern u. 18 Elementarknabenschulen, zusammen mit 5000 Schülern. Höhere Privattöchterschulen gibt es 29; die meisten sind zugleich Pensions- u. Erziehungsanstalten; eine derselben ist mit einem Privatlehrerinnenseminar verbunden. Unterrichtet werden in ihnen etwa 4000 Schülerinnen. Mittlere Töchterschulen gibt es 13, mit 2700 Schülerinnen; Elementartöchterschulen 17 mit 4800 Schülerinnen; 16 Elementarschulen für beide Geschlechter mit 3900 Schülern u. Schülerinnen. Sämmtliche Schulen B-s, insofern sie nicht besondere Fortbildungsanstalten (u. solcher gibt es für Erwachsene auch 3) sind, sondern die allgemeine Schulbildung bezwecken, stehen theils als Schulen königlichen Patronats u. besonderer kirchlicher Corporationen unter der unmittelbaren Leitung u. Aufsicht des königlichen Provinzialschulcollegiums, theils als Schulen städtischen Patronats od. als Privatlehranstalten unter der Verwaltung u. Aufsicht der städtischen Behörden, insbesondere der städtischen Schuldeputation. Letztere ist zusammengesetzt aus 2 Stadtschulräthen, 3 Superintendenten, 7 Stadträthen, 8 Stadtverordneten u. 7 Bürgerdeputirten u. hat ihre stehenden Plenarsitzungen. Zu erwähnen sind noch 33 Kleinkinderbewahranstalten, welche über alle Stadttheile verbreitet sind u. die Kinder armer Eltern bis zum schulpflichtigen Alter beaufsichtigen; 9 städtische Sonntagsschulen mit 2100 Schülern u. Schülerinnen, endlich 8 sonntägliche Freischulen für »versäumte« Lehrlinge. Zur Weiterbildung dienen den Strebsamen sodann die städtischen Volksbibliotheken, jetzt 5 an der Zahl, die Jedem leicht zugänglich sind u. bes. aus dem Ertrage der wissenschaftlichen Vorlesungen in der Singakademie erweitert u. vermehrt werden. Militärische Unterrichtsanstalten sind: das Medicinisch-chirurgische Friedrich-Wilhelms-Institut (mit der sonstigen Pepinière vereinigt, dient zur Ausbildung von Militärärzten), die Allgemeine Kriegsschule (nur für Offiziere zu höherer Ausbildung), die Artillerie- u. Ingenieurschule mit eigenem Gebäude, das Cadettenhaus (1775 erbaut, mit Modellsaal u. Kartensammlung). Zur Ausbildung von Musikern, Sängern u. Sängerinnen bestehen folgende Anstalten: die Akademie der Tonkunst seit 1855, das Institut für Kirchenmusik (zur Ausbildung von Musiklehrern u. Organisten), die Singakademie (mit 500 Mitgliedern, in einem eigenen 1826 erbauten Gebäude mit großem Concertsaal), die Gesangklasse der königlichen Oper u. ein Conservatorium für Musik. Wissenschaftliche u. Kunstvereine, außer den von Staatswegen angeordneten Akademien bestehen: die Gesellschaft für Erdkunde (Organ: Zeitschrift für Erdkunde, herausgeg. von Neumann), die Gesellschaft naturforschender Freunde, die Hufeland'sche medicinisch-chirurgische Gesellschaft, die Deutsche zoologische Gesellschaft, der Statistische Verein, der Wissenschaftliche Verein des Gewerbeinstituts, der Musikalische Orchesterverein, die Liedertafel, der Wissenschaftliche Verein (in welchem Vorträge während der Wintermonate in der Singakademie gehalten werden, gründete mehrere Volksbibliotheken), der Kunstverein, der ältere u. jüngere Künstlerverein, Gesellschaft für deutsche Sprache u. Alterthumskunde (gegründet 1815), der Literarische Sonntagsverein (gegründet 1827), der Apothekerverein, der Architektenverein, Preußische Hauptbibelgesellschaft, Hauptverein für evangelische Mission, Hauptverein für christliche Erbauungsschriften, Evangelische Bücherstiftung, Zweigverein der Evangelical-Alliance in London, Katholischer Leseverein, Schachgesellschaft (welche Schachturniere veranstaltet, Organ: Berliner Schachzeitung), Handwerkerverein (mit einem Gebäude), Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes, Frauenbildungsverein, Deutscher Feuerversicherungsverein, Verein für Eisenbahnkunde, Zweigverein des Schillervereins, Verein zur Förderung des Gartenbaues (hält halbjährliche Ausstellungen u. vertheilt Preise, verbunden mit einem Gärterlehrinstitut). Außerdem befördern die Kunst die Ateliers mehrerer Künstler, so Rauchs, Kiß', Drake's, Wichmann's, Schievelbein's, Cornelius', Mentzel's, J. Schrader's, Meyer's von Bremen. Meyerheim's, Hildebrandt's u. A., u. die Ausstellungen im Akademiegebäude. Hinsichtlich der literarischen Production ist Berlin nächst Leipzig der bedeutendste Platz in Deutschland. Außer einer Menge wissenschaftlicher Journale u. belletristischer Blätter erscheinen folgende größere politische Zeitungen: Der Staatsanzeiger u. die Preußische Correspondenz (officiell), die Zeit (halbofficiell), die Vossische Zeitung (mit der stärksten Auflage) u. die Spenersche Zeitung (beide conservativ-liberal), die Neue Preußische Zeitung (Kreuzzeitung, conservativ), die Volkszeitung (populär u. liberal), die Nationalzeitung (liberal).

IX. Dir Sammlungenwissenschaftlicher u. Kunstgegenstände sind zum Theil schon oben bei der Universität genannt. Außerdem dienen diesem Zwecke die beiden mit einander verbundenen königlichen Museen zwischen der Spree u. dem Schleusengraben am Lustgarten. Das alte Museum [⇐625][626⇒] im Lustgarten, 1824 begonnen, von Schinkel aufgeführt, 1829 eröffnet, ist ein 276 F. langes, 179 F. breites, bis zur Oberkante 61 F. hohes Viereck, nach dem Vorbilde des Tempels der Athene Polias in Athen gebaut. Zu der auf dem massiven Unterbau ruhenden, von 18 attischen Säulen getragenen Vorhalle, führt eine breite Treppe, deren linke Wange die Amazonengruppe von Kiß trägt, während die rechte zur Aufnahme eines Pendants von Rauch bestimmt ist. An den vorderen Ecken des Schutzdaches, welches die in der Mitte des Gebäudes sich erhebende Kuppel überdeckt, stehen, in Eisen gegossen, die Dioskuren von Tieck u. in der Säulenhalle die Marmorstatue des Erbauers, ebenfalls von Tieck. Die Hinterwand der Halle ist zu beiden Seiten des Portals mit Frescogemälden (nach Schinkels Entwurf von Cornelius gemalt) ausgeschmückt, ebenso die Hinterwand des Vestibuls oberhalb der zum zweiten Geschoß führenden Treppe. Durch das Vestibul tritt man in die 72 F. hohe Rotunde. In dieser, sowie in den anstoßenden Räumen des unteren Geschosses, dem Götter- u. Heroensaal, dem Kaisersaal, dem mittelalterlichen Saal u. dem Etruskischen Saal, sind antike u. moderne Sculpturwerke aufgestellt. Auf der Gallerie der Rotunde befinden sich Nachbildungen der für Leo X. zu Arras gewebten Gobelins. Das obere Geschoß enthält in 37 Cabinetten die Gemäldegallerie, die aus den Kunstwerken in den königlichen Schlössern, aus der 1815 in Paris erkauften Giustinianischen u. der Sollyschen Gallerie u. anderen Erwerbungen zusammengesetzt ist. Im Grundbau befindet sich das Antiquarium, bestehend aus einer Gemmensammlung, einer Münzsammlung, Sammlung antiker Metallarbeiten, Terracotten, Wandmalereien aus Herculanum u. Pompeji, antiker Thongefäße etc. Das neue Museum, 1843 nach einem Plane Stülers in einem antiken, mit modernen Elementen gemischten Style begonnen (gegenwärtig noch nicht vollendet). Seine Länge beträgt 337 F., seine Höhe 75 F., seine Tiefe 128 F., der Mittelbau, das Treppenhaus enthaltend, überragt das Gebäude um 25 F., die Decken der Säle sind gewölbt u. werden von theils marmornen, theils Stuck-, theils gußeisernen Säulen getragen. Die einzelnen Abtheilungen mit ihren verschiedenen Sammlungen sind im ersten Geschoß: das Museum nordischer Alterthümer u. das Ägyptische Museum (Gräbersaal, Mythologischer Saal); im zweiten Geschoß: Gypsabgüsse antiker, mittelalterlicher u. moderner Sculpturen (8 Säle); im oberen Geschoß: die Kunstkammer, die Ethnographische Sammlung, die Sammlung vaterländischer Alterthümer (letztere drei ehedem im königlichen Schlosse befindlich) u. das Kupferstichcabinet. Das Treppenhaus, welches die ganze Tiefe des Gebäudes einnimmt, ist geschmückt mit den berühmten Wandgemälden W. v. Kaulbachs. Außerdem finden sich noch Gemäldesammlungen. im königlichen Schloß u. in Bellevue (letztere aus Ölgemälden neuerer Meister bestehend). In mehreren Privatsammlungen sind noch Kunstschätze gehäuft, so Gemälde im Palais des Grafen Raczynski vor dem Brandenburger Thore, wo sich auch das Atelier von Cornelius befindet, beim Consul Wagner, Ravène, eine permanente Gemäldeausstellung in der Kunsthandlung von Sachse u. Comp., eine Kupferstichsammlung beim Kaufmann Thiermann u. m. a. X. Heil- u. milde Anstalten. Die mit dem Klinicum verbundene Charité, seit 1710 bestehend u. 1400 Kranke beherbergend; die Grässche Augenklinik, das Militärlazareth, Heilanstalt durch Elektricität u. Magnetismus, mehrere Orthopädische Institute, Brunnenanstalten, Wasserheilanstalten, Mineralwasseranstalten von Struve u. Soltmann, Eiselens Anstalt für Leibesübungen. Unter den Badeanstalten ist namentlich zu erwähnen die 1855 ins Leben getretene großartige Wasch- u. Badeanstalt in der Schillingsgasse, hervorgerufen von einer Actiengesellschaft mit einem Capital von 113,700 Thlrn. Noch zahlreicher sind die milden Anstalten, theils unter der Armendirection, theils unter Privatleitung, zahlreiche Hospitäler zur Verpflegung Armer u. Infirmer: Heiligen-Geistshospital, Gertrauden-, Jerusalemer-, Jakobshospital; das Diakonissenhaus Bethanien (gegründet 1847, eine Stiftung Friedrich Wilhelms IV. unter dem Protectorat der Königin, zur Ausbildung von Krankenpflegerinnen, ist für 300 Kranke eingerichtet), das Elisabeth-Krankenhaus, das St. Hedwigs- (katholische) Krankenhaus, Heil- u. Bildungsanstalt für Blödsinnige, mehrere Armen- u. Versorgungshäuser, darunter das vom Kaiser Nikolas als Ehrenbürger von B. gegründete Nicolai-Bürgerhospital, die Rotherstiftung für Beamtentöchter über 40 Jahr, Christliche Mägdeherberge, Hollmanns Wilhelminen-Amalienstiftung für alte Frauen über 60 Jahr, Alterversorgungsanstalt der jüdischen Gemeinde, die Pischonsche Pensionsstiftung für Volkslehrer u. Lehrerinnen, Königliche Wittwenpflegeanstalt, Offizierwittwenkassen u. mehrere Anstalten für Predigerwittwen; Waisenhäuser, darunter das große Friedrichswaisenhaus, welches für Waisen u. verwahrloste Kinder bestimmt ist, das Kornmessersche u. Schindlersche Waisenhaus (beide Privatanstalten), die Jüdische Waisenerziehungsanstalt, das Friedrichsstift. Erziehungs- u. Besserungsanstalten: die Baviersche Anstalt zur Erziehung mutterloser Kinder, Magdalenenstift für sittlich verderbte Mädchen, Pestalozzistiftung, Kleinkinderbewahranstalten (s. oben Unterrichtsanstalten). Taubstummen- (1798 vom Staate) u. Blindeninstitut (1800 von Zeune gegründet, jetztköniglich), Beschäftigungsanstalt für erwachsene Blinde; Unterstützungskassen u. Unterstützungsvereine, darunter das 1840 von der Kaiserin von Rußland nach dem Tode ihres Vaters Friedrich Wilhelm III. mit 46,000 Thlrn. aus ihrem Erbschaftsantheil gegründete Friedrich-Wilhelmsinstitut für unbeschäftigte Arbeiter (Vorschußkasse), Bürgerrettungsinstitut (1796 von Baumgarten gegründet, soll zurückgekommene Gewerbtreibende mit Vorschüssen unterstützen), Hinkeldeystiftung für hülfsbedürftige Bürger Berlins, die Blechersche Stiftung für junge Künstler zur Reise nach Italien; Allgemeine Landesstiftung, Nationaldank zur Unterstützung alter Krieger, gegründet aus Anlaß der silbernen Hochzeit des Prinzen von Preußen 1854, mehrere Gesellen- u. Arbeiterunterstützungskassen, die Augusten-Stiftung, zur Aussteuer armer Brautpaare, gegründet bei der silbernen Hochzeit des Prinzen von Preußen, Gesindebelohnungsfond, Unterstützungsanstalt der Gesellschaft der Freunde für Wittwen u. Waisen, Gemeinnützige Baugesellschaft, gegründet 1848 (hat den Zweck, durch Bauten gesunde u. wohlfeile Wohnungen für sogenannte kleine Leute zu beschaffen); Lutherstiftung für Waisen [⇐626][627⇒] des Lehrerstandes, Vereinssterbekasse, Wittwenpensions- u. Unterstützungskasse, Speiseanstalten. Vereine: für Kleinkinderbewahranstalten, Alterversorgungsgesellschaft für deutsche Schauspieler (Perseverantia), gegründet von L. Schneider 1857, Unterstützungsverein hülfsbedürftiger Buchhändler, Hülfsverein für jüdische Studirende, Verein zur Unterstützung armer Wöchnerinnen, Frauengroschenverein etc. Zur Beschaffung von Geldmitteln dienen Darlehns- u. Vorschußvereine in allen Stadtbezirken, die städtische Sparkasse, die Sparvereine, das königl. Leihamt u. die Darlehnskasse des Berliner Frauenvereins zur Abhülfe der Noth unter den kleinen Fabrikanten u. Handwerkern; Detentionshäuser, Gefängnisse; das Arbeitshaus, zugleich Zufluchtsort für Obdachlose, Siechenhaus u. Irrenbewahranstalt, die Stadtvoigtei für in Untersuchungshaft Befindliche u. Strafgefangene, das Zellengefängniß in der Nähe des Hamburger Bahnhofs mit 800 Gefangenen.

XI. Industrie u. Handel. B. ist Concentrationspunkt der Gewerbe eines großen Theils der Monarchie u. seine Industrie ist sehr bedeutend. Der Verein zur Beförderung der Gewerbe in Preußen wirkt neben den schon oben VIII. erwähnten technischen Lehranstalten u. Vereinen, zu denen noch die Polytechnische Gesellschaft zu zählen ist, durch Eröffnung von Concurrenzen u. Aussetzung von Prämien für die Beförderung des Gewerbfleißes. Von technischen Instituten des Staats sind die Münze (mit Münzgebäude, auf broncirten steinernen Basreliefs von Schadow, die Operationen des Münzend darstellend), die königliche Porzellanfabrik (fertigt auch Gesundheitsgeschirr), die königliche Eisengießerei u. die königliche Bronzegießerei. Die Privatindustrie entwickelt sich in wahrhaft großartiger Weise von Jahr zu Jahr. Großen Ruf hat die Eisenindustrie B-s erlangt, namentlich im Fache des Maschinenbaues. Unter den zahlreichen Fabriken, die sich damit befassen, verdient besondere Erwähnung das Borsigsche Etablissement, das große seiner Art in Deutschland, aus welchem im Jahre 1854 bereits die 500. Locomotive hervorging. Die Zahl der in den sämmtlichen Maschinenbauanstalten beschäftigten Arbeiter beläuft sich auf 12,000. Außerdem producirt B. die verschiedenartigsten Gegenstände des Luxus u. der Mode: Teppiche, Parfümerien, Hüte, Spiegel u. Bronzesachen, Lampen, Möbel, Porzellanöfen, Seiden-, Halbseiden-, Baumwollen- u. Leinenwaaren, Flußkähne, Wagen, Tapeten, Silberwaaren, Stutz- u. andere Uhren, Holzbronze, Bijouterie-, lackirte Blech- u. hölzerne Waaren, Sohnen- u. Regenschirme, chirurgische, mathematische, optische u. musikalische Instrumente, chemische Waaren, Leder, künstliche Blumen u.a. Putzwaaren, fertige Kleidungsstücke, seine Korbflechtereien, Strohhüte, Stärke, Spielwaaren, Liqueurs etc. Der Handel B-s wird von dem Staate durch das Institut der Preußischen Bank (s. Bank II. Cc) q) aa) u. der Seehandlung (beide mit eigenen großen Gebäuden) unterstützt u. von der Handelskammer u. dem Handelsrath überwacht. Außerdem befördern den Geldverkehr die Bank des Berliner Kassenvereins (s. Bank II. Cc) q) b), die Discontokasse (s. ebenda cc), u. eine große Anzahl zum Theil großartiger Bankgeschäfte; die Börse (an dem Lustgarten) dient zur Erleichterung des Waaren- u. Geldgeschäfts; sie ist eine der bedeutendsten Deutschlands, ihre Curszettel erscheinen täglich. Der Handel erstreckt sich, außer auf Staatspapiere, auf Actien u. Wechselgeschäfte, Spedition, Vertreiben der Erzeugnisse der Industrie B-s etc. Auch findet im Juni ein großer Wollmarkt statt. Die bedeutenderen in- u. ausländischen Assecuranzgesellschaften haben in B. Comptoire, ihren Hauptsitz haben daselbst: die Berlinische Feuerassecuranz, die B-er Transportassecuranz, die Preußische National Feuer- u. Transportassecuranz, die B-er Hagelassecuranz, die B-er Renten- u. Capitalversicherungsbank, die Preußische Rentenversicherungsanstalt, die Alterversorgungsgesellschaft; ferner mehrere industrielle Gesellschaften: die Elbschifffahrts- u. Dampfschifffahrtsgesellschaft u. mehrere Eisenbahn- u. andere Actiengesellschaften. Fünf in B. zusammenlaufende Eisenbahnen, nämlich die Berlin-Hamburger, die Berlin-Stettiner, die Berlin-Frankfurter, die Anhaltische u. die Berlin-Potsdamer Bahn, vermitteln außer der Spreeschifffahrt den auswärtigen Verkehr. Elektrische Telegraphen verbinden die Stadt mit allen Theilen der Monarchie u. den bedeutendsten Haupt- u. Handelsstädten des Continents, so mit Paris, Petersburg u. Constantinopel. Maße u. Gewichte, s.u. Preußen (Geogr.); die alten Maße u. Gewichte sind seit 1816 abgeschafft.

XII. Vergnügungen u. Geselliges Leben. Unter den Vergnügungen B-s steht das Theater oben an. Die Hauptgebäude sind: Das große Opernhaus, der Universität gegenüber, 1741 erbaut u. zu Opern, größern Schauspielen, so wie zu Concerten (wofür ein eigner großer Saal) benutzt, brannte 1843 ab, wurde aber mit Benutzung der stehen gebliebenen Umfassungsmauern fast ganz in derselben Weise wieder aufgebaut. Es ist 265 Fuß lang, 103 Fuß breit u. 73 Fuß hoch, im Giebel sind Basreliefs von Rietschel; der Zuschauerraum hat 4 Logenreihen u. faßt 2000 Personen. Das Schauspielhaus auf dem Gensdarmenmarkte, 1803 von Langhans gebaut, brannte 1817 ab u. wurde 1820 von Schinkel neu erbaut; es hat eine breite Freitreppe, welche zu einem vorspringenden Peristyl von 6 ionischen Säulen führt, ist 245 Fuß lang u. im Mittelbau 160 Fuß tief; es enthält einen Concertsaal mit Nebenzimmern u. Gallerien u. einen Decorationssaal; der Zuschauerraum faßt 1500 Personen. Im Opernhaus wie im Schauspielhaus spielen die königlichen Schauspieler mit den Opernsängern u. dem königlichen Ballet, gleichzeitig od. abwechselnd, doch so, daß die größeren Opern, Schauspiele u. Ballets im Opernhause, die kleineren, weniger Apparat erfordernden Stücke, Lustspiele u. dergl. im Schauspielhause gegeben werden. Das Ganze steht unter der Generalintendanz der königlichen Schauspiele. Ballet u. Oper werden vorzugsweise gepflegt, die dramatische Darstellung steht andern deutschen Bühnen nach. Das Königsstädter Theater, ein kleineres Theater, ehedem auf dem Alexanderplatze in der Königsstadt, auf Actien gegründet, für das Lustspiel u. die komische Oper bestimmt, blühte in den vierziger Jahren u. rivalisirte mit der Königlichen Bühne, später kam es in Verfall, wurde dann in einen Circus in der Charlottenstraße u. von dort nach der Blumenstraße verlegt. Später wird es unter dem Namen Victoriatheater in einem bis jetzt noch nicht vollendeten Gebäude in der Münzstraße seinen Sitz aufschlagen. Das Friedrich-Wilhelm- [⇐627] [628⇒] städtische Theater in der Schumannsstraße, verbanden mit Sommertheater, für Lustspiel, komische Oper u. Posse bestimmt, wurde 1850 eröffnet u. faßt 1600 Personen. Das Krollsche Etablissement am Exercierplatz mit großen Sälen, eins der großartigsten Vergnügungslocale der Welt, faßt an 5000 Personen. Das 1834 errichtete Gebäude wurde, nachdem es 1851 niedergebrannt war, von Titz wieder aufgebaut; es ist 366 Fuß lang, 95 Fuß tief u. mit den beiden Thürmen 120 Fuß hoch. Die verschiedenen Säle dienen theils zu Bällen u. Familienfesten, theils zu Concerten; der große Königssaal ist mit einer kleinen Bühne verbunden, welche zur Darstellung von Farcen u. Localpossen dient. Außerdem finden theatralische Aufführungen statt im Henningschen Sommer- u. Wintergarten, zugleich Concertlocal, in dem Vorstädtischen Theater, mehreren Sommer- u. Liebhabertheatern. Concerte werden außer in den erwähnten Localen in Jachmanns Garten, auf dem Bockberge, im Hofjäger, Moritzhof, Albrechtshof (letztere 3 im Thiergarten) u.a. Orten veranstaltet. Die königliche Kapelle gibt allwinterlich 6 Symphonie-Soireen, die Singakademie eine Reihe von Symphonieconcerten. Sehenswerth find die Gropiusschen Dioramen (s.d.). In einem Circus an der Friedrichsstraße werden equestrische Schauspiele gegeben. Innerhalb der Mauer gewähren mannichfache Locale in vielen Abstufungen Gelegenheit, sich bes. durch Tanzen zu vergnügen, werden aber nur von einer sehr gemischten Gesellschaft u. Damen von zweideutigem Rufe besucht. Unter den zahlreichen Conditoreien sind die von Josti, Stehely, Spargnapani, d'Heureuse u. Kranzler die bekanntesten Elegante Cafés, die zugleich Speiselocale sind, werden von dem feineren Publicum besucht, während die Kellerwirthschaften meistens nur für niedere Volksklassen eingerichtet sind. Dagegen pflegen in den Delikatessenkellern nur die höheren Stände zu verkehren. Unter den zahlreichen Bierlocalen sind mehrere, in denen nur echtes baierisches Bier geschenkt wird u. die von einem gewählteren Publicum besucht sind; eigentliche Weißbierlocale, wo nur od. fast ausschließlich dieses Berliner Getränk (kühle Blonde) verabreicht wird, sind die Sammelpunkte der eigentlichen Berliner. Verschiedene geschlossene Gesellschaften suchen einzelne Stände od. Coterien zu isoliren, üben jedoch fast gar keinen Einfluß aus den freien geselligen Verlehr, der durch den fortwährenden Ab- u. Zugang von Fremden, die sich nur zeitweise in B. aufhalten, bedingt wird. Fast alle geschlossenen Gesellschaften haben eine bestimmte Tendenz, welcher der Zweck geselliger Unterhaltung untergeordnet ist, mehrere sind bereits oben angeführt worden; die 3 Großlogen: Nationalmutlerloge zu den 3 Weltkugeln, Landesloge u. Royal York verfolgen in eigenen Localen mit Gärten, jede in mehrere Johannislogen zerfallend, freimaurerische Zwecke, dirigiren zugleich die übrigen Logen im Preußischen Staate u. bilden auch außer der Loge geschlossene gesellige Vereine. Noch gedenken wir der Pferderennen, die seit 1828 bei B. jährlich während des Wollmarktes von dem Verein für Pferdezucht ausgehend, vor dem Schönhauser Thore Statt finden, ferner des Schützenfestes, welches alljährlich am 27. Aug. auf dem Schützenplatz in der Lindenstraße stattfindet, u. endlich der sogenannten Corsofahrten im Spätsommer vor dem Schönhauser Thore.

XIII. Das Leben in B. ist das einer großen Stadt von vorherrschend industriellem Charakter. Das Hofleben tritt äußerlich nur wenn der König in B. residirt u. bei Hoffestlichkeiten hervor, da der Adel keinen großen Aufwand macht u. die reicheren Grundbesitzer nur den Winter in B. zu verleben pflegen. Das Interesse für Kunst u. Wissenschaft hat in den industriellen Kreisen zugenommen u. reiche Privatleute aus dem Adel sowohl, wie aus dem Bürgerstande, lieben es, sich mit einem gewählten Kreise von Künstlern u. Gelehrten zu umgeben. Sonst scheiden sich die verschiedenen Elemente der gebildeten Klassen, je nach den gemeinsamen Interessen, die sie verbinden, in bestimmte Coterien. Eine gewisse äußere Bildung ist auch den niederen Klassen eigen, u. der B-er Volkswitz, der durch Glasbrenner u. Beckmann zuerst eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, offenbart sich in einer Menge von Localpossen u. in dem verbreitetsten Witzblatte Deutschlands, dem Kladderadatsch. Das Volksleben concentrirt sich selten auf Einem Punkte; nur große, vom Hofe veranstaltete Feste, große Paraden, festliche Einzüge etc. bringen ganz B. auf die Beine, ohne jedoch nachhaltend zu wirken. Nicht mit Unrecht gibt man den B-rn eine gewisse Leichtfertigkeit u. Frivolität schuld, wie solche fast in jeder großen Stadt, welche viele Gelegenheit zum materiellen Genuß des Lebens bietet, zu Hause ist. Die Berliner Volkssprache ist kein eigentlicher Dialekt, sondern nur ein corrumpirtes Hochdeutsch. In den gebildeten Kreisen ist dieselbe verpönt. Die eigenthümlichen Ausdrücke, welche der B-er häufig in der gewöhnlichen Conversation, vorzüglich in Bezug auf den kaufmännischen Verkehr gebraucht, sind meistens jüdischen Ursprungs, indem ein sehr großer Theil der Handelswelt aus israelitischen Elementen besteht. Die Prostitution ist in B. geduldet u. wird von der Sanitätspolizei überwacht. Die im Jahre 1846 angeordnete Schließung der Bordelle äußerte schlimme Folgen in Bezug auf den Gesundheitszustand der Stadt, weshalb sich die Regierung 1850 entschloß, wieder Concessionen zur Errichtung öffentlicher Häuser zu ertheilen. Aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit erfolgte 1854 das Verbot, in Bierlocalen u. Schenkstuben Frauenzimmer zur Bedienung der Gäste zu halten, u. 1856 die Ausweisung aller fremden Freudenmädchen.

XIV. Umgebung Berlins. Die Umgebungen B-s sind nichts weniger als freundlich. Eine todte Sandebene, von keinem Berg, ja fast von keinem Hügel unterbrochen, auf der fast nur Nadelholz, wenig Getreide, Kartoffeln u. Gemüse gedeihen, umzieht B. in weitem Kreise. Freundliche Spaziergänge gewährt der durch mehrere Alleen u. Chausseen durchschnittene Thiergarten, ein ziemlich ansehnlicher, sich von B. nach Charlottenburg gegen Westen erstreckender Wald mit Parkanlagen (Goldfischteich mit der Venus Victrix, Floraplatz, Exercierplatz zwischen Krolls Etablissement u. dem Raczynskischen Palais, Luiseninsel), Landhäusern, mehreren zum Theil schon erwähnten Gartenvergnügungslocalen, u. dem Zoologischen Garten (einem abgezäunten Theile, in welchem ausländische, namentlich tropische Thierracen, darunter Löwen, Bären, Affen, Känguruhs, Adler, Krokodile etc. gehalten werden). Eine schnurgerade Chaussee führt durch den Thiergarten nach Charlottenburg. Diese sowohl, wie die [⇐628][629⇒] Seitenwege, sind an schönen Sonntagen von Fußgängern u. Wagen ungemein belebt. Ein Hauptweg führt von der Charlottenburger Straße über die Spree nach dem Dorfe Moabit, dem Hauptvergnügungsort für Dienstmägde u. Soldaten u. dem Sitz einer der Borsigschen Maschinenbauanstalten, deren Vergrößerung auch die Vergrößerung des Ortes durch Arbeiterwohnungen zur Folge gehabt hat. Der Name soll von den unter Friedrich I. hier angesiedelten französischen Gärtnern herrühren, welche den Ort des unfruchtbaren Bodens wegen la terre moab od. terre maudite nannten. Vor dem Halleschen Thore, dem Kreuzberg gegenüber, liegt der Bockberg mit einer Baierischen Bierbrauerei, einem Concertsaale u. Parkanlagen auf der Höhe. Von hier, wie vom Kreuzberge aus, wo ehemals ein sehr besuchtes Vergnügungslocal, das Tivoli, bestand, hat man einen schönen Überblick über die Stadt, sowie über das Dorf Schöneberg, weiterhin eine Aussicht nach dem Grunewald, nach Charlottenburg u. nach den das Spreethal bei Spandau einschließenden Anhöhen (Pichelsberge). Nach der entgegengesetzten Seite liegt die waldige Hasenhaide, 1/4 Stunde von der Stadt, mit Kaffee- u. Landhäusern, Vergnügungsort der niederen Stände; dort ein besonderer Platz mit Schießständen für das Militär u. der Turnplatz. B-s Hauptvergnügungsort in der Ferne ist Charlottenburg, wohin Nachmittags stündlich Wagen (eine regelmäßige Fuhrgelegenheit dahin, die auch nach anderen Orten benutzt wird, sind die sog. Kremser od. Thorwagen) gehen. Ein sehr besuchter Ort ist Stralau an der Spree (bes. zur Zeit des dortigen Fischzuges, des einzigen B-er Volksfestes), das gegenüberliegende Treptow u. Rummelsburg am Rummelsburger See, mit einer Arbeitsanstalt für Sträflinge. Außerdem werden noch bes. die Dörfer Tegel, mit dem Landhause Alex. v. Humboldts, Pankow, Schönhausen, Friedrichsfelde, Tempelhof, Großbeeren, Grunewald, Pichelsdorf, Saatwinkel, die Stadt Köpnick an der Frankfurter Eisenbahn, in deren Nähe der Müggelsee liegt, der Gesundbrunnen od. das Luisenbad ver dem Rosenthaler Thore etc. besucht.

XV. Geschichte Berlins. Die ältesten Ansiedler an der Stelle der Spree, an welcher das jetzige B. liegt, waren ohne Zweifel wendische Fischer. Die beiden Dörfer, Berlin u. Köln, welche sie bewohnten, wurden durch die Spree getrennt. Der Sitz der wendischen Fürsten war das nahe Köpnick, weshalb den Markgrafen, welche die Grenzen des Deutschen Reiches nach dieser Seite gegen die räuberischen Einfälle der Slaven zu schützen hatten, an dem Besitz des von Wasser umflossenen, also bis zu einem gewissen Grade festen Platzes, Köln bes. gelegen sein mußte. Albrecht der Bär war der erste, welcher bis hierher vordrang (um 11 42) u. durch Ansiedler, namentlich aus den Niederlanden, deutsche Sprache u. Sitte an der Spree einführte. Wahrscheinlich legte er die ersten Befestigungen an. Unter seinen Nachfolgern blüheten die Schwesterstädte, die zuerst 1237 u. 1244 als besondere Orte genannt werden, namentlich durch den Handelsverkehr mit den Slaven, an deren Grenze sie lagen, auf. 1253 war B. schon eine ansehnliche Stadt, nach deren Muster Frankfurt a. O. damals städtische Rechte u. Freiheiten erhielt. Unter Joachim Friedrich wurde der Molkenmarkt angelegt u. das Hohe Haus (Lagerhaus) gegen Ende des 13. Jahrh. zur Wohnung der Markgrafen, deren Residenz damals Salzwedel war, eingerichtet. Die beiden Communen wurden 1307 mit einander vereinigt u. das gemeinsame Rathhaus in der Poststraße, sowie die Lange Brücke erbaut. Nun hob sich B. immer mehr, u. im zweiten Jahrzehnt des 14. Jahrh. war die Stadt das Haupt eines märkischen Städtebundes, welcher der Willkühr des räuberischen Adels einen Damm entgegensetzte. 1340 schloß B. einen Handelstractat mit Magdeburg u. trat in den Bund der Hansa. Nach dem Erlöschen der Askanier brachen Unruhen im Lande aus u. wirkten lähmend auf den Handel u. Verkehr B-s, u. erst unter der kräftigen Herrschaft des Burggrafen Friedrich von Nürnberg (von 1411 an) gelang es, die Sicherheit im Lande wieder herzustellen. Zwar hatten die Hohenzollern manchen Kampf mit der Bürgerschaft, die sich ihre alten Rechte nicht nehmen lassen wollte, auszufechten u. namentlich gegen Friedrich den Eisernen (1440–1470) erhob sich die Stadt, als er eine Burg bauen wollte, in offener Fehde; doch unterwarf sie sich später, die Burg wurde gebaut u. die städtische Verwaltung wieder getrennt. Johann Cicero erhob B. zu Ende des 15. Jahrh. zur festen Residenz, welches bisher Spandau gewesen war, setzte das Hoch- u. Kammergericht ein u. gab der Stadt u. dem Lande eine bessere Rechtspflege. Die Reformation fand unter Joachim II. (1535–71) rasch Eingang. Der Kurfürst trat 1539 zur Evangelischen Lehre über, mit ihm der Rath u. die Bürgerschaft. In demselben Jahre wurde in B. die erste Buchdruckerei errichtet. Im 30jährigen Krieg ließ der Statthalter B-s bei Annäherung der Schweden sämmtliche Vorstädte Kölns u. einige B-s abbrennen. Dadurch u. durch Brandschatzungen litt die Stadt ungemein. Eine neue Periode raschen Aufblühens beginnt für B. mit dem Regierungsantritt des Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm (1640–1688), der dem Friedrichswerder Stadtrechte gab, die Neustad erbaute (nach seiner Gemahlin auch Dorotheenstadt benannt), u. Neu-Köln u. mehrere Vorstädte jenseits der alten Festungswerke, die er nach neuem System umschuf, anlegte. Er bevölkerte die erweiterte Stadt mit fremden Colonisten, bes. reformirten Franzosen, welche den religiösen Verfolgungen wegen ihre Heimath verließen; die Bevölkerung stieg dadurch von 6000 zu 20,000 Einwohnern. Kurfürst Friedrich III., nachmals König Friedrich I., baute die Friedrichsstadt, erweiterte die Vorstädte, erhob B. zur königlichen Residenz u. vereinigte die beiden getrennten Magistrate von B. u. Köln 1709 von Neuem. Prachtvolle Bauten (das Schloß, Zeughaus, Pesthaus, später Charité, die Französische u. die Neue Kirche) wurden unter ihm aufgeführt. Unter Friedrich Wilhelm I. wurde der Bau des Schlosses vollendet, u. 1727 siedelte sich die Böhmische Colonie in B. an; die Einwohner, deren Zahl unter Friedrich I. 50,000 betragen hatte, mehrten sich auf 90,000. Friedrich II. baute, obgleich er in der Regel nicht in B. residirte, viel neue Gebäude, ließ die Festungswerke B-s demoliren u. Alleen in den Thiergarten hauen; die Einwohnerzahl wuchs bis 145,000. Im Siebenjährigen Kriege wurde B. 1757 von den Kroaten unter Haddik gebrandschatzt, 1760 von den Russen unter Todleben genommen, jedoch bald wieder verlassen; 1785 wurde in B. der Deutsche Fürstenbund geschlossen u. 1792 der Allianzvertrag mit Österreich [⇐629][630⇒] gegen Frankreich unterzeichnet. Friedrich Wilhelm II. baute u.a. das Brandenburger Thor; Friedrich Wilhelm III. that zu Anfang seiner Regierung Manches zur Verschönerung B-s, doch wurde sein Bemühen schon nach 10 Jahren durch den Krieg von 1806 unterbrochen. In den folgenden Jahren litt B. durch die Calamität, in welche der Staat durch den Französischen Krieg gerieth, großen Schaden. Damals erhielt die Köpnicker Vorstadt den Namen Luisenstadt; den 19. November 1808 wurde B. die Städteordnung verliehen, u. 1809 die Universität von Frankfurt a. O. nach B. verlegt. Im März 1813 wurden die Franzosen von den Kosacken aus B. vertrieben. Die Einwohnerzahl betrug 1815 175,000. Nach dem Kriege hob sich B. ungemein, es vergrößerte sich nach allen Seiten, bes. nach W. u. S. u. Prachtgebäude aller Art (Museum, Königswache, neues Schauspielhaus, die Bauakademie, die Werdersche Kirche, die Sternwarte) u. Denkmäler erstanden. 1826 wurde die Gasbeleuchtung eingeführt; 1828 erhielt der nordwestliche Stadttheil den Namen Friedrich-Wilhelmsstadt; 1831 wüthete die Cholera. Beim Tode des Königs 1840 betrug die Zahl der Einwohner 310,000 u. der Werth der Grundstücke war seit Ende des vergangenen Jahrhunderts auf das dreifache gestiegen. Unter Friedrich Wilhelms IV. Regierung wurde das neue Museum erbaut, die Schloßkuppel u. das Friedrichsdenkmal vollendet, die Schloßbrücke mit Statuen u. der Opernplatz mit neuen Denkmälern geschmückt, sowie auch die Friedensäule auf dem Belleallianceplatze zum Andenken an den 30jährigen Frieden errichtet. Auch das wissenschaftliche u. Kunstleben hob sich unter dem persönlichen Einflusse des Königs, u. die Bedeutung, welche B. als Centralpunkt norddeutschen Handels u. Gewerbfleißes errungen hat, zog u. zieht immer neue unternehmende Kaufleute, Arbeitskräfte u. Capital an, so daß die Grenzen der Stadt sich weit über die Ringmauer ausdehnten. Im August 1844 fand hier die erste große Gewerbeausstellung der Zollvereinsstaaten (s.u. Industrieausstellungen), 1851 der Abschluß des Postvereinsvertrags u. der Anschluß des Steuervereins an den Zollverein, 1853 die Unterzeichnung des Handelsvertrags zwischen Österreich u. dem Zollverein u. die Ratification des Vertrags mit dem Steuerverein, ferner ein Congreß der Telegraphendirectoren Deutschlands u. der Niederlande u. 1855 die Deutsch-belgisch-französische Telegraphenconferenz Statt. Von größeren Bränden der neuesten Zeit sind zu erwähnen der des Kroll'schen Etablissements 1851, des Sitzungslocals der Ersten Kammer in demselben Jahre, des Tivoli auf dem Kreuzberge 1853, der Rentz'sche Circus 1854 u. in demselben Jahre der der Salvatorkirche. In Bezug auf kirchliche Angelegenheiten wurde hier 1846 die Evangelische Kirchenconferenz, im Herbst desselben Jahres die Hauptversammlung des Gustav-Adolfs-Vereins u. der Deutsch-evangelischen Missionsgesellschaft, im Mai 1847 das zweite Concil der Deutsch-katholiken u. im September 1857 die Versammlung der Freunde des Evangelischen Bundes abgehalten. Regeres politisches Leben entfaltete sich, nachdem hier 1846 zwischen Preußen, Rußland u. Österreich die Einverleibung Krakaus in die österreichischen Staaten beschlossen war, im Jahre 1847 nach Berufung des ersten allgemeinen Landtages; im März 1848 war B. Schauplatz eines blutigen Straßenkampfes, im October versammelte sich hier der Demokratische Congreß, vom November 1848 bis Ende Juli, 1849 wurde über die Stadt der Belagerungszustand verhängt u. im Mai 1849 wurde hier das Dreikönigsbündniß unterzeichnet; im Mai 1830 trat hier der Fürstencongreß zusammen u. im Juli wurde hier der Friede mit Dänemark abgeschlossen. Am 28 Juni 1853 wurde die neue Städteordnung eingeführt.

XVI. Literatur: Mila, Geschichte des Ursprunges B-s etc., Berl. 1829; Fidicin, Beiträge zur Geschichte der Stadt B., ebd. 1837, 3 Thle.; Klöden, Über die Entstehung etc. der Städte B. u. Köln, ebd. 1839; Fidicin, Die Gründung B-s, ebd. 1840; Chronik B-s für die Jahre 1837–40, herausgeg. von Gropius, ebd. 1837–40, 4 Jahrgänge; Geppert, Chronik von B., ebd. 1837 ff; Ramgo, Neue Berliner Stadtchronik, 1841; Braß, Chronik von B., 1841; Nicolai, Beschreibung B-s u. Potsdams etc., ebd. 1779, 2 Thle.; Gädicke, Lexikon von B. u. der umliegenden Gegend, ebd. 1806; Helling, Geschichtlich-statistisch-topographisches Taschenbuch von B. etc., ebd. 1830; Die Umgegend B-s, ebd. 1833; Cosmar, Bilder u. Skizzen aus dem Berliner Leben, ebd. 1839; Wegweiser durch B. u. Potsdam, 15. Aufl., ebd. 1854. Spiker, B. u. seine Umgebung im 19. Jahrh., ebd. 1833 ff.; Berlin, ein Führer etc., 5. Aufl., ebd. 1857. [⇐630]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 620-630.
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[496⇒] Berlin, Haupt- und Residenzstadt von Preußen, in Brandenburg, an der für die Schiffahrt wenig tauglichen Spree in sandiger Ebene, ist wie der preuß. Staat erst im letzten Jahrh. zu hoher Bedeutung herangewachsen; daher ist B. ziemlich neu, regelmäßig, durch Gebäude und Kunstwerke verschönert und deßwegen eine der schönsten Städte mit 440000 E. Als Mittelpunkt der preuß. Regierung hat B. alle mit der Centralregierung zusammenhängende Collegien und Anstalten und ist sehr reich an wissenschaftlichen und Kunstinstituten: Universität (1500 Studenten, 172 akadem. Lehrer), Akademie für Künste und Wissenschaften, verschiedene Gelehrtenvereine; 6 Gymnasien, techn. und Baugewerksschule, zwei Schullehrerseminare, Lehrerinenseminar, Missionsseminar, Akademie für Militärärzte, Kriegs-, Artillerie- und Ingenieurschule, Thierarzneischule, Handelsschule, 6 höhere Stadtschulen, 133 Elementar- und Privatschulen. Die mit einer Ringmauer umgebene Stadt zerfällt in 11 Stadttheile: in die 6 ehemals selbstständigen Städte B., Alt- und Neukölln, Friedrichswerder-, Dorotheen-, Friedrichs- und Friedrichwilhelmsstadt; dann Luisenstadt, Spandauer Viertel, Königsstadt und Strahlauer Viertel, die Rosenthaler und Oranienburger Vorstadt. Unter den 312 Straßen ist ausgezeichnet die 1600 Schritt [⇐496][497⇒] lange und 72 breite, mit vierfacher Baumreihe besetzte Straße »Unter den Linden« mit vielen Palästen; die Friedrichsstraße, die Wilhelms- und Luisenstraße, die Leipziger Straße, die Königsstraße; unter den 31 öffentlichen Plätzen: der Lustgarten mit dem Museum, der Opernplatz mit der Statue Blüchers, der Gensdarmerieplatz, der Wilhelmsplatz mit 6 Statuen preuß. Feldherrn, der Dönhofs-, Belle Alliance- und Pariserplatz.B. hat 36 Kirchen, von denen keine besonders merkwürdig ist. Unter den vielen großen Gebäuden sind die bedeutendsten: das königliche Schloß, das königliche Palais in Friedrichswerder, Montbijou mit ägypt. Museum und Park, das Prinzessinenpalais, das Palais des Prinzen von Preußen und des Prinzen Karl, das Museum, das neue Museum, die Königswache, das Zeughaus, das Münzgebäude; von den Thoren das Brandenburger Thor mit dem Siegesgespann, von den vielen Denkmälern das Friedrichs d. Gr., 1851 enthüllt, von Rauch ausgeführt. B. ist als der Knotenpunkt eines Eisenbahnnetzes ein sehr wichtiger Handelsplatz geworden, mit Bank, Börse, Seehandlungsinstitut (nur dem Namen nach), Assecuranzcompagnien. Die Industrie wird immer bedeutender, sie liefert Tücher, Teppiche, Tapeten, Seiden- und Baumwollenwaaren, Porcellan, Bijouterie, Blechlackwaaren, mathem. und opt. Instrumente. Von öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten sind die bedeutendsten: die Charité, Bethanien, Blinden-, Taubstummeninstitut, das Invalidenhaus. (Cosmar, neuester und vollständigster Wegweiser durch Berlin und Potsdam 1851.) [⇐497]

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 496-497.
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Berlin
Berlin

[227⇒] Berlin, Hauptstadt des preuß. Staats, erste Residenz des Königs, Sitz aller höchsten Landesbehörden, liegt in der Provinz Brandenburg, in einer sandigen Ebene mit einigen Höhen auf der Süd- und Nordseite an beiden Ufern der Spree, hat über vier Stunden im Umfange, mit Einschluß der 16,000 M. starken Garnison 248,000 meist evangelische Einw., darunter 4000 Katholiken, gegen 5000 Juden, über 10,000 Reformirte und ist nicht nur eine der größten und schönsten, sondern als Hauptsitz norddeutscher Intelligenz und Cultur auch eine der wichtigsten Städte in Europa.

Es besteht aus den Stadttheilen Berlin, Köln an der Spree, Friedrichswerder, Neu- oder Dorotheenstadt, Friedrichsstadt, Friedrich-Wilhelmsstadt, Luisenstadt, Königsstadt, stralauer und spandauer Viertel innerhalb, und der oranienburger [⇐227][228⇒] und rosenthaler Vorstadt, auch das Voigtland genannt, außerhalb der Ringmauer, in welcher sich 14 Land- und 2 Wasserthore befinden. B. ist im Ganzen regelmäßig gebaut, am schönsten die Friedrichsstadt, hat zusammen 282 Straßen und Gassen, von denen 185 innerhalb der Ringmauern theils durch Laternen, theils seit 1826 mit Gas beleuchtet werden, welches aus der Gasbeleuchtungsanstalt vor dem hallischen Thore mittels zum Theil unter der Spree weg geleiteter Röhren durch die ganze Stadt vertheilt wird. Die ausgezeichnetsten Straßen sind die große Friedrichsstraße, welche fast eine Stunde lang ist; die Wilhelms-, die Leipziger- und die Behrenstraße; ferner die lebhafteste von allen die Königsstraße und die 1600 Schritte lange, 72 Schritte breite Straße »unter den Linden«, deren mittelster, von vier Reihen Linden, Kastanien und andern Bäumen beschatteter Theil einen Lieblingsspaziergang der Berliner bildet, zu beiden Seiten besondere Wege für Reiter und Wagen und an den Häusern hin noch besondere Fußsteige hat. Sie führt auf das von 1789–93 erbaute prächtige, hier dargestellte brandenburger Thor, das die Siegesgöttin in einem von vier Rossen gezogenen Wagen trägt, welche 1807 Napoleon nach Paris bringen ließ, die aber seit 1814 an ihren Platz wieder zurückgekehrt ist und durch dessen fünf Portale man in den parkartig angelegten Thiergarten gelangt. Dieser Lustwald enthält außer den mannichfaltigsten Spaziergängen die kön. Fasanerie, das Lustschloß Bellevue und viele Landhäuser reicher, besonders jüd. Bewohner B.'s, weshalb auch ein Theil desselben im Scherz Neujerusalem genannt wird. Unter den 22 öffentlichen Plätzen B.'s sind die bemerkenswerthesten der Wilhelmsplatz mit den Bildsäulen der Generale Seidlitz, Schwerin, Winterfeld, Ziethen, Keith und des Fürsten Leopold von Dessau; der Dönhofsplatz mit einem Obelisken, welcher als Meilenzeiger zur Berechnung aller Entfernungen von B. dient; der Gendarmenplatz mit der neuen deutschen und der franz. Kirche, zwei Prachtgebäuden, und dem an die Stelle des 1817 abgebrannten 1819–20 erbauten neuen Schauspielhause, das auch einen prächtig verzierten Concertsaal enthält; der Opernhausplatz, eigentlich eine Reihe von Plätzen vom Anfange der Linden bis zum kön. Schlosse, mit dem großen Universitätsgebäude, dem von Friedrich dem Großen 1741–42 erbauten Opernhause, welches die von Paris und London an Größe übertrifft, dem kön. Bibliothekgebäude, der katholischen Kirche, welche eine prächtige Rotunda bildet, mit dem vom Könige bewohnten einfachen Palais, dem 1695 unter König Friedrich I. aufgeführten, prachtvollen Zeughause, dessen Inneres nur zwei Säle bildet, von denen der untere schweres Geschütz u.s.w., der obere allerhand Waffen und viele Trophäen enthält. Im Innern des Hofes sieht man als Schlußsteine über den 21 untern Fenstern die Köpfe sterbender Krieger in erhabener Arbeit, berühmt unter dem Namen der Schlüter'schen Masken, wie sie nach ihrem Schöpfer, dem ehemaligen Hofbildhauer Schlüter, heißen. Neben dem Zeughause befindet sich die 1818 erbaute Königswache, vor der zu beiden Seiten die Bildsäulen der Generale Scharnhorst und Bülow aus cararischem Marmor, gegenüber das eherne Standbild des Fürsten Blücher sich befinden. Zwischen dem Wach- und Zeughause stehen als Trophäen der Einnahme von Paris im J. 1814 zwei von dort mit fortgeführte außerordentlich große Mörser und in ihrer Mitte die von den Franzosen 1806 nach Paris entführte große lübecker Kanone. Einer der freundlichsten Plätze B.'s ist der Lustgarten mit seinen Acazienalleen, durch zierliche Drahtgitter geschützten Rasenbeeten, einer großen, durch eine Dampfmaschine getriebenen Fontaine [⇐228][229⇒] in der Mitte, an dem die Börse, die Domkirche mit der kön. Familiengruft, das 1824–28 erbaute, hier abgebildete Museum, in welchem alle in Berlin und Potsdam vereinzelt gewesenen Kunstgegenstände, sowie neuerworbene Sammlungen vereinigt wurden und vor dem auf einem geschmackvollen Postamente eine 1500 Ctr. schwere, kolossale Schale aus märkischem Granit aufgestellt ist. Gegenüber liegt das seit 1716 in seiner jetzigen Gestalt vollendete große kön. Schloß mit seinen Prachtsälen und Merkwürdigkeiten, das den Lustgarten vom Schloßplatze trennt. Ferner der Monbijouplatz bei dem gleichnamigen kön. Lustschlosse, in welchem sich jetzt das ägypt. Museum befindet; der Leipzigerplatz, der Alexanderplatz mit dem königstädter Theater u.s.w. Von den 27 Kirchen B.'s sind außer den schon genannten noch zu erwähnen die Nicolai- und die Klosterkirche aus dem 13. Jahrh., als die ältesten; die Garnisonkirche mit ihrer trefflichen Orgel als die größte; die Marienkirche aus dem 14. Jahrh. mit einem goth. Thurme, dem höchsten in Berlin; die Dorotheenkirche mit schönen Grabmälern und die im goth. Style erbaute, erst 1830 vollendete neue werdersche Kirche. Unter den übrigen ausgezeichneten Gebäuden sind anzuführen das Lagerhaus, eines der ältesten von B., ehemals kurfürstliche Residenz und das »hohe Haus« genannt, jetzt zu den Bureaus mehrer Behörden benutzt; das Landschaftsgebäude; das Kammergericht; die Paläste der Prinzen Wilhelm, August und Albrecht; die Sternwarte mit dem neuen Telegraphen; die Gebäude der Porzellanfabrik, der Bank, Seehandlung, Münze, des kön. Marstalls, der Ingenieurschule, 12 Kasernen u.a.m. Von den 40 Brücken zeichnen sich die 156 F. lange und 100 F. breite Schloßbrücke, die 240 F. lange Friedrichsbrücke mit acht eisernen Bogen und die Kurfürsten- oder lange Brücke aus, welche mit der ehernen Reiterstatue des großen Kurfürsten geziert ist. Merkwürdig ist noch das dem Andenken des Befreiungskrieges von 1813–15 auf dem Kreuzberge vor dem hallischen Thore 1821 errichtete gußeiserne, 60 F. hohe Denkmal in goth. Geschmack, ein thurmarkiger Baldachin mit 12, der Andeutung der 12 Hauptschlachten gewidmeten Nischen, und das große Invalidenhaus vor dem oranienburger Thore.

B. ist außerordentlich reich an vorzüglichen Bildungsanstalten, an deren Spitze die 1809 gestiftete, am 15. Oct. 1810 eröffnete Friedrich-Wilhelmsuniversität mit theologischen und, philologischen Seminarien, zwei botanischen Gärten, den mannichfaltigsten Museen, Sammlungen und Instituten steht, wohin auch die 250,000 Bände starke kön. Bibliothek gehört, sowie eine große Anzahl gelehrter Gesellschaften und Vereine. Ferner gibt es hier kön. Akademien der Wissenschaften, der bildenden Künste, eine kön. Thierarzneischule, mehre Schullehrerseminare, seit 1811 die dem Andenken der Königin Luise gewidmete Luisenstiftung zur Bildung von Erzieherinnen, 6 Gymnasien, 2 höhere Bürger-, an 260 Privatschulen und Erziehungsanstalten, viele Gewerbs- und Sonntagsschulen und wichtige militairische Bildungsanstalten. Auch bestehen in B. mehre Missionsgesellschaften und die 1814 gestiftete preuß. Hauptbibelgesellschaft. Die Kunst findet in ihren verschiedenartigen Richtungen in B. fast durchgängig glänzende Anregung und Beförderung; in den Werkstätten der berühmten Bildhauer Rauch, Tieck und anderer Künstler, sowie auf den alle zwei Jahre wiederkehrenden Kunstausstellungen gibt es immer viel zu bewundern, während nach andern Seiten hin die 1790 gestiftete Singakademie und viele andere musikalische Vereine, die kön. Oper, das kön. Schauspiel, das 1824 gegründete königstädter Theater, eine franz. Schauspielergesellschaft u.s.w. die mannichfaltigsten Genüsse gewähren. Von ausnehmendem Umfange ist der Handel B.'s, welchen die kön. Bank, die Seehandlung, die Dampfschiffahrts- und Elbschiffahrtsgesellschaft, mehre Versicherungsanstalten und Märkte befördern. Von [⇐229][230⇒] den zahlreichen Manufacturen und Fabriken sind besonders die in Seide, Wolle und Baumwolle, die Eißengießereien, Zuckersiedereien, Tabacks-, Papier-, Porzellan- und Fabriken kurzer Waaren wichtig. Unter vielen öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten mögen hier nur die Charité, ein großes Krankenhaus, wo Kranke zum Theil unentgeltlich verpflegt und geheilt werden, das 1796 vom Geheimrath Baumgarten gestiftete Bürgerrettungsinstitut, das kön. Taubstummeninstitut, verschiedene Waisenhäuser und die 1819 vom Professor Wadzeck zur Erziehung armer Kinder gestiftete Wadzecks-Anstalt erwähnt werden.

Über die älteste Geschichte B.'s fehlt es an zuverlässigen Nachrichten, wahrscheinlich wurden aber seit Markgraf Albrecht II., 1206–20, die bis dahin wendischen Dörfer Berlin, was Wüstenei heißt, und Köln, dem die Bedeutung des slaw. »Kollne«, Gebäude auf Pfählen, zum Grunde liegen soll, zu Städten erweitert. Seine Nachfolger umgaben diese Orte mit Mauern und sorgten weiter für ihr Gedeihen, sodaß sie sich ziemlichen Wohlstandes erfreuten, als 1319 der anhalt. Regentenstamm ausstarb. Allein fast 100 Jahre der Noth und Trübsal, welche nun folgten, ehe 1417 Brandenburg an das Haus Hohenzollern kam, hatten fast Alles wieder vernichtet, bevor B. unter dem neuen Fürstenhause nach und nach seinem jetzigen Glanze entgegenzugehen anfing. Aus der Burg, welche Kurfürst Friedrich II. seit 1448 erbaute, entstand das kön. Schloß, und Johann Cicero, 1486–99, erhob B. zuerst zur bleibenden Residenz. Wie das ganze Land, so nahm auch dessen Hauptstadt unter der langen Regierung Friedrich Wilhelm's, des großen Kurfürsten, 1640–88, einen neuen Aufschwung, zählte bereits 20,000 Einw. und der Anbau der meisten neuen Stadttheile, sowie die Gründung vieler Sammlungen und wissenschaftlichen Anstalten gehört seiner Zeit an. Sein Nachfolger, Friedrich III., später als König Friedrich I., 1688–1713, ahmte ihm nach, ließ die Friedrichsstadt, den schönsten Stadttheil, anlegen und gab dem Ganzen 1709 den Namen der »Residenzstädte B.«, deren Einwohnerzahl jetzt 50,000 betrug. Von nun an stieg die Vergrößerung und Verschönerung B.'s mit jedem Jahre, namentlich erhielt es unter Friedrich II., 1740–86, durch Abtragen der Festungswerke und neue Anlagen eine ganz andere Gestalt, und obgleich die schweren Jahre des siebenjährigen Krieges hindernd auf den Wohlstand der Stadt einwirkten, hob sich die Bevölkerung auf 145,000. Die Hauptverschönerungen aber, welche B. zu einer der ausgezeichnetsten Städte Europas machen, und den Rang, welchen es durch Wissenschaft, Kunst und Industrie einnimmt, dankt es dem jetzt regierenden Könige, Friedrich Wilhelm III. [⇐230]

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 227-230.
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[15⇒] Berlin, die Hauptstadt des Königreichs Preußen, hat 7200 Wohnhäuser und 260,000 Einwohner, 224 Straßen, 20 öffentliche [⇐15][16⇒] Plätze, 31 Kirchen, 36 Brücken, 103 Fabriken, 500 Brunnen etc. Die merkwürdigsten Gebäude sind: das königl. Schloß, die Palais des Königs, der Prinzen Wilhelm, Karl, Albrecht, August; das Opernhaus, das Schauspielhaus, das Museum, die Universität, das Zeughaus, die Akademie, die Bibliothek, das Invaliden- und Cadettenhaus, die Artillerie- und Ingenieurschule, die Börse, das Seehandlungsgebäude, die Bank, das königstädter Theater etc. Die schönsten Straßen sind: die Linden, die Friedrichs-, Königs-, Leipziger- und Lindenstraße; unter den Plätzen zeichnet sich der Opernplatz, der Gensdarmenmarkt, der Wilhelms-, Alexander-, Dönhofs- und Schloßplatz etc. aus. Die merkwürdigsten Kirchen sind die Domkirche, die neue Werdensche und die katholische. Alle Straßen und Plätze sind frei, die Häuser nicht unverhältnißmäßig hoch, die Paläste elegant und geschmackvoll erbaut. Die Zierde der prachtvollen Linden ist das großartige brandenburger Thor. Berlin hat eine große Anzahl von Kunst-, wissenschaftlichen- und wohlthätigen Anstalten. Von öffentlichen Vergnügungsorten sind der Thiergarten, das Tivoli, das Elysium und das Coloseum zu nennen. Entferntere Spaziergänge sind Charlottenburg, Stralau, Treptow etc. Der Handel ist beträchtlich, ebenso das Fabrik- und Manufakturwesen. – Berlin hat als große Stadt auch einen großstädtischen Charakter, nur erscheinen nicht ungeheurer Reichthum und schreiende Armuth so schroff als Gegensätze neben einander, wie in andern Hauptstädten. Alles athmet den wohlthuenden Geist einer allgemein wachsenden Wohlhabenheit, eines schönen Bürgerthumes. Berlin ist der Mittelpunkt der modernen germanischen Kultur, des wissenschaftlichen Aufschwungs. Der Berliner ist in der Regel ein geborner und häufig auch ein erzogener, wo nicht verzogener Kritiker. Er ehrt und fördert die Wissenschaft, er liebt die Kunst, er betet sie an; aber er liebt sie oft mehr, um darüber zu sprechen, sein Wissen und seinen Scharfsinn daran üben zu können. Er liebt das Vergnügen, aber nicht vorzugsweise das öffentliche (das [⇐16] [17⇒] Theater ausgenommen). Nur das gemeine Volk gefällt sich in öffentlichen rauschenden Vergnügungen. Der gebildete Berliner fühlt sich am wohlsten im Kreise seiner Familie, der eng abgeschlossenen Freunde und Bekannten, der laut und still verbrüderten Genossenschaft bei Scherz, Tanz, Kunstgespräch; daher die ästhetischen Thees. Er verehrt, oft nicht ohne Vorurtheil das Einheimische und ist zuweilen ungerecht gegen das Fremde, aber er freut sich herzlich der fremden Anerkennung, wenn sie ihm zu Theil geworden und offenbart dann mit Liebenswürdigkeit seine herzlichen Seiten. Er ist in der Regel häuslich, ernst, männlich, decent, mäßig. – Die Hauptzierde dieser an sich erfreulichen und edlen Geselligkeit bilden die Frauen und Mädchen Berlins. Regelmäßige Züge finden sich bei den Berlinerinnen häufig, schlanker, edler Wuchs zeichnet sie aus. Hände und Füße sind nicht unverhältnißmäßig groß. Der Teint ist rein, mehr weiß als rosig, mehr blaß als schimmernd und durchsichtig. Alles athmet Anstand und Decenz an der Berlinerin: Haltung, Gang, Bewegung. Sie ist oft graziös, elegant in ihrer Erscheinung, liebt die Mode, ohne darin immer gewählt genug zu sein; sie ist gebildet, wißbegierig, spricht gern, oft munter, lebhaft, zuweilen recht tiefsinnig und gelehrt über Kunst und Wissenschaft. Alle Berlinerinnen sind Damen und machen sich als solche geltend. Sie sind fromm, besuchen gern die Kirche, doch muß der Prediger gut predigen und ästhetisch genügen. Die Zahl der mystisch-pietistischen Damen ist nicht unbedeutend; doch wirken sie nur selten störend auf die edlere Geselligkeit ein. Die Berlinerin liest Viel, nicht immer mit Auswahl. Sie ist stolz, eine Berlinerin zu sein, weil sie überzeugt zu sein glaubt, daß sich in ihrer Vaterstadt Aufklärung, Wissen, Geschmack und Bildung auf einer solchen Höhe der Vollendung befinden, wie nirgends anders. Sie ist durchdrungen von dem schönen christlichen Gefühle der Wohlthätigkeit, der Milde, der Selbstaufopferung. Sie spart oft, um mildthätig sein zu können; es ist dieß keine Ostentation, [⇐17][18⇒] sondern Tugend. Sie sind häuslich, wirthschaftlich, sorgfältig in Küche, Keller und Waschkammer. An der edlen Thätigkeit und Resignation der Frauen erblüht der Wohlstand der meisten berliner Familien. Freier, und weniger ängstlich, gibt das berliner Mädchen sich allen geselligen Freuden hin, als dieß anderwärts üblich ist; aber ernster und würdiger zieht sie als Frau in den Kreis ihres Berufes und ihrer Pflichten sich zurück. Der Name einer berliner Hausmutter ist der schönste Ehrentitel einer deutschen Frau. Der Hof in Berlin lebt Allen ein Muster in häuslichen Tugenden, in Familienfreuden, in edler, einfacher Behaglichkeit, im Genuß der Kunst und ihrer unversiegbaren Schätze. – Hat sich das uralte Vieleck der Rangordnung und Titelsonderung am Geiste unserer Zeit vollens zur Kugel abgerundet und polirt, so sind alle Elemente vorhanden, um Berlin zu einer wahrhaft großen Stadt, zu einer Stadt der edelsten Lebensgenüsse, der freiesten, geistigen Bewegung, zu einer Stadt der Notabilitäten, wie es keine Andere sein kann, zu erheben.

14. [⇐18]

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 15-18.
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[148⇒] Berlin, die unmittelbare Hauptstadt, Residenz und erste Stadt aller königl. Prenß. und churfürstl. Brandenburgischen Lande, in Churbrandenburg, eine der schönsten Städte in Europa. Alle Gassen sind, wenige ausgenommen, breit und gerade, und die Anzahl der schönen Häuser ist überaus beträchtlich. Berlin hat 15 meist schön gebaute Thore, 268 Straßen und Plätze, 36 Brücken und 33 Kirchen. Der ganze Umfang beträgt 2 1/3 Deutsche Meilen. Zu Ende des Jahres 1785 beliefen sich die Vorderhäuser oder eigentlichen Häuser auf 6644, ohne die öffentlichen Gebäude. Die Stadt besteht aus folgenden Theilen: 1) Berlin mit seinen Vorstädten; 2) Cölln an der Spree, nebst Neu-Cölln und der Cöllnischen oder Köpenicker Vorstadt; 3) der Friedrichswerder, zwischen zwei Armen der Spree; 4) die Dorotheen oder Neustadt; 5) die Friedrichsstadt. Vorzüglich merkwürdig sind: der königl. Pallast; die lange Brücke, mit der Bildsäule Churfürst Friedrich Wilhelms, in Cölln; das Zeughaus, eines der schönsten Gebäude in Europa, in dessen Hofe, anstatt der Schlußsteine, die ein und zwanzig Schlüterschen Larven, welche so viel Gesichter sterbender Personen vorstellen, stehen; das königl. Gießhaus (in Friedrichswerder); die königl. Ritterakademie; das Cadettenhaus; die Parochialkirche; die Garnisonkirche, in welcher vier schöne Gemählde von B. Rode sind; das Invalidenhaus (in Berlin); das Opernhaus; die neue Bibliothek, deren Baukosten 180000 Thl. betrugen (in Neustadt); die Porzellan-Fabrik; der Wilhelmsplatz, mit den marmornen Bildsäulen der berühmten Preußischen Feldherren und Krieger; das National-Theater; die Französische Kirche, mit ihren von Friedrich [⇐148][149⇒] II. erbauten schönen Thürmen (in Friedrichsstadt); ferner die königl. Akademie der Wissenschaften; das königl. medicinisch-chirurgische Collegium; und die Gymnasien. Unter den wissenschaftlichen Anstalten sind merkwürdig: die königl. und die mit derselben verbundene Spanhemische Bibliothek, wo auch Otto Guerikeʼs erste Luftpumpe verwahrt wird; die k. Kunst und Naturalien Kammer; die k. Gemählde-Sammlung auf dem Schlosse; das königl. Münzcabinet; D. Biochs Fisch-Sammlung (unter den Sammlungen); der königl. Thiergarten, in welchem der Churfürstenplatz oder der Zirkel der Hauptversammlungs-Ort ist (unter den Spaziergängen). In Ansehung der Bevölkerung ist Berlin die zweite Stadt in ganz Deutschland; es zählt gegen 112000 Menschen, die Garnison nebst ihren Weibern und Kindern, die man über 32000 schätzt, ungerechnet. – (Beschreibung der königl. Residenz Städte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlichen Merkwürdigkeiten. Neue Auflage. 2 B. 8. von Herrn Nicolai. [⇐149]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 148-149.
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[107⇒] * Berlin ist allerdings eine der schönsten Städte Deutschlands, wenn gleich in der schlechtesten Gegend gelegen. Die Ursache dieser schlechten Lage ist folgende: Als im 12ten Jahrhundert die Dämme Hollands fürchterlich von dem Weltmeere durchbrochen wurden, verließen Tausende ihr Vaterland, um in den Staaten Albrechts des Bären sich niederzulassen. An Meergegenden gewöhnet, fanden sie ihre verlassenen Sümpfe in denen der Syree wieder, trockneten sie aus und baueten ihre Hütten auf Pfählen: [⇐107][108⇒] so entstand Cölln oder Pfahlstadt, der älteste Theil Berlins. So kann man sich erklären, warum diese Gegend gewählt wurde, dessen Sümpfe die Menschen mehr abzuschrecken hätten scheinen sollen. Noch im 16ten Jahrhundert gingen die Hofleute hier auf Stelzen nach der churfürstlichen Burg. Nur rastlose Thätigkeit der Menschen hat es endlich zu dem gemacht, was es nachher wurde. Freilich hat die Stadt auch in dem neuesten französisch-preußischen Kriege seit dem October 1806 sehr viel gelitten. Vieles ist hinweggeführt worden, z. B. die in dem Hauptartikel aufgeführte königliche Bibliothek wurde aller in derselben befindlichen Festungsrisse, Plans und Platten zu Landkarten entblößt, und nebst der Luftpumpe von Guerike nach Paris geführt; das Brandenburger Thor, eines der schönsten und trefflichsten, die es gab, wurde seiner schönsten Zierde, der Victoria mit dem Viergespann, entnommen u. s. f., indessen fängt man nach hergestelltem Frieden wieder an, sich zu erholen, und der König, der seit jener Zeit mit seiner Gemahlin und ganzen Familie die Residenz verlassen hatte, und sich gegenwärtig noch in Königsberg befindet, wird nun wieder mit großer Sehnsucht erwartet. Unter den neuesten hier errichteten Instituten verdienen wohl auch das Werkmeisterische Museum, so wie das von Kuhn errichtete, Erwähnung. [⇐108]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 107-108.
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[883⇒] Der Bêrlīner, des -s, plur. ut nom. sing. Fäm. die Berlinerinn, plur. die -en, eine Person, welche aus Berlin gebürtig ist, oder von Berlin kommt. Übrigens ist Berliner auch ein unabänderliches Beywort, welches verschiedenen Werken der Kunst beygeleget wird, die in Berlin erfunden, oder daselbst verfertiget worden. Berliner Blau, eine blaue Mahlerfarbe, welche zu Anfange dieses Jahrhundertes von Dippeln zu Berlin erfunden worden, und auch Preußisch Blau heißt. Das Berliner Eisen, ein Fuchseisen mit zwey Bügeln, welche, wenn sie aufgestellet werden, eine Oval-Ründe machen; ein Schwanenhals. Die Berliner Witterung, eine besondere Materie die Fuchseisen damit zu bestreichen u.s.f. [⇐883]

Quelle: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 883.
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