Deutschland [4]

[20] Deutschland (Gesch.). I. Älteste Geschichte bis zur Völkerwanderung. Die ersten historischen Nachrichten, die wir über germanische Völkerschaften besitzen, rühren von Cäsar her, später berichtet Plinius über dieselben. Beider Angaben sind aber nur dürftig u. unzuverlässig. Ausführlicher gibt Tacitus Kunde über die Bewohner des Landes, welches er Germania nennt. Er hält dieselben für Eingeborene, weil er nicht denken kann, daß sie irgend ein anderes bewohntes Land verlassen hätten u. in das rauhe, sumpfige, unfruchtbare Germanien gezogen wären. Er erzählt auch ihre Stammsage: Tuisko, der Erdgeborene, war der Stammvater; sein Sohn Mannus hatte 3 Söhne, deren Namen in den Namen der 3 Völkerschaften Ingävones an dem nördlichen Küstenlande, Hermiones im Mittellande u. Istävones in dem übrigen Theil erhalten wären. Andere halten sie für Einwanderer u. suchen ihren Ursitz in dem Westabhange der Gebirge Hochasiens, von wo ausziehend sie zuerst am Kaukasus, dann am Schwarzen Meere saßen u. von da weiter nach NW. vordrangen. Wenigstens führt dahin die Verwandtschaft ihrer Sprache, die sich als einen Zweig des großen Indisch-germanischen Stammes darstellt (s.u. Germanische Sprachen). Die Griechen kannten das Land weiter nicht, als durch seine Producte, bes. den Bernstein (s.d.). Zwar sollte schon Hercules durch D. gezogen sein u. Odysseus dasselbe auf seinen Irrfahrten berührt haben, aber diese Angaben beruhen nur auf einer Vermengung germanischer Sagen mit der griechischen Mythe. Im 4. Jahrh. v. Chr. besuchte der Massilienser Pytheas mit Kaufleuten die Nord-, vielleicht auch schon die Ostseeküste. Von deutschen Völkerschaften traten zuerst, wenn man die immer noch sagenhaft berichteten Züge der Gothen in Südskandinavien u. Nordost-D. abrechnet, die Cimbern u. Teutonen bei ihrer Wanderung nach Süd-D., Gallien u. Italien in der Geschichte auf. Über ihre Kriege mit den Römern s.u. Cimbern. Von den Deutschen am Oberrhein, mit dem Gesammtnamen Sueven genannt, zog 72 v. Chr. ein großer Theil unter Ariovist nach Gallien. Sie ließen sich dort im jetzigen Burgund nieder, geriethen 58 v. Chr. mit Cäsar in Streit u. wurden von demselben bei Vesontio geschlagen u. über den Rhein zurückgedrängt, s.u. Gallischer Krieg. Wenige Jahre darauf gingen Usipeter u. Tenchterer, von den Sueven verdrängt, mit Weibern, Kindern u. Knechten, an 430,000 Seelen, über den Niederrhein, um dort neue Sitze zu suchen; Cäsar forderte sie zur Rückkehr auf, u. da sie nicht gehorchten, so wurden sie angegriffen u. durch List. besiegt, indem die Römer ihre Häuptlinge zur Unterhandlung riefen u. dann zurückbehielten. Die, welche nicht in der darauf folgenden Schlacht umkamen, flohen über den Rhein zu den Sigambern, u. da. diese die von den Römern verlangte Auslieferung der Flüchtigen verweigerten, so schlug Cäsar 55 v. Chr. eine hölzerne Brücke über den Rhein unterhalb[20] des Einflusses der Mosel in denselben, verheerte, von dem deutschen Stamme der Ubier unterstützt, das Sigamberland u. kehrte nach 18 Tagen nach Gallien zurück. 53 v. Chr. ging Cäsar wieder über den Rhein (bei Neuwied), um die Sueven zu züchtigen, welche den Trevirern Hülfe gegen die Römer geleistet hatten; doch kehrte er, da sich die Sueven mit Hab u. Gut in die Wälder geflüchtet hatten, unverrichteter Sache zurück. Von nun an traten zahlreiche deutsche Schaaren in römischen Sold, u. 48 od. 46 soll Agrippa wieder über den Rhein gegangen sein u. einen Theil der Ubier auf das linke Ufer geführt haben. Die Römer versuchten in der nachfolgenden Zeit die Unterjochung deutscher Stämme von der Donau her zu bewirken u. unterwarfen sich bis 15 v. Chr. die Bewohner von Noricum, Rhätien u. Vindelicien, die eigentlich keine deutschen Stämme waren. Drusus vertrieb 12 v. Chr. die Deutschen aus Gallien, ging über den Rhein in das Gebiet der Usipeter u. A.; drang im Jahre 11 in das Land der Cherusker bis an die Weser; siegte im Jahre 10 über die Katten u. drang im Jahre 9 bis an die Elbe (bei Barby) vor. Die Deutschen flohen stets in die Wälder, u. wenn der Herbst kam, wichen die Römer wegen des rauhen Klimas im Innern u. der Schwierigkeit, Communicationen herzustellen, nach dem Rhein zurück. Zur Sicherung der gemachten Eroberungen baute Drusus Castelle, bes. an den Flüssen, die in den Rhein u. die Nordsee fließen, am Rhein selbst wohl an 50. außerdem Aliso, Artaunum u.a., u. benutzte die größeren Flüsse als Wasserstraßen, um eine Verbindung zwischen den einzelnen Stationen zu unterhalten, weshalb er auch einen Kanal zwischen dem Rhein u. der Yssel (Drusus-Vaart) anlegte. Darauf kriegte Tiberius, des Drusus Bruder, gegen D., zuerst gegen die Sigambern u. Sueven, mit derselben List wie Cäsar. Domitius Ahenobarbus (1 n.Chr.) überschritt sogar die Elbe u. legte Straßendämme (Pontes longi) an. M. Vinicius machte hierauf noch einen Feldzug in D. u. Tiberius bekämpfte um 4 n.Chr. an den Elbmündungen die Longobarden u. hielt bei Aliso sein Winterlager. Aliso wurde von nun an der Mittelpunkt der römischen Unternehmungen in D. Die römische Politik ging von jetzt darauf aus, unter der Form von Freundschaftsbündnissen einzelne Stämme von sich abhängig zu machen, um desto leichteres Spiel gegen andere zu haben. So traten die Cherusker zu den Römern in freundschaftliche Beziehung. Mit Marbod, welcher, um der Römer Macht zu entgehen, Markomannen vom Rhein weg nach Böhmen geführt hatte, schloß Tiberius, weil ihn Unruhen nach Dalmatien u. Illyrien riefen, im Jahre 6 n.Chr. einen für Marbod günstigen Vergleich. Nachdem Sentius Saturninus 5 u. 6 n.Chr. ein freundschaftliches Verhältniß zwischen Deutschen u. Römern angebahnt hatte, ging sein Nachfolger, Quintilius Varus, darauf aus, die Bundesgenossenschaft in eine Oberhoheit zu verwandeln, u. versuchte römisches Recht u. Sprache einzuführen. Dies, sowie die Bedrückungen, welche die Deutschen von Seiten der Römer erfuhren, empörte die Deutschen; Hermann (Armin), Sohn Segimers, eines Häuptlings der Cherusker, u. in Rom erzogen, stellte sich mit Segimer an die Spitze der gegen die Römer gerichteten Verschwörung, nachdem er sich vorher die Gunst des Varus in hohem Grade erworben hatte. Gewarnt von Segestes, dessen Tochter Thusnelda Hermann wider den Willen des Vaters zum Weibe genommen hatte, achtete Varus nicht darauf u. ließ sich in die Waldungen an der Weser locken, bis endlich auf sumpfigen u. waldigen Wegen die im Stillen zusammengerufenen Deutschen den Römern als Feinde entgegentraten. Umschlossen, zog sich Varus auf schlüpfrigen Pfaden, fortwährend von den Deutschen gedrängt, in den Teutoburger Wald (s.d.) zurück u. stürzte sich am Abend des 2. Tages in sein Schwert, 3 Legionen kamen um. Diese Schlacht war 9.–11. Sept. 9 n.Chr. Tiberius, welcher im Jahre 10 zum 4. Male über den Rhein ging, drang nicht tief in das Land ein. Im J. 14 n.Chr. zog Germanicus, Sohn des Drusus, gegen die Deutschen, richtete während eines Festes der Marsen eine große Niederlage unter diesen an (vgl. Tanfana), rächte die Niederlage des Varus an den Bructeren, Tubanten u. Usipetern, fiel im Gebiete der Katten ein u. verbrannte deren Hauptstadt Mattium, befreite Segestes von der Belagerung seines Schwiegersohnes Hermann, nahm des Letzteren Gemahlin Thusnelda gefangen u. griff die Cherusker mit seinem u. Cäcinas Heer auf 2 Seiten an Im Teutoburger Walde wurde er indeß von den unter Hermann vereinigten Schaaren verschiedener deutscher Stämme zurückgedrängt. 15 n.Chr. erbaute er zum Angriff der Germanen 1000 Fahrzeuge u. landete bei der Mündung der Ems, worauf er zwischen Minden u. Vlotho dem Hermann wenig entscheidende Treffen lieferte. Auf der Rückfahrt zerstörte ein Sturm den größten Theil seiner Flotte. 19 n.Chr. entspann sich ein Krieg zwischen Marbod u. den unter Hermann zu einem Bunde vereinigten deutschen Stämmen, unter denen die Cherusker u. Longobarden die hervorragendsten waren. Marbod wich, nachdem er einen vergeblichen Angriff gemacht, in sein Land zurück, das er darauf, von den Gothen unter Katwald, mit denen die Hermunduren stritten, geschlagen verließ u. sich den Römern in die Arme warf. Hermann, dessen Macht u. Ansehen Eifersucht u. Neid erregte, wurde 22 n.Chr. ermordet.

Mit seinem Tode brach neue Uneinigkeit unter den deutschen Stämmen aus u. führte zu einem. 40jährigen Kampfe, welcher mit einer Unterwerfung der Cherusker unter die Katten endigte. Den Zwiespalt unter den deutschen Stämmen suchten die Römer zur Erreichung ihrer ehrgeizigen Absichten auszubeuten, unterwarfen nach u. nach mehrere deutsche Stämme u. schlossen mit anderen Freundschaftsverträge. Die Bataver, durch Vespasianus wider seinen Gegenkaiser Vitellius aufgereizt, empörten sich, u. Claudius Civilis, ihr Anführer, benutzte diese Gelegenheit, um die Römer ganz zu verjagen; die Brukterer stießen zu den Batavern; ihre begeisterte Führerin war Velleda. Schon war Köln u. Trier genommen u. der Niederrhein besetzt: da warfen die Römer die Bataver zurück. Vespasian u. Titus hielten Frieden mit den Deutschen, Domitian zog i. J. 85 gegen die Katten, wurde aber geschlagen. Die Katten, zu großer Macht gelangt, waren damals das wichtigste Volk D-s, auch die Brukterer waren von ihnen bezwungen worden; diese erhoben sich aber u. zertrümmerten die Macht der Katten. Als aber die Brukterer ihr Übergewicht mißbrauchten, verbanden sich[21] die Angrivarier u. die Chamaver gegen sie u. erschlugen 60,000 derselben. Jetzt wanderten die Nachkommen der von Tiberius nach Gallien versetzten Deutschen, mit ihnen die Nemeter u. Vangonen, auf die rechte Rheinseite in das Land zwischen den Donauquellen u. dem Main, zahlten aber den Römern Zins. In ihrem Gebiete (Decumatischen Feldern) legten die Römer mehrere Castelle an u. Hadrian ließ von der Donau bis zum Main Pfahlgraben ziehen, welche in ihren Überresten noch vorhanden sind. Während unter Trajan, Hadrian u. Antoninus Pius zwischen den Römern u. den Deutschen Friede herrschte, bekriegten sich deutsche Völker im Innern, u. es fanden manche Bewegungen Statt, wodurch neue Völkerbündnisse entstanden. Unter Marc Aurel fand der große Markomannenkrieg (s.d.) 165–180 gegen die Deutschen an der Donau, bes. gegen die Markomannen u. Quaden, Statt, die Katten drangen über den Oberrhein, die Chauken über den Niederrhein, auch fielen die Katten in Noricum ein. Gegen die Deutschen am Rhein wurde Älius Julianus, gegen die in Noricum Aufidius Victorinus gesendet u. beide trieben sie zurück. Commodus schloß Frieden mit den Markomannen u. Quaden. Gleichzeitig erhielt Claudius Alpinus einen Sieg über die Friesen. 213 erscheint der Bund der Alemannen zum 1. Male u. bald darauf um 288 der der Franken. Gegen Erstere focht Caracalla, Claudius II. u. Aurelianus, gegen Letztere Probus u. Constantius Chlorus. Zu Ende des 3. Jahrh. folgte der Bund der Sachsen (Saxen). Alle diese Bündnisse versuchten eine Gebietserweiterung gegen Italien u. bes. gegen Gallien, immer glückte es aber noch den Römern, sie zurückzuwerfen. In 2. Linie drängten die Burgunder, Heruler, Longobarden, Rugier u. Skirren, in der 3., bes. gegen das Ende des 3. Jahrh., die Gothen gegen den Rhein u. die Alpen vor, immer die ersten Linien vor sich herstoßend u. so die Völkerwanderung vorbereitend. Über diese Kämpfe s. die einzelnen Volksnamen u. deren Geschichte. Am besten hielt Constantin d. Gr. von seinem Regierungsantritte an bis an seinen Tod 350 die deutschen Völker in Zaum, erst nach demselben u. nach seines Sohnes Constantinus Ermordung drangen die Franken u. Alemannen wieder vor u. eroberten am Rhein 40 Städte, bis der tapfere Kaiser Julianus die Alemannen u. Franken bes. 357 bei Strasburg mehrfach schlug u. dieselben bis zu seinem Weggange nach dem Orient 361 in Ruhe hielt. 364 begann der Zwist von Neuem, indem der Statthalter Ursetius die Alemannen um die bewilligten Jahrgelder bringen wollte u. diese nun die Waffen erhoben. Valentinianus, der gegen sie zog, erlitt 366 eine Niederlage, dann aber wurden sie von Jovinus bei Chalons an der Marne überfallen u. geschlagen. Valentinianus machte Frieden mit ihnen; der Rhein wurde die Grenze. Die Römer übten in dieser Zeit reichlich Verrath, indem sie mehrere Fürsten, während sie denselben den Ehrennamen Freund gaben, ermorden ließen od. mit Mord bedrohten.

II. Von der Völkerwanderung bis zum Vertrage von Verdun. Bei der großen Völkerwanderung brachen auch die in D. wohnenden Völker von mehreren Seiten ins römische Gebiet ein; erst die Vandalen 405, denen die Alanen u. Sueven bis nach Spanien folgten; dann die Quaden, Gepiden, Heruler, die sich den Gothen anschlossen u. Italien u. Spanien überschwemmten; endlich die Burgunder u. Franken, die in Gallien eindrangen u. sich dort niederließen. Ein Theil Sachsen, Angeln u. Ginethen gingen 449 nach Britannien u. stiftete dort mehrere Königreiche. Während Attilas Kriegszügen waren alle südlichen Völker, von den nördlichen die meisten, ihm unterworfen u. seine Bundesgenossen. Als Odoaker 476 das Weströmische Reich völlig zertrümmerte, gab es in D. 6 Hauptvölker: die Bojoarier (Bajuwaren, später Baiern) in Noricum, Vindelicien u. Rhätien; die Thüringer, zwischen der Donau, der Elbe u. dem Harze; die Alemannen an beiden Rheinufern, von der Lahn bis zum Jura, u. in Schwaben; die Sachsen in Niedersachsen u. Westfalen, die Friesen an der nördlichen Seite der Elbe u. längs der Küste der Nordsee bis Holland, die Franken in Westfranken, Hessen u. am Niederrhein u. später am linken Rheinufer. Während deutsche Völker immer weiter gegen S. u. W. vorrückten, zogen in den östlichen, von ihnen verlassenen Theil slawisch-wendische Volksstämme ein. Die Ansiedelung derselben auf deutschem Boden erfolgte allmälig während der Zeit, als in Gallien das große Frankenreich durch Chlodwig, welcher die Alemannen 498 u. die übrigen Frankenkönige 509 besiegte, sich bildete; das Nähere s. ausführlich unter Franken (Gesch.). Chlodwigs Söhne theilten sich in das Reich, u. in der Theilung erhielt Theoderich I. Austrasien, d.h. den westlichen Theil Galliens u. die Rheinländer. Bald unterwarf Theoderich, nachdem er die Sachsen zinsbar gemacht hatte, Thüringen 531, Burgund 532, Rhätien 536 u. zuletzt, wahrscheinlich friedlich, auch Baiern. Er st. 534. Fernere Frankenkönige waren: Theodebert I. (bis 540) u. dessen Sohn Theodebald (bis 555), Chlotar I., welcher das Frankenreich wieder vereinte (bis 561), dessen Sohn Siegbert (bis 575), welcher Austrasien wieder bes. erhielt, Childebert I. (bis 595, kam als fünfjähriges Kind auf den Thron), Theodebert (dessen Sohn bis 612), Theodrich II. (des Vorigen seines Bruders Besieger bei Zülpich u. Mörder, bis 613); Chlotar II. trat 622 seinem Sohne Dagobert I. Austrasien ab, diesem folgte 633 sein dreijähriger Sohn Siegbert III. Unter diesen Königen allen kommt D., da es nur ein Theil von Austrasien war, wenig in Betracht, höchstens empörten sich einzelne Fürsten u. Stämme, wurden aber bald wieder bezwungen, die ostdeutschen Stämme waren am unabhängigsten. Austrasien kam, da Dagobert II., Siegberts Sohn, nach dem Tode seines Vaters 656 von dem Hausmaier Grimoald in ein irisches Kloster gesendet worden war, u. Grimoald u. sein Sohn Childebert bei diesem Versuch, sich auf den Thron zu schwingen, von den fränkischen Fürsten unterdrückt wurden, an Chlodwig II. von Neustrien, wurde aber nach dessen Tode, während Chlotar III. Neustrien behielt, wieder selbständiges Reich, das 656 dessen Enkel Childerich II. mit seinem Major Domus Wulfwald beherrschte, ja nach Chlotars III. Tode erhielt er selbst Neustrien. Childerich wurde 673 ermordet u. Dagobert II. von Irland zurückberufen, erhielt aber nur ein Stück von Austrasien längs dem Rhein u. wurde 678 ermordet. Nun gerieth Austrasien in große Verwirrung, da viele Große sich um die Herrschaft stritten u. die Herzöge von Thüringen, Baiern u. Schwaben sich beinahe völlig unabhängig machten[22] Die Hoffnung der Besseren ruhte noch auf Martin u. auf Pipin, Enkel Arnulfs von Metz u. Pipins von Landen. Ebroin, Major Domus von Neustrien, wollte Austrasien unterwerfen, gewann 680 gegen Martin u. Pipin eine Schlacht u. ließ Ersteren verrätherisch umbringen, aber Pipin von Heristal entkam, u. alle deutschen Austrasier an beiden Ufern des Rheins bis zu den Ardennen erkannten ihn als ihren Herzog an. Bald bemächtigte er sich auch Neustriens u. dessen Königs Theoderich III. u. ließ sich nun, während jener auf dem Throne blieb, völlig als Major Domus anerkennen. Die Staatsverwaltung kam nun nach u. nach vollständig in die Hände des Major Domus, der sich Herzog u. Fürst aller Franken nannte u. dessen Würde erblich war. Die Könige Theoderich III. bis 691, Chlodwig III. bis 695, Childebert III. bis 711, Dagobert III. bis 716 u. Chlotar IV. waren nur Schattenkönige. Sie wurden auf einem Landgute als Gefangene beaufsichtigt u. erschienen jährlich nur einmal öffentlich auf der Volksversammlung. Bei Pipins Tod 708 entstanden Streitigkeiten um den Thron; Theodebert war ein Enkel Pipins, u. seine Großmutter, Plektrude, vertheidigte seine Ansprüche u. kerkerte Pipins unehelichen Sohn, Karl Martell, in Köln ein. Dieser entfloh jedoch der Hast, verdrängte seinen Neffen u. zwang Plektrude, ihm Köln u. die väterlichen Schätze auszuliefern. Als er nun Herr von Austrasien war, eroberte er auch Neustrien u. setzte Chilperich statt Chlotar IV. 719 u. nach dessen Tode Theoderich IV. als König ein. Darauf ging er 738 bei dem Einflusse der Lippe über den Rhein, durchzog einen Theil Sachsens u. zwang die Grenzgaue zur Zinspflichtigkeit u. Annahme des Christenthums.

Von dieser Zeit an macht das Christenthum unter den deutschen Völkern immer größere Fortschritte. Zwar waren schon im 2. u. 3. Jahrh. einzelne christliche Gemeinden im römischen D. gestiftet worden; doch wurde erst im 6. Jahrh. das Christenthum am Rhein bekannter u. im 7. Jahrh. finden sich in Baiern christliche Mönche u. Nonnen. Auch waren die ehemaligen Könige von Thüringen schon durch ihre Gemahlinnen vom ostgothischen Stamm zur Taufe bewogen worden, allein das Volk hatte wenig Antheil an der Bekehrung genommen, überdies waren diese Neubekehrten Arianer. Einigen Eingang fand das Christenthum wohl seit der fränkischen Oberherrschaft in Baiern u. Schwaben, doch war daselbst die Kirche noch keineswegs geordnet. Besonders nahmen sich die angelsächsischen, schottischen u. irländischen Mönche der Pflanzung der christlichen Kirche in D. an. Einer der ersten Heidenbekehrer war der Schotte Columban, welcher mit 12 Gefährten in Schwaben um 610 erschien. Sein Schüler Gallus stiftete die Abtei St. Gallen, welche, nebst dem Bisthum Kostnitz, wo Gallus seinen Schüler Johannes zum Bischof einsetzte, der Mittelpunkt für die Bekehrung Schwabens wurde. Gleichzeitig gingen Eustasius, auch Columbans Schüler, u. Emmeran nach Baiern, doch erst geraume Zeit nach ihrem Tode, 696, berief Theodo II. auf Antrieb seiner fränkischen Gemahlin Ehrentrud den Bischof Ruprecht von Worms, ließ sich taufen u. schenkte demselben Salzburg zum Bischofssitz. Mit ihm zugleich wurde Corbinian erster Bischof von Freisingen. Der Schotte Kilian ging 687 nach Thüringen, wurde aber 689 ermordet. Bei den Friesen hatte der Erzbischof Wilfried 679 zu bekehren angefangen. Darauf wurden von Eckbert mehrere Missionäre nach Friesland gesandt, Wilibrod wurde vom Papste Sergius zum Bischof der Friesen zu Utrecht ernannt. Doch machte das Christenthum dort wenig Fortschritte, weil Ratbod dem Bischofe sich widersetzte, bis Karl Martell (s. od.) 734 die Friesen mit Gewalt zur Taufe zwang. Der wahre Apostel der Deutschen war aber Winfried aus Essex, später Bonifacius (s.d. 2) genannt, der einen großen Theil der Deutschen, bes. der Friesen, Thüringer u. Hessen, bekehrte u. 755 bei Dockum in Friesland erschlagen wurde. Der Ruf seiner Thaten zog viele Mitarbeiter aus England herbei. Wiegbert gründete das Kloster in Fritzlar, Sturm 744 das Kloster Fulda, Lullus die Abtei Hersfeld.

Pipins Söhne, Karlmann u. Pipin der Kurze, wurden, des Vaters Verfügung zu Folge, Hausmaier, Erster in Austrasien, der Andere in Neustrien u. Burgund. Der 3. Sohn Pipins u. der Baiernfürstin Sonhilde, Grippo, erhielt in der Mitte des Reiches ein Gebiet; ihn verjagten Karlmann u. Pipin u. setzten 742 einen blödsinnigen Merowinger als Childerich III. auf den Thron. Des vertriebenen Grippo nahm sich Odilo von Baiern an, welcher mit Chiltrude, der Schwester Karlmanns u. Pipins, vermählt war. Karlmann u. Pipin schlugen denselben u. setzten Thassilo zum Herzog von Baiern 743 ein. Karlmann besiegte sodann den sächsischen Fürsten Dietrich, eroberte dessen Schloß Hochsiegburg u. nahm ihn gefangen. Pipin aber verfolgte den Alemannenherzog Theobald 749 bis in die Alpen, schloß mit ihm Frieden, setzte ihn aber, als er die Treue wieder brach, ab u. belehnte Landfried II. mit dem Herzogthum. Karlmann ging 747 nebst seinem Sohne Drogo ins Kloster. Pipin, nun allein Regent, gab Grippo frei. Dieser aber verleitete 748 viele Große, u. den auch in Freiheit gesetzten Sachsenfürsten Dietrich, zum Abfall u. setzte sich in Sachsen fest. Pipin folgte mit einem Heere dahin, zwang die Nordschwaben (eine schwäbische Colonie in Sachsen) zum Christenthume, nahm Dietrich gefangen, verwüstete Sachsen u. erzwang die Erneuerung des jährlichen Tributs von 500 Rindern. Grippo entkam nach Baiern, verdrängte den Herzog Thassilo u. verbündete sich mit dem Alemannenherzöge Landfried II. Pipin überwand 749 die Empörer, setzte Landfried ab u. zwang die Baiern, Grippo auszuliefern. Seitdem wurde Schwaben nur durch Grafen u. Kammerboten verwaltet. Nach so vielen Thaten erhob sich Pipin, vom Papst Zacharias unterstützt, auf der Volksversammlung zu Soissons zum König der Franken, u. schaffte die Stelle eines Major Domus auf immer ab. Nach Pipins Tode 768 theilten seine 2 Söhne Karl der Große u. Karlmann das Reich; Karl erhielt Austrasien, Baiern u. einen Theil von Neustrien; Karlmann das Übrige. Nach Karlmanns Tode 771 wurde Karl der Gr. Alleinherrscher des gesammten Frankenreiches. Dieser richtete sein Augenmerk zunächst darauf, die noch heidnischen Sachsen zu unterwerfen. Mehr hierüber u. die daraus entstehenden Kriege unter dem tapferen Fürsten Wittekind, der sich endlich 785 bei Attigny taufen ließ u. nun vom Kampfplatz abtrat, 772–805, s.u. Sachsen (Gesch.) u. Franken. 787 zog Karl gegen die Baiern, 789 gegen die Wilzen u. 791 gegen die Avaren. Der Krieg mit den Baiern war durch[23] wiederholten Bruch der Lehnspflicht des Herzogs Thassilo veranlaßt. Dieser wurde 787 besiegt, u. als er wieder Miene zur Empörung machte, 788 zur Maiversammlung nach Ingelheim geladen u. dort nebst seiner Familie zum Klosterleben verurtheilt. Nun zog Karl 791 gegen die Avaren u. Ungarn, die im Besitz von Noricum waren, drang erobernd bis zur Raab vor u. überließ dann seinem Sohne Pipin die Fortsetzung des Krieges, der 796 mit Zertrümmerung des Avarenreiches endigte. Die noch übrigen Avaren ließen sich taufen. Das nachmalige Österreich wurde mit deutschen Einwohnern bevölkert u. unter mehrere Markgrafen vertheilt. Auch im übrigen D. nahm die Macht Karls d. Gr. zu u. wurde durch die Krönung desselben durch Papst Leo III. zum römischen Kaiser im Jahre 800 in Rom ungemein verstärkt. Die völlige Unterwerfung der Sachsen erfolgte nach mehreren Empörungen 803 durch den Vertrag in Selz. Die Sachsen nahmen das Christenthum an, zahlten den Zehnten an die Geistlichkeit, übernahmen den Heerbann, gelobten, den Bischöfen, den Grafen u. den zu ihnen geschickten Sendboten Folge zu leisten, u. wurden nun mit den Franken zu Einem Volke vereint, behielten aber ihre vaterländischen Gesetze u. Freiheiten. Karl hatte die Bisthümer Osnabrück 783, Verden 786, Bremen 787, Paderborn, Minden, Halberstadt u. Hildesheim nach 803 gestiftet. Um dieselben gegen die Einfälle der feindlichen Nachbarvölker zu sichern, sandte Karl seinen Sohn Karl 805 gegen die Böhmen, die er schlug, ging 806 über die Saale, erhielt Geißeln von den Sorben u. baute 2 Festen an der Saale u. Elbe. Die von den Wilzen zerstörte Feste Hogbüchl wurde 811 hergestellt. Der Dänenkönig Gottfried schlug die mit den Franken verbündeten Obotriten, verjagte u. tödtete ihre Fürsten u. machte ihr Land zinsbar. Aber auch hier stellte Karl die Angelegenheiten her u. schloß mit dem Nachfolger Gottfrieds, Hemming, 811 Frieden. Karl d. Gr. st. 813 in Aachen, wo er meist (außerdem in Ingelheim u. abwechselnd in anderen Städten am Rhein) residirte, u. wurde dort im Dom begraben. Sein weites Reich umfaßte ganz Frankreich u. Holland, den größten Theil von D., wo die Eider, die Niederelbe, die Saalgegenden, das Erzgebirge, die Sudeten u. von da eine von den Böhmischen Gebirgen bis zur Raab gezogene Linie die Grenze machte, von da umschloß die Grenze noch Istrien, Oberitalien, einen Theil von Mittelitalien u. Spanien bis an den Ebro. Auch für die innere Wohlfahrt D-s sorgte Karl. Die Gesetzbücher der Ripuarier, Baiern u. Alemannen blieben zwar unverändert, das veraltete Salische Gesetzbuch aber wurde 798 verbessert. Die Gesetze der Friesen, Sachsen u. Thüringer wurden gesammelt u. aufgezeichnet. Dann ließ Karl die Capitularien den Gesetzbüchern als Anhang beifügen. Alle wichtigen Reichsangelegenheiten wurden mit den Ständen, im Frühjahr mit dem Volk, im Herbst mit den Fürsten berathen. In den Provinzen übte Karl seine Gewalt durch Beamte. In D. ließ er die Herzogswürde, als der königlichen Macht gefährlich, eingehen, dagegen führte er die abhängigen Markgrafen zur Vertheidigung der Grenzen ein. Zur Controlirung der Beamten stellte er die Sendgrafen an. Im Gerichte des Königs bildeten die Großen seine Schöppen; die anderen Gerichte waren mit bes. gewählten Schöppen versehen u. wurden öffentlich gehegt. Die Selbsthülfe suchte Karl möglichst einzuschränken; um den Handel zu befördern, versuchte er durch einen Kanal die Rednitz u. Altmühl u. dadurch den Main u. die Donau zu vereinigen, doch kam dieser Plan nicht zur Ausführung.

Unter seinem Sohn Ludwig dem Frommen lockerte sich der Zusammenhalt. Ludwig milderte zum Vortheile der Geistlichkeit den Heerbann, unterwarf den Bischöfen die Gerichtsbarkeit der Gaue u. ernannte die Erzbischöfe auf Lebenszeit zu Sendgrafen. Die Gauverfassung ging dadurch unter, die Rechtspflege gerieth in die Hände der Geistlichkeit, deren Einfluß dadurch noch mächtiger wurde, daß Ludwig bei seiner Krönung 816 dem Papste das Krönungsrecht indirect zugestand. König Harald von Dänemark, von Gottfrieds Söhnen vertrieben, erhielt 815 ein Heer Sachsen u. Obotriten unter Balderich zur Wiedereroberung Dänemarks; ein 2. Hülfsheer unterstützte das erstere 817. Mehr auf dessen Taufe u. Dänemarks Bekehrung, als auf Eroberungen bedacht, schloß Ludwig 821 Frieden, u. versäumte die Gelegenheit, die Dänen unschädlich zu machen. In D. stiftete Ludwig 814 das Bisthum Halberstadt, 822 die Abtei Corvey, 831 das Erzbisthum Hamburg. Die Theilung des Reiches unter seine Söhne 817 wurde Anlaß zu großer Verwirrung; Lothar, der älteste, wurde Kaiser u. Mitregent, Pipin erhielt Aquitanien nebst der Mark Toulouse u. den Grafschaften Carcassonne in Septimanien, Autun, Avalon u. Nevers in Burgund; Ludwig Baiern nebst Böhmen, Kärnten u. alle slawischen Gebiete. Aber diese Theilung u. die Bevorzugung seines von der 2. Gemahlin, der Welfin Judith, ihm geborenen Sohnes Karl (später der Kahle genannt) in einer neuen Theilung erregte Kriege zwischen den Brüdern unter sich u. gegen den Vater. Ludwig entsagte darauf der Regierung u. wurde gefangen genommen, erhielt aber den Thron wieder, um das Reich von Neuem zu theilen. Nach Pipins Tode 838 theilte Ludwig dessen Antheil unter Lothar u. Karl, ohne Pipins Söhne u. Ludwig zu berücksichtigen. Der Letztere, welcher seither treu zu seinem Vater gehalten hatte, verband sich darauf mit seinem Neffen gegen den Kaiser, welcher zur Entscheidung des Streites einen Reichstag nach Worms berief. Ehe dieser noch zusammentrat, starb Ludwig der Fromme 840, u. nun verbündeten sich Ludwig der Deutsche u. Karl der Kahle gegen Lothar, welcher, da ihm die Kaiserkrone zugefallen war, seine Brüder zur Anerkennung der Lehnshoheit zwingen wollte. Lothar wurde den 25. Juni 841 in der Schlacht bei Fontenay geschlagen. Er verbündete sich nun mit dem Dänenkönige Harald u. trat demselben die Insel Walcheren als Lehn ab, die Sachsen aber wiegelte er gegen Ludwig auf u. verhieß ihnen die Herstellung ihrer alten Religion u. Verfassung. Nach zweijährigem Kampfe bequemte sich aber Lothar zur Versöhnung, u. nach langen Verhandlungen kam durch den Ausspruch von 80 Schiedsrichtern im August 843 der Vertrag zu Verdun zu Stande, durch welchen eine völlige Ländertheilung bewirkt wurde. Ludwig der Deutsche erhielt das Königreich Ostfranken od. D., d.h. alles ostwärts vom Rhein zum Franken reiche gehörige Land, u. außerdem auf der linken Rheinseite noch die Städte u. Gauen Mainz, Worms u. Speier, während Lothar Italien u. das östliche [24] Frankreich bis an die Rhone, Saone, Maas u. Schelde, Karl aber das übrige Frankreich nebst Septimanien u. der spanischen Mark (Catalonien) erhielt.

III. Deutschland als selbständiges Reich, zunächst unter den Karolingern, 843–911. Ludwig der Deutsche hatte viel zu thun, um seine Unterthanen wieder zum Gehorsam zu bringen, auch die Normannen fuhren 845 unter Rurik mit 600 Schiffen in die Elbe ein u. zerstörten Hamburg. Zur besseren Vertheidigung der nordöstlichen Grenze gegen die andrängenden Slawen wurde 847 die Herzogswürde in Thüringen hergestellt u. 849 ein Markgrafenthum an der Sorbengrenze errichtet. Wichtige Siege erfocht Ludwig 846 u. 849 gegen die Böhmen u. unterwarf 852 u. 867 die Obotriten, welche sich empörten; gegen die Mähren war er weniger glücklich u. wurde sogar 855 von denselben geschlagen, doch unterwarf er sich dieselben bis 874. Während dieser Kriege im Osten hatte Ludwig auch im Westen mannigfache Kämpfe zu bestehen. Kaiser Lothar hatte 855 sein Reich unter seine drei Söhne getheilt u. war ins Kloster gegangen. Ludwig II. hatte Italien u. die Kaiserkrone, Lothar II. das Land zwischen Rhein, Maas u. Schelde u. Hochburgund, Karl die Provence u. Niederburgund erhalten. Karl st. 863 u. Lothar II. 869, beide ohne Kinder. Kaiser Ludwig, rechtmäßiger Erbe seiner Brüder, war in Italien in Kriege verwickelt, u. Karl der Kahle, König von Frankreich, bemächtigte sich seines ganzen Erbes. Ludwig der Deutsche zwang ihn aber durch den Vertrag zu Marsan den 9. Aug. 870 zur Theilung u. erhielt den östlichen Theil von Lothringen mit Friesland, Utrecht, Lüttich, Aachen, Trier, Köln, Metz, Strasburg u. Basel. Er gab zwar diese Länder an den Kaiser Ludwig zurück, als derselbe aber 875 starb, nahm er sie wieder in Besitz, u. von der Zeit an gehörten sie zu D. 872 hatte er sein Reich unter seine drei Söhne getheilt, führte jedoch das Regiment selbst fort; als er 876 starb, versuchte Karl der Kahle, einen Theil von dem Erbe seines Neffen in Besitz zu nehmen, aber Ludwig der Jüngere vereitelte sein Begehren durch die Schlacht bei Andernach den 8. Oct. 876. Nun vollzogen die drei Brüder die zweite wirkliche Theilung des Reiches: Karlmann erhielt Baiern, Kärnten, einen Theil von Ungarn u. die Lehnsherrschaft über Böhmen u. Mähren; Ludwig der Jüngere Sachsen, Thüringen, Friesland u. den größten Theil von Deutsch-Lothringen; Karl der Dicke den Rest von Lothringen u. Schwaben, wozu die nachmalige Schweiz bis zum Jura gehörte. Karl der Kahle von Frankreich hatte sich unterdessen der Kaiserkrone u. Italiens bemächtigt, da er aber 877 starb, so ging Karlmann nach Italien, um das Reich u. die Kaiserkrone in Besitz zu nehmen. Der Papst setzte sich aber dagegen, u. da sich Karlmann in Italien nicht behaupten konnte, so erhielt sein Bruder, Karl der Dicke, dieses Reich u. 879 die Kaiserkrone. Karlmann st. 880; seinem unehelichen Sohn Arnulf hatte er schon vorher das Herzogthum Kärnten abgetreten. Die übrigen Länder Karlmanne theilten seine Brüder. 881 überfielen die Normannen mit einem großen Heere die Rheinländer u. Sachsen; zwar wurde ein Theil im Hennegauischen geschlagen, gegen den anderen unterlag er aber bei Ebbekesdorf im Lüneburgischen mit dem sächsischen Herzog Bruno, der nebst den Bischöfen von Münster u. Hildesheim, 12 Grafen u. vielen Tausenden der Mannschaft blieb. 882 starb Ludwig der Jüngere. Sein Bruder Karl der Dicke beerbte ihn. Karl war seines Blödsinns wegen allgemein verachtet, u. als er seinen Kanzler, den Bischof Luitward von Vercelli, angeblich wegen strafbaren Umgangs mit der Kaiserin Richarde, mit Schimpf seines Dienstes entließ, begab sich dieser zu Arnulf. Arnulf, Karlmanns Sohn, der in Kärnten schon mit königlicher Macht herrschte, erschien 886 mit einem Heere auf dem Reichstage zu Tribur. Die Franken, Sachsen u. Thüringer traten sogleich auf seine Seite u. erklärten Karl den Dicken für abgesetzt. Nun erfolgte die völlige Zerstückelung von dessen Reich. In Italien stritten nämlich Berengar von Friaul u. Guido von Spoleto um den Thron; die Franzosen wählten den Grafen Odo von Paris zum Könige; schon 9 Jahre früher hatte Boso das Königreich Arelat (Niederburgund) gestiftet, welches nun sein Sohn Ludwig I. erbte; Herzog Rudolf von Burgund gründete aber Hochburgund. Arnulf konnte diese Trennung nicht verhindern u. begnügte sich, in Italien einen Versuch zu machen, die Herrschaft zu erhalten, weshalb er seinen unehelichen Sohn, Zwentebold, dem von ihm mit Italien belehnten Berengar zu Hülfe sendete, er selbst besiegte unterdessen 891 die Normannen an der Dyle u. behauptete D. Arnulf hatte 890 Böhmen an Zwentebold von Mähren als Lehen gegeben; dieser empörte sich, u. Arnulf rief die vom Don her eingewanderten Ungarn zu Hülfe. Diese bedrängten Zwentebold so sehr, daß er sich dem Könige unterwarf, während die Ungarn, denen unterdessen die Petschenegen u. Bulgaren ihre Weideplätze genommen hatten, sich an der Theiß festsetzten u. den Deutschen bald gefährlichere Feinde wurden, als Zwentebold. Als Zwentebold 894 starb, stritten sich seine Söhne um die Herrschaft, u. Böhmen erhielt wieder eigene Herzöge. Arnulfs Hauptsorge war, seinen beiden natürlichen Söhnen, Zwentebold u. Ratold, die Nachfolge im Reiche sichern zu lassen. Die Stände bewilligten ihm dies, im Fall er keine ehelichen Kinder haben würde; als ihm aber 893 von seiner Gemahlin Oda ein Sohn, Ludwig, geboren wurde, verlieh er 895 seinem unehelichen Sohne Zwentebold das Königreich Lothringen. Arnulf ging 895 nach Italien, eroberte Rom u. ließ sich dort durch den Papst Formosus als Kaiser krönen. Bald rief ihn die Empörung des Markgrafen Isangrim von Österreich nach D. zurück. Nach seinem Tode 899 erhoben die deutschen Stände Arnulfs sechsjährigen Sohn, Ludwig III., das Kind, zu ihrem Könige, in dessen Namen der Erzbischof Hatto von Mainz u. Herzog Otto der Erlauchte von Sachsen die Regierung führten. Das empörte Lothringen unterwarf sich 900. Seit 891 befehdeten sich die mächtigen Geschlechter der mit dem Könige verwandten u. von ihm begünstigten Rothenburger u. Babenberger. Graf Adalbert von Babenberg, welcher die Beeinträchtigung seines Hauses rächen wollte u. 903 den Bischof Rudolf von Würzburg verjagte, die Königlichen schlug u. 905 bei Fritzlar siegte, wurde mit List ins königliche Lager gelockt u. enthauptet. Die Ungarn, welche, von des Reiches Wohlstand u. Schwäche gelockt, 900 u. 907 in Baiern, 901 u. 902 in Kärnten, 908 in Thüringen u. Sachsen, 909 in Schwaben, 910 in Franken plündernd einzogen, u. obgleich von den Baiernherzögen Leopold u. Arnulf dem Bösen (s. Baiern [Gesch.]) mehrmals[25] geschlagen, doch immer wieder kamen, mußte Ludwig endlich durch einen jährlichen Tribut beschwichtigen. Bald darauf, 911, starb er, noch unvermählt. Er führte seit 908 den Kaisertitel, ohne wahrscheinlich vom Papst gekrönt worden zu sein. Mit ihm erlosch das Geschlecht der Karolinger in D.

IV. König Konrad I., 911–919. Die Franken, Schwaben, Baiern, Sachsen u. Thüringer verbanden sich nun zur Wahl des Herzogs Otto des Erlauchten von Sachsen, u. als dieser die Krone nicht annahm, wählten sie den Grafen Konrad in Franken, den Sohn des erschlagenen Grafen von Rothenburg, welcher mütterlicher Seits Karolinger war. Mit dieser Wahl tritt eine wesentliche Veränderung in der Verfassung des Reiches ein, in sofern die Könige nicht mehr als erbliche Oberherren des Reichs, dessen Theilung ihnen zusteht, erscheinen, sondern von den Großen mit der königlichen Würde bekleidet werden. Zwar wurde auch in der Folgezeit die Abstammung bei der Wahl berücksichtigt, aber erst die Wahl sicherte den Besitz der Krone (vgl. Deutscher König u. Kaiser). Auf diese Weise erhielten die Grafen u. Herzöge dem Könige gegenüber eine größere Selbständigkeit, während die Lehnshoheit der Könige an Bedeutung verlor. Bei Konrads I. Regierungsantritt befand sich das Reich in großer Zerrüttung, der er nach Kräften zu steuern versuchte; aber das Glück begünstigte ihn nicht. Das unter Karl dem Einfältigen an Frankreich abgefallene Lothringen wieder zu unterwerfen, mißlang ihm 912 u. 913; nur den östlichen Theil Lothringens erhielt er dem Reiche. Darauf wollte Konrad den mächtigsten der Reichsvasallen, Herzog Heinrich von Sachsen, dem er nach Ottos des Erlauchten Tode die Belehnung mit Thüringen versagt hatte, um ihn nicht übermächtig werden zu lassen, zum Gehorsam zwingen, als dieser sich mit Gewalt in den Besitz des Landes setzte; aber Konrads Bruder, Eberhard, wurde bei Eresburg geschlagen, er selbst mußte sich bei Grona zu einem Waffenstillstande verstehen, in Folge dessen Heinrich im Besitze Thüringens blieb. Ebenso lieferten die Kriegszüge gegen Arnulf von Baiern, welcher sich 913 empörte, kein Resultat; derselbe wurde zwar vertrieben, setzte sich aber 915 wieder in Besitz seines Landes. In Schwaben befehdeten die Kammerboten Erchanger u. Berthold den Bischof Salomo von Kostnitz, wurden aber nach Mainz gelockt u. 917 in Öttingen enthauptet, u. nun Graf Burchard als Herzog von Schwaben eingesetzt. Während der schwäbischen Unruhen eroberte der 915 zum zweiten Male vertriebene Arnulf Baiern wieder u. veranlaßte die Ungarn 918 zu einem Einbruch, bei welchem sie Baiern, Schwaben u. Elsaß verheerten, Basel zerstörten u. bis nach Lothringen vordrangen. Auf einem früheren Zuge durch Franken, Thüringen u. Sachsen hatten sie von Heinrich eine Niederlage erlitten. Konrad, bereits tödtlich krank, konnte ihnen keinen Widerstand leisten. Hochherzig, des Vaterlandes Wohl erwägend, soll er sterbend 919 zur Wahl seines Gegners, des Sachsenherzogs Heinrich I. gerathen haben.

V. Deutschland unter den Sächsischen Kaisern, 919–1024. Auf Konrads Rath wurde Heinrich I., genannt der Vogelfänger (Vogler, Finkler), von Franken u. Sachsen auf dem Tage zu Fritzlar gewählt. Dieser führte den Beinamen deshalb, weil nach der Sage die Gesandten, welche ihm die Botschaft seiner Wahl zum Könige brachten, ihn bei seiner Residenz Quedlinburg auf dem Vogelheerde gefunden haben sollen. Konrads Bruder, Eberhard, überbrachte Heinrich selbst die Reichskleinodien. Die Herzöge Burchard von Schwaben u. Arnulf von Baiern, welche Heinrich nicht anerkennen wollten, brachte er zum Gehorsam, machte ihnen aber Zugeständnisse in Bezug auf die Investitur der Bischöfe, welche vordem königliches Hoheitsrecht war; dann bildete er aus den Comitaten eine stehende Kriegesschaar, welcher er in Merseburg einen festen Aufenthalt anwies. Während er sich gegen die Sachsen rüstete, fiel Karl der Einfältige von Frankreich in Elsaß ein, entfloh aber, als Heinrich I. mit seinem Heere 921 bei Worms erschien. Durch die Verträge mit diesem 921 u. 923 brachte er ganz Lothringen wieder an D. u. ernannte 923 den Grafen Giselbert, dem er seine Tochter Gerberga vermählte, zum Herzoge darin, setzte ihm aber 926 den Grafen Eberhard von Franken als Pfalzgraf zur Seite. Die Würde der Pfalzgrafen, welche schon früher bestanden hatte, scheint Heinrich I. in der Absicht wieder eingeführt zu haben, die Macht der Herzöge, denen sie zur Seite gesetzt wurden, einzuschränken. Der Pfalzgraf führte die Aufsicht über die Krongüter u. bekleidete das Amt eines Oberrichters, mußte aber dem Herzoge Heerfolge leisten. 924 fielen die Ungarn ein u. verheerten Sachsen. Heinrich erlitt eine Niederlage bei Bechin u. mußte sich in Werte einschließen; da aber der feindliche Heerführer in seine Gefangenschaft gerieth, so schloß dieser einen neunjährigen Waffenstillstand um den Preis seiner Freilassung u. der Zahlung eines jährlichen Tributes an die Ungarn. Heinrich organisirte nun unter der Wiedereinführung der allgemeinen Kriegspflicht das Heer, bildete zuerst eine tüchtige Reiterei aus u. führte zur Förderung der Wehrfähigkeit die Kampfspiele wieder ein, aus denen später die Turniere hervorgingen. Dann legte er zum Schutz des Landes feste Plätze u. Städte an u. bot den neunten Mann der Heerbannpflichtigen vom platten Lande zur Besatzung derselben auf. So baute Heinrich Quedlinburg, Nordhausen, Duderstadt, Goslar, Meißen u. Merseburg. 926–29 bezwang er die Heveller, deren Stadt Brennaborg er 927 nahm, dann die Daleminzen, Obotriten, Milzener, Redarer, welche er 929 bei Lunzini (Lenzen) an der Elbe besiegte, Ukern u. Böhmen; diese behielten ihren Herzog als Lehnsmann von D., u. der Obotritenfürst ließ sich taufen. Um diese u. andere Völker im Gehorsam zu erhalten, wurden die Markgrafschaften Meißen 928 u. Nord-Sachsen (Brandenburg) 930 gestiftet, vielleicht auch die Mark Österreich. Die Dänen zwang Heinrich zur Annahme des Christenthums u. errichtete 931 das Markgrafthum Schleswig. Der Waffenstillstand mit den Ungarn war abgelaufen, u. da Heinrich ihnen die fernere Tributzahlung verweigerte, so brachen sie mit zwei großen Heeren durch Franken in Thüringen ein. Eins davon lagerte sich vor Merseburg, das andere, gegen Sondershausen ziehend, traf auf das sächsisch-thüringische Heer u. wurde bei Jechaburg geschlagen. Heinrich wendete sich nun gegen das andere u. schlug dasselbe 28. Aug. 933 bei Keuschberg, in der Nähe von Merseburg, völlig.

Nach seinem zu Memleben erfolgten Tode 936 wählten die Stände seinen Sohn, Otto I., den Großen, zum König. An seiner Wahl betheiligten sich alle fünf Hauptvölker Deutschlands, Franken, [26] Sachsen (mit Friesen u. Thüringern vereinigt), Schwaben, Baiern u. Lothringen. Das Ansehen der königlichen Würde, welches Heinrich I. neu begründet hatte, strebte Otto I. in gleicher Weise aufrecht zu erhalten. Sein erster Kampf galt der Aufrechterhaltung der Lehnshoheit. Arnulfs von Baiern Sohn, Eberhard, wollte ohne Einwilligung Ottos seinem Vater in der Regierung des Herzogthums folgen; Otto vertrieb ihn 937 u. ernannte dessen Bruder Berthold zum Herzog. 936 kriegte Otto I. gegen die Ungarn u. schlug sie. Den Böhmenherzog Boleslaw, der nach Ermordung seines Bruders, des heil. Wenzeslaw, 938 die Herrschaft an sich riß u. die Lehnspflicht verweigerte, bekämpfte Ottos Feldherr Hermann Billung, Herzog von Sachsen, u. besiegte ihn 950. Markgraf Gero kämpfte mit glücklichem Erfolge gegen die Luciscer u. andere Slawen, nach deren Überwältigung die Markgrafschaft Lausitz 938 gestiftet wurde. Herzog Eberhard von Franken, sonst dem Königshause treu, verwüstete die Güter des sächsischen Grafen Bruno u. wurde dafür, als Landfriedensbrecher, zur Strafe des Hundetragens verurtheilt. Darüber erbittert, verschwor er sich mit Dankmar, dem Stiefbruder Ottos, als diesem, nach Ableben seines Oheims Siegfried, Otto I. die Grafschaft Merseburg verweigerte u. dieselbe dem Markgrafen Gero verlieh, gegen den König. Nachdem diese Empörung unterdrückt u. Dankmar erschlagen worden war, wiegelte Eberhard 939 des Königs jüngeren Bruder, Heinrich, u. dessen Schwager, Giselbert, Herzog von Lothringen, auf. Otto I. wandte sich schnell gegen die Empörer u. besiegte sie. Heinrich unterwarf sich, Eberhard u. Giselbert riefen aber den König Ludwig IV. von Frankreich zur Hülfe, der mit einem Heere gegen den Rhein zog. Es geschah dies gerade zu einer Zeit, wo Gero in Folge seiner Grausamkeit von einem Aufstande der östlichen Slawen bedrängt wurde; Otto I. mußte diesem zu Hülfe eilen. Nach mehreren Schlachten gelang es, die Heveller zu überwältigen; darauf kehrten auch die übrigen Slawenvölker bis zur Oder zum Gehorsam zurück. Inzwischen hatte Hermann Billung 940 die Schlacht bei Andernach gegen Eberhard u. Giselbert gewonnen, in welcher Eberhard blieb u. Giselbert im Rhein ertrank. Darauf überzog Otto I. selbst den König Ludwig IV. von Frankreich mit Krieg, der jetzt um Frieden bitten mußte. Die völlige Aussöhnung bewirkte 942 Gerberga, Ottos Schwester u. Giselberts Witwe, welche Ludwigs Gemahlin geworden war. Das Herzogthum Lothringen erhielt Graf Otto von Verdun u. nach dessen Tode Konrad der Weise, Graf von Worms, dem der König seine Tochter Luitgarde vermählte. 946 unterstützte Otto I. den König Ludwig IV. von Frankreich gegen Hugo, Grafen von Paris, u. entschied 949 auf der Synode zu Ingelheim nochmals in dem Streite dieser beiden Fürsten. Seinem Bruder Heinrich gab Otto 947 das Herzogthum Baiern. Bald darauf ließ König Harald II. von Dänemark den Markgrafen von Schleswig umbringen u. die deutschen Einwohner ausrotten. Otto unterwarf aber das Land bis zum Belt, vernichtete 948 Haralds Kriegsmacht bei Schleswig u. zwang ihn selbst zur Annahme des Christenthums u. zur Stiftung der drei Bisthümer Schleswig, Ripen u. Aarhuus. Darauf wandte sich Otto I. wieder gegen die aufrührerischen Böhmen u. zwang nach der Eroberung von böhmisch Bunzlau den Herzog Boleslaw 950 die Lehnshoheit anzuerkennen. 951 ging er nach Italien, entriß die Herrschaft über dieses Reich dem Markgrafen Berengar II. von Ivrea u. vermählte sich (seit 947 Wittwer von Editha von England) mit der verwittweten Königin von Italien, Adelheid Nachdem er sich in Pavia zum König der Lombardei hatte ausrufen lassen, kehrte er nach D. zurück. Mit seines Vaters zweiter Verheirathung unzufrieden u. fürchtend, daß ihm Adelheids Kinder in der deutschen Königswürde, da er seit 950 erwählt war, zu nahe treten möchten, empörte sich Ludolf, Ottos Sohn aus erster Ehe, seit 949 Herzog von Schwaben, u. mit ihm verbündeten sich 952 Konrad von Lothringen u. Pfalzgraf Arnulf von Baiern, wogegen Heinrich von Baiern seinem Bruder treu blieb. Ludolf besetzte Mainz u. erhielt durch Arnulfs Beistand auch in Baiern das Übergewicht; die Erzbischöfe Friedrich von Mainz u. Herold von Salzburg, traten auf Seiten der Empörer. Nachdem Otto Mainz vergeblich belagert hatte, wandte er sich gegen Baiern, wo der Krieg lange mit wechselndem Erfolge geführt wurde. Als Ludolf endlich zu unterliegen fürchtete, rief er 954 die Ungarn zu Hülfe. Konrad von Lothringen unterwarf sich endlich, Ludolf aber nicht eher, als bis 955 Regensburg, nach dreimaliger Belagerung, vom Könige erobert wurde u. nach der Schlacht bei Horsethal (Roßthal) jede Hoffnung auf Erfolg verschwunden war. Otto verzieh dem Sohne u. dem Eidam, doch nahm er Beiden die Herzogthümer. Schwaben erhielt Burchard II., Sohn des ersten Herzogs; Lothringen Bruno, Ottos jüngster Bruder, Erzbischof von Köln. Auf seinen Wunsch wurde das Land in zwei Herzogthümer getheilt; Oberlothringen, an der Mosel, erhielt Friedrich, Niederlothringen, an der Maas, Gottfried. An die Stelle des Erzbischofs Friedrich von Mainz, der 954 starb, setzte Otto seinen unehelichen Sohn Wilhelm; den Bischof Herold von Salzburg ließ Herzog Heinrich blenden. Die Ungarn, gelockt durch die reiche Beute des vergangenen Jahres, brachen im Frühlinge 955 abermals in D. ein. Otto zog, während Bischof Ulrich von Augsburg seine Stadt tapfer vertheidigte, das Reichsheer zusammen u. schlug die Ungarn auf dem Lechfelde am 10. Aug. völlig. Während dieses Krieges waren Unruhen an der wendischen Grenze ausgebrochen; Otto überzog die Wenden mit Krieg, gerieth aber in eine mißliche Lage, aus welcher ihn Markgraf Gero befreite. Darauf vernichtete er die slawische Macht an dem Flusse Raxa. Seinen Sohn Ludolf, dem er Italien zudachte, schickte Otto 955 über die Alpen, damit er einen Aufstand Berengars, der sich vom Kaiser losgesagt hatte, niederwerfe. Ludolf kämpfte glücklich, doch sein Tod unterbrach die Siege, u. Otto, der noch mit den Slawen kämpfte, mußte Berengar u. dessen Sohn Adalbert ungestört in Italien walten lassen. Die Beschwerden der italienischen Großen u. bes. des Papstes Johann XII. über Berengars Tyrannei riefen endlich Otto J. 961 nach Italien, derselbe ließ aber zuvor auf dem Reichstage zu Worms seinen siebenjährigen Sohn Otto II. zum Thronfolger ernennen. Ohne Mühe machte Otto I. der Gewalt Berengars II. ein Ende u. ließ sich in Mailand zum König von Italien krönen. Er ertheilte vielen Deutschen Lehen in Italien, verminderte aber die Macht u. die Rechte der großen Vasallen, wodurch er Veranlassung zu den Städterepubliken in [27] Italien gab. Darauf ging er nach Rom u. ließ sich vom Papst Johann am 2. Febr. 962 zum abendländischrömischen Kaiser krönen. Kaum hatte sich Otto aus Rom entfernt, als der Papst Johann XII. Adalbert, Berengars Sohn, seinem Eide zuwider, aufnahm u. demselben die Herrschaft einräumte. Otto I. ging nach Rom zurück, ließ 963 den Papst durch ein Concil entsetzen u. erhob Leo VIII. auf den päpstlichen Stuhl. Gleich nach der Entfernung des Kaisers erklärten sich aber die Römer für den abgesetzten Johann XII. u. wählten, als dieser starb, Benedict V. Der Kaiser erschien nochmals in Rom, setzte Leo VIII. wieder ein, verwies Benedict V. nach Hamburg, Berengar aber nach Bamberg u. kehrte 965 nach D. zurück. Neue Unruhen Adalberts u. der Römer nöthigten den Kaiser, 966 zum dritten Male über die Alpen zu gehen. Auf einer Reichsversammlung in der Lombardei u. in Rom verurtheilte er die Empörer zu harten Strafen u. traf darauf Anstalten, sich in den Besitz von Unteritalien zu setzen. Bevor er dort die Griechen angriff, versuchte er Unterhandlungen u. begehrte für seinen Sohn, Otto II., den er deshalb 967 nach Rom kommen u. krönen ließ, die Stieftochter des Kaisers Nikephorus IX., Theophania, zur Gemahlin u. zu ihrer Ausstattung die Anwartschaft auf Calabrien u. Apulien in Unteritalien. Nikephorus versagte aber die Braut, u. der Krieg währte bis 971; da sandte der Nachfolger des Nikephorus, Johannes Zimiskes, die Braut u. trat die geforderten Provinzen ab. Während dieser Begebenheiten in Italien führte Markgraf Udo, seit 965 Geros Nachfolger, mit wechselndem Erfolge einen Krieg mit Mieczislaw von Polen, welchen der Kaiser, nach seiner Rückkehr aus Italien, durch einen Vergleich zu Quedlinburg beendigte. Dieser Vergleich erkannte die Lehnshoheit des Kaisers über Polen an. Im Jahre 973 berief Otto eine Reichsversammlung nach Quedlinburg, auf welcher griechische, ungarische, bulgarische u. slawische Gesandten erschienen. Kurze Zeit darauf starb er im Mai 973 in Memleben. Otto stiftete 956 das Bisthum Oldenburg, erweiterte 965 Meißen, stiftete 967 Posen, 968 Zeitz u. das Erzbisthum Magdeburg, deren Bestätigung, nach langem Streite mit Mainz u. Halberstadt, erst 968 erfolgte. Auch stiftete Boleslaw II. von Böhmen 966 das Bisthum Prag.

Otto II., der Rothe, Sohn u. Nachfolger Ottos I., stand unter dem Einflusse seiner Mutter Adelheid. Gleich zu Anfang seiner Regierung brach eine Verschwörung aus, welche Heinrich der Zänker, Herzog von Baiern, Ottos I. Neffe, mit Boleslaw von Böhmen, Mieczislaw von Polen u. Harald von Dänemark anzettelte. Heinrich wurde vor dem Ausbruche der Verschwörung verhaftet u. Harald, welcher 975 u. 976 in Sachsen einfiel, mit Verlust zurückgetrieben. Darauf zog Otto gegen Boleslaw, zu welchem Heinrich geflüchtet war, nachdem er sich von dem mit verschworenen Bischofe von Freising in Regensburg zum Könige hatte krönen lassen. Heinrich wurde gefangen u. seines Herzogthums entsetzt, welches Herzog Otto von Schwaben, Sohn Ludolfs von Schwaben u. Neffe des Kaisers, erhielt. Nach einem Siege des Kaisers bei Passau 977 unterwarf sich ihm Boleslaw. Darauf fiel König Lothar von Frankreich 978 in Lothringen ein u. drang bis nach Aachen vor; Ottodagegen ging miteinem Heere über Soissons u. Laon bis nach Paris vor, dessen Vorstädte er stürmte. 980 kam ein Vergleich zu Stauda, nach welchem Lothringen bei Deutschland blieb. In Rom hatte sich unterdessen der Senator Crescentius der öffentlichen Gewalt bemächtigt, den Papst Benedict VI. ermorden lassen u. einen anderen, Bonifacius VII., erhoben. Zwar wurde dieser von der kaiserlichen Partei vertrieben u. Benedict VII gewählt, dieser aber erfuhr so viele Anfeindungen, daß er den Schutz des Kaisers anflehen mußte. Otto ging 980 nach Rom u. strafte die Aufrührer. Darauf zog er im Herbst 981 gegen die Griechen in Unteritalien u. eroberte Neapel u. 982 Tarent. Als er darauf aber die den Griechen Hülfe leistenden Araber unvorsichtig am 2. Juli 982 bei Basentello angriff, wurde sein Heervernichtet u. kaum entging er selbst der Gefangenschaft. Zu derselben Zeit wurde das Reich im Norden wieder von Dänen u. Slawen beunruhigt. Sven I., Sohn Haralds von Dänemark, war vom Christenthume abgefallen u. in Sachsen eingebrochen. Gleichzeitig entflammte, durch die Unvorsichtigkeit des Markgrafen Dietrich von Nordsachsen veranlaßt, ein Aufstand aller lehnpflichtigen Slawengegen die Deutschen. Der Obotritenfürst Mistewoy verbrannte Hamburg u. verwüstete Holstein, die Böhmen verheerten das Stift Zeitz u. das Osterland, die Heveller u. Lutizer überfielen Havelberg u. Brandenburg. Die Sachsen vereinigten sich endlich u. besiegten unter Dietrich die Slawen 984 an der Tanger. Nachdem das Reich wieder beruhigt war, war es Ottos Sorge, die erledigten Herzogthümer Franken, Alemannien u. Baiern neu zu hesetzen; ersteres erhielt Heinrich, Sohn des bei Basenteno gefallenen Herzogs Udo; mit dem zweiten belehnte er den fränkischen Grafen Konrad, mit dem dritten den Grafen Heinrich (den Jüngeren) aus dem Nordgau, während der ehemalige Herzog Heinrich in Gefangenschaft verblieb. Darauf ließ Otto II. seinen Sohn zum Nachfolger ernennen u. krönen u. starb bald darauf in Rom den 7. December 983.

Otto III., sein Sohn, erst 3 Jahre alt, war eben in Aachen gekrönt worden, als die Nachricht von seines Vaters Tode anlangte. Heinrich der Zänker, Herzog von Baiern, bis dahin in Utrecht verhaftet, bemächtigte sich, nachdem er vom Bischof von Utrecht befreit worden war, in Köln des jungen Königs unter dem Vorwande, daß ihm als nächsten männlichen Anverwandten die Vormundschaft gebühre. Erzbischof Lilligis von Mainz, Konrad von Schwaben u. Bernhard von Sachsen, nebst anderensächsischen Großen, erhoben Widerspruch u. vermittelten einen Vergleich zu Quedlinburg, durch welchen die verwittwete Kaiserin Theophania, Mutter, u. Adelheid, Großmutter des Königs, die Vormundschaft u. Reichsregierung erhielten. Herzog Heinrich erhielt Baiern zurück, dessen bisheriger Zuhaber Kärnten behielt u. durch Verona entschädigt wurde. An der Reichsregierung nahm auch die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg, Ottos I. Tochter, eine Fran von männlichem Geiste u. großer Einsicht, Theil. Sie entsetzte den tyrannischen Markgrafen Tietrich u. gab dessen Amt an den Grafen Lothar von Walbeck, der sich mit dem Polenherzoge Wieczislaw verbündete u. mit Glück gegen die Slawen 991–995 kämpfte. Zur Sicherung her südöstlichen Grenze wurde die Markgrafschaft Österreich hergestellt u. dem Grafen Leopold, dem Babenberger, vierliehen König Lothar von Frankreich, auf die Verwirrung in D. rechnend, besetzte, um Lothringen zu gewinnen, [28] Verdun, gab es aber zurück, als der Streit wegen der Vormundschaft beendigt war. Gefährlicher waren 994 die Einbrüche der Normannen auf der sächsischen Küste u. in Friesland, doch wurden sie zurückgetrieben. Die Bisthümer Salzburg, Freisingen, Passau, Augsburg u. Regensburg erhielten von den fürstlichen Frauen ganze Grafschaften u. außerdem viele königliche Rechte, als Bergwerke, Münzstätten, Marktgerechtigkeiten, Zölle etc. Um in Italien die Ruhe herzustellen, ging die Kaiserin Adelheid 988 dahin, doch richtete sie nichts aus u. kehrte, als Theophania 991 in Nimwegen gestorben war, nach D. zurück. Nun ging Otto III. 996 selbst nach Italien, hielt, in Mailand als König von Italien gekrönt, eine Reichsversammlung auf den Roncalischen Feldern u. ließ daselbst an der Stelle des eben verstorbenen Johann XV., seinen Verwandten Bruno als Gregor V. zum Papste wählen. Am 21. Mai empfing er die Kaiserkrönung in Rom u. vereinigte sich mit dem Papste zu dem Grundgesetze, daß ein von den Deutschen erwählter König stets auch König von Italien u. Römischer Kaiser sein solle. Otto stellte die Ordnung in Rom her u. kehrte nach D. zurück, mußte aber schon 997 einen zweiten Zug nach Italien unternehmen, weil der von ihm mit Milde behandelte Crescentius den Papst Gregor V. verjagt, den Bischof von Pavia als Johann XVI. zum Papste erhoben u. sich selbst der Herrschaft der Stadt bemächtigt hatte. Der Kaiser setzte Gregor wieder ein, ließ Crescentius u. seine Anhänger hinrichten u. blieb bis zu Anfang des Jahres 1000 in Rom, wo er 999, nach Gregors V. Tode, seinen Lehrer, den Erzbischof Gerbert von Ravenna, als Sylvester II. zum Papste erwählen ließ. Während seiner Abwesenheit von D. führte die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg die Reichsregierung. Ganz Europa war damals von dem Glauben benruhigt, daß im Jahre 1000 die Welt untergehen würde; der Kaiser selbst that deshalb nach seiner Rückkehr nach D. eine Wallfahrt nach Gnesen zum Grabe des St. Adalbert, u. stiftete hier das Erzbisthum Gnesen. Bei dieser Gelegenheit knüpfte er die freundschaftlichen Beziehungen zum Polenherzoge Boleslaw enger u. begab sich dann über Magdeburg nach Aachen. Von dort ging der Zug wieder nach Süden u. im Sommer 1001 traf Otto III. zum dritten Male in Rom ein, um den Kaisersitz dahin zu verlegen. Er stillte eine Empörung in Tibur, gerieth aber durch einen Aufstand der Römer in Lebensgefahr, aus welcher ihn nur die Entschlossenheit der Deutschen rettete. Erbittert über die Treulosigkeit der Römer u. auf Züchtigung derselben sinnend, verließ er Rom u. begab sich, um ein deutsches Heer zu erwarten, nach Paterno, wo er am 21. Jan. 1002 starb.

Da Otto III. keine Nachkommen hinterließ, so trat das Wahlrecht wieder ein, u. nachdem Otto von Kärnten, welchen Heinrich von Baiern selbst unterstützte, die Krone ausgeschlagen hatte, waren Thronbewerber Markgraf Ekkard von Meißen, Hermann von Schwaben, Heinrich von Baiern. Markgraf Heinrich von Vohburg gewann die Franken u. Baiern für Letzteren, u. auf der Wahlversammlung von Werle machten die Schwestern des verstorbenen Kaisers ihm die sächsischen Fürsten geneigt. Als darauf Ekkard von dem Grafen von Nordheim gemeuchelmordet worden war, glaubte sich Heinrich II., der Heilige od. der Lahme, bisher Herzog von Baiern, welcher als Sohn des Herzogs Heinrich von Baiern Enkel Kaiser Ottos d. Gr. war, stark genug, um die Krone, zumal das Erbrecht ihn unterstützte, mit Gewalt an sich zu bringen, da bei der Uneinigkeit der deutschen Fürsten keine allgemeine Reichsversammlung zu Stande kam. Er ließ sich in Mainz krönen, erlangte in Thüringen u. Sachsen die Huldigung, welche ihm auch der Herzog Boleslaw von Böhmen in Merseburg darbrachte. Als darauf auch die Lothringer in Aachen den Kaiser anerkannt hatten, gab Hermann von Schwaben den am Oberrhein organisirten Widerstand auf u. wurde in seinem Lehen bestätigt. So wurde Heinrich ohne Mitwirkung einer Reichsversammlung durch Einzelwahlen der Provinzialstände, die er dafür in ihren alten Rechten u. Gewohnheiten bestätigen mußte, deutscher König. Als König mußte er, nach altem Herkommen, sein Herzogthum Baiern abtreten; er gab es aber nicht an den Markgrafen Heinrich von Schweinfurt, der in der Hoffnung darauf ihn zum Throne verholfen hatte, sondern verwies diesen auf das den Ständen zustehende Wahlrecht. Zwei Jahre später machte er indeß seinen Einfluß bei den Ständen dahin geltend, daß diese dem Bruder seiner Gemahlin Kunigunde, Heinrich von Luxemburg, zum Herzoge wählten. Deshalb verbündete der Markgraf sich mit des Königs Bruder Bruno, mit Markgraf Ernst von Österreich u. mit Boleslaw II. von Polen, der sich auch Böhmens bemächtigt hatte. Der König Heinrich nahm den Markgrafen Ernst 1003 bei Kreußen gefangen. Heinrich von Schweinfurt, der nach Böhmen entflohen war, bat bald darauf um Gnade, die ihm auch zu Theil wurde, ebenso Bruno der aber in den geistlichen Stand treten mußte. Ik Italien hatte sich unterdessen Markgraf Arduin von Ivrea zum Könige von Italien aufgeworfen; Heinrich sandte Otto von Kärnten u. Ernst von Österreich gegen ihn; als diese aber geschlagen wurden, ging er selbst über die Alpen u. ließ sich 1004 in Pavia zum König der Lombardei krönen. Aber die Bürger von Pavia hielten es mit Arduin, empörten sich gegen Heinrich u. belagerten ihn in dem Palast. Durch einen Sprung aus dem Fenster, wovon er lahm blieb, rettete er sich u. kehrte, nachdem er die Paveser gestraft hatte, nach D. zurück. Mittlerweile bedrohte Boleslaw abermals das Herzogthum Baiern; der König Heinrich eroberte einen Theil von Böhmen u. die Lausitz, die er dem Polenherzoge früher zur Lehn gegeben, u. fiel 1005 in Polen selbst ein, wodurch Boleslaw genöthigt wurde, um Frieden zu bitten, der 1006 zu Posen geschlossen wurde. Im J. 1007 zog er gegen Balduin von Flandern, der sich der Grafschaft Valenciennes bemächtigt hatte; in Nieder-Lothringen setzte er den Grafen Gottfried von Verdun zum Herzog ein, dann gerieth er in Streit mit dem Herzog Heinrich von Baiern, welcher den von dem König abgesetzten Bischof von Trier, Adalbert, unterstützte. Die baierischen Stände wählten darauf den Kaiser selbst zum Herzog, bis 1017 eine Aussöhnung zu Stande kam u. der Herzog wieder in seine Würde eingesetzt wurde. Von diesen Fehden wandte sich Heinrich nach Meißen, um einen Streit des Markgrafen Gunzelinmit seinen Bruderssöhnen zu schlichten; dann stellte er das eingegangene Bisthum Merseburg her u. gründete 1007 das Bisthum Bamberg. Während dem hatte Boleslaw von Polen[29] abermals die Waffen ergriffen, erkannte aber nach mehreren Feldzügen 1013 die Oberhoheit des Kaisers an. In Italien behauptete sich noch immer Arduin in der Herrschaft; Heinrich unternahm des halb einen zweiten Zug dahin u. empfing 1014 nebst seiner Gemahlin Kunigunde, Tochter des Grafen Siegfried von Lothringen, in Rom die Kaiserkrönung, vermochte aber seinen Gegner Arduin, der sich zum Gegenkaiser aufwarf, nicht zu überwältigen, doch entsagte dieser bald darauf freiwillig der Herrschaft u. ging ins Kloster. Unterdessen war Boleslaw abermals in Meißen eingefallen; um ihn in Schach zu halten, schloß Heinrich II. ein Bündniß mit dem russischen Fürsten Jurje Jaroslaw u. zwang ihn endlich 30. Jan. 1018 in dem Frieden zu Bautzen zur Unterwerfung. Durch die Verträge von 1016 u. 1018 mit seinem Oheim, König Rudolf V. von Burgund, sicherte der Kaiser sich u. seinen Nachfolgern die Erbfolge in diesem Königreiche. Auf Bitten des Papstes Benedict VIII ging Heinrich II. 1022 zum dritten Male nach Italien, um die Griechen, welche in Apulien u. Calabrien die kaiserlichen Lehnsleute bedrängten u. sich wieder der Herrschaft zu bemächtigen strebten, zu züchtigen. Er schlug die Griechen u. ihre Anhänger, setzte untreue Vasallen ab u. andere an ihre Stelle u. verlieh einer kleinen Schaar normannischer Krieger, die an dem Kampfe gegen die Griechen Theil genommen hatten, ein Landgebiet in Campanien, wodurch der Grund zum Königreich Neapel gelegt wurde. Mit Heinrich II. der am 13. Juli 1024 in Grona bei Göttingen ohne Nachkommen starb, erlosch, da seine Brüder, Arnulf u. Bruno, Geistliche waren, das sächsische Kaiserhaus. Unter Heinrich II. hatte sich die Zahl der Herzogthümer auf neun vermehrt, eben so viel Markgrafschaften schützten die Grenzen des Reichs gegen Norden u. Osten. Wie seine Vorgänger, so hatte auch Heinrich II. dafür gesorgt, daß die Erblichkeit weder in den Herzogthümern, noch in den Grafschaften anerkannter Grundsatz wurde. Die Stammeseigenthümlichkeiten, Rechte u. Gewohnheiten verstanden innerhalb der einzelnen Territorien fort, auch waren die Hoheitsrechte der Herzöge bei den verschiedenen Stämmen verschieden, so hatten z.B. einige das Recht der Investitur, andere nicht. Die Markgrafschaften folgten gewöhnlich der Heeresfahne der zunächst angrenzenden Herzogthümer. Neben den weltlichen Fürsten gewannen seit Heinrich II., welcher Bisthümer u. Klöster mit Reichsgut theils beschenkte, theils belehnte, auch die Geistlichen eine größere politische Bedeutung, Anfangs auf Kosten der herzoglichen, in der Folge aber auch der königlichen Macht. Die Bischöfe u. Äbte waren von nun als weltliche Herren auch zur Heeresfolge verpflichtet u. standen nicht selten im Felde als Heerführer an der Spitze ihres Aufgebots. Auch gewinnt seit dieser Zeit die Ordnung des Kirchenjahres eine größere Stabilität, u. mit Kirchen u. Klöstern wurden Unterrichtsanstalten verbunden. Noch aber schlummerten die Keime des Zwiespalts zwischen Kirche u. Staat, der bald darauf dem Reiche zu großem Nachtheil u. Verderben gereichen sollte.

VI. Deutschland unter den Saliern od. Fränkischen Kaisern, von 1024–1125. Die Herzöge Bernhard Billung von Sachsen, Heinrich von Luxemburg von Baiern, Friedrich von Nieder-Lothringen, Gozelo von Ober-Lothringen, Ulrich von Böhmen u. Markgraf von Mähren waren bei Erledigung des Throns sämmtlich Bewerber, u. diesen gewaltigen, weltlichen Fürsten hielten nur die geistlichen einigermaßen die Wage. Sie vereinigten sich mit der kaiserlichen Wittwe Kunigunde u. deren Brüdern, Heinrich von Baiern u. Dietrich, Bischof von Metz, die Ruhe im Reiche zu erhalten. Am 4. September 1024 geschah auf einer Rheininsel bei Oppenheim die Wahlhandlung, an welcher 8 Herzöge Theil nahmen. 2 fränkische Grafen, Oheim u. Neffe, beide Konrad mit Namen u. beide Nachkommen des Brudersohns vom Kaiser Konrad I., hatten schließlich die meiste Aussicht auf die Königskrone. Nachdem diese sich gegenseitig Treue u. Anerkennung gelobt hatten, wenn einer von ihnen gewählt würde, fiel die Wahl, nach dem Vorschlage des Erzbischofs Aribo von Mainz, welchem das versammelte Volk zustimmte, auf Konrad II., den Älteren. Er war ein weiser, kraftvoller Fürst u. ein solcher that Noth, denn von innen u. außen wurde das Reich vielfach bedroht. Konrad bereiste zuerst alle Provinzen des Reichs, um die Rechtspflege herzustellen, u. ordnete, um die Fehden unter den kleinen Herren zu beendigen, einen Gottesfrieden (s.d.) an. Er ging dann 1026 nach Italien, wo er in Mailand die lombardische u. zu Rom 1027 vom Papste Johann XIX. die Kaiserkrone empfing, unterwarf Capua u. Benevent u. ertheilte den Normannen ein Gebiet unter der Bedingung zu Lehn, daß sie die Reichsgrenzen gegen die Griechen vertheidigten. Indeß erhob Ernst von Schwaben, Stiefsohn des Kaisers, welchen dieser von Italien nach Deutschland gesandt hatte, die Fahne des Aufruhrs, indem er sich mit Gewalt in das ihm nach seiner Meinung vom Kaiser vorenthaltene Herzogthum Burgund setzen wollte. Rasch kehrte der Kaiser zurück, ließ zunächst seinen 10jährigen Sohn Heinrich in Baiern zum Herzog wählen u. berief dann einen Reichstag nach Ulm, zu welchem auch Herzog Ernst entboten wurde. Da die schwäbischen Grafen dem Herzoge die Treue verweigerten, um nicht gegen den Kaiser treulos zu werden, gab dieser seine Sache verloren; er wurde gefangen gesetzt u. von der Reichsversammlung in die Acht erklärt, worauf der Kaiser mit dem Herzogthum seinen zweiten Sohn Hermann (IV.) unter Vormundschaft des Bischofs von Constanz belehnte. Mit Knut von Dänemark schloß er 1028 ein Bündniß u. trat demselben Schleswig ab, so daß die Eider wieder D-s Grenze war. Mieczislaw II. von Polen zwang er 1031 die Lausitz zurückzugeben u. die Oberhoheit des deutschen Reiches anzuerkennen. Durch den Tod Rudolfs III. von Burgund 1032, kam Burgund, wozu Helvetien, Savoyen, die Provence, Dauphiné u. Franche-Comté gehörten, wieder an D. Um die Herrschaft zu behaupten, mußte Konrad mit Odo von Champagne 1033 u. 1037 kriegen, nachdem ihm die Stände des Landes bereits gehuldigt hatten. Nach glücklicher Beendigung des Krieges durch den von Konrad eingesetzten Herzog Gozilo von Burgund schloß Konrad einen Freundschaftsvertrag mit dem Könige von Frankreich; Burgund (Arelat) wurde hierauf mit dem Deutschen Reiche vereinigt, welches nun von der Nordsee bis an das Mittelländische Meer reichte. Auch gegen die Ungarn (1031) u. gegen die slawischen Völker (1034–36) führte Konrad glückliche Kriege. Zur Beruhigung der Streitigkeiten zwischen dem hohen u. niederen Adel Italiens that er 1036 einen zweiten Zug dahin u. gab am 28. Mai[30] 1037 im Lager vor Mailand die Lehnsconstitution, wodurch die Erblichkeit der kleineren Lehen festgesetzt u. die der größeren vorbereitet wurde. 1038 kehrte er nach D. zurück. Das königliche Ansehn erhob Konrad, indem er die Macht der Großen schwächte u. gegen dieselben die kleineren Lehnsträger begünstigte, bes. aber dadurch, daß er die großen durch den Tod erledigten Herzogthümer seinem Sohne Heinrich übergab, so 1027 Baiern, 1038 nach Hermanns Tode Schwaben u. das Königreich Burgund, 1039 Kärnten; nur in Sachsen u. Lothringen blieben die einheimischen Herzöge, u. Franken gab der Kaiser dem jungen Konrad, welchem er es wegen seiner Verbindung mit Ernst von Schwaben entzogen hatte, wieder zurück, später 1035 aber belehnte er Konrad mit Kärnten u. behielt Franken für sich. Um Handel u. den Bürgerstand zu heben, gab er mehreren Städten (Bamberg, Bremen, Chur, Hildesheim, Magdeburg u. Würzburg) Marktrechte. Dagegen verfiel unter ihm die Kirchenzucht, weil sorglose Päpste der Kirche vorstanden u. weil er aus Geldnoth Bisthümer u. Abteien an die Meistbietenden verkaufte. Konrad II. st. 4. Juli 1039.

Konrads II. Sohn u. Nachfolger Heinrich III., der Schwarze, hob das königliche Ansehen durch kraftvolles Walten. Bis 1044 that er 3 Feldzüge gegen Böhmen u. 2 gegen Ungarn: der Herzog Bretislaw von Böhmen unterwarf sich u. nahm sein Reich Böhmen vom Kaiser zu Lehn. Ein Gleiches that der König von Ungarn, nachdem ihn der Kaiser durch die Schlacht bei Raab zum Thron verholfen hatte. Die Grenze der Mark Österreich wurde damals bis an die Leitha erweitert. 1045 bekriegte er Gottfried den Bärtigen von Ober-Lothringen, den er gefangen nahm; 1046 u. 1047 zog er nach Italien, um die aufrührerischen Großen, namentlich die Grafen von Tuscien, deren Spielball der Papst war, zu züchtigen. Er setzte die 3 gleichzeitigen Päpste (Benedict IX., Sylvester III. u. Gregor IV.) ab u. den Bischof Suitger von Bamberg als Clemens II. ein, wurde von demselden gekrönt u. bewog ihn, den Verkauf kirchlicher Ämter bei Bann zu verbieten; auch bei den folgenden Papstwahlen folgten die Wähler dem Willen des Kaisers. 1051 u. 52 zog er gegen die Ungarn, welche unter ihrem Könige Andreas u. unterstützt von dem ehemaligen Herzog von Baiern, welchen Heinrich seiner Würde entsetzt hatte, in Kärnten einfielen. Der Friede kam erst 1056 mit Ungarn zu Stande, welches Land seitdem vom Reiche unabhängig wurde. 1051 u. 54 zog er gegen Gottfried von Lothringen, den er entsetzte, u. gegen Balduin von Flandern u. Dietrich von Holland, deren Empörung er bestrafte. 1055 kam er zum 2. Male nach Italien, wo er den Papst Victor II. einsetzte u. die Markgräfin Beatrix von Tuscien, die sich mit Gottfried von Lothringen vermählt hatte, u. deren Tochter Mathilde als Geißel mit nach D. zurückführte. Im Innern von D. war unter ihm Ruhe, denn er hatte 1043 den Landfrieden zu Kostnitz gestiftet, den er streng aufrecht erhielt. Zugleich strebte er rüstig nach Verbesserung der kirchlichen Zustände u. fand dabei an Leo IX. u. an den Erzbischöfen Hanno von Köln u. Adalbert von Bremen kräftige Unterstützung. Auch für Hebung der Wissenschaften u. Künste, deren Pflege den Geistlichen oblag, geschah viel unter Heinrichs III. Regierung, während die bürgerlichen Gewerbe in den Städten einen reichen Flor entwickelten. Das Erbrecht in den Herzogthümern kam unter Heinrich III. fast ganz außer Anwendung. Er verlieh nach Willkühr bald diesem, bald jenem Fürsten die herzogliche Würde u. suchte es dahin zu bringen, daß der König als eigentlicher Herr des Reichslandes angesehen wurde. Die von seinem Vorgänger mit der Krone vereinigten südlichen Herzogthümer stellte er wieder her u. behielt nur Franken u. Baiern für sich; er starb schon 1056 zu Bothfeld am Harze.

Für seinen Sohn, den 6jährigen Heinrich IV., der schon 1054 gekrönt worden war, führte seine Mutter, Agnes von Poitiers, eine kluge, aber der schwierigen Stellung im Reiche nicht gewachsene Frau, die Regierung. Sie gab dem Herzog Gottfried Lothringen wieder, ertheilte dem Grafen Rudolf von Rheinfelden das Herzogthum Schwaben, entschädigte den Grafen Berthold von Zähringen, welcher Ansprüche auf Schwaben hatte, mit Kärnten u. gab den Baiern in Otto von Nordheim wieder einen eignen Herzog. Dieser letztere aber war einer der ersten, welcher mit dem Erzbischof Hanno von Köln in Verbindung trat, um der Kaiserin die Regierung zu entreißen. Mehrere unzufriedene Große schlossen sich ihnen an, u. 1062 benutzte Hanno die Gelegenheit, die ihm die Versammlung der Großen des Reichs auf der Rheininsel Kaiserswerth bot, um den jungen Heinrich zu entführen. Es gelang ihm, denselben nach Köln zu bringen, doch mochte er nicht die Verantwortung allein übernehmen u. theilte mit Adalbert von Bremen die Vormundschaft. Beide benutzten nur ihre Macht, um sich u. ihre Kirchen zu bereichern, während sie mißvergnügte Fürsten durch Verleihungen u. Schenkungen zufrieden zu stellen suchten. Aber bald entstand Zwiespalt unter beiden Erzbischöfen, Adalbert wußte durch sein glattes hofmännisches Wesen den jungen König zu gewinnen, der sich dagegen von dem rauhen u. ernsten Charakter Hannos abgestoßen fühlte. Nachdem Heinrich IV. 1065 vierzehnjährig von der Fürstenversammlung in Worms mündig erklärt worden war, folgte er ganz dem Rathe Adalberts, welcher dem jungen Könige, um sich dessen Gunst zu vergewissern, alle Fehler u. Unarten nachsah, aber nicht versäumte, ihm einen tiefen Haß gegen die Sachsen einzuflößen. Das Treiben des Erzbischofs, der seinen Einfluß mißbrauchte, um in ausgedehnter Weise Simonie zu treiben, erregte indeß immer größeren Anstoß bei den Fürsten des Reiches, u. die auf Hannos Betrieb berufene Reichsversammlung zu Tribur (1066) zwang Adalbert, sich nach Bremen zurückzuziehen, während sich Heinrich dazu verstehen mußte, die Heirath mit der, ihm 1055 von seinem Vater verlobten Bertha, Tochter des Markgrafen Otto von Susa, zu vollziehen. Dennoch bewahrte Heinrich die ihm von Adalbert eingeflößten Grundsätze u. den Haß gegen die Sachsen. Für das Versprechen des Erzbischofs Siegfried von Mainz, ihm zur Scheidung von Bertha zu verhelfen, verhieß er diesem seinen Beistand gegen die Thüringer wegen des Zehnten, kam aber dadurch in viele Unannehmlichkeiten, da die Forderung des Erzbischofs eine ungerechte war u. dieser auch für die Scheidung nichts that. Da berief Heinrich wieder Adalbert von Bremen zu sich, der nun von Neuem den größten Einfluß auf die Regierung ausübte bis 1072, wo er starb. Heinrich eroberte 1069 Beichlingen u. Scheidungen vom Markgrafen Dedo, bekriegte den des Hochverrathes[31] angeklagten u. des Herzogthums Baiern beraubten Otto von Nordheim u. hielt ihn, als er sich ergab, u. den Erben des Herzogthums Sachsen, Magnus, in Haft. In Sachsen u. Thüringen legte er überall Burgen an. Von einer Heerfahrt, welche Heinrich gegen Polen ankündigte, fürchteten die Sachsen, daß dieselbe auf ihre Unterjochung abzwecke. Sie verbanden sich daher 1073 u. belagerten Heinrich, da er die gegen ihn vorgebrachten Beschwerden nicht abstellen wollte, mit 60,000 Mann erst in Goslar, dann in der Harzburg, ließen ihn jedoch entkommen. Heinrich zog nun mit Heeresmacht gegen sie, doch kam es zum Gerstunger Frieden, worin dem Kaiser vorgeschrieben war, seine Burgen in Sachsen zu zerstören. Heinrich vollzog ihn aber nicht; da zerstörten die Sachsen 1074 die Harzburg selbst, verübten daselbst große Grenelthaten u. schonten selbst der Kirche u. der Gräber nicht. Deshalb überzog sie Heinrich wieder mit Krieg, schlug sie 13. Juni 1075 bei Hohenburg unweit Langensalza u. nahm die sächsischen u. thüringischen Heerführer bei Nordhausen gefangen. So stand Heinrich IV. auf der Höhe seiner Macht, die er durch Verbreitung von Furcht und Schrecken erstiegen hatte. Um diese Zeit erwuchs ihm ein schlimmerer Gegner als die Reichsfürsten in dem Papst Gregor VII., welcher zuerst die Macht der Päpste über die Autorität der Kaiser zu erheben trachtete, so daß, wie früher das Wort des Kaisers bei der Papstwahl, von jetzt an das Wort des Papstes bei der Kaiserwahl schwer in die Wagschale fiel. Gregor VII. ordnetestrenge Maßregeln gegen die Simonie an u. sprach zugleich der weltlichen Macht, also auch dem Kaiser, das seit Alters geübte Recht der Investitur ab. Dieser Einspruch war für Deutschland, wo die geistlichen Fürstenthümer bedeutenden Umfangs waren, wenn er durchgesetzt wurde, ein Schritt von bedenklicher Tragweite. Heinrich IV. achtete aber des Papstes Verordnungen nicht, sondern fuhr fort, geistliche Würden aus eigner Machtvollkommenheit zu verleihen. Erzürnt über die Nichtachtung seiner Anordnung berief Gregor VII. den Kaiser unter Bannesdrohung vor seinem Stuhl u. that denselben, als er nicht erschien, vielmehr Gregor VII. auf einem Kirchentag zu Worms, 24. Juni 1076, für abgesetzt erklären ließ, in den Bann u. entband die Deutschen ihres Eides. Die Herzöge von Baiern, Kärnten u. Schwaben beriefen eine Reichsversammlung zu Tribur (1076), um zu berathen, was unter solchen Umständen zu thun sei; ein päpstlicher Legat führte den Vorsitz. Hier wurde ihm aufgegeben, daß er binnen Jahresfrist seine Aussöhnung mit der Kirche bewirken, andernfalls aber der Krone verlustig sein solle. In seiner verzweifelten Lage begab er sich noch im Winter 1077 über Besançon nach Italien, wo er von den Lombarden mit Freuden begrüßt wurde, so daß er schwankte, ob er sich nicht ihrer Hülfe bedienen solle, um den Papst mit Gewalt zur Zurücknahme des Bannes zu zwingen. Er entschloß sich indeß zur friedlichen Unterhandlung. Aber Gregor wollte anfänglich von keiner Verständigung wissen u. verwies den König auf den Reichstag nach Augsburg, auf welchem der König sich verantworten u. den Urtheilsspruch empfangen sollte. Da erschien Heinrich IV., der den Verlust der Krone fürchtete, eines Tages in Canossa, wo sich der Papst damals befand; 3 Tage, vom 25.–28. Januar 1077, ließ ihn der Papst als Büßender im härenen Gewand barfuß im Freien zwischen der 2. u. 3. Ringmauer stehen; am 4. Tage wurde er unter den härtesten Bedingungen (dem Papste, wenn er es verlange, sich zu stellen, vor Entscheidung der Reichsversammlung die Regierung nicht wieder anzutreten u. dem Papst, wenn er die Krone wieder erhalte, in Allem zu gehorchen), vom Banne losgesprochen. Die lombardischen Stände, welche den Papst selbst als einen Gebannten ansahen, zürnten Heinrich wegen solcher Demüthigung, u. der Kaiser, durch Zuspruch ermuthigt u. nachdem er eingesehen, in welchem Mißverhältniß die Keckheit des Papstes zu der ihm factisch zu Gebote stehenden Macht stand, faßte den Plan, den Kampf um sein Recht gegen den Papst u. gegen die Reichsfürsten aufzunehmen. Die Letzteren waren inzwischen 1077 in Forchheim zusammen getreten, um in Gemeinschaft mit den Bischöfen u. unter Vorsitz päpstlicher Legaten, einen neuen König zu wählen. Die Wahl fiel auf den Herzog Rudolf von Schwaben, welcher in der ihm vorgelegten Capitulation das Wahlrecht der Fürsten förmlich gewährleisten u. die Bischofswahlen als frei anerkennen mußte. Der Treulosigkeit der geistlichen u. weltlichen Fürsten gegenüber blieb das Volk seinem rechtmäßigen König treu. Der Bürgerstand sah in der Erschütterung der königlichen Macht eine Bedrohung der Rechte u. Freiheiten, welche Städte- u. Landgemeinden den Königen u. namentlich auch Heinrich IV. zu danken hatten. Der Gegenkönig stieß daher überall auf Widerstand und konnte es nicht hindern, daß Heinrich IV. im April 1077 ein Heer zu Regensburg zusammenzog, u. daß ihn die nach Ulm berufene Ständeversammlung als Majestätsverbrecher zum Tode verurtheilte. Der Krieg begann, die Schlachten bei Melrichstadt 1078 u. bei Fladenheim in Thüringen 1080 entschieden nichts für des Königs Sache u. erst bei Mölsen, zwischen Weißenfels u. Pegau, 15. Oct. 1080 wendete sich dawort Rudolf durch den Verlust einer Hand eine tödtliche Verwundung erhielt, das Glück für Heinrich. Während des Kampfes hatte Gregor VII. sich die Parteinahme für Heinrich sowohl wie für Rudolf offen zu halten gesucht u. den Erfolg der Waffen abgewartet, endlich aber, als seine Zweideutigkeit ihn mit beiden Parteien zu verfeinden drohte, sich für Rudolf entschieden u. den König abermals mit dem Banne belegt. Heinrich IV. hatte sich dadurch nicht schrecken, sondern den Papst durch eine Kirchenversammlung in Mainz 31. Mai 1080 absetzen u. den Erzbischof von Ravenna, Wibert, als Clemens III. ernennen lassen. Dann eilte er 1081 nach Italien u. eroberte nach langwieriger Belagerung im März 1084 Rom, wo er von Clemens III. die Kaiserkrone empfing. Der in der Engelsburg belagerte Gregor VII. wurde zwar durch Robert Guiscard entsetzt, starb aber bald darauf in Salerno. In D. hatte Heinrich von Neuem gegen den am 9. August 1081 gewählten Gegenkönig hermann von Luxemburg, den die sogenannte katholische Partei aufgestellt hatte, u. gegen Markgraf Egbert II. von Meißen zu kämpfen u. konnte das Reich nicht beruhigen, da Welf von Baiern u. Berthold von Zähringen auch nach der Abdankung Hermanns (1087) den Krieg fortsetzten, während er in Italien unglücklich gegen Papst Urban II. u. Markgräfin Mathilde von Toscana focht. Friedrich von Hohenstaufen, dem er 1090 das Herzogthum Schwaben verliehen hatte, vermochte nichts Entscheidendes[32] auszurichten. Auf des Königs Seite standen Franken u. Lothringen (Niederlothringen hatte Heinrich an Gottfried von Bouillon verliehen), die Herzöge Luitpold von Kärnten, Magnus von Sachsen u. die meisten sächsischen Grafen (Egbert war 1089 ermordet); gegen ihn standen der Herzog Welf von Baiern, ferner dessen mit Mathilde von Toscana vermählter Sohn u. Berthold von Zähringen. Nachdem der König noch einen Aufstand seines eigenen Sohnes Konrad in Italien gedämpft hatte, traten 1096 die Welfen zu ihm über, u. Heinrich IV. sah sich wieder im Vollbesitz seiner königlichen Macht. Um diese Zeit begannen auf Urbans II. Betrieb die Kreuzzüge; anfangs zeigten die Deutschen wenig Theilnahme daran, später sammelten die Priester Volkmar u. Gottschalk 2 Haufen am Niederrhein u. in Lothringen u. Graf Ekimo von Leiningen am Oberrhein; zugleich erhoben sich schreckliche Judenverfolgungen, die sich auch in Schwaben, Sachsen u. Böhmen verbreiteten. Als der Kaiser 1096 nach D. zurückkehrte, war das Reich beruhigt, selbst Berthold von Zähringen trat Schwaben an Friedrich von Hohenstaufen ab u. erhielt dafür den Herzogstitel u. die Landvogtei über die Lande zwischen dem Jura- u. dem Bernhardsberge. Mit allen Feinden versöhnt u. nachdem er seinen Sohn Heinrich von Herzögen hatte wählen u. 1099 in Aachen krönen lassen, stiftete Heinrich IV. 1102 einen allgemeinen Landfrieden auf 4 Jahre. Am Ziel seiner Wünsche sah er sich abermals in Streit mit der Kirche verwickelt, u. da er zögerte, den versprochenen Kreuzzug auszuführen, belegte ihn Papst Paschalis II. aufs Neue mit dem Bann. Es bildete sich wieder eine Partei gegen Heinrich, zu welcher die meisten Bischöfe sich gesellten u. an deren Spitze sich 1104 des Kaisers Sohn, Heinrich der Jüngere, stellte, nachdem er von dem Papste seines Eids, den er dem Vater geleistet, entbunden worden war. Der Kaiser mußte vor ihm über Böhmen nach Mainz fliehen. Vergeblich erboten sich die rheinischen Städte, Mainz an der Spitze, den tiefgebeugten Kaiser in seinen Rechten zu schützen, u. stellten 20,000 Mann zu seiner Verfügung, die Untreue seines Sohnes hatte ihn um alle Fassung gebracht. Von Mainz floh er nach Köln, welche Stadt ihn freudig aufnahm. Es kam darauf zwischen Vater u. Sohn an der Mosel zu einer Unterredung, welche der Letztere verrätherischer Weise benutzte, um den Kaiser gefangen zu nehmen. Auf der Reichsversammlung zu Ingelheim wurde Heinrich IV. des Thrones entsetzt. Vergeblich bat er, nachdem er Alles verloren hatte, den päpstlichen Legaten um Lösung des Bannes. Mit dem Tode od. ewiger Gefangenschaft bedroht, floh er nach Köln, dann nach Lüttich, wo ihn der Bischof u. Herzog Heinrich von Lothringen in Schutz nahmen u. eine beträchtliche Streitmacht für ihn zusammenzogen. Im Begriff, dem Sohne eine Schlacht zu liefern, starb er am 7. Aug. 1106 zu Lüttich. Sein Leichnam wurde auf päpstliches Gebot wieder ausgegraben u. mußte 5 Jahre in der Kapelle der Sta. Afra zu Speier unbeerdigt stehen; bis 1111 die päpstliche Absolution erfolgte. Mit Heinrich IV. begann der dritte Stand politische Bedeutung zu gewinnen u. eine Stütze des Königthums zu werden. Dieser bedurfte dasselbe um so mehr, als unter Heinrich IV. die Erblichkeit der Herzogthümer wieder als ein Kecht zu gelten begann. Die Erblichkeit der kleineren Lehen blieb nach wie vor anerkannt, nur das Königthum war nicht mehr erblich.

Heinrich V., Heinrichs IV. Sohn, übte das Investiturrecht, welches sein Vater nach langem Kampfe glücklich behauptet hatte, ebenfalls aus, u. der Papst wagte nicht, ihn deshalb mit dem Banne zu belegen. Den Herzog Heinrich von Niederlothringen entsetzte er u. gab dessen Herzogthum dem Grafen Gottfried von Löwen; das 1106 durch das Aussterben des Billunger Stammes erledigte Herzogthum Sachsen verlieh er dem Grafen Lothar von Supplinburg. Mit wenig Glück focht er 1107 bis 1109 gegen die Polen u. Ungarn. Um sich krönen zu lassen, ging Heinrich V. 1110 mit 30,000 Mann nach Rom; da aber der Papst die Krönung verweigerte, wenn der Kaiser nicht das Recht der Investitur an die Kirche abträte, so ließ Heinrich bei einem Aufstande den Papst u. die Cardinäle gefangen nehmen u. behielt dieselben 2 Monate lang in Haft. Der Papst bestätigte endlich, gezwungen, eidlich das Privilegium der Investitur der Bischöfe durch Ring u. Stab u. krönte Heinrich V. 9. April 1111. Bei der Rückkehr des Kaisers nach D. befand sich das ganze Reich in Frieden. Neuer Streit erhob sich, als Heinrich V. nach dem Erlöschen der Grafen von Weimar deren Erbgüter als eröffnete Reichslehne einziehen wollte. Um dieselbe Zeit sprach eine Kirchenversammlung zu Vienne über Heinrich V., weil er den Papst zu Concessionen gezwungen habe, den Bann aus, u. der Erzbischof Adalbert von Mainz, ehemals der vertrauteste Rathgeber des Kaisers, trat zur päpst. lichen Partei über. Dies ermuthigte die sächsischen Fürsten zur Empörung, sie wurden aber 1113 bei Warnstedt geschlagen, u. eine andere Empörung 1114 zu Köln endigte die Schlacht bei Andernach. 1115 erneuerte Lothar von Sachsen den Kampf gegen den Kaiser, dem er gegen die Kölner beigestanden hatte. Nach der Schlacht am Welfesholze an der Wipper 1115, welche der Kaiser verlor, fielen fast alle Fürsten von ihm ab, bis auf die drei süddeutschen Herzöge. Die Mainzer erzwangen die Freilassung des Erzbischofs Adalbert, u. dieser verband sich nun mit dem Bischof Franz von Bamberg u. berief eine Kirchenversammlung nach Köln, um den Bann gegen den Kaiser öffentlich auszusprechen. Heinrichs erste Sorge war nun, den Papst selbst zu demüthigen u. zugleich die Erbgüter Mathildens von Toscana, welche der Kirche vermacht waren, an sich zu bringen. Um sich in Deutschland zu sichern, stellte er das Herzogthum Franken wieder her u. verlieh es an Konrad von Hohenstaufen. Während der Kaiser 1116–18 in Italien Krieg führte, gerieth in D. Alles in Verwirrung, da Friedrich, Herzog von Schwaben, als Reichsverweser die Ruhe nicht zu erhalten vermochte. Die Städte empörten sich gegen die Bischöfe, es bildeten sich Scharen von Räubern, die allenthalben plünderten u. mordeten; ganze Gegenden wurden zur Einöde u. an mehreren Orten hörte der Gottesdienst auf. Als Adalbert von Mainz soweit ging, die Bischöfe zu Köln u. dann zu Fritzlar auf einer Kirchenversammlung zur Erklärung des Banns gegen den Kaiser zu bewegen, kehrte Hein rich V. plötzlich 1119 nach Deutschland zurück, beruhigte das Reich u. schloß 1121 den Reichsfrieden zu Würzburg. Endlich kam auch am 23. Sept. 1122 in Worms der Friede zwischen dem Kaiser u. dem Papste zu Stande. Der Kaiser[33] gab wegen der Investitur mit Ring u. Stab nach u. Papst Calixtus II. erkannte dagegen das Recht der Investitur mit dem Scepter für die Regalien an. 1123 dämpfte Heinrich den Aufruhr der Gräfin von Holland, einer Schwester des Herzogs Lothar von Sachsen; dann riefen ihn die Unruhen wegen der Erbfolge nach Meißen; Herzog Lothar unterstützte die Erbansprüche des Grafen von Wettin, wogegen Heinrich V. den Grafen Wiprecht von Groitsch begünstigte. Auch bei dem vom Kaiser unternommenen Zuge gegen Frankreich, von welchem derselbe indeß bald Abstand nahm, leistete Lothar keine Heeresfolge u. blieb das Haupt der Opposition gegen den Kaiser. Nachdem Heinrich V. eine von dem Bischofe von Worms in dieser Stadt herbeigeführte Empörung unterdrückt hatte, ging er damit um, die sehr geschmälerten Einkünfte der Krone durch eine allgemeine Reichssteuer zu vermehren; aber ehe dieser Plan zur Ausführung kam, übereilte ihn der Tod 23. Mai 1125; mit ihm erlosch das Salische Kaiserhaus.

VII. Deutschland unter Lothar II. aus dem Hause Sachsen, 1125–1137. Lothar II., Herzog von Sachsen, bestieg nun den Thron u. wurde in Aachen gekrönt. Auf den Vorschlag des Erzbischofs Adalbert von Mainz, Kanzlers des Reichs, wurde die Wahl nur von 10 Fürsten vollzogen u. so zeigten sich die ersten Spuren der Kurfürsten. Seine Wahl erkaufte er mit der Verzichtung auf den Heimfall aller eingezogenen Lehen an die Königskrone, u. um sich mit Hülfe der Kirche auf dem Throne zu befestigen, gab er Alles auf, was Heinrich V. im Vertrage gegen den päpstlichen Stuhl erstritten hatte. Ebenso that er dem Papste seine Wahl zum Kaiser durch eine eigne Gesandtschaft zuerst kund u. veranlaßte so das nachmals prätendirte Bestätigungsrecht. Um die Macht der Hohenstaufen zu schwächen, forderte Lothar von dem Herzog Friedrich von Schwaben die durch die Erbschaft Heinrichs V. an die Hohenstaufen übergegangenen Reichsgüter zurück, welche das Salische Kaiserhaus mit seinen Hausgütern vereinigt hatte, u. als sich Friedrich weigerte, sprach er deshalb die Reichsacht gegen ihn aus u. rief Heinrich den Stolzen von Baiern zu Hülfe, vermählte demselben seine Tochter Gertrud u. verlieh ihm 1127 das Herzogthum Sachsen. Von dieser Zeit an beginnt der Kampf zwischen den Welfen (Baiern u. Sachsen) u. den Ghibellinen (Schwaben u. Franken). Konrad von Franken, der unterdessen von Palästina zurückgekehrt war, befreite indeß seinen Bruder, welcher von Lothar u. Heinrich in Nürnberg eingeschlossen war, u. zog dann über die Alpen u. ließ sich 1128 in Monza zum König von Italien krönen. Schon früher hatte sich Lothar in die böhmischen Erbfolgestreitigkeiten gemischt u. den Markgrafen Otto von Mähren begünstigt, der nach Wladislaws I. Tode dessen Bruder So, bieslaw verdrängen wollte. Zwar endeten Lothars Feldzüge nach Böhmen 1126 sehr unglücklich u. Otto kam um, doch leistete ihm Sobieslaw den Eid der Treue u. in der Folge gute Dienste. Den Herzog Boleslaw von Polen nöthigte Lothar, den von 12 Jahren her schuldigen Tribut zu zahlen u. wegen Rügen u. Pommern die Lehen zu empfangen. Nach dem Erlöschen des obotritischen Königsgeschlecht aus Heinrichs Nachkommenschaft, mit König Knut Laward 1125, belieh Lothar den Sohn des dänischen Königs Erich, der von seinem Neffen der dänischen Krone beraubt u. zu Lothar geflüchtet war, mit dem wendischen Königreich, u. als Nikolaus u. sein Sohn Magnus Erich hatten ermorden lassen, rückte Lothar nach Schleswig u. zwang Magnus, sein Vasall zu werden, 1134. Um Burgund im bessern Gehorsam zu erhalten, machte Lothar, nach des Grafen Wilhelm Tode, Konrad von Zähringen 1127 zum Herzog. Dem Grafen Konrad von Wettin, einem nahen Verwandten seiner Gemahlin, den er in der Mark Meißen bestätigte, gab er 1127 die Lausitz. Die landgräfliche Würde Hermanns von Winzenburg, welcher Burkhard von Luckenheim, Lothars Rathgeber, hatte umbringen lassen, trug er auf Thüringen über u. gab sie Ludwig III. Nach dem Ableben des Papstes Honorius II. 1130 wurden in zwiespältiger Wahl 2 Päpste, Innocenz II. u. Anaclet II., gewählt; Innocenz mußte nach Frankreich fliehen u. kam 1131 nach Lüttich, in Begleitung des St. Bernhard, den König Lothar um Beistand wider Anaclet zu bitten. Lothar erklärte sich dazu geneigt, ging 1132 über die Alpen, führte im Frühjahr 1133 den Papst nach Rom, empfing am 30. April von ihm die Kaiserkrone u. verglich sich mit ihm wegen der zur Mathildischen Erbschaft gehörigen Länder, die er von dem Päpstlichen Stuhle zu Lehen nahm u. sie 1132 seinem Eidam Heinrich von Baiern übergab, dessen Landgebiet nun von der Tiber bis zur Nordsee reichte. Nach der Rückkehr brachte die Vermittelung St. Bernhards Friedrich von Schwaben 1134 u. Konrad von Franken 1135 zur Unterwerfung, Ersterem gab der Kaiser die streitigen Güter als Lehn zurück, Letzterem die Würde des Reichsbannerträgers u. den Rang vor allen deutschen Herzögen. Albrecht den Bären, Grafen von Ballenstedt, belehnte er 1133 mit dem Markgrafenthum Nordsachsen, das sich mit Konrads von Plötzke Tode erledigt hatte. Auf dem Reichstage zu Magdeburg erschienen die Gesandten von Dänemark, Polen, Ungarn u. Böhmen, um die Streitigkeiten ihrer Völker, als des Reichs Untergebene, vom Kaiser entscheiden zu lassen. Auf dem Reichstage zu Merseburg waren die Herzöge von Polen u. Böhmen, als Lehnsträger des Reichs, zugegen u. Erster trug dem Kaiser das Schwert vor. Die Gesandten des griechischen Kaisers u. von Venedig suchten ebenda den Kaiser zum Krieg gegen König Roger von Sicilien zu bewegen, wozu ihn auch Papst Innocenz II. antrieb; deshalb that der Kaiser 1136 einen zweiten Zug nach Italien. In der Lombardei wurde sein kaiserliches Ansehen überall anerkannt, u. 1137 trieb er den König Roger so in die Enge, daß er auf dem Festlande Italiens nur noch Salerno besaß, um Frieden u. um das Herzogthum Apulien als Reichslehn für seinen Sohn bat. Lothar schlug dies ab, gerieth aber mit dem Papst wegen der Lehnsherrschaft von Apulien in Streit. Endlich verglichen sie sich zur gemeinschaftlichen Belehnung des Grafen Rainulf von Avellana. Er wollte Rogern auch Sicilien nehmen, doch die deutschen Fürsten versagten ihm ihren Beistand. Er kehrte nun nach D. zurück u. st. auf der Reise am 3. Dec. 1137 im Dorfe Bretten in Tyrol.

VIII. Schwäbische Kaiser od. Hohenstaufen, 1138–1256. Im Interesse des mächtigen Herzogs Heinrich von Baiern berief die verwittwete Kaiserin Richenza einen Reichstag nach Quedlinburg, dessen Zustandekommen aber Albrecht der Bär, welcher Erbansprüche auf Sachsen erhob[34] hinderte, während die rheinischen Fürsten zu Coblenz zusammentraten u. 22. Febr. 1138 den Hohenstaufen Konrad III., Sohn Friedrichs von Schwaben, bisher Herzog von Franken, zum Kaiser wählten. Der Papst unterstützte diese Wahl in der Absicht, das Welfische Haus nicht zu mächtig werden zu lassen. Die baierischen u. sächsischen Fürsten wollten zwar diese Wahl als ungültig verwerfen, die Hohenstaufen beriefen sich aber auf Lothars auch nicht ganz regelmäßige Wahl, u. Konrad wurde bereits 6. März 1138 zu Aachen gekrönt. Konrad, dem auch die übrigen Fürsten auf der Reichsversammlung zu Bamberg Treue schwuren, forderte nun von Heinrich die Abtretung eines seiner beiden Herzogthümer, indem es gegen die Reichsgesetze sei, daß ein Fürst deren zwei besäße. Als derselbe dies verweigerte, wurde er in die Acht u. beider Herzogthümer verlustig erklärt. Sachsen erhielt Albrecht der Bär, welcher, wie Heinrich, der Sohn einer Billungschen Erbtochter war. Ein heftiger Krieg entstand darum; bevor er entschieden war, starb Heinrich 1139 u. hinterließ einen 10jährigen Sohn, Heinrich den Löwen. Markgraf Leopold von Österreich, König Konrads III. Halbbruder, war schon vorher mit dem Herzogthum Baiern belehnt worden u. hatte sich mit Waffengewalt in Besitz desselben gesetzt. Ihm widersetzte sich Welf VI. von Altorf, Heinrichs Halbbruder, u. es entstand daraus ein Krieg, der mit der Eroberung Weinsbergs (21. Decbr. 1140), bei welcher der Schlachtruf: Hie Welf! Hie Waibling! ertönte, zu Ungunsten Welfs endigte. Als der neue Herzog Leopold gestorben war, vermählte sich dessen Bruder, Heinrich Jasomirgott, mit Gertrud, Heinrichs des Stolzen Witwe, u. erhielt in dem Vergleiche zu Frankfurt Baiern. Heinrich der Löwe, Heinrichs des Stolzen Sohn, erhielt 1142 Sachsen wieder, u. Albrecht der Bär wurde durch die Befreiung seiner Mark von der sächsischen Lehnsherrlichkeit entschädigt. Welf setzte dessenungeachtet, von den Königen von Ungarn u. Sicilien heimlich ermuntert, den Krieg fort u. hinderte Konrad III. nach Italien zu gehen. Unterdessen war im Morgenlande 1144 Edessa, die Vormauer des von den Christen eroberten. Jerusalem, von den Sarazenen erobert worden, u. Papst Eugen III. forderte von Frankreich aus die Christenheit zu einem allgemeinen Kreuzzuge auf. Konrad III. hatte wenig Lust zu einem Kreuzzuge, da er in Polen, Ungarn u. gegen Welf beschäftigt war, gab auch den Aufforderungen kein Gehör, welche von Rom aus an ihn ergingen, sich daselbst krönen zu lassen. Er durchschaute wohl, daß es sich nur darum handele, den Papst aus der Bedrängniß zu bringen, in welche dieser durch die von Arnold von Brescia geleitete Volksbewegung gerathen war. Inzwischen bewog Bernhard von Clairvaux Welf u. auch Konrad III. zu Speier, das Kreuz zu nehmen; viele Fürsten, Bischöfe, Herren, Ritter u. Gemeine folgten, u. nachdem der Kaiser seinen Sohn, Heinrich, zu seinem Nachfolger hatte wählen lassen, zog er selbst von Regensburg an mit 70,000 Rittern u. einer unzählbaren Menge Fußvolk die Donau hinab zum Kreuzzug aus. Zu gleicher Zeit thaten die sächsischen Fürsten einen Kreuzzug gegen die von dem Christenthunne abgefallenen Wenden. Ein drittes Kreuzheer, meist Lothringer, Rheinländer u. Friesen, schiffte sich in Köln ein, half den 31. Oct. 1147 Lissabon von den Arabern erobern u. setzte dann die Fahrt nach Palästina fort. Konrads Kreuzzug fiel sehr unglücklich aus; durch Verrätherei der Griechen u. Überfälle der Sarazenen wurde er genöthigt, sich erst den Franzosen, dann wegen deren Übermuth den Griechen zu Constantinopel in die Arme zu werfen, belagerte 1148 mit Ludwig VII. von Frankreich Damask u. Askalon vergebens u. zog mit kaum dem zehnten Theil seines Heeres 1149 nach der Heimath zurück. Nicht viel besser fiel der von Heinrich dem Löwen geführte Kreuzzug gegen die Wenden aus. Zwar ließ der Heveller Fürst Pribislaw sich taufen, doch der Wendenkönig Niklot verbrannte 1140 Lübeck u. verheerte Holstein. Noch vor Konrads Heimkehr 1150 hatte Welf die Feindseligkeiten gegen denselben wieder begonnen, doch schlug ihn Konrads Sohn Heinrich bei Flochberg; darauf vermittelte Friedrich (III.) von Schwaben, dessen Mutter Welfs Schwester war, den Frieden. Heinrich, schon vor dem Kreuzzug zum König gekrönt, starb noch in demselben Jahre. Konrad III. that nun einen vergebenen Zug nach Polen, zur Wiedereinsetzung des abermals vertriebenen Wladislaw; dann beabsichtigte er noch nach Italien zu ziehen, um das kaiserliche Ansehen herzustellen; er starb aber zuvor zu Bamberg, den 15. Febr. 1152. Bemerkenswerth ist unter seiner Regierung das Auswandern flandrischer u. sächsischer Colonisten nach Siebenbürgen.

Friedrich I. der Rothbart (Barbarossa), des Vorigen Neffe, schon in der Jugend als Herzog von Schwaben durch Waffenthaten u. fürstliche Tugenden berühmt, wurde zu Frankfurt a. M. 1152 einstimmig zum König der Deutschen gewählt, u. seitdem blieb diese Stadt bis zu Ende des Deutschen Reichs immer der Wahlort. Kaum zur Regierung gelangt, entschied Friedrich den Streit zwischen Knut V. u. Swen IV. wegen Dänemark zu Gunsten des Letzteren, doch mußte sich dieser dem Deutschen Reiche lehnspflichtig bekennen; darauf den zwischen Heinrich dem Löwen u. Heinrich Jasomirgott wegen des Herzogthums Baiern u. sprach Ersterem Baiern zu, wogegen der Letztere die Markgrafschaft Österreich als erbliches, von Baiern unabhängiges. mit den größten Vorrechten ausgestattetes Herzogthum erhielt. Friedrichs Hauptbestreben war, das römische Kaiserthum als weltliche Macht, im Gegensatz gegen die Gewalt des Papstes, wie unter Karl dem Gr., wieder herzustellen. Daher wendete er gleich beim Anfang seiner Regierung sein Hauptaugenmerk auf Italien, um seinem Hause dort eine Königsmacht zu gründen, deren Errichtung in D. nicht möglich war. Nachdem er vorläufig Ruhe im Reiche gestiftet hatte, ging er 1154 nach Italien, hielt einen Reichstag in den Roncalischen Feldern, entschied die Streitigkeiten der Lombarden, züchtigte die aufrührerischen Städte, setzte sich in Pavia selbst die Eiserne Krone auf u. empfing den 18. Juni 1155 zu Rom die Kaiserkrone. Nach D. zurückgekehrt, vermählte sich Friedrich 1156 mit Beatrix, der Erbin von Hochburgund, ernannte seinen Bruder Konrad zum Pfalzgrafen am Rheine, den Herzog Berthold von Zähringen zum Statthalter von Burgund, zwang 1157 den Herzog Boleslaw von Polen zur. Lehnshuldigung u. zum Tribut u. erhob 1158 Böhmen zum Königreiche. Dänemark erkannte die Lehnshoheit des Kaisers an, sein König Woldemar huldigte demselben als Vasall; König Geisa von Ungarn unterwarf sich Friedrichs I. Ausspruch hinsichtlich seiner Thronstreitigkeit mit [35] Stephan u. der König Heinrich III. von England schickte eine Gesandtschaft u. reiche Geschenke an den Kaiser, dessen Vorrang vor allen Königen er schriftlich anerkannte. So hatte Friedrich I. die Macht der Kaiserkrone wieder aufgerichtet, dem Reiche Frieden gegeben u. ihm Achtung im Auslande erworben. Nur die Italiener sannen immer auf Empörung, u. um ihren Trotz zu beugen, des Papstes Hadrian IV. Anmaßungen zurückzuweisen, Mailand u. andere lombardische Städte zu demüthigen u. seine Königsrechte in der Lombardei herzustellen, unternahm Friedrich J. 1158 den 2. Römerzug. Der Papst reizte die lombardischen Städte auf, sich dem Kaiser zu widersetzen, u. versuchte auch die deutschen Bischöfe zum Ungehorsam zu verleiten, nachdem Friedrich I. sich geweigert hatte, den Cardinälen u. Bischöfen Italiens den Lehnseid zu erlassen. Sobald Mailand sich unterworfen hatte, ließ der Kaiser durch 4 Rechtsgelehrte die Rechte der Krone feststellen u. zog das derselben Entrissene wieder ein, wodurch er 300,000 Mark Silber an Einkünften gewann. Mailand u. Crema widersetzten sich auf des Papstes Betrieb diesen Schritten; Crema wurde 1160, Mailand erst nach Hadrians Tode, 1162, nach fast zweijähriger Belagerung, erobert u. der Erde gleich gemacht, Brescia u. Piacenza aber geschleift. Der Kaiser setzte den Erzbischof Reinold von Köln zum Statthalter der Lombardei ein u. ging nach D. zurück. Aber Reinold u. die Vögte unter ihm drückten die italienischen Städte so mit Steuern u. Willkühr, daß dieselben sich von Neuem erhoben, die kaiserlichen Beamten vertrieben u. 1167 zur Vertheidigung ihrer Rechte den Lombardischen Städtebund stifteten, Lodi zum Beitritt nöthigten, Mailand wieder aufbauten, sich mit dem griechischen Kaiser verbanden u. den von Friedrich verworfenen Papst Alexander III. aus Frankreich zurückriefen. Da ging Friedrich 1166 zum 4. Mal mit einem großen Heer nach Italien, warf den Aufstand der Städte nieder u. setzte den Papst Paschalis III. wieder ein, aber eine im Heer ausgebrochene Seuche nöthigte ihn, Italien schnell wieder zu verlassen. Nachdem er in D. den Streit zwischen Heinrich dem Löwen u. dessen Feinden geschlichtet hatte, unternahm er 1174 den 5. Zug nach Italien; Heinrich der Löwe selbst begleitete ihn, verließ ihn aber in der entscheidenden Stunde, u. so verlor er am 29. Mai 1176 die Schlacht bei Legnano gegen die Lombarden u. damit die Früchte seiner langen italienischen Kriege. Er mußte sich nun zu Venedig 1177 mit Alexander III. aussöhnen u. mit den Städten, deren Bund er gutheißen mußte, einen 6jährigen Stillstand schließen, welchem 1183 der Friede zu Kostnitz folgte. Die Städte behielten Alles, was sie von des Kaisers Vorfahren erworben hatten, sandten aber alle 5 Jahre einen Consul an ihn, um die Belehnung zu empfangen, u. es mußte in allen wichtigen Sachen an den Kaiser appellirt werden. Als Friedrich nach D. zurückgekehrt war, lud er den treulosen Herzog Heinrich den Löwen auf mehrere Reichstage zur Verantwortung vor; dieser aber, auf seine Macht trotzend (er war der mächtigste deutsche Fürst, hatte Sachsen u. Baiern u. viel von den slawischen Ländern sich unterworfen), stellte sich nicht; deshalb sprach der Kaiser 1180 die Reichsacht gegen ihn aus u. erklärte ihn aller Reichslehen für verlustig. 1181 besiegt, mußte sich Heinrich der Löwe unterwerfen u. behielt nur seine Erbländer Braunschweig u. Lüneburg, mußte aber 3 Jahre zu dem Könige von England, seinem Schwiegervater, gehen. Ein Theil des Herzogthums Engern u. Westfalen fiel an das Erzbisthum Köln, die übrigen Erzbischöfe u. Bischöfe zogen alle ihre Kirchenlehen ein u. erhielten auch noch außerdem Theile von Heinrichs Landen; die slawischen Lehnsfürsten Kasimir u. Boleslaw wurden zu Reichsfürsten u. Herzögen von Pommern erklärt, Lübeck 1182 zur Reichsstadt erhoben, das Herzogthum Baiern erhielt der Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, einen Theil aber Graf Berthold von Andechs als Herzog von Meran u. die übrigen Reichslande in Sachsen Bernhard, Sohn Albrechts des Bären, unter dem Titel eines Herzogthums Sachsen. Regensburg wurde reichsfrei. Die Hausmacht der Hohenstaufen wurde unter Kaiser Friedrich durch den Heimfall des Herzogthums Franken, durch die Welfische u. Pfullendorfische Erbschaft u. durch viele Ankäufe beträchtlich vermehrt. Friedrich I. machte nun 1184 auf dem Hoftage zu Mainz seinen ältesten Sohn Heinrich (bereits seit 1164 römischer König u. designirter Nachfolger) wehrhaft, bei welcher Feierlichkeit die Kurfürsten zum ersten Mal ihre Erzämter verwalteten. Damals ertheilte er seinem 2. Sohne Friedrich das Herzogthum Schwaben, dem 3., Konrad, Franken, dem 4., Otto, Hochburgund u. die Statthalterschaft von Niederburgund; der 5., Philipp, war zum Geistlichen bestimmt, erhielt aber darauf die Mathildischen Länder in Italien. 1184 zog Friedrich zum 6. Male nach Italien, diesmal ohne Heer. Überall fand er Gehorsam u. Huldigung. Er vermählte 1186 zu Mailand seinen ältesten Sohn Heinrich VI. mit Constantia, Tochter Rogers II., der Erbin von Sicilien u. Neapel. Der Papst, hiermit unzufrieden, erregte ihm mancherlei Händel, doch nahm dies ein Ende, als die Nachricht eintraf, daß 1187 Jerusalem vom Sultan Saladin erobert worden sei. Der Kaiser beschloß einen Kreuzzug zur Wiedereroberung des Heiligen Grabes u. kehrte nach D. zurück, um sich zu rüsten. Er verglich einen Zwist mit dem, ihm feindlichen Erzbischofe Philipp von Köln, gebot zu Nürnberg einen allgemeinen Landfrieden, nöthigte den aus der Verbannung zurückgekehrten Heinrich den Löwen abermals nach England zu gehen, übergab seinem Sohne Heinrich die Regentschaft u. trat dann mit einem Heere von 50,000 Reitern u. 100,000 M. Fußvolk den Kreuzzug an. Als er nach vielen Fährlichkeiten nach Seleucia gekommen war, fand er im Flusse Kalykadnos (Saleph), indem er mit dem Pferde sich hineinstürzte, um den Feind desto schneller zu verfolgen, am 10. Juni 1190 den Tod. Unter Friedrich I. begann das Ritterthum seine Blüthe zu entfalten u. dem öffentlichen Leben, namentlich an dem Hofe des Kaisers, einen niegesehenen Glanz zu verleihen. Die Dichtkunst, gepflegt von den Rittern (Minnesänger), veredelte u. begeisterte die Nation u. die Wissenschaft, namentlich die Begründung von Gesetz u. Recht, fand an Friedrich einen eifrigen Förderer. Durch Ländertheilungen wurde die herzogliche Gewalt vermindert, mehr noch dadurch, daß die Bischöfe reichsunmittelbar wurden u. die Erzbischöfe als Wahlfürsten den Vorrang vor den Herzögen behaupteten.

Heinrich VI., Friedrichs I. Sohn, empfing 1191 zu Rom die Kaiserkrone u. erbte vom alten Welf Toscana, Sardinien u. viele Güter in Schwaben[36] u. Baiern. Früher schon war König Roger von Sicilien gestorben u. Kaiser Heinrich war sein rechtläßiger Erbe; doch die Sicilier hatten Tancred, den unehelichen Sohn Rogers, zum König erhoben, u. Heinrichs erster Versuch, denselben 1191 vom Throne zu stürzen, mißlang. In D. ließ Heinrich VI. Heinrich den Löwen, der 1191 zurückgekehrt war, durch die Grafen von Holstein u. Ratzeburg bekriegen, söhnte sich aber 1194 mit ihm aus, u. Heinrichs ältester Sohn Heinrich vermählte sich mit der einzigen Tochter u. Erbin des Pfalzgrafen Konrad am Rhein. Ein Hauptgrund der Nachgiebigkeit Heinrichs des Löwen war die Gefangennahme seines Schwiegervaters, des Königs Richard Löwenherz von England, 1192 auf der Rückkehr von Palästina durch Herzog Leopold von Österreich (s.u. Kreuzzüge). Kaiser Heinrich VI. nöthigte Leopold, ihm den Gefangenen zu überlassen, u. hielt denselben in Hast, bis er sich 1194 mit 150,000 Mark Silber löste. Nun zog der Kaiser wieder nach Italien, eroberte Neapel u. Sicilien, hielt 30. Nov. 1194 seinen Einzug in Palermo u. wüthete mit unerhörter Grausamkeit gegen Tancreds Geschlecht u. dessen Anhänger. Bei seiner Rückkehr nach D. wollte Heinrich, da er nach Heinrichs des Löwen Tode keinen Widerstand der deutschen Fürsten fürchtete, die Kaiserkrone erblich an sein Geschlecht bringen. Er bot dafür auf den Reichstagen zu Worms u. Würzburg 1196 den weltlichen Fürsten die Erbfolge, auch in weiblicher Linie auf ihre Lande, den Geistlichen die Verzichtleistung auf das Spolienrecht an. Schon hatten der Papst u. 52 Fürsten eingewilligt, als Bernhard von Anhalt u. der Erzbischof von Mainz diesen Plan hintertrieben, u. Heinrich erlangte nur die Zusicherung der Thronfolge für seinen Sohn Friedrich. Darauf ging er nach Sicilien, stillte ausgebrochene Unruhen u. war eben im Begriff einen Eroberungskrieg gegen das Byzantinische Reich zu machen, als er am 28. Sept. 1197 in Messina starb.

Sein Sohn Friedrich war nur 4 Jahr alt, als sein Oheim väterlicher Seits, Philipp, der mit Mühe aus Italien nach D. zurückgekommen war, sich Anfangs als Vormund seines unmündigen Neffen zu behaupten suchte. Aber die Ränke des Papstes Innocenz III. u. die Abneigung der deutschen Fürsten, einem Kinde den Kaiserthron zu übergeben, bewirkten, daß Berthold v. Zähringen zu Andernach zum deutschen König erwählt wurde. Damit nun die Krone dem Hause der Hohenstaufen nicht entgehe, entschloß sich Philipp, der schon die Reichskleinodien hatte, sich selbst als König aufzustellen, bewog Berthold durch 11,000 Mark Silber u. Lehen zum Rücktritt, ließ sich 1198 zu Mühlhausen von den Herzögen zu Schwaben, Sachsen, Baiern u. A. zum König wählen u. zu Mainz von dem Erzbischof von Tarent in Abwesenheit des Erzbischofs Konrad von Mainz krönen, nachdem ihn zuvor der päpstliche Legat vom päpstlichen Bann losgesprochen, womit ihn Papst Cölestin III. wegen einiger Gewaltthätigkeiten, die er als Herzog von Toscana an den Gütern der römischen Kirche verübt haben sollte, belegt hatte. Innocenz III. erklärte die Handlung seines Legaten für nichtig u. nahm für den Gegenkönig der welfischen Partei, Otto von Braunschweig, Sohn Heinrichs des Frommen, für welchen, zum Theil durch englisches Geld bestochen, die geistlichen Fürsten, der Herzog von Brabant u. der Landgraf von Thüringen waren. Philipp zerstörte 1198 mit Hülfe des Herzogs Walram von Limburg u. Ottokars von Böhmen, den er zum Könige erhob, Bonn u. Andernach u. verheerte das Erzbisthum Köln. Er suchte in einer Allianz mit Frankreich ein Gegengewicht gegen die Verbindung Ottos mit England zu erhalten, konnte aber die Krönung des Letzteren in Aachen nicht hindern. Mehrere siegreiche Treffen lieferte er gegen Otto, vorzüglich an der Mosel. 1199 zog er gegen Sachsen u. belagerte Braunschweig vergeblich. Der Markgraf Dietrich von Meißen aber gewann einen solchen Einfluß auf ihn, daß er auf dessen Betrieb den König von Böhmen dieses Landes für verlustig erklärte, weil dieser 1200 die Schwester des Markgrafen Adela verstoßen hatte. Als Philipp 1203 den wankelmüthigen Landgrafen Hermann I. von Thüringen züchtigen wollte, wurde er von dem vereinten Heere der Böhmen unter Ottokar, der Sachsen unter dem Pfalzgraf Heinrich, Ottos Bruder, u. der Thüringer in Erfurt eingeschlossen, entkam jedoch zu dem Markgrafen von Meißen. Mit verstärkter Macht erschien er im folgenden Jahre in Thüringen, die Böhmen flohen vor ihm u. Landgraf Hermann unterwarf sich. Philipp, die Oberhand über Otto behaltend, ließ sich 1204 vom Erzbischof von Köln von Neuem zu Aachen krönen u. 1207 vom Papst vom Bann lossprechen, was dieser unter der Bedingung that, daß der Kaiser seine Tochter dem Vetter des Papstes, Richard, zur Gemahlin u. derselben statt des Brautschatzes Spoleto, die Mark Ancona u. die anderen Mathildischen Länder geben sollte. Mit Otto wurden Unterhandlungen gepflogen, daß er dem Königthum entsagen, die kaiserliche Prinzessin Beatrix heirathen u. nebst dem Herzogthum Schwaben die Anwartschaft auf die Krone haben sollte. Aber Otto ging dies nicht ein, u. nach kurzer Waffenruhe rüstete man sich wieder zum Krieg. Während der Vorbereitungen zum Kampfe wurde Philipp den 21. Juni 1208 auf der Altenburg bei Bamberg vom Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach ermordet, weil er diesem seine ihm früher verlobte Tochter, Kunigunde, nicht hatte zur Ehe geben wollen. Otto IV. wurde nun allgemein anerkannt u. 1209 in Rom zum Kaiser gekrönt, aber auch alsbald mit dem Banne belegt, als er sich der Muthildischen Güter beniächtigen u. dem jungen Friedrich von Sicilien, Heinrichs VI. Sohn, sein Erbe entreißen wollte. Diesen stellte Papst Innocenz III. als Gegenkaiser auf u. brachte es bald dahin, daß Otto in Folge des Abfalls mehrerer, namentlich geistlicher Fürsten, nach D. zurückkehren mußte, um seine Suche aufrecht zu erhalten. Er vermählte sich daselbst mit Philipps Tochter, Beatrix, als diese aber schon 3Tige nach der Hochzeit starb, fielen die Baiern u. Schwaben von ihm ab u. wundten sich zu Friedrich II., der inzwischen nach D. gekommen war. Schon früher hatten sich die Erzbischöfe Siegfried von Mainz u. Wichmann von Magdeburg gegen Otto erklärt u. ihm dadurch viele Gegner zugezogen. Er verheerte deshalb die mainzischen u. thüringischen Lande. Seine Verbündeten waren Ludwig von Baiern, Albrecht von Brandenburg, Dietrich von Meißen u. König Johann von England. Für Friedrich, welcher 1212 zu Mainz gesalbt wurde, erklärten sich die meisten übrigen Fürsten u. auch König Philipp August von Frankreich, welcher ihn mit Hülfsgeldern unterstützte. Gegen Letzteren wandte sich Otto nun zunächst, verlor aber[37] am 27. Juni 1214 die entscheidende Schlacht bei Bovines u. damit alle Hoffnung, sich zu behaupten. Er zog sich in seine altsächsischen Erblande zurück, wo er 1218 starb.

Friedrich II., Sohn des Königs Heinrich VI., Enkel Friedrichs des Rothbarts, hatte, um den König von Dänemark von Ottos Partei abwendig zu machen, demselben die Lehnshoheit über die nordwestlich der Elbe gelegenen deutschen Lande abgetreten, wodurch er das deutsche Reichsgebiet verminderte. Bei seiner Vorliebe für Italien u. italienische Lebensweise, die ihm durch seine Erziehung in Sicilien eingeimpft war, war es nicht zu verwundern, daß seine Absicht nicht sowohl auf die Vermehrung seiner Macht in D., als auf die Gründung eines großen Kaiserreichs gerichtet war. Nachdem er 1215 in Aachen gekrönt worden war, erklärte er den Pfalzgrafen Heinrich, Kaiser Ottos IV. Bruder, in die Acht u. ernannte den Herzog Ludwig von Baiern zum Pfalzgrafen am Rhein. Pfalzgraf Heinrich behauptete sich aber, doch vermählte er seine Tochter mit Ludwigs Sohn, Otto dem Erlauchten, welcher 1227 sein Nachfolger in der Rheinpfalz wurde. Den Bischöfen bewilligte Friedrich 1120 die Landeshoheit, gewährte den bischöflichen Städten wichtige Freiheiten u. begab sich des Spolienrechts in der Absicht, die Wahl seines 7 jährigen Sohnes Heinrich zum römischen Könige u. dessen Krönung durchzusetzen. Zugleich ließ er ihn auch zum König von Sicilien krönen u. übergab ihn der Aufsicht des Erzbischofs Engelbrecht von Köln, welchen er zum Reichsverweser ernannte, ging dann nach Rom u. empfing dort 1220 die Kaiserkrönung. Die Krönung als lombardischer König war ihm von den Mailändern versagt worden. Er beschäftigte sich nun mehrere Jahre ausschließlich mit den italienischen Angelegenheiten, während dessen Engelbrecht in D. die Ruhe aufrecht erhielt. Engelbrecht wurde aber 1225 von dem Grafen Friedrich von Isenburg ermordet, worauf König Heinrich der Aufsicht Ludwigs von Baiern anvertraut wurde, der aber 1231 gleichfalls durch Meuchelmord fiel. Die Schwäche der Reichsregierung machte sich König Waldemar von Dänemark zu Nutze, um seine Herrschaft immer weiter auszubreiten u. die deutschen Reichsstände, seine Lehnsleute, zu bedrücken. Graf Heinrich von Schwerin nahm ihn indeß 1223 durch Ueberfall gefangen u. zwang ihn zur Entsagung der Lehnshoheit über die deutschen Lande. Doch schon 1227 kam es wieder zum Kriege, in welchem der Graf von Schwerin, unterstützt vom Erzbischofe von Bremen u. vom Herzoge Albrecht von Sachsen, den großen Sieg bei Bornhöved gewann. Einen Krieg mit Otto von Braunschweig führke König Heinrich selbst. Irmgard, Tochter des Pfalzgrafen Heinrich, welche an Hermann von Baden vermählt war, machte nämlich Erbansprüche auf die braunschweigischen Lande u. trat dieselben gegen andere Besitzungen an den Kaiser ab. Die Braunschweiger vertheidigten aber ihren Herrn so, daß Heinrich ablassen mußte. Otto wurde mit dem Kaiser ausgesöhnt u. nahm Braunschweig u. Lüneburg als Herzogthum vom Reiche zu Lehn. Auch in anderen Gegenden nahmen die Fehden u. Beeinträchtigungen überhand: in Baiern befehdeten der Pfalzgraf Ratbod u. der Graf von Pogen einander, in Österreich empörte sich Herzog Heinrich III. gegen seinen Vater Leopold VIII., das mainzer Erzstift wurde von seinem eigenen Erzbischofe so ausgesogen, daß es einer Wüste glich. Endlich brachten auch die Ketzerverfolgungen in D. große Verwirrung hervor. Dem Papste zu Gefallen hatte Friedrich II. ein scharfes Gesetz gegen die Ketzer erlassen u. den weltlichen Obrigkeiten befohlen, den Geistlichen in Verfolgung der Ketzer beizustehen. Konrad von Marburg, Beichtvater der Sta. Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, ließ nun als Großinquisitor eine große Menge Menschen lebendig verbrennen, bis er 1233 umgebracht wurde. Der Kriegszug gegen die Stedinger, 1234, beschloß die Ketzerverfolgungen. Der seit 1220 in Italien weilende Friedrich II. gerieth dort theils mit den lombardischen Städten, die ihre alten Rechte wieder zu erlangen strebten, theils mit dem Papste Honorius III. über die kirchlichen Rechte in Conflict. Er besänftigte den Letzteren durch das Versprechen eines Kreuzzuges u. schiffte sich, als er 1224 Jolanta, Tochter Johanns von Brienne, Erbin des Königreichs Jerusalem, geheirathet u. mit ihr die Ansprüche auf dieses Reich gewonnen hatte, 1227 wirklich zu Brindisi nach Palästina ein, kehrte aber schon nach 3 Tagen, von einer ansteckenden Krankheit ergriffen, nach Otranto zurück. Der 1227 erwählte Papst Gregor IX. erklärte diese Krankheit jedoch für erdichtet, erlaubte sich auch die üppigen Sitten des Kaiserhofes zu bestrafen u. belegte den Kaiser mit dem Bann, ein Schritt, der seine Vertreibung aus Rom durch die auf der Seite des Kaisers stehenden Römer zur Folge hatte. Als nun aber Friedrich sich entschloß, 1228 den Kreuzzug zu beginnen, that Gregor IX., dem es mehr darum zu thun war, Friedrich zu schwächen, insgeheim Alles, um das Gelingen des Kreuzzuges zu hintertreiben Der Patriarch von Jerusalem u. die dortigen Ritterorden wurden gestimmt, das Ihrige hierzu beizutragen, u. Friedrichs italienische Staaten besetzt u. verwüstet. Allein dieser Hindernisse ungeachtet erhielt Friedrich durch kluge Unterhandlungen einen 10jährigen Waffenstillstand vom Sultan von Ägypten, welcher ihm Jerusalem, den Landstrich zwischen Bethlehem, Joppe, Nazareth u. Akre u. die Häfen Sidon u. Tyrus abtrat. Friedrich setzte sich nun am 17. März 1229 in der Kirche zu Jerusalem die Krone selbst auf u. kehrte nach Italien zurück, wo der Papst, von dem Kaiser zum Frieden genöthigt, 1230 den Baun löste. In D. wirthschaftete inzwischen sein Sohn, König Heinrich, übel: er verschwendete die Reichsgüter u. erlaubte sich Willkührlichkeiten u. Bedrückungen, die ihn in viele Fehden mit Fürsten u. Ständen verwickelten. Vergebens waren Friedrichs Mahnungen, ja endlich zeigte Heinrich immer unverholener die Absicht, sich von seinem Vater unabhängig zu machen. Zu diesem Ende suchte er insgeheim den Beistand des Papstes, zeigte sich diesem in Ketzerverfolgungen durchaus willfährig, fand aber an den Ständen, die treu zum Kaiser gegen den Papst u. seine Legaten hielten, einen energischen Widerstand. Um nun zunächst die Fürsten auf seine Seite zu ziehen, gab er 1231 zu Worms auf dem Reichstage ein Verfassungsgesetz, wodurch er den weltlichen Fürsten die Landeshoheit einräumte, die Städte aber in ihren Freiheiten beschränkte. Scheinbar kam 1232 zu Friaul eine Aussöhnung zwischen Vater u. Sohn zu Stande u. Heinrich leistete den Schwur des Gehorsams. Aber bald begann Heinrich das alte Spiel von Neuem. Er suchte nun auch die Städte zu gewinnen, indem er[38] ihnen Concessionen machte, u. knüpfte 1234 eine Verbindung mit dem lombardischen Städtebunde an, um mit dessen Hülfe seinen Plan durchzusetzen. Nun kam Friedrich im Juni 1235 selbst nach D., ließ Heinrich, der bald von seinem Anhange verlassen war, verhaften u. nach Apulien führen, wo er nach 7 Jahren im Kerker st. Bald darauf feierte der Kaiser zu Worms seine Vermählung mit seiner 3. Gemahlin, Isabella von England, u. dann hielt er einen Reichstag zu Mainz, auf dem des Königs Heinrich Absetzung bestätigt, Braunschweig u. Lüneburg als Herzogthum in die Lehnbarkeit des Reichs aufgenommen, ein Landfrieden von den Reichsständen beschworen u. ein Hofrichter eingesetzt wurde, der im Namen des Kaisers alle Streitigkeiten, ausgenommen die der Fürsten, schlichten sollte, auch wurde festgesetzt, daß alle Gesetze in deutscher Sprache abgefaßt werden sollten. Nachdem Friedrich die durch Heinrichs Mißregierung herbeigeführten anarchischen Zustände D-s geordnet hatte, zog er abermals nach Italien, um dort die von dem Papste aufgeregte Welfenpartei zu bekämpfen. Kaum hatte er aber daselbst den Krieg begonnen, als Friedrich der Streitbare von Österreich große Unruhen im Reiche erregte, u. als er dafür mit der Reichsacht belegt wurde, die Länder der Achtsvollstrecker, des Königs von Böhmen u. des Herzogs von Baiern, verwüstete. Der Kaiser kehrte 1237 zurück, unterwarf fast ganz Österreich, machte Wien reichsfrei u. ließ seinen 2. Sohn Konrad, Herzog von Schwaben, zu Speier zum römischen Könige erwählen. Während seines Aufenthalts in D. erweiterte u. befestigte Friedrich die hohenstaufische Hausmacht. Alle Lande von Burgund bis an die ungarische Grenze, mit Ausnahme von Baiern, Kärnten u. der Bisthümer, waren unmittelbarer Besitz des Kaisers. Das Welfische Haus war versöhnt, u. der Streit zwischen den beiden großen Parteien dauerte nur noch in Italien fort. Friedrich von Österreich erhielt 1245 sein Land, von dem jedoch Steiermark getrennt wurde, zurück, da der Kaiser seines Beistandes gegen die Lombarden bedurfte. 1241 wurde D. von den Mongolen bedroht; Friedrich II. konnte, seiner italienischen Kriege wegen, nichts zum Schutze des Reiches thun. Vergebens beschlossen die sächsischen Fürsten zu Merseburg einen Landsturm, er kam nicht zu Stande, u. allein König Konrad u. Friedrich von Österreich sammelten einige Schaaren, um die Grenzen zu decken. Zum Glück zogen sich jedoch die Mongolen nach der Schlacht bei Wahlstatt 1241 zurück. Da Ungarn u. Schlesien von den Mongolen verödet worden waren, so zogen viele deutsche Ansiedler nach diesen Ländern, u. die deutsche Bevölkerung dort stammt zum Theil von diesen Einwanderern. Die Fehden der Fürsten, Prälaten u. Städte nahmen während der Abwesenheit des Kaisers überhand. So wurden die Markgrafen von Brandenburg von dem von Meißen u. dem Erzbischofe von Magdeburg, der Graf von Holstein u. die Dänen von Lübeck bekriegt; so fehdeten der Graf von Flandern u. der Herzog von Nieder-Lothringen wegen der lütticher Bischofswahl mit einander, u. Adel u. Bürgerschaft von Eichstedt vertrieben ihren Bischof u. die Geistlichen. Papst Innocenz IV. setzte die Politik seines Vorgängers Gregors IX. gegen den Kaiser fort. Als er sich in Rom nicht mehr sicher glaubte, floh er nach Lyon, erklärte hier den Kaiser für einen Ketzer, sprach den Bannfluch über ihn aus, ließ durch die Bettelmönche das Kreuz gegen den Kaiser predigen u. durch den passauer Domherrn Albrecht Beham die Fürsten u. Bischöfe zum Aufruhr reizen. Auch bot er mehreren Reichsfürsten die deutsche Krone an, welche aber dieselbe ausschlugen. Endlich ließ sich der Landgraf Heinrich Raspe von Thüringen, welchen der Kaiser an Stelle des Erzbischofs Siegfried von Mainz zum Reichsverweser ernannt hatte, durch ein Geschenk von 25,000 Mark Silber erkaufen, als Gegenkönig aufzutreten u. wurde 1246 von den rheinischen Erzbischöfen anerkannt u. gekrönt. Er schlug den König Konrad bei Frankfurt a. M., erlitt aber eine Niederlage bei Ulm u. st. am 17. Februar 1247. Nun wurde am 3. October 1247 Graf Wilhelm von Holland als Gegenkönig von einigen Bischöfen erwählt, hatte aber so geringes Ansehen u. besaß von Haus aus so wenig Mittel, daß er von den Beiträgen der Geistlichen unterhalten wurde, wozu, auf des Papstes Geheiß, die deutschen Kirchen beitragen mußten. Dessenungeachtet wurde der deutsche König Konrad, obgleich er seinen Anhang durch Heirath mit der Tochter Ottos des Erlauchten von Baiern vermehrt hatte, von dem päpstlichen Anhang geschlagen u. gezwungen zu seinem Vater nach Italien zu fliehen. Friedrich II., nicht fern mehr von seinem Ziele, den Trotz des Papstes Innocenz IV. zu brechen, wie er den seiner beiden Vorgänger gebrochen hatte, st. zu Fiorentino am 13. Decbr. 1250. Je gleichgültiger die Fürsten, namentlich die geistlichen, gegen das Kaiserthum geworden waren u. je mehr sie darauf dachten, sich zu unumschränkten Herrschern ihrer Staaten zu machen, um so energischer trat der Bürgerstand auf, um durch eigene Kraft der Zerrüttung vorzubeugen, welche, nach Vernichtung der kaiserlichen Autorität, über die gesellschaftlichen Zustände in D. hereinzubrechen drohte. Das arge Treiben der Raubritter, welches die Landstraßen unsicher machte u. dem Handel u. Verkehr verderblich wurde, u. die Corruption, welche den Schutz der Gesetze illusorisch machte, rief die Städtebündnisse ins Leben, so im Norden die seemächtige Hanse u. im Westen den Rheinischen Städtebund.

Nach Friedrichs II. Tode stritten sich Konrad IV., sein Sohn, schon bisher römischer König, u. Wilhelm von Holland um die Krone. Von Neuem zu Rom excommunicirt, sollte Konrad nicht einmal sein Stammherzogthum Schwaben behalten; diesem war es mehr darum zu thun, seine reiche Erbschaft Sicilien zu behaupten, als sich in D., wohin er zurückgekehrt war, um den leeren Titel eines deutschen Königs herumzuschlagen. Nachdem er 1251 von Wilhelm bei Oppenheim eine Niederlage erlitten hatte, übergab er seinem Schwiegervater Otto dem Erlauchten von Baiern die Reichsverweserschaft u. zog 1251 mit einem Heere aus D. nach Italien. Dort klagte ihn der Papst an, seinen Bruder Heinrich im Gefängniß vergiftet zu haben. Er unterwarf Apulien u. eroberte 1253 Neapel, starb aber 21. Mai 1254 zu Lavello im Neapolitanischen. Sein Sohn war der unglückliche Konradin von Schwaben, bei seines Vaters Tode nur 2 Jahr alt. König Wilhelm von Holland gewann durch Friedrichs II. u. Konrads IV. Tod wenig u. spielte nach wie vor eine traurige, fast lächerliche Rolle. Konrads Anhänger belegte er wirkungslos mit der Reichsacht. Den Rheinischen [39] Städtebund bestätigte er 1254, wodurch er sich bei den fehdesüchtigen Reichsständen viele Feinde zuzog, u. der Erzbischof Konrad von Köln vertrieb ihn mit Gewalt aus der Grafschaft Holland. Aus Geldmangel verkaufte er mehrere Reichsgüter. Endlich kam er in einem Feldzuge gegen die empörten Friesen 1256 um.

IX. Das Zwischenreich, 1256–1273. Durch der letzten Könige Widerwärtigkeiten war die deutsche Krone so wenig begehrenswerth geworden, daß kein deutscher Fürst sie annehmen wollte, u. da Papst Alexander IV., den Haß gegen die Hohenstaufen mit seinen Vorgängern theilend, dagegen war, daß Konradin zum Könige erwählt wurde, so sahen sich die Kurfürsten genöthigt, auswärts Fürsten zu wählen. Ohne Patriotismus u. von Eigennutz getrieben, hatten die meisten Kurfürsten ihre Stimmen schon bei früheren Kaiserwahlen nur gegen Versprechungen von Lehen u. von Dotationen gegeben; jetzt wurden sie um Geld feil. Die höheren Stände u. die Geistlichkeit verfielen einer immer größeren Sittenverderbniß, während der Bürgerstand durch Handelserwerb zu Reichthum u. Ansehen gelangte. Ihm kamen größtentheils die Kreuzzüge zu Gute, die dem Handel neue Wege eröffneten, während es umgekehrt wieder Kaufleute waren, welche die civilisirenden Erfolge des Christenthums durch Gründung einer frommen Stiftung unterstützten, aus der sich in kurzer Zeit der mächtige Deutsche Orden entwickelte, welcher deutsche Cultur u. deutschen Gewerbfleiß an die Küsten des Baltischen Meeres verpflanzte. Mit dem Verfall des Ritterthums verfiel auch die von demselben gepflegte Kunst des Minnegesangs, dagegen entwickelte von nun an die christliche Baukunst, unterstützt von der mächtig gewordenen Kirche, sich zu einer seither in D. nicht gekannten Blüthe. Die Erzbischöfe von Köln u. Mainz, Konrad u. Gerhard, wählten Richard, Grafen von Cornwall u. Poitou, Bruder Heinrichs III. von England; dagegen Trier, Böhmen, Sachsen u. Brandenburg den König Alfons X., den Weisen, von Castilien, als neuen Kaiser. Richard hatte die Krone mit großen Geldsummen erkauft; Alfons versprach viel, konnte aber nicht zahlen, kam auch nie nach D. u. übte keine Regierungshandlung aus, darum wurde Richard, auf dessen Seite sich auch der Papst wendete, anerkannt u. 17. Mai 1257 in Aachen gekrönt. Er erwarb sich durch seine Leutseligkeit u. Rechtlichkeit allgemeine Liebe. Gleich nach der Krönung kehrte er aber, um seinen Bruder aus der Gefangenschaft zu befreien, nach England zurück u. kam erst 1260 mit Schätzen wieder nach D., berief einen Reichstag, schlichtete die Streitigkeiten u. gab Gesetze gegen die Raubritter. Unter Richard wurde der 9jährige Thüringische Erbfolgekrieg geführt. Die verwittwete Landgräfin Sophie erstritt ihrem unmündigen Sohne Heinrich dem Kinde wenigstens die Hälfte der thüringischen Besitzungen u. Hessen. 1262 kam Richard wieder nach D., belehnte Ottokar von Böhmen mit Steyermark, bestätigte die Privilegien mehrerer Reichsstädte, u.a. von Strasburg u. Hagenau, u. schenkte dem Reichsschatz zu Aachen Krone, Scepter, Reichsapfel u. kostbare Gewänder. Nach England wegen innerer Kriege 1264 zurückgekehrt, wurde er in der Schlacht von Lewes von Simon von Montfort gefangen u. 14 Monate lang in strenger Hast gehalten. Konradin von Schwaben hoffte noch immer auf die deutsche Kaiserkrone, aber die Ränke des Papstes hintertrieben jeden Versuch, die Fürsten D-s zu einer Wahl zu einigen. 1267 zog er, von der Ghibellinischen Partei angerufen, nach Italien, um, nachdem er dort das Erbe seiner Väter mit den Waffen erobert haben würde, auch seine Ansprüche auf die Kaiserkrone geltend zu machen. Aber sein Feldzug endete traurig. Von Karl von Anjou bei Tagliacozzi geschlagen, wurde er auf der Flucht gefangen genommen u. starb in Neapel auf dem Blutgerüste. Mit ihm erlosch das Haus der Hohenstaufen u. auch das Herzogthum Schwaben, u. die Häuser Baden, Habsburg u. Württemberg vergrößerten sich durch dessen Erbgüter. 1268 kam Richard wieder nach D., berief einen Reichstag nach Worms, gab gute Gesetze über die Rheinschifffahrt u. vermählte sich 1269 in 2. Ehe mit Beatrix von Falkenstein, die er mit nach England nahm. Dort starb er am Schlag den 2. April 1272.

X. Könige u. Kaiser aus verschiedenen Häusern, von Rudolf von Habsburg, 1273 bis 1437. Rudolf I., Graf von Habsburg, Sohn des Grafen Albrecht IV. von Habsburg, durch Länderbesitz in der Schweiz, Schwaben u. dem Elsaß angesehen, wurde nun, als rechtliebender u. tapferer Mann bekannt, dessen geringe Hausmacht bei den Fürsten wenig Besorgniß erregte, auf den Vorschlag des Erzbischofs Werner von Mainz einstimmig am 30. September 1273 in Frankfurt a. M. zum König erwählt. nachdem Papst Gregor X. die Fürsten dringend ermahnt hatte, durch die Wahl eines fähigen Reichsoberhauptes dem gesetzlosen Zustande in D. ein Ende zu machen. An Rudolfs Wahl betheiligten sich 7 Kurfürsten, welche seitdem das ehemals den alten Stammesherzögen zustehende Wahlrecht ausübten. Es waren dies 3 geistliche (Mainz, Trier u. Köln) u. 4 weltliche Fürsten (die Herzöge von Sachsen, Baiern, der Pfalzgraf am Rhein, der Markgraf von Brandenburg). Auch der König von Böhmen beanspruchte eine Kurstimme, wurde aber als nicht deutscher Abkunft vom Wahlrechte ausgeschlossen. Rudolf wurde am 28. October in Aachen gekrönt u. befestigte sein Ansehen dadurch, daß er 3 seiner Töchter an die Fürsten von der Pfalz, Sachsen u. Brandenburg verheirathete. Um Italien kümmerte er sich nicht sonderlich; zwar setzte er einen Reichsverweser ein, gab ihm aber keine Kriegsmacht, mit welcher er sein Ansehen hätte behaupten können. Papst Gregor X., dem sich Rudolf durchaus nachgiebig bezeigte, zwang 1275 Alfons von Castilien, den Titel eines deutschen Königs abzulegen. Als Rudolf mit dem Papste 1276 eine Zusammenkunft in Lausanne hielt, gelobte er einen Kreuzzug nach Palästina, wogegen Gregor ihm die Kaiserkrönung zusagte. Beide erfüllten ihr Versprechen nie. Rudolf war nur darauf bedacht, das Ansehen der königlichen Macht in D. herzustellen u. seine Hausmacht zu vergrößern. Zuerst wandte er sich gegen König Ottokar von Böhmen, der ihm die Huldigung verweigerte; eroberte 1276 Wien u. stellte dann den Streit wegen der Huldigung einem Fürstengerichte anheim, u. Ottokar mußte Böhmen u. Mähren zu Lehen nehmen, Österreich aber abtreten. Damit unzufrieden, griff Ottokar 1277 aufs Neue zu den Waffen, wurde aber in der Schlacht auf dem Marchfelde bei Wien 1278 geschlagen u. getödtet (vgl. Böhmen, Gesch. IV.). Sein Sohn, Wenzel 11., erhielt Böhmen u. Mähren[40] zurück; da er noch unmündig war, so wurde er bis 1286 unter Vormundschaft des Markgrafen Otto von Brandenburg gestellt u. mit Rudolfs Tochter, Jutta, verlobt. In Österreich, Steiermark u. Krain setzte Rudolf seinen ältesten Sohn Albrecht zum Statthalter ein u. belehnte diesen 1. Juni 1283 mit diesen Ländern; Kärnten bekam Graf Meinhard III. von Tyrol, mit dessen Tochter, Elisabeth, Albrecht sich vermählte. Um das Hohenstaufische Erbe, von welchem viele Fürsten u. Herren, namentlich der Graf Eberhard von Württemberg, Theile an sich gerissen hatte, führte er mit diesem u. seinen Verbündeten 1286 einen Krieg, zerstörte viele Burgen u. zwang Eberhard nach der Belagerung von Stuttgart zum Frieden; das Herzogthum Schwaben machte er zum unmittelbaren Reichslande, dessen Herzog er selbst wurde. Nach einem kurzen Zwiste mit Papst Nikolaus III., wegen der kaiserlichen Rechte im römischen Gebiete, entsagte er denselben 1279, bestätigte alle Schenkungen früherer Kaiser u. begründete dadurch den Kirchenstaat als weltliche Macht. Auch einigen italienischen Städten verkaufte er die Befreiung von der Reichshoheit. Mit König Karl von Sicilien schloß er 1280 einen Vertrag, durch welchen Toscana wieder an das Reich kam, Karl dagegen mit der Provence gelehnt wurde. Für die Aufrechthaltung der Ruhe in D. wirkte er mit großer Thätigkeit u. beschränkte das Fehdewesen durch die Landfriedensgesetze auf 3 Reichstagen, zu Mainz 1281, Würzburg 1287 u. Erfurt 1290; den Wegelagerern u. Raubrittern zerstörte er mehr als 70 Raubschlösser, bes. in Thüringen, u. ordnete das unter den letzten Kaisern in Verwirrung gerathene Münzwesen. Zur Herstellung des Landfriedens erneuerte er das Amt eines Hofrichters, auch verordnete er 1281, daß alle öffentlichen Urkunden u. Verhandlungen in deutscher Sprache abgefaßt werden sollten. Da die meisten Kurfürsten ihm nahe verwandt od. seine Freunde waren, so herrschte während seiner Regierung große Einigkeit auf den Reichstagen. Von 1281–89 führte er einen langwierigen Krieg mit dem Grafen Otto v. Burgund, Raynaud v. Mömpelgard u. Philipp v. Savoyen, um das Königreich Burgund wieder herzustellen u. an das Reich zu bringen. Er erreichte diesen Zweck aber nur theilweise, indem er die Grafen zur Anerkennung der königl. Hoheitsrechte brachte, ohne das Reich zu einem Ganzen vereinigen zu können. Schon ein Sechziger heirathete er die 14jährige Isabella v. Burgund, um eine engere Verbindung des Landes mit dem Kaiserhause herbeizuführen. Hinsichtlich der Reichsverfassung war die Entscheidung Rudolfs über das Wahlrecht Böhmens wichtig. Er ertheilte dem Könige Wenzel das Erzschenkenamt des Reichs u. das Kurrecht, welches dadurch dem Herzoge von Baiern verloren ging. Seitdem war es Brauch, das Recht der Kaiserwahl als mit den Erzämtern verbunden anzusehen. Die königliche Macht erlitt eine Beschränkung durch die den Kurfürsten 1281 ertheilte Befugniß, in wichtigen Reichsangelegenheiten durch sogen. Willebriefe ihre Zustimmung od. ihr Veto auszusprechen. Das Auftreten des Betrügers Thilekolup 1285 als Kaiser Friedrich II. gab zu keinen großen Unruhen Anlaß. Der allgemeinen Achtung u. Liebe ungeachtet, die Rudolf besaß, konnte er doch auf dem Reichstage in Frankfurt 1291 die Wahl seines Sohnes Albrecht zum Römischen Könige nicht durchsetzen, da die Für sten dessen Habsucht u. Willkühr fürchteten. Rudolf starb in Germersheim den 30. Sept. (nach Andern den 15. Juli) 1291.

Adolf von Nassau, Sohn des Grafen Walram von Nassau, Kaiser Rudolfs Hofrichter, wurde nach 10monatlicher Thronerledigung am 10. Mai 1292 durch die Bemühungen seines Oheims, des Erzbischofs von Mainz, Gerhard von Eppstein, u. nachdem er die übrigen Kurstimmen durch Versprechungen erkauft hatte, zum Könige gewählt u. am 24. Juni in Aachen gekrönt. Albrecht von Österreich, der gehofft hatte, die Krone zu erhalten, wurde deshalb des neuen Königs Feind. Auch mit seinem Oheime, dem er für die Wahl große Bewilligungen zugesagt hatte, verfeindete er sich, weil er eben nicht alles Reichsgut verschleudern u. sich nicht unbedingt von Gerhard lenken lassen wollte. Hessen erhob er 1292 als unmittelbares Reichsland zur Landgrafschaft. Auch schloß er mit dem Könige Eduard I. von England 1294 einen Bund gegen Frankreich u. übernahm die Stellung eines Heeres gegen den Empfang von 10.000 Mark Silber (doch untersagte ihm der Papst die Theilnahme an dem Kriege) Von diesem Gelde kaufte er 1293 für 12,000 Mark vom Landgrafen Albrecht dem Entarteten Thüringen u. machte, um dies Land in Besitz zu nehmen, 4 Feldzüge gegen Albrechts Söhne, Friedrich u. Diezmann, die den Kauf nicht anerkannten. Er verheerte Thüringen, verfuhr mit Grausamkeit gegen die Kriegsgefangenen, gestattete seinen Söldnern gegen Recht u. Gesetz zu plündern, zu brandschatzen u. sich den gröbsten Ausschweifungen selbst in Kirchen u. Frauenklöstern zu überlassen. Der Unfug u. die offen zu Tage tretende Absicht des Kaisers, sich mit Gewalt Ländergebiete u. Einkünfte anzueignen, brachte bald das ganze Reich gegen ihn auf. Auf einem Reichs tage zu Mainz wurde Adolf von den Kurfürsten von Mainz, Sachsen u. Brandenburg, da er ihrer Ladung nicht folgte, 23. Juni 1298 für entsetzt erklärt u. Albrecht von Österreich zum König gewählt. Dieser zog sogleich mit einem Heere an den Rhein u. überwand u. erstach Adolf in der Schlacht bei Gellheim mit eigener Hand den 2. Juli 1298.

Albrecht I. von Österreich, Rudolf von Habsburgs Sohn, ließ sich durch eine neue gesetzmäßige Wahl, nachdem er wie sein Vorgänger den Kurfürsten wieder einen Theil der königlichen Macht geopfert hatte, als König bestätigen u. wurde im August 1298 in Aachen gekrönt. Er hielt die gesetzliche Ordnung im Reiche aufrecht u. übte strenge Gerechtigkeit, wo sein Interesse nicht selbst ins Spiel kam. Dem Papst Bonifacius VIII., der ihn nicht anerkennen wollte, trotzte er u. schloß ein Bündniß mit Philipp dem Schönen von Frankreich. Von diesem fiel er jedoch bald ab, unterwarf sich dem Papste u. ließ sich von diesem die Krone Frankreich schenken. Aber Philipp von Frankreich vertheidigte sich trotz des Papstes Bannfluch mit Glück u. vereitelte Albrechts ehrgeizige Absichten. Darauf trachtete der Kaiser, die Grafschaften Holland, Seeland u. Friesland nach den: Tode des Grafen Johann J. 1299 in Besitz zu nehmen, gerieth aber deshalb in Lebensgefahr u. mußte sie dem Grafen Johann von Hennegau, der als Eidam des letztverstorbenen Grafen rechtmäßiger Erbe war, überlassen. Die Rheinzölle sprach er den geistlichen Kurfürsten 1301 ab, u. da diese sich mit bewaffneter Hand im Besitze behaupten wollten, ja sogar an seine Absetzung dachten, so überfiel er sie[41] plötzlich 1302 u. zwang sie zur Unterwerfung. Darauf forderte er den Zehnten von den böhmischen Bergwerken u. that 1302 u. 1303 2 Feldzüge gegen Wenzel III., wurde aber geschlagen u. mußte seine Forderung aufgeben. Als 1306 der böhmische Königsstamm ausstarb, vermählte Albrecht seinen Sohn Rudolf mit Wenzels IV. Schwester, Rixa, u. verhalf ihm dadurch zur böhmischen Krone. Da aber die Böhmen mit seiner von Begehrlichkeit geleiteten Regierung nicht zufrieden waren, so mißlang ihm nach Rudolfs Tode 1307 der Versuch, seinem Sohne Friedrich die Nachfolge zu verschaffen. Darauf wollte Albrecht unter nichtigen Vorwänden sich Thüringens (s.d.) bemächtigen u. sandte, um es zu erobern, ein größtentheils aus Schwaben bestehendes Heer dahin, welches aber den 31. Mai 1307 bei Lucka im Altenburgischen von dem Markgrafen Friedrich aufs Haupt geschlagen wurde. In der Schweiz wollte er die Habsburgischen Erblande zu einem großen, zusammenhängenden Fürstenthume erweitern u. versuchte daher die 3 Waldstädte Uri, Schwyz u. Unterwalden durch Bedrückungen zu zwingen, sich ihm zu unterwerfen. Diese verbündeten sich aber zur Vertheidigung ihrer Freiheit u. verjagten die Landvögte den 1. Januar 1308. Während Albrecht gegen sie u. gegen Thüringen rüstete, wurde er von seinem Neffen Johann von Schwaben, dem er sein väterliches Erbe vor enthalten hatte, u. einigen Rittern den 1. Mai 1308 bei Rheinfelden an der Reuß ermordet.

Das Haus Habsburg hatte wegen Albrechts Ländergier die Sympathie der Reichsfürsten verloren, deshalb wurde nach einem Interregnum bei der Königswahl in Rense am 29. Novbr. 1308 von den Erzbischöfen Balduin von Trier, dem Bruder, u. Peter Aichspalter von Mainz, dem ehemaligen Leibarzte des Grafen Heinrich von Luxemburg, die Wahl auf Heinrich VII. von Luxemburg, einen Sohn des Grafen Heinrich II., gelenkt u. dieser 1309 in Aachen gekrönt. Er war der erste, der von eigentlichen Kurfürsten gewählt wurde. Auch Papst Clemens V. begünstigte diese Wahl, um die Absichten des Königs von Frankreich auf die deutsche Krone zu vereiteln. Heinrich VII. verfolgte die Mörder seines Vorgängers mit Bann u. Todesstrafen, bestätigte 1309 den unter Albrecht I. hart bedrückten Waldstädten Uri, Schwyz u. Unterwalden ihre Reichsfreiheit u. gab ihnen den Grafen Rudolf v. Lauffenburg, Bruder des Kaisers Rudolf von Habsburg, zum Landvogt, ächtete den die schwäbischen Reichsstädte bedrängenden Grafen Eberhard von Württemberg, gab die ungerechten Ansprüche der Kaiser Adolf u. Albrecht I. auf Thüringen u. Meißen auf u. beendigte den langwierigen Erbfolgestreit. Sein Bruder, Erzbischof Balduin von Trier, stand ihm dabei würdig zur Seite. Schon 1309 wählten die böhmischen Stände seinen Sohn Johann, welcher Else, die Erbtochter des Königs Wenzel des Älteren, heirathete, zum König, nachdem er auf dem Reichstage in Speier Heinrich von Kärnten, weil dieser Böhmen nicht zu Lehen genommen hatte, dieses Landes für verlustig erklärt hatte. Auf diesem Reichstage sollen zuerst die Reichsstände in 3 Reichscollegien getheilt worden sein. Da seit 1250 kein deutscher König in Italien gewesen war, so waren die Rechte des Reichs dort in Verfall gerathen. Um sie herzustellen, Frieden zwischen Guelfen u. Ghibellinen zu stiften u. sich krönen zu lassen, zog Heinrich VII. 1310 über die Alpen u. übertrug seinem Sohn Johann die Regentschaft in Deutschland. In Mailand widersetzte sich ihm das Haupt der Guelfen, Guido della Torre, mußte sich aber unterwerfen. 1311 empfing Heinrich die lombardische Krone, doch erregten die Mailänder einen Aufruhr, welcher die Achtung der della Torre zur Folge hatte. Auch andere Städte empörten sich, wurden aber, vorzüglich Cremona u. Brescia, mit großer Strenge bestraft. Nach schwerem Kampfe mit König Robert von Neapel, dem Haupte der Guelfen, gelangte Heinrich VII. nach Rom u. empfing am 29. Juni 1312 durch päpstliche Abgeordnete die Kaiserkrone. Er schloß mit Friedrich von Sicilien einen Bund, belegte Robert von Neapel mit der Reichsacht u. zog, um dieselbe zu vollziehen, nach Unteritalien. Da starb er eines schnellen Todes am 24. Aug. 1313 zu Buonconvento. Unterdessen waren in D. wieder verschiedene Fehden zum Ausbruch gekommen. In Schwaben lagen die Städte in Streit mit dem Grafen Eberhard von Württemberg, dann führten Friedrich von Österreich u. Ludwig von Oberbaiern einen Krieg, um die Vormundschaft über Heinrich von Niederbaiern, welcher mit dem Siege Ludwigs bei Gammelsdorf 1315 endete. Die Markgrafen Waldemar von Brandenburg u. Friedrich der Gebissene von Meißen kämpften wegen der Lausitz mit einander, u. als der Letztere in dem Treffen bei Großenhain gefangen wurde, fielen auch die Äbte von Fulda u. von Hersfeld in Thüringen ein. Sogar die Juden in Worms empörten sich 1312 gegen den Bischof. In Magdeburg führten die Bürger u. der Erzbischof seit 1307 eine Fehde, die erst 1325 mit Ermordung des Erzbischofs endigte.

Nach Heinrichs VII. Tode blieb der Thron 1 Jahr lang unbesetzt, u. dann wurden in zwiespältiger Wahl Friedrich der Schöne von Österreich u. Ludwig der Baier, bisher Herzog von Oberbaiern, erwählt. Für Ludwig stimmten Mainz, Trier, Böhmen, Brandenburg u. Sachsen-Lauenburg in Frankfurt am 20. October; für Friedrich Köln, Sachsen-Wittenberg, die Pfalz u. Kärnten (das sich die böhmische Stimme anmaßte) in Sachsenhausen am 9. October, Friedrich ließ sich zu Bonn im freien Felde u. Ludwig am 26. November in Aachen krönen. Beide hatten die Wahl mit neuen Concessionen an die Kurfürsten erkauft. Ludwig hatte die Luxemburger Partei für sich, Friedrich, an sich mächtiger, die Guelfen in Italien. Ludwig erhielt aber bald durch die Unterstützung neuer Verbündeten, bes. der rheinischen Bischöfe, westfälischen Grafen u. der schwäbischen Städte, das Übergewicht. Der Krieg zwischen beiden Königen begann 1315; 1316 ächtete Ludwig die österreichischen Herzöge u. nahm die Schweizer gegen Leopold von Österreich in Schutz; seinem Bruder Rudolf, welcher Friedrich anhing, nahm er 1317 die Pfalz. Lange blieb der Krieg unentschieden, bis in der von Seyfried Schweppermann gewonnenen Schlacht bei Mühldorf am 28. Septbr. 1322 Friedrich u. dessen Bruder Heinrich in Ludwigs Gefangenschaft gerieth. Als einziger Kaiser hielt Ludwig nun 1323 einen großen Reichstag in Nürnberg, verkündete Amnestie u. allgemeinen Landfrieden u. verlieh seinem ältesten Sohne, Ludwig, 1322 die erledigte Mark Brandenburg. Von den Lombarden gegen den Papst Johann XXII. u. den König Robert von Neapel zu Hülfe gerufen, ließ er durch, nach Italien gesendete Truppen Mailand[42] entsetzen. Der Papst Johann XXII., welcher sich das Reichsvicariat nicht nur über Italien, sondern auch über D. anmaßte, erkannte ihn nicht an, verband sich vielmehr mit den zahlreichen Feinden Ludwigs u. lud denselben 1323 vor seinen Stuhl, ja sprach 1324 den Bann über ihn u. das Interdict über das Reich aus, regte Rußland u. Polen, ja selbst die heidnischen Letten gegen D. auf u. setzte Leopold von Österreich mit Eifer zu, für seinen Bruder Friedrich zu kämpfen. Leopold schlug Ludwig 1325 bei Burgau u. brachte durch diesen Sieg u. andere Vortheile die Kurfürsten wirklich dahin, daß sie sich in Rense versammelten u. Anstalten trafen, König Philipp VI. von Frankreich zum deutschen Kaiser zu wählen. Da begab sich Ludwig auf die Burg Trausnitz, wo Friedrich 3 Jahre lang als Gefangener verwahrt wurde, u. pflog mit diesem Jugendfreund mündliche Unterhandlungen. Friedrich entsagte den 6. März 1325 allen. Ansprüchen auf die Krone u. erhielt die Freiheit mit dem Versprechen, sich wieder als Gefangner zu stellen, wenn die übrigen Prinzen seiner Familie u. der Papst den gemachten Vertrag nicht genehmigten. Diese thaten es nicht, u. Friedrich fand sich wieder in München ein. Ludwig, selbst redlich, wußte Redlichkeit zu würdigen, theilte nicht nur mit Friedrich Tisch u. Bett, sondern ließ ihn sogar, als er selbst nach Brandenburg zog, welches die vom Papste aufgeregten heidnischen Lithauer verwüsteten, zur Obhut Baierns zurück, welches Friedrich auch treulich verwaltete. Durch geheimen Vertrag sagte Ludwig nun Friedrich Theilnahme an der Reichsregierung zu, u. auch Leopold trat dem Vertrage bei. Aber als derselbe bekannt wurde, erregten die Kurfürsten Widerspruch. Man schloß daher einen neuen Vergleich, daß Ludwig Italien u. Friedrich D. regieren sollte. Aber der Tod des unternehmenden Leopold 1326 vernichtete die Wirkung dieses Vertrags, u. Ludwig behielt die Regierung allein in den Händen. Da bei dem Papste keine Versöhnung zu hoffen war, unternahm Ludwig 1327 den Römerzug, ließ sich in Mailand die Eiserne Krone aufsetzen, belagerte Pisa u. ging dann nach Rom, wo er mit Frohlocken empfangen u. von 2 Bischöfen in der Peterskirche zum Kaiser gekrönt wurde. Er erklärte nun Johann XXII., der ihn zweimal in den Bann gethan u. ihm auch das Herzogthum Baiern abgesprochen hatte, für einen Ketzer, setzte ihn ab, verordnete, daß künftig sich der Papst in Rom aufhalten sollte, erhob 1328 Peter v. Corbiere, als Nikolas V., zum Gegenpapst u. ließ durch diesen die bei seiner Kaiserkrönung weggebliebenen Ceremonien nachholen. Durch die eigenmächtige Einsetzung eines Papstes aus dem für ketzerisch angesehenen Orden der Minoriten erregte er indeß den Unwillen der Italiener. Ghibellinen u. Guelfen vereinigten sich, König Robert von Neapel zog gegen Rom, allenthalben erhob sich das Volk, durch Plünderungen gereizt, gegen ihn, u. nach 8monatlichem Aufenthalt mußte Ludwig von Rom abziehen u. über Pisa u. Pavia, wo er am 4. Aug. 1329 den Theilungsvertrag mit seines Bruders Rudolf Söhnen über Baiern schloß (s. Baiern, Gesch.), nach D. zurückkehren. Sein früherer Gegner, Friedrich, der seit 1326 tren die Regentschaft über Baiern geführt hatte, war indessen 1330 gestorben, u. Ludwig sandte nun den König von Böhmen, Johann, als seinen Stellvertreter nach Italien. Dieser vermittelte nicht nur den Frieden mit Otto von Österreich u. einigen Bischöfen, sondern machte auch Sühnevorschläge mit dem Papste selbst, welchem Ludwig versprach, die Krone niederzulegen, um sie wieder aus seinen Händen zu empfangen. Doch zerschlugen sich diese Unterhandlungen bald wieder, Johann fiel vielmehr dem Papst zu u. Ludwig sprach ihm das Reichsvicariat ab u. verband sich mit Österreich u. anderen Fürsten. Johann von Böhmen von allen Seiten bedroht, suchte nach seiner Zurückkunft vor Allem sich wieder Ludwigs Zutrauen zu erwerben, was ihm auch gelang, indem ihn Ludwig nochmals 1333 zum Mittler zwischen sich u. dem Papst wählte. 1335 starb der letzte Herzog von Kärnten u. Tyrol, Heinrich, u. Ludwig ertheilte die Belehnung mit Kärnten, trotz den Ansprüchen Böhmens, dem Herzoge von Österreich. Johann darüber erbittert, schloß sich an Frankreich u. andere Feinde des Kaisers an, bekriegte, mit den Ungarn u. Polen vereint, den Kaiser u. Österreich, mußte aber endlich 1336 im Frieden zu Linz dem Herzoge von Österreich Kärnten überlassen. Kurz vor diesem Kriege war 1334 Papst Johann XXII. gestorben, u. Ludwig wandte sich wiederholt um Lossprechung vom Bann an den neuen Papst Benedict XII. Dieser wollte ihm willfahren, aber König Philipp von Frankreich, in dessen Gewalt er in Avignon war, hinderte es. Die Kurfürsten, erbittert, daß diese weltlichen Rücksichten Schuld an der, durch den Banu fortdauernden Verwirrung D-s waren, erkannten endlich, wie sehr es noth thue, den päpstlichen Anmaßungen Schranken zu setzen, wenn sie nicht mit völliger Schwächung des Kaiserthums durch die Hierarchie selbst um ihre Macht u. ihre Rechte kommen wollten. Sie schlossen daher 1338 den 1. Kurverein zu Rense u. erklärten am 15. Juli auf ihren Eid, daß der Bann aufgehoben sei, u. daß die Wahl des Kaisers nur vom Reich abhänge, keineswegs aber der Bestätigung des Papstes bedürfe. Zugleich wurde von gelehrten Mönchen, namentlich Minoriten, die Frage über die Grenzen der weltlichen u. kirchlichen Macht erörtert, u. in diesem Streite zeigten sich die ersten Spuren der kirchlichen Bewegung, welche der Ausdehnung der päpstlichen Autorität entgegenwirkte. Zur Befestigung seiner Macht wider den Papst u. Frankreich schloß Ludwig mit Eduard III. von England, der im Kriege mit Frankreich begriffen war, 1337 das Kölner Bündniß u. auf der Zusammenkunft mit ihm in Coblenz nahm er ihn an Sohnes Statt an u. übertrug ihm das Reichsvicariat über die Niederlande. Doch bald ließ er Eduard im Stiche, um sich 1341 an Philipp anzuschließen, da dieser ihm versprach, von dem Papste die Absolution für ihn zu erlangen, was indeß nicht geschah. Indessen wuchs Ludwigs Hausmacht; 1340 hatte er Niederbaiern (s. Baiern, Gesch.) erhalten u. der Margaretha Maultasch von Tyrol, welche von ihrem Gemahl Johann, dem jüngeren Sohn König Johanns von Böhmen, sich trennen wollte, trug er seinen ältesten Sohn, Ludwig den Brandenburger, zur Ehe an, schied Margarethe von Johann u. dispensirte sie u. seinen Sohn, welche Verwandte waren. Benedicts XII. Nachfolger, Clemens VI., schleuderte deshalb 1346 von Neuem Bannstrahle gegen ihn. Eine Kurfürstenversammlung in Rense, welche Ludwig zu entsetzen drohte, schlug dagegen ganz gegen den Papst aus, indem sich dieselbe offen den von Ludwig dem Papste zu machenden[43] Unterwerfungsvorschlägen, als die Würde des Reichs verletzend, widersetzte. 1346 erbte der Kaiser, nach dem Tode des Grafen Wilhelm von Holland, dessen älteste Schwester Margaretha er geheirathet hatte, Holland, Seeland, Friesland u. Hennegau. So erkräftigt, zeigte er sich den Anträgen des Königs Ludwig von Ungarn, der nach Roberts Tode Ansprüche auf den Thron von Neapel hatte, geneigter u. rüstete sich zu einem 2. Römerzuge. Clemens VI., hierdurch geschreckt, machte sogleich Anstalten, den Kaiser durch einen Gegenkönig von diesem Zuge abzuhalten; er befahl dem Erzbischof von Mainz, Heinrich v. Virneburg, eine neue Wahl zu veranstalten, u. entsetzte den Kurfürsten, als er sich dessen weigerte, setzte Gerlach von Nassau zum Kurfürsten ein u. lenkte auf dem Tage zu Reuse, 11. Juli 1346, die Wahl auf Karl von Mähren, nachmaligen Kurl IV., Sohn König Johanns von Böhmen. Fünf Kurfürsten, ihres vor 8 Jahren geschworenen Bundes uneingedenk, folgten der Weisung des Papstes. Sachsen u. Brandenburg betheiligten sich nicht. Ludwig führte seine Heere indessen rasch nach Frankfurt, zerstreute seine Gegner u. verjagte Karl nach Frankreich. Hier blieb der alte König Johann in Per Schlacht von Crecy, u. Karl eilte nun über Bonn, wo ihn der Erzbjschoi von Köln krönte, u. Böhmen nach Italien, von wo aus er in Tyrol einfiel, während die Böhmen, von schwäbischen Aufrührern unterstützt, D. verheerten. Auch diesen Angriff wies Ludwig, von allen Städten u. vielen Fürsten kräftig unterstützt, zurück, starb aber bald darauf auf der Jagd, unweit des Klosters Fürstenfeld, am 11. October 1347 am Schlag.

Karl IV., bisher Markgraf von Mähren, Johanns von Böhmen Sohn, hatte unter erniedrigenden Bedingungen die Gunst des Papstes erworben. Nicht so leicht war es ihm, sich in D. selbst nach Ludwigs Tode Anerkennung zu verschaffen. An der Spitze seiner Feinde standen Ludwig von Brandenburg, die übrigen Söhne Ludwigs des Baiern, der Kurfürst von der Pfalz u. der Erzbischof von Mainz, Heinrich v. Virneburg. Diese holen Eduard III. von England u. dem Markgrafen Friedrich dem Strengen von Meißen die Krone an u. wählten, als diese sie ausschlugen, mit Zuziehung des Pfalzgrafen Rudolf II., den Grafen Günther von Schwarzburg am 6. Febr. 1349 zum Gegenkönige. Karl bot dagegen Alles auf, seinen Anhang zu verstärken u. seinen Feinden zu schaden. Er unterstützte den falschen Waldemar gegen Ludwig von Brandenburg, seinen heftigsten Gegner die Fürsten von Mecklenburg erhob er zu Herzögen befreundete sich mit dem Herzoge von Österreich, Albrecht, durch Verlobung seiner Tochter mit dessen Sohne, u. vermählte sich mit Anna, der Tochter der Kursürsten Rudolf von der Pfalz. Der Gegenkönig, Günther, konnte, von Brandenburg verlassen, sich nicht gegen Karl behaupten u. trat am 26. Mai 1349 für 20,000 Mark Silber seine Ansprüche an die Krone ob, bald darauf starb er am 14. Juni 1349 in Frankfurt a. M. Karl IV., nun allgemein als König anerkannt, ließ sich 1349 in legaler Weise wählen u. in Aachen aufs Neue krönen. 1350 schloß er einen Vergleich mit Ludwig von Brandenburg, dem gemäß Ludwig die Belehnung mit Tyrol, Kärnten u. Grätz erhielt, dagegen aber seine Ansprüche auf die Oberlausitz aufgab u. die Reichsinsignien auslieferte. Diese brachte Karl, gegen sein Versprechen, eiligst nach Prag. Eigennützig sorgte er fast nur für seines Hauses Vergrößerung; so brachte er 1353 beim Absterben seines Schwiegervaters, Rudolfs von der Pfalz, die Oberpfalz, in Folge eines früheren Vertrags, an sich, obgleich seine Gemahlin, Anna von der Pfalz, bereits todt u. die Pfalz ein Mannlehen war; ferner das Recht, die Niederlausitz von Meißen, an welches dieselbe versetzt war, einzulösen; bekam auch die letzten unabhängigen Fürstenthümer in Schlesien, Schweidnitz u. Jauer, durch Heirath mit Anna, der Nichte des letzten Herzogs Bolko II. von Schweidnitz, welcher für den Fall seines Ablebens dieselben dem Kaiser vermachte. Alle diese Länder, so wie die Oberlausitz, das früher erworbene übrige Schlesien, nebst den 1353 vom Könige von Ungarn abgetretenen schlesischen Herzogthümern Beuthen u. Kreutzburg, u. den verpfändeten egerschen Kreis, vereinte Karl 1355, mit Bewilligung der Kurfürsten, mit Böhmen. 1354 unternahm er einen Römerzug, ließ sich zu Mailand zum König der Lombardei krönen, bestätigte die 3 Söhne Stephan Visconti's, als Erben Johanns, in verschiedenen Herzogthümern Italiens, hob gegen Zahlung von 100,000 Goldgülden u. gegen das Versprechen eines jährlichen Tributs die Reichsacht gegen Florenz auf, trat durch den Vertrag von Padua die Städte Verona u. Vicenza an Venedig ab, u. ließ sich zu Ostern 1355, nebst seiner Gemahlin von einem Abgeordneten des Papstes, dem Cardinal von Ostia, Bertrandi, in Rom zum Kaiser krönen. Noch am Tag der Krönung verließ er, gemäß dem Versprechen, welches er dem Papst gegeben hatte, die Stadt, obwohl die kaiserliche Partei, an der Spitze Petrarca, ihn dringend aufforderte zu bleiben u. die alte Freiheit Roms wieder aufzurichten. Nach D. zurückgekehrt gab Karl IV. auf dem Reichstage zu Nürnberg 1356 das erste organische Reichsgesetz über die Kaiserwahlen, die Goldene Bulle (s.d.), u. schloß hier seine Feinde, Baiern, Sachsen-Lauenburg u. den Markgrafen Ludwig den Römer von Brandenburg, ganz von der Kurwürde aus. Seine Absicht, die Sitten der Geistlichkeit zu verbessern, da dieselben immer größeren Anstoß gaben, scheiterte an dem Widerspruche des Papstes Innocenz VI., welcher dem Kaiser das Recht absprach, sich in kirchliche Dinge zu mischen. In Anbetracht der Ketzerverfolgungen zeigte sich Karl dem Papste willfährig u. ließ die Minoriten des Landes verweisen. 1364 schloß er einen Erbvertrag mit den Herzögen von Österreich u. 1363 einen ähnlichen mit dem Markgrafen von Brandenburg, in Folge dessen er die Niederlausitz von Meißen einlöste u. dem Herzog Bolko II., dessen Erbe er werden mußte, zum Lehn übertrug. Den neuen verschwenderischen Markgrafen von Brandenburg, Otto den Finnen, wußte Karl 1365 zu vermögen, daß er ihm auf 6 Jahre die Verwaltung der Mark abtrat; derselbe kam an den kaiserl. Hof, machte dort neue Schulden u. verzichtete gegen eine Geldsumme zu Gunsten des Kaisers 1368 auf alle seine Rechte an der Niederlausitz. Dessenungeachtet kehrte Otto nach Brandenburg zurück u. machte Miene, den Herzog Friedrich von Baiern zum Nachfolger u. Erben einzusetzen. Doch Karl überzog ihn 1373 mit Krieg u. zwang ihn, seine brandenburgischen Besitzungen, jedoch unter dem Vorbehalt der Kurwürde, an die Söhne des Kaisers abzutreten. Neue Feindseligkeiten, welche die Grafen Eberhard u. Ulrich von Württemberg gegen schwäbische Städte[44] u. Klöster verübten, riefen den Kaiser nach Schwaben, wo er 1360 die Grafen mit Hülfe des Schwäbischen Städte bundes unterwarf. Als sich Karl die arelatische Krone zu Avignon 1365 aufsetzen ließ (es war seit 300 Jahren nicht geschehen, u. Karl war der Letzte, der sie trug), traf er mit dem Papste Urban V. Verabredung zur Bändigung der Visconti, welche ihm auf seiner Rückkehr nach der Lombardei die Thore der Städte verschlossen hatten. Karl ging 1368 nach Italien, um den Papst von der seitherigen Residenz Avignon nach Rom zurückzuführen. Wie bei dem ersten Römerzuge vermied er auch diesmal alle Feindseligkeiten u. gab den Feinden der kaiserlichen Macht den Frieden gegen reiche Geschenke. In Rom angekommen, wo er von der Pforte der Engelsburg bis an die Peterskirche neben dem Pferde des Papstes her ging u. dasselbe am Zaum führte, ließ er seine 4. Gemahlin, Elisabeth von Pommern, krönen. Als er auf seiner Rückkehr in Siena verweilte, brach dort ein Aufstand aus; Karl wurde in seinem Palast belagert u. mußte endlich eine Amnestie bewilligen, worauf er, nachdem er Lucca von Pisa unabhängig gemacht hatte, nach D. zurückkehrte. Nun machte, während schon 1364 bis 1369 ein Erbfolgekrieg wegen Tyrol zwischen Baiern u. Österreich diese Länder verwüstet hatte, ihm der Lüneburgische Erbfolgestreit (s.d.) zu schaffen. Den Grafen von Bar u. seinen jüngern Bruder, den Grafen Wenzel von Luxemburg, erhob er 1354 zu Herzögen, den Grafen Ludwig IV. von Flandern, Letzteren nur für seine Person, den Markgraf Wilhelm VII. von Jülich 1356 u. den Burggrafen Friedrich V. von Hohenzollern 1363 zu Fürsten u. den Grafen von Nassau-Weilburg u. Saarbrück zum gefürsteten Grafen. Die Mark Brandenburg, welche Otto der Finne von seinem Bruder Ludwig dem Römer 1365 geerbt u. sich darauf mit Karls Tochter, Anna, vermählt hatte, kaufte er 1373 für ein Geringes u. gab sie seinem ältesten Sohne zu Lehen. Der Widerspruch der rechtmäßigen baierischen Agnaten blieb unbeachtet u. ihr Kriegszug gegen den Kaiser erfolglos. Im Besitze zweier Kurstimmenbetrieb Karl die Wahl seines ältesten Sohnes Wenzel zum Römischen Könige, die er 1376 dadurch erreichte, daß er jedem Kurfürsten für seine Stimme 100,000 Fl. versprach. Viele Verpfändungen u. Verkäufe von Reichsgütern fielen vor. Um sich gegen die Ausdehnung der Landeshoheit über ihre Territorien zu schützen, begannen die Städte zur Wahrung ihrer Rechte u. Freiheiten in einzelne Conföderationen zusammen zu treten; Gleiches geschah von Seiten der Ritter u. Herren, denen der Verlust ihrer Gerechtsame durch die größeren Landesfürsten drohte. Die Hanse erhob sich zu einer bedeutenden Macht, weshalb Karl IV. nicht versäumte, das Haupt derselben, Lübeck, durch Gunstbezeugungen für sich zu gewinnen. Auch der Schwäbische Städtebund wurde 1376 gegen die Anmaßungen der Feudalherren erneuert. Die reichsunmittelbaren Städte wußten sich in dieser Zeit vom Kaiser folgende Rechte auszuwirken: Vollständiges Stadtrecht, Selbstbesteuerung, Befreiung von auswärtigen Gerichten u. Unveräußerlichkeit vom Reiche. Die innere Verfassung der Städte erlitt zu derselben Zeit eine allmälige Umgestaltung, insofern die Zünfte im Kampfe gegen die Alleinherrschaft der Geschlechter Fortschritte machten u. das aristokratische Wesen dem demokratischen Platz machte. 1378 besuchte Karl IV. den König Karl V. von Frankreich, belehnte dabei den Dauphin Karl mit der Generalstatthalterschaft des Königreichs Arelat u. starb nach seiner Rückkehr am 29. Nov. 1378 in Prag. Mit Karl IV hörte das Kaiserthum auf den Schwerpunkt der Reichsregierung zu bilden. Der Kaiser theilte mit den Reichsfürsten das gleiche Streben nach Erweiterung der territorialen Gewalt, weshalb er auch gegen den früheren Brauch sein Erbland Böhmen nicht zu Lehen ausgab, sondern für sich behielt. Die Reichsstände, zu denen jetzt auch die Städte erhoben waren, rissen immer mehr von den alten Hoheitsrechten der Kaiser an sich u. den Mittelpunkt des politischen Lebens bildeten die Reichstage. Das Deutsche Reich war nur noch formal eine Monarchie, in Wirklichkeit aber republikanisch gegliedert. Mit dem Verfall des Kaiserthums verlor auch das Papstthum seine Hauptstütze; im Kampfe mit einander hatten sich beide geschwächt, u. die Demüthigung des ersteren, welche Karl IV. vollendete, war für die Hierarchie ein Triumph, welcher im Grunde nur die eigene Niederlage in sich schloß. Ein Hauptverdienst von Karls Regierung war die Stiftung der ersten Universität in Deutschland, Prag, u. die Einführung deutscher Sitten u. Sprache in seinen slawischen Erblanden.

Wenzel, Karls IV. ältester Sohn u. Nachfolger, auf unwürdige Weise zum Throne g. langt, entbehrte von vorn herein der Achtung u. Würde des Herrschers. Dazu fehlte ihm die Klugheit seines Vaters, womit sich dieser aus allen Verlegenheiten zu winden wußte, weshalb er bald der Spielball kirchlicher u. politischer Parteien wurde. Eine unglückliche Auszeichnung hatte der Antritt seiner Regierung, da in demselben Jahre durch die Wahl zweier Päpste, Urban VI. u. Clemens VII., eine Kirchenspaltung eintrat. Nicht blind gegen die Gefahren, welche dem Kaiserthume durch die Einungen der Städte u. die denselben gegenüberstehenden Rittergesellschaften (als die Löwen-, Hörner-, St. Wilhelms- u. St. Georgenschilds-Gesellschaft, s.u. Rittergesellschaften) drohten, verbot Wenzel die Verbindungen der Städte u. des Adels, u. stiftete 1383 den Nürnberger Landfrieden auf 12 Jahre, u. da dieser sogleich gebrochen wurde, 1384 die Heidelberger Einung auf 4 Jahre; beide Maßnahmen aber waren, da er den Gesetzen keinen Nachdruck gab, vergebens. Die Niederlage bei Sempach den 9. Juli 1386, in welcher Leopold III. von Österreich u. die Blüthe des oberdeutschen Adels blieb, vervielfältigte die inneren Zerwürfnisse. 1385 veranlaßte der Anschluß mehrerer großer schweizer Städte an den Schwäbischen Städtebund einen Krieg Österreichs gegen den Bund. Die schwäbischen Städte verheerten, wegen der Gefangennehmung des mit ihnen verbündeten Erzbischofs Pellegrin von Salzburg, 1388 ganz Baiern, die Baiernherzöge dagegen Schwaben. Eberhard von Württemberg mit mehreren Landesherren u. dem Adel vereinigt, gewann den 8. Aug 1388 bei Döffingen einen großen Sieg über die schwäbischen, Pfalzgraf Ruprecht am 8. Nov. einen über die rheinischen Städte; mehrere fränkische Städte wurden von den Bischöfen von Bamberg u. Würzburg besiegt u. erobert, u. 1389 erlitten die Frankfurter eine harte Niederlage von dem Herrn von Kronenberg. Der mißliche Ausgang bewog Wenzel, den früher bestätigten Städtebund[45] aufzuheben, u. 1389 machte der im Interesse der Fürsten gebotene Landfrieden von Eger dem ganz Süddeutschland verheerenden Kriege ein Ende. Auf dem Reichstage zu Nürnberg 1390 wurde ein gleicher Münzfuß für ganz D. festgesetzt, u. da die Klagen über den Wucher der Juden allgemein waren, beschlossen, daß alle Judenschulden, Capital u. Zinsen, verfallen sein sollten, für welche Befreiung die Schuldner 15 bis 20 von 100 an des Königs Kammer entrichteten. Wenzel kam seit 1391 6 Jahre lang nicht nach Deutschland, u. in Böhmen nahmen ihn die Stände gefangen u. hielten ihn im Schlosse zu Prag fest. Schon übernahm Ruprecht von der Pfalz das Reichsvicariat u. König Sigismund von Ungarn wollte sich Böhmens bemächtigen: als Wenzel von seinem jüngsten Bruder Johann befreit wurde u. gegen das Versprechen, sich bessern zu wollen, die Krone wieder erhielt. Wenzel erhob 1395 Johann Galeazzo Visconti für 100,000 Goldgülden zum Herzog von Mailand u. erklärte sich, im Widerspruch mit den Kurfürsten, für Papst Benedict XIII., wodurch er das Schisma verlängerte. Da sich Wenzel gar nicht um das Wohl u. Wehe des Reichs kümmerte, so stifteten zur Erhaltung der Rechte des Reichs die Kurfürsten von Mainz, Köln, Sachsen u. der Pfalz 1399 zu Marburg einen Kurverein; am 20. Aug. 1400 veranstalteten sie im Einverständniß mit dem römischen Papste Bonisarius IX. Wenzels Absetzung. Am folgenden Tage wurde Kurfürst Ruprecht von der Pfalz zum Deutschen Könige erwählt u., da Aachen ihm die Thore nicht öffnen wollte, zu Köln gekrönt. Vor ihm hatte Herzog Friedrich von Braunschweig Hoffnung zur Krone, er wurde aber, als er vom Wahlort Frankfurt heimkehrte, am 5. Juni bei Fritzlar vom Grafen Heinrich von Waldeck ermordet. Indessen erkannten viele Reichsstände die Wahl des neuen Königs nicht an, sondern hielten zur Partei Wenzels u. des zu Avignon residirenden Papstes Benedict XIII. Ruprecht zog 1401 über die Alpen, um in Rom die Kaiserkrone zu empfangen; er wurde aber 1402 von Galeazzo Visconti am Gardasee geschlagen u. mußte, da sein Heer sich verlief, ohne gekrönt zu sein, nach D. zurückkehren. Inzwischen war Wenzel in Folge erneuter Zwistigkeiten mit den Böhmen zum zweiten Mal gefangen u. nach Österreich abgeführt worden, wo er zu Wien 19 Monate in Haft saß u. 1403 auch vom Papst förmlich abgesetzt wurde. Ruprecht besaß nicht die Kraft, seiner Würde Achtung zu verschaffen, obschon er bes. durch Zerstörung von Schlössern in der Wetterau viel that, die Fehden zu vermindern. Durch Concessionen u. Verpfändungen bemühte er sich, die widerspenstigen Reichsfürsten sich geneigt zu machen, aber Fürsten u. Reichsstädte behaupteten das Recht, Bündnisse ohne Genehmigung des Königs, ja selbst gegen denselben, zu schließen, falls er seinen Pflichten nicht nachkomme. Vergebens suchte Ruprecht 1406, die nach dem Tode der Herzogin Johanna eröffneten Reichslehen Brabant u. Limburg einzuziehen, das Burgundische Haus, dem sie testamentarisch zugefallen waren, behauptete sich im Besitz derselben. 1409 beschickte er, zu Gunsten des Papstes Gregor XII., das zur Lösung des Schisma's ausgeschriebene Concil zu Pisa, welches indeß beide seitherigen Päpste absetzte u. des Kaisers Einspruch nicht achtete; Ruprecht starb am 19. Mai 1410 zu Oppenheim. Nach Ruprechts Tode wurde von Trier u. Pfalz Sigismund, König von Ungarn, dagegen von Mainz u. Köln Jodocus von Mähren, Bruderssohn von Karl IV., zum König erwählt, Sachsen aber erkannte Wenzel noch als König an; Jodocus starb schon am 8. Januar 1411. Mähren fiel nun an Wenzel u. Brandenburg an Sigismund, der es seit 1388 an Jodocus verpfändet hatte, zurück; durch einstimmige Wahl wurde nun Sigismund zum Kaiser erhoben. Wenzel kümmerte sich nun nicht mehr um die Reichsregierung, blieb aber im Besitz von Böhmen u. des Kaisertitels bis zu seinem Tode, den 18. Aug. 1419.

Sigismund, Wenzels Bruder, seit 1378 Markgraf von Brandenburg, seit 1386 König von Ungarn, war ein sehr verschwenderischer Fürst, der wegen seiner immerwährenden Geldverlegenheiten nie kraftvoll wirken konnte. Anfangs hinderte ihn der Krieg Ungarns mit Venedig nach D. zu kommen, doch 1412 endigte ein Waffenstillstand diesen, u. 1414 kam Sigismund nach D. u. wohnte dem allgemeinen Concil zu Kostnitz bei. Die Noth der Kirche, das Überhandnehmen der Secten, die Zucht- u. Sittenlosigkeit, in welcher der Clerus dem übrigen Volke voranging, drängte immer mehr auf eine gründliche Reform an Haupt u. Gliedern der Kirche. Das ganze Gebäude der kirchlichen Hierarchie drohte zusammenzubrechen, wenn, wie es natürlich war, da die Kirche dem religiösen Bedürfniß des Volkes keine Befriedigung gewährte, das Sectenwesen weiter um sich griff. Das erkannten die hohen geistlichen Würdenträger u. in ihrer Sorge um die bedrohte eigene Macht, strebten sie mit Gewalt die Einheit der Kirche wiederherzustellen, ohne auf den Grund des Übels, die allgemeine Verderbniß der Sitten, zurückzugehen u. hier zuerst Hand ans Werk zu legen. Die Wiederherstellung einer einzigen Kirche durch Aufstellung eines allgemein anerkannten Papstes, Martin V., war der wesentliche Erfolg des Kostnitzer Concils (bis 1418), aber dieser reichte nicht hin, um die religiöse Gährung niederzuschlagen, u. von nun an begannen die Ketzerverfolgungen in größerem Maßstabe. Sie legten den Grund zu der späteren Spaltung des Reichs in zwei große Religionsparteien u. zu dem völligen Untergange der kaiserlichen Macht. Sigismund bemühte sich eifrig, die Bestrebungen des Kostnitzer Concils zu unterstützen. Ungeachtet er Huß freies Geleit nach Kostnitz zugesichert hatte, willigte er doch ein, daß derselbe 1415 als Ketzer verbrannt wurde. Im Interesse des Concils ging er 1415 nach Perpignan, um dort über die Entsagung Benedicts XIII., eines der 3 schismatischen Päpste, welchen der König Ferdinand von Aragonien schützte, mit diesem zu unterhandeln. Die unmittelbare Folge der Kostnitzer Vorgänge waren für Sigismund zwei langwierige Kriege, der Österreichische u. der Hussitenkrieg. Friedrich IV., Herzog von Österreich, wurde 1415, weil er den Papst Johann XXIII. begünstigte u. demselben zur Flucht verhalf, geächtet, u. Sigismund ließ ihn durch die Schweizer u. die schwäbischen Grafen bekriegen u. ihm alle habsburgischen Stammgüter nehmen. Die Absicht des Kaisers, welcher die eroberten Güter in der Schweiz an die Eidgenossen verkauft hatte, auch die österreichischen Güter in Tyrol u. Voralberg in gleicher Weise zu Gelde zu machen, scheiterte an dem energischen Widerspruche des Herzogs Ernst des Eisernen. Die übrigen Städte in Schwaben u. Elsaß erhielt Friedrich 1418 gegen Zahlung von 70,000 Fl. wieder[46] zurück. Um seine Geldbedürfnisse, welche nicht gering waren, zu decken, verschleuderte Sigismund nicht nur das Reichsgut, verpfändete Zölle, verkaufte u. verlieh gegen Geld Rechte u. Freiheiten an Städte u. Landgemeinden, sondern er veräußerte auch ein wichtiges Erbland, die Mark Brandenburg; diese verpfändete er 1415 an den Burggrafen von Nürnberg, Friedrich von Hohenzollern, aber schon 1417 verkaufte er sie ihm u. belehnte ihn mit der Kurwürde. Der Graf Amadeus VIII. von Savoyen wurde 1416 u. 1417, der Graf Adolf VII. von Kleve u. Mark zum Herzog echoben. Die sächsisch-wittenbergische Kurlinie st. 1422 mit Albrecht III. aus, u. obgleich dem Herzog Erich V. von Sachsen-Lauenburg die Erbfolge gebührte, so belehnte doch der Kaiser 1423 den Mark grasen Friedrich den Streitbaren von Meißen mit der sächsischen Kur u. dem Herzogthum Sachsen. Nach dem Tode des Herzogs Johann von Niederbaiern 1425 zu Straubingen. ertheilte Sigismund seinem Eidam, Albrecht von Österreich, 1426 die Belehnung auf dieses Land, doch leistete derselbe schon 1429 darauf Verzicht, u. diebaierischen Stammvettern zu Ingolstadt, Landshut u. München theilten sich darein. Der Hussitenkrieg (s.d.), der nach Wenzels Tode 1419 seinen Anfang nahm, verheerte bis 1435 Böhmen, Mähren, Sachsen, die Mark, Lausitz, Schlesien, Preußen u. Franken. 1433 that Sigismund den Römerzug u. empfing die Kaiserkrone, nachdem er 1431 in Mailand als König der Lombardei gekrönt worden war, u. starb den 9. Dec. 1437 zu Znaym.

XI. Deutschland unter Kaisern aus dem Österreichischen Hause. A) Bis zum Beginn der Reformation, 1437–1517. Albrecht II. von Österreich, Sohn des Herzogs Albrecht IV. von Österreich u. Eidam Sigismunds, hatte die Anwartschaft auf dessen Reich erhalten. In Ungarn mußte Albrecht geloben, die deutsche Krone nicht ohne Bewilligung der Stände anzunehmen, diese erhielt er u. wurde 1438, als Albrecht II., zu Aachen gekrönt. Um auch Böhmen in Besitz zu nehmen, war er genöthigt, gegen Herzog Kasimir von Polen, welcher die Wittwe Sigismunds von Polen, Barbara, geehlicht hatte, einen Krieg zu führen, dessen glückliche Beendigung er zum Theil der thätigen Unterstützung des Kurfürsten von Brandenburg verdankte. Da Albrecht von der Regierung seiner eigenen Reiche Ungarn, Böhmen u. Österreich zu sehr in Anspruch genommen war, so übertrug er die Leitung der Reichsgeschäfte seinem Kanzler Schlick. Dieser versuchte auf den beiden Reichstagen zu Nürnberg 1438 die Stände zur Annahme einer neuen Verfassung zu bewegen, nach welcher das Reich in sechs (Österreich u. Böhmen ausgenommen) Landfriedenskreise getheilt werden sollte, so daß die Stände nicht mehr nach Klassen, sondern nach Bezirken zusammengerottet würden; aber sowohl die Fürsten, als auch die Städte, fürchteten an der gewonnenen Selbständigkeit zu verlieren, u. so zerschlug sich das Verfassungswerk. Die Baseler Kirchenversammlung, die unter Sigismund begonnen hatte, dauerte während Albrechts Regierung fort, beschäftigte sich mit der Vereinigung der Griechischen u. Römischen Kirche, entsetzte auch den Papst Eugen IV. u. wählte statt seiner den Herzog Amadeus von Savoyen als Felix V. zum Papst. Gerade, als dieses geschah, waren die Kurfürsten in Mainz versammelt, um ihren Verein zur Behauptung völliger Neutralität, hinsichtlich der Religionsparteien, zu erneuern. Um dieselbe Zeit starb Albrecht, am 27. Oct. 1439 in Ungarn, auf einem Feldzuge gegen die Türken begriffen. Er hinterließ eine schwangere Wittwe, Elisabeth, welche den Prinzen Ladislaw gebar; dieser erbte die Kronen von Böhmen u. Ungarn u. stand unter Vormundschaft des Herzogs Friedrich V. von Österreich-Steyermark, welchen die Kurfürsten 1440 als Friedrich III. zum Deutschen Könige erwählten.

Schon die ersten, von Friedrich III. 1441 nach Nürnberg u. Mainz ausgeschriebenen Reichstage, kamen gar nicht zu Stande, auf einem dritten, zu Frankfurt a. M., wurde zwar der Entwurf zu einer verbesserten Gerichtsverfassung u. zur Stiftung eines allgemeinen Landfriedens gemacht, allein nichts darüber beschlossen. In einem Streit mit den Schweizer Eidgenossen 1442, um die dem Hause Österreich zur Zeit des Kostnitzer Concils entrissenen Besitzungen wieder zu erlangen, sprach er den König Karl VII. von Frankreich um 5000 Mann Hülfe an; dieser sandte aber den Dauphin mit 40,000 Mann, der zwar am 25. Aug. 1444 die Schweizer bei St. Jakob schlug, dann aber mit seinen räuberischen Kriegern, den Armagnaken, verwüstend in die Reichslande einfiel, bis er 1445 durch den Vertrag zu Trier zum Abzuge bewogen wurde. 1446 wurde Friedrich von dem Statthalter von Ungarn, Johannes Corvinus, mit Krieg überzogen, da er sich geweigert hatte, seinen Mündel Ladislaw auszuliefern., Die Vermittelung des Statthalters von Böhmen, Podiebrad, rettete ihn von der Gefangenschaft u. ließ Ladislaw in seiner Hand. 1446 erneuerten die Kurfürsten den Kurverein, u. setzten 1447 zu Aschaffenburg einen Vertrag (Aschaffenburger Concordate) mit dem römischen Hofe fest, wodurch die Rechte der Deutschen gesichert werden sollten. Friedrich schloß aber auf den Rath seines Kanzlers, Äneas Sylvius, 1448 ein Concordat zu Wien mit dem Papst, wodurch er alle auf dem Concil zu Basel erlangten Vortheile aufgab, u. zwang dann dies Concil sich aufzulösen. Inzwischen waren die alten Fehden zwischen Fürsten u. Städten in Schwaben u. Franken wieder ausgebrochen; das Ziel der Fürsten war, die Reichsstädte zu unterthänigen Landstädten zu machen, dagegen hofften die Städte, nach dem Vorgange der Schweizer Eidgenossenschaft, durch ein Bündniß ihre Macht den Fürsten gegenüber zu erweitern; sie unterhielten deshalb auch eine nahe Verbindung mit den Schweizern. Albrecht von Brandenburg, Ulrich von Württemberg u. Jakob von Baden standen 1449 u. 1450 vereint gegen die Reichsstädte Nürnberg, Augsburg, Ulm, Nördlingen, Memmingen u. die Schweizer; in Sachsen wüthete von 1447 an bis 1451 der Bruderkrieg. Verhindert durch diese u. andere Unruhen, denen ernstlich zu steuern es dem Kaiser an Thatkraft u. Muth mangelte, konnte Friedrich III. erst 1452 den Römerzug zur Kaiserkrönung unternehmen, bei welcher Gelegenheit er Franz Sforza, Usurpator des Herzogthums Mailand, wiewohl vergeblich, zu vertreiben suchte. Zu Neapel vermählte er sich mit Eleonore von Portugal. Nach einem 13jährigen Kriege, welchen der vom Kaiser 1440 bestätigte Preußische Bund gegen den Deutschen Orden führte, hörte Preußen auf, ein deutsches Reichsland zu sein u. wurde ein Lehn von Polen. Wegen dieser Angelegenheiten u. wegen der Gefahr welche[47] die seit 1453 über den Bosporus gedrungenen Türken verbreiteten, entstand eine große Aufregung im Reiche, u. der Papst suchte, unterstützt von Äneas Sylvius, den Kaiser u. die Kurfürsten zu einem Kreuzzuge zu bewegen, aber die 1454 u. 1455 berufenen Reichstage, zu denen der Kaiser selbst nicht erschien, hatten keinen Erfolg. Die Kurfürsten verharrten in ihrer Opposition gegen den Papst, von dem sie glaubten, daß es ihm nur um Geldbewilligungen zu thun sei. Friedrich aber war mit den böhmischen u. ungarischen Angelegenheiten beschäftigt; er trachtete, als König Ladislaw von Böhmen u. Ungarn 1457 bei Warna gefallen war, nach den Kronen von Böhmen u. Ungarn u. gerieth mit seinem Bruder Albrecht VI. wegen der Theilung der beiden, Friedrich zugefallenen österreichischen Lande in Streit. Der Herzog von Landshut-Baiern bemächtigte sich währenddem 1458 Donauwörths, weshalb er von Albrecht Achilles von Brandenburg bekriegt wurde. Diether von Isenburg u. Adolf von Nassau kriegten wegen zwiespältiger Wahl zum Erzbisthum Mainz 1459–1462 mit einander. Der Kurfürst von der Pfalz nahm an dem Kriege Theil u. half bald dem Einen, bald dem Anderen. Der Kaiser gerieth 1462 mit seinem Bruder Albrecht VI. nochmals in Fehde, die empörten Bürger von Wien belagerten Friedrich 2 Monate lang in seiner Burg zu Wien, bis der Tod Albrechts diese Fehde beendigte. Auch ein neuer Krieg zwischen Ludwig von Baiern u. Albrecht Achilles von Brandenburg entstand 1463, dessen Ende Georg I. Podiebrad, König von Böhmen, durch Vermittelung herbeiführte. Vergebens, suchten jetzt Papst Paul II., wie sein Vorgänger Pius II., das Deutsche Reich zur Rüstung gegen die Türken zu bewegen. Das Anerbieten Georg Podiebrads von Böhmen, den Krieg zu unternehmen, hintertrieb der Papst selber, da er den König für einen geheimen Ketzer erklärte. Der Kaiser unterstützte den Papst gegen den böhmischen König, icht ohne selbstsüchtige Absichten auf die Krone Bühmens. Während Papst u. Kaiser den Kriegwegen Böhmen betrieben, u. zwischen den Kurfürsten von Brandenburg u. den Herzögen von Pomnern 1468 ein Krieg wegen der Erbfolge in den Stettinischen Landen, u. in Köln eine heftige Fehde, wischen dem Erzbischofe Ruprecht u. dem Domapilei ausbrach, drangen die Türken durch Ungarn vor u. fielen 1469 verwüstend u. verheerend in Krain ein. Ein dreimaliger Reichstag ließ diese Provinz hülflos, da die Städte die geforderten Geldsummen u. Mannschaften verweigerten, um es dem Kaiser zu entgelten, daß er sie gegen die Fürsten einst im Stiche gelassen hatte. Als nach des Königs Georg von Böhmen Tode 1471 Ladislaw von Polen u. Matthias von Ungarn um Böhmen kämpften, trat der Kaiser auf die Seite des Ersteren, weshalb Matthias ihn bekriegte u. ihm Niederösterreich entriß, welches er auch bis an seinen Tod 1490 behielt. Was ihm im Osten verloren ging, suchte Friedrich indeß im Westen wiederzugewinnen. Karl der Kühne von Burgund, welcher zu seinen schon an u. für sich mächtigen Staaten 1471 noch Geldern u. Zütphen gekauft hatte, besaß nur eine Tochter, die Erbin seines Reichs; diese wünschte der Kaiser seinem Sohne Maximilian zu vermählen. Für seine Einwilligung verlangte Karl von dem Kaiser die Erhebung seiner Staaten zu einem Köntgreiche. Friedrich III., durch Ludwig IX. von Frankreich argwöhnisch gemacht, erfüllte diesen Wunsch nicht; dafür nahm Herzog Karl sich des Erzbischofs Ruprecht von Köln gegen den Gegenbischof Hermann von Hessen an u. belagerte zu seinen Gunsten 1474 Neuß mit 60,000 Mann. Es entstand darüber ein Reichskrieg, bei welchem der Kaiser selbst an die Spitze des Heeres trat; die Heere begegneten sich bei Neuß, da bot Karl, von den Lothringern u. Schweizern bedroht, Frieden u. willigte in das beabsichtigte Verhältniß. Nachdem Herzog Karl 1477 in der Schlacht bei Nancy gegen Lothringen u. die Schweizer geblieben war, erfolgte die Vermählung Maximilians von Österreich, des Sohnes Friedrichs III., mit Maria, der Erbin von Burgund, wirklich, wodurch der Grund zu der überwiegenden Macht des Hauses Österreich gelegt wurde. Über die wegen der Burgundischen Lande mit Frankreich geführten Kriege u. die Erbfolge- u. Vormundschaftsangelegenheiten, wo Maximilian fast immer Sieger blieb, s.u. Niederlande (Gesch.). 1482 starb Maria, u. von nun an sahen die Stände von Flandern, welche dort das Wort führten, Maximilian als Fremden an, setzten den Kindern desselben (Philipp u. Margarethen) Gouverneurs, in deren Wahl er sich nicht einmal mischen durfte, ja der Erzherzog mußte sich den Vertrag von Arras (23. Dec. 1483), welchen Ludwig mit den Ständen schloß, gefallen lassen, nach welchem Maximilians u. Marias Tochter, Margarethe, den Dauphin (den nachherigen König Karl VIII.) heirathen, Burgund, die Gegend von Macon, Auxonne u. Artois als Mitgift erhalten u. in Frankreich erzogen werden sollte. Bald brach der Zwist mit den Ständen in offene Feindseligkeit aus. Maximilian bemächtigte sich Gents, das ihn im Juli 1485 als Vormund seines Sohnes anerkannte. Seit 1478 verheerten die Türken wiederholt Kärnten, Steyermark u. Krain. Zugleich hatte Friedrich III. mit den Ungarn zu kämpfen; vergebens begehrte er gegen beide Feinde Hülfe vom Reiche; die Städte weigerten sich, weil der Kaiser nicht für den Landfrieden sorgte. Als endlich 1485 König Matthias von Ungarn Österreich vollständig eroberte, machte der vertriebene Kaiser ernstliche Anstalten, den Reichsständen zu willfahren u. Ruhe u. Ordnung im Reiche herzustellen. Nachdem er 1486 die Wahl seines Sohnes Maximilian I. zum Römischen Könige bewirkt hatte, wurde ein Landfrieden auf 10 Jahre geschlossen, eine Kammergerichtsordnung entworfen, das westfälische Fehmgericht beschränkt, ein Edict zur Verbesserung der Münze gegeben u. 1488 der Schwäbische Bund gegen das Raub- u. Fehdewesen gestiftet. Einige Streitigkeiten des Kaisers mit Georg dem Reichen von Baiern-Landshut, mit Albrecht von Baiern-München, mit Regensburg u. dem Landgrafen von Hessen, schlichtete Maximilian, welcher währenddem u. später viel in den Niederlanden zu thun hatte u. dort sogar von den Bürgern von Brügge im Februar 1488 gefangen gesetzt wurde, bis er endlich nach viermonatlicher Hast der Regierung in Flandern eidlich entsagte u. zugleich alle feste Plätze herauszugeben u. die deutschen Truppen aus Flandern zurückzuziehen versprach. Sein Vater setzte den Krieg fort u. belagerte Gent vergebens, s. Niederlande (Gesch.). 1489 kam endlich der Friede zu Frankfurt mit Frankreich u. den empörten Städten zu Stande. Nach[48] des Königs Matthias Corvinus von Ungarn Tode (1490) machte Maximilian, auf einen Familienpact mit Matthias bauend, auf den ungarischen Thron Anspruch, die Ungarn wählten aber Ladislaw von Böhmen zum. König. Maximilian trieb aber die Ungarn aus Österreich, welches sie noch immer besetzt hielten, fiel in Ungarn ein u. eroberte Stuhlweißenburg; ein Aufruhr seiner Truppen zwang ihn aber zum Rückzug, u. er mußte am 7. Nov. 1490 den Frieden zu Preßburg schließen, wo die alten Familienverträge erneuert, Maximilian der Titel als König von Ungarn zugestanden u. demselben 200,000 Ducaten versprochen wurden. Während dessen hatte Albrecht, Herzog von Sachsen, von Maximilian als Statthalter in den Niederlanden eingesetzt, die von Philipp von Kleve genährten Unruhen gestillt (s.u. Niederlande). Maximilian hatte die reiche Erbin der Bretagne, Anna, zu seiner 2. Gemahlin gewählt u. ließ sich dieselbe durch Procuration des Prinzen von Oranien antrauen. Karl VIII., König von Frankreich, bemächtigte sich aber der Braut u. heirathete sie im December selbst, schickte dagegen Maximilian dessen ihm verlobte Tochter, Margarethe, zurück. Über dies Verfahren, welchem der Papst Innocenz VIII. seine Zustimmung gab, aufs Höchste empört, schloß Maximilian mit den Königen von England u. Aragonien ein Bündniß gegen Frankreich. Aber die versprochene Reichshülfe blieb aus, Heinrich VII. von England schloß, nachdem er Boulogne belagert hatte, einen Separatfrieden mit Frankreich, u. Aragonien ließ sich durch die Abtretung von Roussillon u. Cerdagne zu einem gleichen bewegen, so daß Maximilian froh sein mußte, daß der Frieden zu Senlis den 23. Mai 1493 zu Stande kam, durch welchen sein Sohn Philipp die Margarethen einst zur Mitgift versprochenen Grafschaften Artois, Burgund u. Charolais erhielt; Hesdin, Aire u. Bethune sollten besetzt bleiben, bis der Erzherzog Philipp das 20. Jahr erreicht hätte. Am 19. Aug. 1493 starb Friedrich III. Er hatte unter allen deutschen Königen am längsten (53 Jahre) D. regiert u. war der letzte, welcher in Rom die römische Kaiserkrone empfing. Für die Ruhe, Wohlfahrt u. Sicherheit des Reiches u. seine Erbländer hat er bei seiner großen Liebe zur Ruhe nichts gethan, um so mehr sorgte er für die Privatvortheile des Hauses Österreich, bei welchem das deutsche Kaiserthum nun gleichsam erblich verblieb.

Maximilian I., in Hinsicht seiner kriegerischen Gesinnung u. der Tüchtigkeit seines lebendigen, thatkräftigen Wesens das gerade Gegentheil seines Vaters, bestieg nun den Kaiserthron. Zunächst vermählte er sich mit Blanca Maria, Tochter des Herzogs Galeazzo Sforza von Mailand, welche ihm 300,000 Ducaten Heirathsgut mitbrachte, sodann forderte er auf dem Reichstage zu Worms im April 1494 ernstlich Hülfe gegen die 1493 aufs Neue ins Reich eingebrochenen Türken u. gegen Frankreich, dessen König Karl VIII. Neapel erobert hatte. Die Stände erneuerten indeß ihre Forderung eines allgemeinen u. ewigen Landfriedens u. eines höchsten Reichsgerichts. Am 7. August 1495 kam endlich der berühmte ewige Landfrieden, wodurch dem Faustrechte gesetzlich ein Ende gemacht wurde, u. die Stiftung des Reichskammergerichts auf dem Reichstage zu Worms zu Stande, worauf die Stände dem Kaiser Hülfe gegen Frankreich u. Ungarn zusagten. Das Römische Recht wurde nun in D. förmlich eingeführt u. kam allgemein in Gebrauch. Auf demselben Reichstage wurde auch am 21. Juli die Grafschaft Württemberg zum Herzogthume erhoben u. Ludwig Sforza mit dem Herzogthum Mailand belehnt. Der Kaiser ging dann nach den Niederlanden, um seinem mündig gesprochenen Sohne Philipp die Regierung derselben zu übergeben, u. 1496 nach Italien, um kriegerische Vorkehrungen gegen Karl VIII. von Frankreich zu treffen. Währenddem hatte Maximilian am 4. März 1496, durch den Tod des Erzherzogs Sigismund, die Grafschaft Tyrol geerbt u. vereinigte sonach alle österreichischen Lande. In demselben Jahre hatte sich Maximilians Sohn, Erzherzog Philipp, mit Johanna von Castilien vermählt, wodurch später die spanische Monarchie an das Haus Österreich kam. Auf die falsche Nachricht von einem zweiten Einfall der Franzosen in Italien berief der Kaiser 1497 noch einen Reichstag nach Lindau, konnte aber auf diesem so wenig, wie auf dem folgenden zu Freiburg von den Ständen die erbetene Hülfe erlangen. Die Stände kürzten sogar an der Summe, die sie ihm schon früher zugesagt hatten. Auf beiden Reichstagen wurden mehrere Gesetze, namentlich polizeiliche Bestimmungen, erlassen, so namentlich gegen den übermäßigen Luxus Nach einem kurzen Kriege mit Frankreich 1498, um einige durch dieses von Burgund abgerissenen Stücke, bekriegte der Kaiser den Herzog Karl von Geldern, doch kam 1499, durch Vermittelung Frankreichs, ein Vergleich zu Stande. Durch diesen Krieg war Maximilian abgehalten worden, sich ernstlich gegen die Schweizer zu wenden, welche zwar den Wormser Reichstag beschickt hatten, aber die Anerkennung des Reichsgerichts ablehnten u. auch die Zahlung der ausgeschriebenen Reichssteuer (Gemeiner Pfennig) verweigerten. Der Graf von Fürstenberg, Maximilians Feldherr, wurde bei Dorneck geschlagen, u. da der Herzog von Mailand, von Frankreich bedroht, ernstlich zum Frieden mit der Schweiz rieth, so kam es am 22. Sept. 1499 zu Basel zum Vertrag, worin die Unabhängigkeit der Schweiz zuerst förmlich ausgesprochen wurde. Später schlossen sich, vom Reiche abfallend, mehrere Städte der Eidgenossenschaft an. Indessen half dieser Friede dem Herzog von Mailand nichts, die Franzosen besetzten Mailand, u. Maximilian, welchem die von französischen Gesandten bearbeiteten Reichsstände auf dem Reichstage zu Augsburg die Hülfe versagten, vermochte nichts zum Entsatz Mailands zu thun. Nach kampflosem Kriegszustande kam es endlich durch seinen Sohn Philipp den 15. Oct. 1501 zum Tridenter Vertrag, durch welchen die Verabredung der Heirath der französischen Prinzessin, Claudia, mit Maximilians Enkel, Karl (nachmaligem Karl V.), so wie der Maria, Tochter Philipps, mit dem nächsten Sohn, welcher Ludwig XII. geboren werden sollte, eben so die ungestörte Succession Philipps in Spanien, Maximilians in Ungarn u. Böhmen bestätigt wurde, u. Frankreich dagegen die Belehnung mit Mailand unter der Bedingung erhielt, daß das Herzogthum einst die Mitgift der Prinzessin Claudia, Ludwigs XII. Tochter, werden sollte. Doch wurden diese Bestimmungen später mehrfach geändert. Ein Kreuzzug, den der Kaiser nun beabsichtigte, unterblieb wegen der Weigerung der Kurfürsten, ihn zu unterstützen, ebenso 1503 die Erhebung Österreichs zum[49] Kurfürstenthum, wogegen ihm 1501 die Errichtung des Reichshofrathes zu Wien (ursprünglich nur für Österreich bestimmt) zu einer Reichsinstanz gelang. 1504 brach über die Erbschaft Georgs des Reichen, Herzogs von Baiern-Landshut, zwischen Baiern u. Pfalz ein Krieg aus, s. Baiern (Gesch.). Der Kaiser vertrat die Rechte des Herzogs von Baiern-München u. hatte die fränkischen Linien von Brandenburg, Württemberg etc. auf seiner Seite, während der König von Böhmen Ruprecht von der Pfalz unterstützte. Dieser Krieg wurde 1507 durch Ruprechts Tod beendigt. Maximilian machte indessen bei dieser Gelegenheit bedeutende Erwerbungen, indem er mehrere Besitzungen, welche ehedem der Pfalz gehört hatten, u.a. das verpfändete Elsaß, die Grafschaft Kirchberg, die Herrschaft Weißenhorn u. mehrere Schlösser in Tyrol, zum Ersatz der Kriegskosten behielt. 1506 starb Philipp, Maximilians Sohn, in Castilien, wohin er sich, um die Regierung zu übernehmen, begeben hatte. Vergebens versuchte Maximilian die Vormundschaft über dessen blödsinnige Gemahlin Johanna u. damit die Regentschaft in Castilien zu erhalten; dagegen blieben die Niederlande, wo er seine Tochter Margarethe regieren ließ, unter seiner Herrschaft. Längst hatte Maximilian sich persönlich in Rom zum Kaiser krönen lassen wollen, eigentlich nur ein Vorwand, um Mailand wieder zu erobern u. das kaiserliche Ansehen in Italien zu verstärken. Der Papst Julius II. u. die Venetianer fürchteten aber diesen Römerzug u. schlossen eine Ligue mit Frankreich, ihn zu hindern. Bald besann sich aber der Papst anders u. lud Maximilian selbst ein, nach Italien zu kommen, Venedig aber versprach ihm freien Durchzug. Der Reichstag von Konstanz im Juni 1507 bewilligte Maximilian 90,000 Mann zu diesem Römerzug, aber Ludwig XII., einen Krieg mit Maximilian fürchtend, entließ plötzlich sein Heer, nachdem er Genua unterworfen hatte. Nun wendete sich die italienische Ligue wieder gegen den Kaiser u. wollte ihm den Durchzug wehren, Maximilian passirte aber 1508 mitten im Winter die Alpen mit 25,000 Mann, sprach die Acht über Venedig aus u. bemächtigte sich mehrerer Plätze in Friaul. Die Annäherung eines französisch-venetianischen Heeres, während er Roveredo vergebens belagerte, hielt Maximilian indessen auf, er proclamirte eine Bulle des Papstes, worin dieser ihm u. seinen Nachfolgern den Titel: Erwählter Römischer Kaiser gab, u. kehrte für seine Person schnell nach D. zurück, seine Truppen wurden dagegen zum Theil gefangen, auch die eroberten Plätze von den Venetianern wieder genommen, so wie Triest, Fiume u. ein Theil des Trientischen noch dazu erobert. Am 6. Juni 1508 schloß der Kaiser zu Venedig mit der Republik Venedig einen dreijährigen Waffenstillstand, wonach jeder Theil seine gemachten Eroberungen einstweilen behielt. Über Maximilians fernere Unternehmungen, Bündnisse u. Kriege gegen Venedig, sowie über seine Kriege gegen Frankreich 1512–1516, s. unter Venedig u. unter Frankreich (Gesch.), vgl. auch Ligue. 1516 fiel Aragonien durch den Tod Ferdinands des Katholischen an dessen u. Maximilians Enkel, Karl V. Während der Kriege mit Frankreich u. in Italien waren in D. häufige Reichstage gehalten worden, auf welchen der Hauptgegenstand, der Türkenkrieg, zwar oft berathen wurde, aber nie zu Stande kam. Auf dem Reichstage zu Köln, 1512, erfolgte die Eintheilung des Reiches in zehn Kreise, deren jedem ein Kreishauptmann vorgesetzt wurde. Bereits auf dem Reichstage zu Augsburg 1500 hatte man die Eintheilung in 6 Kreise, den Schwäbischen, Fränkischen, Baierischen, Rheinischen, Westfälischen u. Sächsischen beliebt, von diesen wurden der Österreichische, der Kurrheinische, Burgundische u. Obersächsische getrennt. Diese Einrichtung sollte dem Fehdewesen, welches noch nicht ganz aufgehört hatte, völlig ein Ende machen. Sie gab der Reichsverfassung zugleich eine festere organische Gliederung u. verhinderte das Auseinanderfallen des Reichs in einzelne souveräne Staaten, da die Macht des Kaisers nicht mehr weiterreichte, als sein unmittelbarer Länderbesitz ging. Formal stand dem Kaisernoch das Recht zu, Steuern zu fordern u. das Kriegsaufgebot ergehen zu lassen, aber die Vollziehung seines Gebotes lag in der Hand der einzelnen Landesherren, u. diese kamen demselben nur dann nach, wenn sie auf dem Reichstage bei der Bewilligung mit gestimmt hatten. Es waren auf den Reichstagen im Ganzen gegen 250 Kreisstände vertreten, von denen jedoch die kleineren in Curien zusammenstimmten, so daß im Ganzen etwa 100 Stimmen gezählt wurden. Die kaiserliche Gerichtsbarkeit war ebenfalls fast ganz an die Landesherren übergegangen. Mit der Einführung eines geordneten Rechtswesens verschwand auch die heilige Fehme (s.d.), welche zur Zeit des Faustrechts die Rache übte, wo die Gewalt die Thätigkeit der Landgerichte hinderte. Die Ausübung der höchsten Gerichtsbarkeit u. das Reichsregiment war nicht mehr beim Kaiser, sondern bei verfassungsmäßigen, vom Kaiser u. von den Ständen zugleich besetzten Behörden, nur die Oberbefehlshaberschaft im Kriege u. die Oberlehnsherrschaft blieb mit der Person des Kaisers verbunden.

B) Von dem Beginn der Reformation bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges 1517–1618. Unter Maximilian I. begann auch die große Kirchenreformation, indem Luther am 31. Octbr. 1517 die berühmten 95 Sätze, hauptsächlich gegen den Ablaß, zu Wittenberg anschlug (s. Reformation). Im Ganzen war Maximilian der Reformation nicht abgeneigt, sofern sie nur das Oberhaupt der Kirche unangetastet ließ. Maximilians Lieblingswunsch war, seine Laufbahn mit einem Türkenkrieg würdig zu beschließen. Er berief deshalb im Juli 1518 einen Reichstag nach Augsburg, um die Mittel hierzu u. die Erwählung seines Enkels, des Königs Karl I. von Spanien, zum Römischen König zu erlangen, doch unverrichteter Dinge reiste er nach Innsbruck ab. Erkrankt ließ er sich nach Wels in Oberösterreich bringen u. starb hier den 12. Jan. 1519. Nach seinem Tode trat nebst Karl auch Franz I., König von Frankreich, u. Heinrich VIII. von England als Bewerber um die deutsche Krone auf. Franz I. wurde von den Kurfürsten von Trier, Pfalz u. Brandenburg begünstigt, die übrigen Kurfürsten trugen aber Friedrich dem Weisen von Sachsen die Krone an; da dieser sie jedoch ausschlug, so wurde auf seinen u. des Kurfürsten Albrecht von Mainz Betrieb der König von Spanien, als Karl V., den 28. Juni 1519 zum Römisch-Deutschen Kaiser gewählt. Vor seiner Erhebung mußte er eine von Friedrich dem Weisen entworfene Wahlcapitulation beschwören, worin u.a. festgesetzt war, daß er sobald als möglich nach[50] D. kommen, keine fremden Krieger ins Reich bringen, die Reichsgesetze u. hergebrachten Freiheiten bestätigen, die Handlungen der Reichsverweser genehmigen, u. daß alles das ohne Kraft sein sollte, was er gegen diese Bedingungen unternehmen würde. Diese Capitulation, die erste in ihrer Art, wurde nachmals bei jeder neuen Kaiserwahl erneuert u. erweitert. Das Wenigste von allem, was Karl V. in dieser Capitulation geschworen, hat er während seiner Regierung gehalten. Karl segelte 1520 von Cocuña nach D. u. ließ sich den 22. October zu Aachen krönen. Noch vor der Thronbesteigung Karls waren im Lande blutige Fehden ausgebrochen. Im N. wurde der Bischof von Hildesheim, Johann von Lauenburg, mit seinen Lehnsleuten, den Herren von Saldern, 1519 in eine Fehde verwickelt, an welcher die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg auf Seiten der Letzteren Theil nahmen, wogegen der Bischof die Grafen von Schaumburg-Lippe, Diepholz u. Hoya zu Bundesgenossen hatte. Er wurde am 28. Juni 1519 auf der Soltauer Haide geschlagen u. gefangen. Da er sich weigerte einen Vergleich einzugehen, so wurde er in die Reichsacht erklärt u. verlor einen großen Theil seiner Stiftsländer. Herzog Ulrich von Württemberg hatte anderseits gleichzeitig durch den Streit mit den Ständen, die Ermordung des Ritters von Hutten u. den Überfall von Reutlingen sich 1521 die Reichsacht zugezogen. Der Schwäbische Bund vertrieb ihn aus seinem Lande u. verkaufte dasselbe an Österreich, s. unten. Am 6. Jan. 1521 schrieb Karl einen Reichstag nach Worms aus, wo zu Gunsten Österreichs die Regimentsordnung des Reichs dahin geändert wurde, daß von den 22 Reichsräthen 4 allein vom Kaiser u. Erzherzog von Österreich, 6 von den 6 Kurfürsten u. die übrigen von den andern in Curien vereinigten Reichsständen ernannt werden sollten. Dann wurde die Gerichtsordnung u. der Landfriede bestätigt u. endlich dem Kaiser zu einem Römerzuge 4000 Mann zu Roß u. 20,000 Mann zu Fuß bewilligt, von welcher Verwilligung der Kaiser aber nie Gebrauch machte. Auf dem Reichstage führte der Kaiser eine hohe imponirende Sprache u. ließ es auch nicht an äußerlichen Formen fehlen, um das Kaiserthum mit einem neuen Nimbus zu umkleiden. Er führte zuerst den Titel Majestät u. der Reichsregimentsrath hieß fortan kaiserlicher Majestät Regiment im Reich. Diesem präsidirte bei Abwesenheit des Kaisers ein kaiserlicher Statthalter. Durch das Streben Karls V., Franz I. von Frankreich ganz von Italien auszuschließen, wurde er in viele Kriege verwickelt u. dadurch verhindert, in D. kräftig zu wirken. Der Besitz von Mailand gab zuerst Anlaß zu den Feindseligkeitenmit Frankreich. Innerhalb 20 Jahren führten Karl V. u. Franz J. 4 Kriege mit einander, die keine Entscheidung herbeiführten; erst im 5. Kriege Karls mit Frankreich erhielt Letzteres das Übergewicht. Der 1. Krieg begann mit dem Angriffe Franz I. auf Navarra u. fast gleichzeitig auf die Niederlande; die Franzosen mußten nach der Schlacht bei Bicoca am 22. April 1522, wo die unzufriednen Schweizer vergebens die verschanzte kaiserliche Stellung stürmten, die Lombardei räumen, nun griff Karl V. von Italien aus Burgund u. die Provence an, doch mußte sich das kaiserliche Heer nach dem mißlungenen Angriff auf Marseille zurückziehen. Der Feldzug endete mit der Gefangennehmung Franz I. in der Schlacht bei Pavia 1525; Franz I. entsagte im Frieden zu Madrid 1525 allen Ansprüchen auf Mailand u. das Herzogthum Burgund eidlich u. ließ seine 2 ältesten Söhne als Geiseln zurück, hielt indessen sein Versprechen nicht. Den 2. Krieg veranlaßte Papst Clemens VII., der durch Österreichs Übermacht in Italien beunruhigt, Franz I. von seinem Eide lossprach. Rom wurde 1527 von deutschen Truppen unter dem Herzog von Bourbon erstürmt u. geplündert u. der Papst auf der Engelsburg gefangen. Ein französisches Heer unter Lautrec drang bis Gaeta vor, wurde aber dort durch Krankheiten aufgerieben; Lautrec selbst starb, der Anführer der französischen Flotte Doria aber ging mit derselben zu den Kaiserlichen über. Einem 2. französischen Heer, unter dem Graf St. Pol nach Italien gesendet, mißglückte die Belagerung von Mailand, worauf es bei Adriano geschlagen wurde; der Damenfriede (Friede zu Cambray) 1529 beendigte diesen Krieg. Das Aussterben des Hauses Sforza in Mailand, welches Karl seinem Sohne Philipp verlieh, erregte den 3. Krieg (1536–1538), in welchem Franz I. sich mit dem Sultan Soliman verband. Karls V. Vordringen nach Aix in der Provence u. nach der Picardie waren erfolglos, er mußte sich stets zurückziehen. Ein Aufruhr in den Niederlanden nöthigte den Kaiser, den Waffenstillstand zu Nizza 1538 abzuschließen. Den 4. Krieg, zu welchem die Ermordung der französischen Gesandten, als die Franzosen das Mailändische passiren wollten, den Anlaß gab, von 1542–44, beendigte der Friede von Crespy 1544, welcher die Bedingungen des Vertrags zu Cambray befestigte. Der 5. Krieg Karls gegen den Nachfolger Franz I., Heinrich II., von 1552–1556, wo die Franzosen Metz durch einen Handstreich nahmen u. Karl V. vergebens diese Hauptfestung wieder zu nehmen versuchte, wurde durch den Waffenstillstand von Vauxelles beendet. Die Bisthümer Metz, Toul u. Verdun gingen dadurch dem Reiche verloren. Während dieser Kriege that der Kaiser noch andere Feldzüge; so 1529 gegen Sultan Soliman, der vor Wien erschien, dann 1535 gegen Tunis, woselbst er den Seeräuber Haireddin vertrieb u. den Sultan Mulay wieder einsetzte, u. endlich 1541 gegen Algier, wo er aber Flotte u. Heer durch Sturm u. Unwetter einbüßte. Auf dem ersten Reichstage zu Worms 1521 überließ der Kaiser seinem Bruder Ferdinand die österreichischen Lande u. bald darauf trat er demselben auch den Breisgau u. alle deutschen Länder ab. Ferdinand wurde dadurch Stifter der deutschen Linie des Hauses Österreich u. erhielt einen großen Einfluß auf die Angelegenheiten des Reichs, welcher entscheidend wurde, als er im Jahre 1531 zum Römischen Könige gewählt wurde. Ferner wurden in Worms die Reichsmatrikel u. die Römermonate festgesetzt.

Die wichtigste Verhandlung des Reichstages betraf aber die Reformation. Luthers Lehre hatte seit dem Tode des Kaisers Maximilian, bes. durch den Schutz, welchen Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen als Reichsvicar dem Reformator gewährte, große Verbreitung gewonnen In Leipzig disputirten Luther u. Karlstadt gegen Eck. Dieser bewirkte, daß 41 Sätze Luthers vom Papste verdammt u. dieser selbst mit dem Banne bedroht wurde. Luther verbrannte am 11. Decbr. 1520 die päpstliche Bulle u. das Canonische Recht. Diese Kühnheit fand großen Beifall, u. die deutschen [51] Ritter Ulrich von Hutten, von Schauenburg u. von Sickingen ermunterten ihn, fortzufahren in seinem Kampfe gegen Rom, u. boten ihm Schutz an. Luthers Gegner suchten ihn als einen Aufwiegler auch gegen die weltliche Gewalt darzustellen, u. er wurde 1521 auf den Reichstag nach Worms vorgeladen, um sich wegen seiner Lehre zu verantworten. Obgleich mit dem Schicksale Huß's bedroht, erschien er doch u. vertheidigte sich so, daß er viele anwesende Fürsten für seine Sache gewann. Dennoch sollte er seine Schriften widerrufen, u. als er sich dazu nur verstehen wollte, wenn man ihn aus der Heiligen Schrift widerlegen könne, so wurde er mit der Reichsacht belegt, erhielt aber vom Kaiser sicheres Geleit u. freien Abzug. Um den Geächteten den Folgen der Reichsacht zu entziehen, ließ Kurfürst Friedrich ihn auf der Rückreise vom Reichstage aufheben u. nach der Wartburg bringen, wo er 10 Monate verborgen blieb, bis ihn der Unfug der Bilderstürmer (s. Karlstadt) bewog, nach Wittenberg zurückzukehren, wo er durch seine Predigten die Ruhe wieder herstellte. 1523 brach eine Fehde zwischen Franz von Sickingen u. dem Kurfürsten Richard von Trier aus; Erster wurde mit der Reichsacht belegt u. von trierschen, pfälzischen u. hessischen Kriegsvölkern überwältigt. Gefährlicher als alle diese Unruhen wurde der mit den Bewegungen auf religiösem Gebiete zusammenhängende Bauernkrieg, der 1524 in Schwaben begann u. sich durch Elsaß, Lothringen, Franken u. Sachsen verbreitete. Am ärgsten waren die Unruhen im südlichen D., die Bauern brachten ihre Forderungen in 12 Artikel, verlangten Recht der Predigerwahl, Aufhebung der Leibeigenschaft, Abschaffung der Frohnen, unparteiische Rechtspflege etc. Als ihnen dies nicht bewilligt wurde, ließen die Aufrührer sich die größten Ausschweifungen zu Schulden kommen, ermordeten u.a. bei Weinsberg den Grafen Helfenstein u. seine sämmtlichen Ritter, plünderten u. verbrannten in Franken mehr als 200 Klöster u. Schlösser etc. Sie wurden indessen zerstreut (s. Bauernkrieg), auch andere Unruhen durch Unterhandlungen gestillt. Aus Franken u. Schwaben verbreitete sich die Empörung nach Sachsen u. Thüringen. Hier hatte sich eine Rotte von 8000 aufrührerischen Bauern unter Thomas Münzer (s.d.) gelagert, wurde aber von einer vereinigten Macht von Sachsen, Braunschweig u. Hessen angegriffen u. in der Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525 gänzlich geschlagen. Traurig waren diese Unruhen in ihren Folgen. Süddeutschland allein hatte 100,000 seiner fleißigsten Einwohner verloren; die schönsten Provinzen waren verheert, u. zugleich war die Gewalt der Gutsherren, deren Joch man hatte abwerfen wollen, noch drückender geworden. Die Reformation hielt indessen der Bauernkrieg nicht auf, vielmehr verbreitete sie sich fortwährend durch alle Länder deutscher Zunge bis nach Preußen. Der Hochmeister des Deutschen Ordens, Albrecht von Brandenburg, nahm Luthers Lehre an u. verwandelte den Ordensstaat in Preußen in ein weltliches Herzogthum, welches er, wie früher das Ordensland, 1525 von Polen zu Lehn nahm. Er gab sonach das erste Beispiel einer Säcularisation, welche Karl V., der sich immer noch als Oberlehnsherr von Preußen betrachtete, zwar nicht anerkannte, dochbauch nicht hindern konnte. 1524 schlossen die Kurfürsten Albrecht von Mainz, Joachim I. von Brandenburg u. Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel in Dessau einen Verein zur Aufrechthaltung der Katholischen Kirche, u. bald darauf bildete sich eine katholische Liga, an deren Spitze der Erzherzog Ferdinand u. der Herzog von Baiern standen. Der Liga entgegen wurde 1526 von den Anhängern der neuen Lehre das Torgauer Bündniß geschlossen, dessen Glieder Kurfürst Johann von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen, die Herzöge von Lüneburg, von Mecklenburg, die Grafen von Anhalt u. Mansfeld u. die Stadt Magdeburg waren. Auf dem Reichstage zu Speier wurde 1526, auf Verwendung des Torgauer Bundes, den Anhängern Luthers gestattet, bis zur Zusammenberufung eines Concils ihre Lehre unangefochten auszuüben, wodurch die Reformation ungemein befördert wurde, in so fern die sie begünstigenden Fürsten die Befugniß erhielten, auch in kirchlichen Dingen aus eigner Machtvollkommenheit Verfügungen zu treffen. Nach 3 Jahren wurde diese Erlaubniß zwar auf dem 2. Reichstage zu Speier widerrufen, doch war die Lutherische Lehr nun in mehreren Ländern schon fest begründet Auch protestirten Kurfürst Johann von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen, die Herzöge Ernst u. Franz von Lüneburg, der Markgraf von Ansbach, Fürst Wolfgang von Anhalt u. 14 Reichsstädte gegen diesen Widerruf (daher der Name ihrer Religionspartei Protestanten). Gleich darauf entstand unter den Anhängern der Kirchenverbesserung eine ihnen höchst nachtheilige Spaltung. In der Schweiz hatte Ulrich Zwingli sich gleichzeitig mit Luther gegen die kirchlichen Mißbräuche erhoben, doch in der Lehre vom Abendmahl eine von der Lutherischen verschiedene Ansicht aufgestellt, welche der Gegenstand eines heftigen Streites wurde, welchen ein von den beiden Reformatoren zum Zweck einer Ausgleichung 1529 zu Marburg gehaltenes Religionsgespräch zu einem unheilbaren Bruche erweiterte. Zwinglis Lehre fand in Oberdeutschland viele Anhänger. Auf dem 2. Reichstage zu Speier 1529 wurde durch ein strenges Edict die weitere Verbreitung der Reformation untersagt, u. auf dem Reichstage zu Augsburg, wo die evangelischen Fürsten am 25. Juni 1530 die Augsburgische Confession übergaben, lautete der Reichsabschied nicht günstiger. Deshalb schlossen die evangelischen Stände zu ihrer Vertheidigung den Schmalkaldischen Bund. Dadurch, so wie durch ihre Weigerung, die 1531 erfolgte Wahl des Erzherzogs Ferdinand zum Römischen König anzuerkennen u. dem Kaiser bei dem bevorstehenden Türkenkriege Beistand zu leisten, erzwangen die Evangelischen 1532 den Religionsvergleich zu Nürnberg, wodurch festgesetzt wurde, daß bis zur künftigen allgemeinen Kirchenversammlung kein Reichsstand seines Glaubens wegen beunruhigt werden solle. In demselben Jahre erließ der Kaiser die unter dem Namen Carolina bekannte Halsgerichtsordnung; dann zog er gegen die Türken, die er bis Belgrad zurückschlug.

Der Schwäbische Bund löste sich 1533 auf, u. bald darauf schlug Landgraf Philipp von Hessen die Österreicher bei Laufen u. setzte den vertriebenen Herzog Ulrich von Württemberg wieder in den Besitz seines Landes, in welchem er sich auch durch den Frieden zu Kaaden erhielt. Gleichzeitig erregten die Wiedertäufer (s.d.) in Westfalen große Unruhen.[52] In Münster bemächtigten sich ihre Häupter, Johann Bocholt von Leyden, Matthiesen u. Knipperdolling, der öffentlichen Gewalt, führten die Gütergemeinschaft u. Vielweiberei ein u. wurden erst 1535 nach einer harten Belagerung bezwungen. Die Reformation machte indessen immer größere Fortschritte; in Pommern wurde sie 1532 eingeführt, in Verden, Bremen, Osnabrück u. Schweinfurt noch in dem nämlichen Jahre, in Jülich 1533, in Grubenhagen, Augsburg u. Hannover 1534, in Württemberg 1535, in Kurbrandenburg u. Pfalz-Neuburg 1537. In dem herzoglichen Sachsen wurde sie nach dem Tode des Herzogs Georg, eines heftigen Gegners der Kirchenverbesserung, auch allgemein. Der Schmalkaldische Bund wurde 1536 auf 10 Jahre erneuert; doch nicht alle evangelische Stände traten ihm bei. Gegen ihn errichtete der kaiserliche Vicekanzler Held 1538 den Heiligen Bund der Katholiken zu Nürnberg. Zu ernstlichen Feindseligkeiten kam es zwischen Herzog Heinrich dem Jüngern von Braunschweig-Wolfenbüttel, einem heftigen Feinde der Protestanten, u. dem Landgrafen Philipp von Hessen. Mit Letzterem vereinigte sich Kursachsen u. beide eroberten 1542 Heinrichs Lande. Durch den Krieg des Kaisers mit Frankreich wurde auch das Deutsche Reich, jedoch nur auf kurze Zeit, beunruhigt, indem Herzog Wilhelm von Kleve, der seit 1539 auch die Herzogthümer Jülich u. Berg geerbt hatte, 1542 als Bundesgenosse Frankreichs auftrat u. auf das Herzogthum Geldern Anspruch machte; doch wurde er in Kurzem gezwungen, die Waffen niederzulegen u. in dem Frieden zu Venlo, 1543, auf Geldern Verzicht zu leisten. In Sachsen entstanden Unruhen wegen der Ernennung des Bischofs von Naumburg, u. darauf brachen Feindseligkeiten, wegen der von der Stadt Wurzen zu erhebenden Türkensteuer, zwischen dem Kurfürsten u. dem Herzog Moritz von Sachsen (s. Fladenkrieg) aus, die aber schnell, durch Vermittelung des Landgrafen von Hessen, beigelegt wurden. Im Erzstifte Köln versuchte 1543 der Erzbischof Hermann von Weda die Reformation einzuführen, womit er aber nicht durchdrang. Pfalzgraf Otto Heinrich führte in Neuburg 1542 u. in der Kurpfalz 1545 die Reformation ein, gegen deren weitere Verbreitung seit 1540 die Jesuiten thätig waren. Endlich wurde 1545 das lange dringend begehrte Concil zu Trident (s.d.) eröffnet. Da die Protestanten sich weigerten, daran Theil zu nehmen, so rüstete sich der Kaiser, um die Reformation mit Gewalt zu unterdrücken, u. schloß 1546 geheime Bündnisse mit Moritz von Sachsen u. Papst Paul III. Indessen brachte auch der Schmalkaldische Bund, gegen welchen diese Rüstungen gerichtet waren, ein großes Heer zusammen, welches durch Franken gegen die Donau zog. Der Schmalkaldische Krieg begann mit der Einnahme der Ehrenberger Klause durch die Truppen des Herzogs von Württemberg unter Sebastian Schärtlin. Die Bundeshäupter Johann Friedrich von Sachsen u. Philipp von Hessen, benutzten die Anfangs große Überlegenheit ihrer Waffenmacht nicht; sie ließen vielmehr dem Kaiser Zeit, seine Rüstung zu vollenden. Nachdem durch seine Maßregeln das Bundesheer in zwei Theile getrennt worden war, zwang er den Kurfürsten von der Pfalz, den Herzog von Württemberg u. die ober deutschen Reichsstädte sich ihm zu unterwerfen; dann brach er mit Hülfe des Herzogs Moritz im Frühjahre 1547 in Sachsen ein, besiegte den Kurfürsten in der Schlacht bei Mühlberg, nahm demselben die Kurwürde u. seine Lande u. ertheilte beides dem Herzog Moritz. Der Kurfürst u. Landgraf Philipp von Hessen, der sich freiwillig ergab, wurde als Gefangener 5 Jahre lang zurückbehalten, s.u. Schmalkaldischer Krieg. Nun verfuhr der Kaiser mit großer Willkühr ohne der beschworenen Wahlcapitulation zu achten. Auf dem Reichstage zu Augsburg mußten ihm die Stände eine große Steuer als Entschädigung für die Kriegskosten bewilligen. Zugleich erfolgte die Einführung einer neuen Kammergerichtsordnung, die alle Evangelische von diesem Reichsgerichte ausschloß, dann eine erneuerte Landfriedens- u. Polizeiordnung; endlich ließ er das Interim am 15. Mai 1548 bekannt machen. Dieser Erlaß, welcher feststellte, wie es vorläufig mit den kirchlichen Streitfragen gehalten werden solle, mißfiel sowohl den Protestanten wie den Katholischen; die Reichsstädte Augsburg, Kostnitz, Bremen, Hamburg, Lübeck u. die Stadt Magdeburg verweigerten die Annahme desselben. Kostnitz u. Magdeburg wurden deshalb mit der Reichsacht belegt u. Ersteres von Österreich unterworfen, Letzteres von Moritz nach 10monatlicher Belagerung am 9. November 1551 zur Übergabe gebracht. Noch bevor diese erfolgte, hatte Moritz von Sachsen längst seine Gesinnung gegen den Kaiser geändert. Er sah durch dessen Gewaltmaßregeln die Rechte u. Freiheiten der Kurfürsten bedroht u. fürchtete das Schlimmste von seinem jetzt an Ferdinands Stelle zum Kaiser designirten Sohne Philipp. Die Belagerung von Magdeburg gab ihm Gelegenheit zur Ansammlung eines großen Heeres, u. als er sich stark genug glaubte, schloß er mit seinem Schwager, Wilhelm von Hessen, mit dem Herzoge Johann Albrecht von Mecklenburg u. mit Frankreich am 5. Oct. 1551 eine geheime Verbindung zu Friedland. Dann ging er plötzlich mit seinem Heere durch Franken u. Schwaben, vereinigte sich bei Rothenburg an der Tauber mit dem Markgrafen Albrecht von Kulmbach, eroberte die Ehrenberger Klause u. zwang den Kaiser, eiligst von Innsbruck nach Villach zu fliehn. Markgraf Albrecht brandschatzte gleichzeitig die Nürnberger, die Stifter Bamberg u. Würzburg u. das Erzstift Mainz. Durch Vermittelung des Königs Ferdinand kam am 2. August 1552 der Vertrag zu Passau zu Stande, nach welchem Johann Friedrich von Sachsen u. Philipp von Hessen in Freiheit gesetzt u. die Augsburgischen Confessionsverwandten ihrer Religion wegen unangefochten bleiben sollten. Da nun Markgraf Albrecht, welcher den Passauer Vertrag nicht angenommen hatte, mit seinen Plünderungen in Franken, am Rhein u. in Westfalen fortfuhr, so erkannte das Reichskammergericht die Acht gegen ihn, deren Vollziehung dem Kurfürsten Moritz von Sachsen aufgetragen wurde. Dieser griff den Markgrafen am 9. Juli 1553 bei Sievershausenan u. gewann zwar die Schlacht, wurde aber tödtlich verwundet. In einer zweiten Schlacht bei Schweinfurt unterlag Albrecht völlig u. wurde genöthigt, nach Frankreich zu fliehen. Endlich kam am 24. Sept. 1555 der Religionsfriede zu Augsburg zu Stande, durch welchen den Evangelischen freie Religionsübung u. der Besitz der eingezogenen geistlichen Güter zugesichert wurde. Zugleich wurde die neue Kreisverfassung mit Kreisausschreiben der Fürsten u. die Reichs-Executionsordnung angenommen. Karl V. legte am 7. Aug.[53] 1556 die Kaiserkrone nieder u. begab sich nach Spanien, wo er 21. Septbr. 1558 in einem Kloster sein Leben beschloß.

Ferdinand I., Bruder Karls V., König von Ungarn u. Böhmen u. Erzherzog von Österreich, seit 1531 zum König der Deutschen erwählt, folgte als Kaiser, während Karls Sohn, Philipp II., ihm in den Niederlanden, Spanien u. Neapel succedirte. Ferdinand I. erließ auf dem 1. von ihm gehaltenen Reichstage 1559 eine Reichshofraths- u. eine Reichsmünzordnung u. bestätigte den Religionsfrieden. Mehr aus Politik, als aus Duldungsgeist, verstattete er seinen evangelischen Unterthanen größere Freiheiten; er nahm 1563 die Jesuiten in Österreich auf u. ließ sich anfangs durch des Papstes Paul IV. Drohungen einschüchtern. Gleich nach Antritt seiner Regierung begannen, in Folge der Ermordung des Bischofs von Würzburg, Melchior von. Zobel, die Grumbachschen Händel. Durch den Übertritt des Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz zur Reformirten Confession wurde die Trennung der beiden protestantischen Religionsparteien entschieden. Vergeblich bemühte der Kaiser sich, die Protestanten zur Anerkennung des Tridentinischen Concils zu bewegen, auf dem Convente zu Naumburg 1561 wurde die Anerkennung einstimmig abgelehnt. Ebensowenig vermochte er eine Reichshülfe gegen die Türken zu erlangen u. mußte 1562 mit Soliman II. einen Waffenstillstand schließen, welcher die Türken im Besitz ihrer ungarischen Eroberungen ließ. Ferdinand I. starb den 25. Juli 1564.

Sein ältester Sohn Maximilian II., bereits 1562 zum Römischen Könige erwählt, wurde sein Nachfolger als deutscher Kaiser. Er war der evangelischen Lehre geneigt u. wurde nur durch politische Gründe abgehalten, sich öffentlich zu derselben zu bekennen. Die Protestanten zerfielen in ärgerliche Streitigkeiten mit einander u. machten dann unbillige Ansprüche an die Katholiken, welches zu einem gegenseitigen Hasse Veranlassung gab, der späterhin verderblich wirkte. In Böhmen traten die Utraquisten zur Augsburgischen Confession über. In den österreichischen Erblanden gestattete Maximilian II. 1568 seinen Unterthanen freie Religionsübung. Mit den Grumbachschen Händeln wurden unter diesem Kaiser die letzten Spuren des Faustrechts ausgetilgt. Grumbach u. seine Genossen hatten bei dem Herzoge Johann Friedrich von Sachsen Schutz u. Beistand gefunden, u. da der Herzog den Mahnungen, die Friedensbrecher von sich zu entfernen, kein Gehör gab, so wurde die Reichsacht gegen ihn erkannt, u. Kurfürst August mit der Vollziehung beauftragt, der Herzog in Gotha eingeschlossen, Stadt u. Schloß erobert, Grumbach hingerichtet, Friedrich gefangen u. sein Besitzthum zu Gunsten seines Bruders eingezogen, s. Grumbach u. Sachsen (Gesch.). Als der Kaiser, nachdem er im Reiche den Frieden wiederhergestellt hatte, vom Reichstage Türkenhülfe verlangte, wurde dieselbe bereitwillig gewährt. Nach zwei Feldzügen wurde 1571 ein neuer Waffenstillstand auf 8 Jahre geschlossen, in welchem die Türken einen Theil des eroberten Gebiets zurückgaben. 1570 wurde, um den üblen Folgen, welche das damals aufkommende Anwerben deutscher Truppen für fremden Dienst nach sich zog, vorzubeugen, ein Werbegesetz erlassen. In Frankreich u. Spanien suchte Maximilian die Könige, seine Schwiegersöhne, von den Religionsverfolgungen abzubringen, jedoch vergeblich. Die von dem Kaiser geübte tolerante u. gerechte Regierungsweise, machte es ihm leicht, die Kurfürsten 1575 zu bewegen, seinen Sohn Rudolf II. zum Römischen Könige zu wählen. Maximilian vereinte, als er am 12. Oct. 1576 starb, die Krone von Ungarn, Böhmen u. Polen mit der deutschen Kaiserkrone.

Ihm folgte als Kaiser sein Sohn Rudolf II. welcher jedoch nur für Künste u. Wissenschaften lebte u. die Führung der Regierungsgeschäfte seinen von Jesuiten geleiteten Ministern überließ. Der Kurfürst von Köln, Gebhard Truchseß von Waldburg, der 1582 zur reformirten Confession übergetreten war u. sich verheirathet hatte, wurde 1584 von den Katholiken, mit dem Beistande spanischer u. baierischer Truppen, abgesetzt u. vertrieben, ohne daß die lutherischen Fürsten sich ernstlich dagegen gesetzt hätten. In Strasburg mußte der bereits zum Bischof erwählte lutherische Prinz von Brandenburg, Johann Georg, dem katholischen Karl von Lothringen weichen; in Baden wurde der Markgraf katholisch; in Kursachsen der Kanzler Nikolaus Crell unter der Vormundschaft Friedrich Wilhelms I. von Sachsen-Weimar 1601 als Kryptocalvinist hingerichtet. Die Reibungen der verschiedenen kirchlichen Parteien wurden mit jedem Jahre heftiger. Aus Erbitterung verweigerten die Protestanten die Einführung des von dem Kaiser 1582 angenommenen verbesserten Gregorianischen Kalenders u. 1603 die Beihülfe zum Türkenkriege. Nachdem die Protestanten der Religionsbeschwerden wegen mehrere Zusammenkünfte, zu Heilbronn 1598, zu Frankfurt 1599, zu Friedberg 1600 u. zu Speier 1601, gehalten hatten, schlossen sie 1603 die Union zu Heidelberg. Als darauf in Donauwörth Händel zwischen den Katholiken u. Protestanten wegen einer von einem dortigen Abte angestellten Procession entstanden, in Folge deren die Stadt mit der Acht belegt, von dem Herzoge von Baiern 1607 erobert u. daselbst gewaltsam die Katholische Religion eingeführt wurde, vereinigten sich am 4. Mai 1608 Pfalz, Württemberg, Baden-Durlach, Ansbach, Kulmbach u. Anhalt zu einer Evangelischen Union zu Ahausen, welcher sich König Heinrich IV. von Frankreich anschloß. Gegen sie stiftete am 10. Juli 1609 der Herzog Maximilian von Baiern die Katholische Liga, welcher die 3 geistlichen Kurfürsten u. 7 weltliche Fürsten angehörten. Die Feindseligkeiten zwischen beiden Bünden hatten schon begonnen, als dem Weitergreifen derselben durch den Tod des Kurfürsten Friedrich IV. von der Pfalz ein Ziel gesetzt wurde. Der Religion wegen entstand ein Erbschaftsstreit in Hessen. Die Hessenmarburger Linie war ausgestorben, u. der letzte Landgraf hatte seinen Nachfolgern zur Bedingung gemacht, daß sie der Augsburgischen Confession treu bleiben sollten; da nun aber Landgraf Moritz von Kassel zur Reformirten Confession trat u. dieselbe auch in seinen Landen einführte, so bestritt die Darmstädter Linie sein Erbrecht; doch behauptete er sich im Besitz. Ein anderer wichtiger Erbfolgestreit entstand 1609 wegen der Lande Jülich, Kleve, Mark, Berg u. Ravensberg. Auch bei dieser Gelegenheit zeigte der Kaiser, wie wenig geschickt er war, Ruhe u. Ordnung im Reiche aufrecht zu erhalten, s. Klevescher Erbfolgestreit unter Kleve (Gesch.). Alles dies war aber von minderer Bedeutung gegen den Türkenkrieg in [54] Ungarn, welchen Rudolf seit 1592 Anfangs mit mehr Eifer als gewöhnlich führte. Als aber später mehrere Aufstände dazu kamen, unter denen der von Bocskai der wichtigste war, u. dieser 1605 mit Hülfe der Türken Ungarn eroberte u. in Österreich, Steyermark u. Mähren einfiel: da veranlaßte dies seinen Bruder Matthias, sich 1606 an die Spitze des Vereins zu stellen, welchen sämmtliche Erzherzöge bildeten, um die Nachtheile zu verhüten, die Österreich durch des Kaisers Mißgriffe zu befürchten hatte. Rudolf, unvermählt, wollte seinem Bruder die Erbfolge entziehen u. dieselbe seinem Vetter, dem Erzherzog Leopold, zuwenden; Matthias aber kam dem zuvor u. zwang den Kaiser, ihm Ungarn u. Mähren abzutreten, bei welcher Gelegenheit er sowohl den Ungarn als den Österreichern durch die Capitulation vom 16. März 1609 völlige Glaubensfreiheit zugestand. Nach dem Beispiele dieser Lande verlangten die Protestanten in Böhmen gleiche Freiheiten, u. Rudolf ertheilte ihnen am 12. Juli 1609 den Majestätsbrief u. dadurch freie Religionsübung, das Recht, neue Kirchen zu bauen, u. den Besitz der Prager Universität. Da Rudolf aber von Neuem dem Erzherzoge Leopold von Steyermark aus Rache die böhmische u. deutsche Krone zuwenden wollte, so bekriegte ihn Matthias u. entriß ihm 1611 auch Böhmen (vgl. Böhmen, Gesch. VI.). Rudolf starb am 20. Januar 1612.

Am 24. Juni 1612 wurde, da Rudolf kinderlos starb, sein Bruder Matthias, der vierte Sohn des Kaisers Maximilian II., von den Kurfürsten einstimmig gewählt. Er mußte in der Wahlcapitulation versprechen, kein fremdes Militär im Reiche zu dulden. Gleichwohl wurden nach dem Ausbruch des Jülisch-kleveschen Erbschaftsstreites zwischen Kurbrandenburg u. Pfalz-Neuburg, da der Pfalzgraf von Neuburg zur Katholischen Religion übergetreten war, diese Lande von den Spaniern u. Niederländern, als Bundesgenossen der streitenden Fürsten, besetzt, welche auch nach der Vermittelung des Streites zu Xanten das Reichsgebiet nicht verließen (s. Klevescher Erbfolgestreit). Die Reichsacht gegen Aachen wurde durch die spanisch-niederländischen Truppen vollzogen, die eingeführte Reformation abgestellt u. die zu Gunsten der aus Köln vertriebenen Protestanten erbaute Stadt Mühlheim am Rhein geschleift. In dieser unruhigen Zeit fanden 1614 u. 1615 zu Frankfurt a. M. u. zu Worms abermals Judenverfolgungen Statt, u. die Stadt Braunschweig wurde 1616 gezwungen, dem Herzoge Friedrich Ulrich zu huldigen. Da Kaiser Matthias u. seine Brüder kinderlos blieben, so wurde auf Betrieb der spanischen Partei 1616 Erzherzog Ferdinand von Steyermark, Kärnten, Krain u. Görz, Sohn Erzherzog Karls, Enkel Ferdinands I., von Matthias adoptirt, zum Nachfolger in den österreichischen Erblanden ernannt u. ihm 1617 die böhmische u. 1618 die ungarische Krone zugesichert. Ferdinand übte seitdem einen großen Einfluß auf die Regierung aus u. begünstigte die Bedrückungen der Protestanten, die den Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs veranlaßten.

C) Der Dreißigjährige Krieg 1618– 1648. Nachdem die protestantischen Stände Böhmens in Folge der Übergriffe, welche sich die katholische Geistlichkeit ungeachtet des Majestätsbriefes gegen die Protestanten erlaubte, am 23. Mai 1618 sich an den kaiserlichen Räthen thätlich vergriffen hatten, versuchte der Kaiser eine friedliche Ausgleichung u. beauftragte Kursachsen u. Baiern mit der Vermittelung. Der Thronfolger Ferdinand drang aber auf gewaltsame Maßregeln u. ließ des Kaisers Rath, den Cardinal Khlesl, der für milde Maßregeln stimmte, verhaften. Der Kummer hierüber beschleunigte den Tod des Kaisers, der am 20. März 1619 erfolgte. Ferdinand II., sein Vetter u. Sohn des Erzherzogs Karl, des jüngeren Bruders vom Kaiser Maximilian II., wurde am 28. August 1619 zum Kaiser gewählt. Bei seinem Regierungsantritt waren alle Erbländer im Aufruhr u. er selbst vom Grafen von Thurn in seiner Residenz Wien belagert. Die Böhmen erklärten ihn für abgesetzt u. wählten den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum Könige. Aber die Unfähigkeit Friedrichs V. u. der Wankelmuth der Bundes genossen desselben, bes. Bethlen Gabors, sowie die Treue gegen den Kaiser, bes. Maximilians von Baiern, der Liga u. Spaniens, retteten ihn. Der Spanier Spinola besetzte die Unterpfalz, der Kurfürst von Sachsen unterwarf Schlesien u. half Ferdinand II. den Gegenkönig vertreiben u. Böhmen u. Mähren zurückerobern. Friedrich V. u. alle seine Anhänger wurden geächtet, Bethlen Gabor schloß Frieden u. die Union löste sich auf. Kaiser Ferdinand II. verlieh nun, den Reichsgesetzen zuwider, die pfälzische Kurwürde dem Herzoge von Baiern, beraubte den Markgrafen Johann Georg von Brandenburg seiner schlesischen Fürstenthümer u. sprach dem Landgrafen von Hessen-Kassel die marburgische Erbschaft u. dem Markgrafen von Baden-Durlach die badensche ab. Kursachsens Widerspruch gegen diese Eigenmächtigkeiten wurde durch die Verleihung der Lausitz in Pfand beseitigt; Kurbrandenburg aber fand bei den übrigen protestantischen Fürsten keine Unterstützung gegen die Willkühr des Kaisers. Erst als Ferdinand, nachdem alle seine Gegner besiegt waren, noch immer gerüstet blieb, u. auch die Liga die Waffen nicht niederlegte, erkannten die protestantischen Fürsten, daß es auf ihren Untergang abgesehen sei. Um diesem zu entgehen, ernannten sie 1625 den König Christian IV. von Dänemark, der ihnen seine Hülfe anbot, zum Kriegsobersten für den Niedersächsischen Kreis u. traten mit ihm vereinigt in den Kampf gegen den Kaiser. Die kaiserlichen u. ligistischen Truppen blieben aber unter Tilly u. Wallenstein siegreich, schlugen den König von Dänemark wiederholt u. bemächtigten sich bis zu Ende des Jahres 1627 des ganzen Niedersächsischen Kreises. Das gewaltsame Verfahren des Kaisers, welcher, angereizt durch die bisherigen Erfolge, jedes Maß überschritt, machte nun auch die katholischen Stände besorgt. An Baiern verlieh Ferdinand die Oberpfalz als erbliches Eigenthum, den Herzögen von Mecklenburg nahm er ihr Land u. gab es Wallenstein, dem Herzog Georg von Lüneburg gebot er, die Stiftslande herauszugeben, obwohl derselbe es mit der katholischen Partei gehalten hatte, u. dem Erzherzoge Leopold Wilhelm gab er das Bisthum Halberstadt, die Abtei Hirschfeld u. das Erzstift Magdeburg; endlich erließ er 1629 das Restitutionsedict, zu dessen Vollziehung er Commissarien in allen Reichskreisen ernannte, die in Schwaben u. Franken an vielen Orten den katholischen Gottesdienst gewaltsam wieder einführten. Als nun noch der König von Dänemark durch[55] den Frieden zu Lübeck sich von der Sache der deutschen Protestanten trennte, schien die völlige Überwältigung derselben gewiß. Da nöthigten die katholischen Fürsten, die wachsende Macht des Kaisers fürchtend, Ferdinand II. auf dem Fürstentage zu Regensburg 1630, seinen Feldherrn Wallenstein u. einen Theil seines Heeres, welches freibeutend allen Besitz im Reiche unsicher machte, zu entlassen. Mittlerweile erwuchs den Protestanten ein neuer Bundesgenosse in Gustav Adolf, König von Schweden, welcher 1630 in Pommern mit einem Heere landete. Von Frankreich mit Geld u. von England mit Truppen unterstützt, schlug er die Kaiserlichen am Lech u. bei Leipzig, nahm Prag 1631 ein u. fiel in der Schlacht bei Lützen 1632. Die Leitung des Krieges übernahm nun schwedischer Seits der Legat Oxenstierna u. deutscher Seits der Herzog Bernhard von Weimar. Letzter verlor 1624 die Schlacht bei Nördlingen, welche zur Folge hatte, daß Kursachsen nebst mehreren anderen Fürsten 1635 durch den Frieden zu Prag sich von der Sache ihrer Glaubensgenossen trennten. Frankreich, nicht um des katholischen Glaubens willen, den es vielmehr im eigenen Lande eifrig bekämpfte, sondern um Österreich nieder zu halten, unterstützte den Herzog Bernhard von Weimar bei der Fortsetzung des Krieges. (Über die Einzelnheiten desselben s.u. Dreißigjähriger Krieg). Ferdinand II. st. 15. Febr. 1637 in Regensburg, nachdem er noch kurz vorher die Wahl Ferdinands III. zum Römischen König durchgesetzt hatte. Während seiner Regierung erhob sich 1630 zwischen St. Maximin, Kurtrier u. im Württembergischen wegen der Reichsunmittelbarkeit der Klöster ein Streit. Die Erhebung der Grafen von Schaumburg 1619, von Salm, von Eggenberg, Hohenzollern, von Liechtenstein 1623, von Lobkowitz 1624, von Dietrichstein 1631 in den Reichsfürstenstand erregtegroße Unzufriedenheit unter den Reichsständen, u. deren Widersprüche verhinderten die Aufnahme derselben in den Fürstenrath.

Ferdinand III., Sohn u. Nachfolger Ferdinands II., täuschte die Hoffnungen, die auf seine Friedensliebe gesetzt waren, indem die Aussichten bei seinem Regierungsantritt zu lockend waren, als daß er nicht die Fortsetzung des Krieges hätte wünschen sollen. Außer dem Vordringen Gallas 1637 in Pommern kam auch das Aussterben des pommerschen Herzogsstammes ihm sehr zu Statten. Kurbrandenburg war rechtmäßiger Erbe von Pommern, dessen Besitz ihm aber die Schweden streitig machten, daher denn Brandenburg, das nur mit dem Beistande des Kaisers zu seinem Rechte zu gelangen hoffen durfte, auch auf kaiserliche Seite trat. Dann starb Landgraf Wilhelm V. von Hessen, einer der thätigsten Gegner der katholischen Partei, 1637, u. sein Nachfolger war noch im Knabenalter. Diese glänzenden Aussichten für die Katholischen verschwanden aber sehr bald, denn schon 1639 standen Baner u. 1641 Torstenson fast vor den Thoren Wiens, u. obschon nach Bernhards von Weimar Tode, 1639, die kaiserl. Angelegenheiten am Rhein besser gingen, mißlangen doch die Versuche des Kaisers, die protestantischen Fürsten durch einzelne Friedensverträge von den Schweden zu trennen. Endlich erließ der Kaiser, um seine Geneigtheit zum Frieden zu zeigen, auf dem Reichstage zu Regensburg am 20. Aug. 1641 eine Generalamnestie für alle mit ihm im Streite begriffenen Reichsstände, mit dem Versprechen einer Restitution der weltlichen Güter seit 1630, der geistlichen seit 1627, doch mit Ausnahme der kaiserlichen Erblande u. der Pfalz. Der Anfang der Friedensunterhandlungen zu Münster u. Osnabrück wurde auf den 25. März 1641 bestimmt; dennoch wurde der Krieg fortgesetzt, u. die wirklichen Unterhandlungen begannen erst am 11. Juni 1645. Da außer den deutschen Fürsten auch noch die meisten europäischen Mächte an diesen Verhandlungen Theil nahmen, u. da von Einzelnen, ihres besonderen Vortheils wegen, dem Fortgange der Unterhandlungen absichtlich Hindernisse in den Weg gelegt wurden, so verzögerte sich die wirkliche Unterzeichnung des Westfälischen Friedens bis zum 24. Oct. 1648, wo endlich die Eroberung der Kleinseite von Prag durch den schwedischen General. Königsmark den Kaiser zum Abschluß bewog. Über die Bedingungen dieses Friedens, durch welche alle Verhältnisse im Deutschen Reiche eine große Umwandlung erlitten, s. Dreißigjähriger Krieg. Mit dem Dreißigjährigen Kriege fing der Aufstand Ragoczys in Ungarn an, der jedoch im Vergleich 1646 endete, s. Ungarn (Gesch.). Nach abgeschlossenem Frieden währten die Unterhandlungen in D. immer noch fort, weil die einzelnen Parteien sich nicht über die an Schweden zu zahlenden baaren Summen u. wegen der Restitutionen vergleichen konnten, bis am 16. Juni 1650 der Friedens-Executionshauptreceß zu Stande kam. Dann gab es noch Streitigkeiten wegen des, mit der neu gestifteten pfälzischen Kurwürde zu verbindenden Erzamtes, bis 1651 die Erzschatzmeisterwürde dafür gestiftet wurde. Erst 1652 ließen sich endlich die Spanier durch die Abtretung der Reichsstadt Besançon zur Räumung von Frankenthal bewegen. Die völlige Ausgleichung erfolgte erst durch den jüngsten Reichsabschied von 1655.

D) Vom Westfälischen Frieden 1648 bis zu Karls VI. Tod u. Ausbruch des Österreichischen Erbfolgekrieges 1740. Nur langsam erholten sich die verheerten Länderstrecken u. die durch Brandschatzungen ruinirten Städte von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges. Das Reich selbst schon vor dem Kriege in seinen Grundlagen erschüttert, war nur noch ein Complex von sprachverwandten Staaten, welche die Autorität des Kaisers u. des Reichstags nicht mehr zu einem politischen Ganzen zusammenzuhalten vermochte. Auch das Gefühl nationaler Zusammengehörigkeit war von D. gewichen, u. in religiöser wie in politischer Hinsicht trat ein Zustand völliger Apathie ein. Als nach u. nach die Lebensgeister des Volkes sich wieder regten u. Handel u. Wandel neuen Aufschwung nahmen, entwickelten sich die Einzelstaaten durch die neu gewonnene Lebenskraft auf Kosten der Gesammtmonarchie. Das Reich bot keinen Schutz u. keine Sicherheit mehr, weshalb es die Aufgabe seiner auseinandergefallenen Theile war, entweder durch territoriale Vergrößerung od. durch Bündnisse ihre Existenz zu erhalten. Es begann daher jetzt die Zeit der Bündnisse souverain gewordener deutscher Fürsten unter sich u. mit auswärtigen Mächten, während die Formen der Reichsverfassung noch über ein Jahrhundert fortbestanden u. erst mit der Errichtung des Rheinbundes beseitigt wurden. Die Geschichte D-s zerfällt daher von jetzt an in Specialgeschichten, deren Darstellung unter den betreffenden Ländern gegeben ist. Das Deutsche [56] Reich als solches greift nur noch selten in die Begebenheiten der europäischen Völkergeschichte ein. Als Ferdinand III. am 23. März 1657 starb, entstand ein einjähriges Zwischenreich, denn des Kaisers ältester Sohn, Ferdinand IV., bereits zum Römischen König gewählt, war 1654 gestorben, u. da der 2. Sohn Leopold erst 17 Jahr alt war, so nahmen Frankreich u. Schweden seine Minderjährigkeit zum Vorwande, seine Wahl zu hintertreiben. Während des Zwischenreichs entstand ein Streit wegen der Reichsverweserschaft zwischen Baiern u. Pfalz. 1658 den 18. Juli kam aller Umtriebe ungeachtet die Wahl Leopolds I. zu Stande. Auf Frankreichs Antrieb stifteten zwar hierauf die drei geistlichen Kurfürsten mit Münster, Pfalz-Neuburg, Hessen-Kassel u. Braunschweig-Lüneburg den Rheinischen Bund (s.d.), der aber ohne wichtige Folgen blieb u. bald gänzlich auseinander ging. Als nach dem Pyrenäischen Frieden 1659 einige Jahre hindurch Friede in ganz Europa war, wurden in D. mehrere Versuche gemacht, die Rechte der einzelnen kleineren Stände zu unterdrücken; dahin gehört der glückliche Angriff des Bischofs Bernhard von Galen 1661 auf die Stadt Münster, die Überwältigung der Reichsstädte Erfurt durch Mainz 1666, Magdeburg durch Kurbrandenburg 1670, Braunschweig durch den Herzog von Braunschweig 1671; Köln dagegen behauptete seine Reichsfreiheit gegen den Kurfürsten von Köln u. Bremen gegen Schweden. Kurpfalz stritt 1665 mit den Nachbarstaaten wegen des Wildfangrechtes u. zwischen Münster u. den Niederlanden brach ein Krieg aus. Die Kriege des Königs Karl X. von Schweden hatten ebenfalls auf D. Einfluß, da der Kaiser den Polen, seinen Verbündeten, Hülfe leistete. Der Türkenkrieg, 1662, bei welchem das Reich dem Kaiser kraftvollen Beistand leistete, gab Veranlassung zu der immerwährenden Reichstagsversammlung, die 1663 begann. Bald nach dem Türkenkriege, welcher 1664 endigte, begannen die Eroberungskriege Ludwigs XIV. Dieser griff 1666 die Spanischen Niederlande an, u. im Frieden zu Aachen 1668 wurden 12 feste Plätze an Frankreich abgetreten. Um sich an. Holland wegen der Spanien geleisteten Hülfe zu rächen, griff Ludwig XIV. 1672 die Holländer an u. hatte die 3 geistlichen Kurfürsten, Pfalz-Neuburg u. Münster zu Verbündeten; der Kaiser blieb neutral. Für Holland kämpfte Friedrich Wilhelm d. Gr., Kurfürst von Brandenburg. Zwar wurde er 1673 zum Frieden von Vossem gezwungen, doch trat er bald wieder auf den Kampfplatz u. besiegte die Schweden, die in seine Lande eingefallen waren, 1675 in der Schlacht bei Fehrbellin u. trieb sie aus seinen Staaten. Dagegen verwüstete nun der französische Feldherr Turenne die Pfalz u. alle Gegenden des Oberrheins, bis er 1675 bei Saßbach fiel. In Nord-D. wurden die braunschweigischen u. bremischen Lande der Schauplatz eines heftigen Kampfes gegen die Schweden. Im Frieden zu Nymwegen am 15. Febr. 1675 trat Spanien die Grafschaft Burgund u. 12 Festungen an Frankreich ab, das Reich überließ Freiburg gegen Philippsburg an Frankreich. Über beide Kriege s. Ludwigs XIV. Kriege. Obgleich das Deutsche Reich an dem Kriege Theil genommen hatte, so ließ es den Kurfürsten von Brandenburg ohne Beistand gegen Schweden, daher er alle seine in Pommern gemachten Eroberungen zurückgeben mußte. Ludwig XIV. benutzte die Schwäche u. Zerfallenheit des Reiches zu kecken Angriffen; er errichtete 1680 die sogenannten Réunionskammern, vermittelst deren er Ansprüche auf deutsche Länder machte u. solche ohne Weiteres in Besitz nahm. Soließ er sich Saarbrück, Veldenz u. Zweibrücken als Theile der ihm im Frieden abgetretenen Länder zusprechen u. nahm sie in Besitz. Darauf bemächtigte er sich, ohne irgend einen Vorwand, 1681 Strasburgs. Nun schlossen der Kaiser, Sachsen, Baiern, Hessen, Lüneburg, der Fränkische u. der Schwäbische Kreis am 15. Juli 1682 zu Laxenburg ein Bündniß, welchem auch mehrere auswärtige Mächte beitraten. Dagegen reizte Frankreich die Ungarn zum Aufstande (1682 unter Tekely) u. auch die Türken zum Bruch des Waffenstillstandes, welche Letztere mit großer Heeresmacht bis Österreich rückten u. 14. Juli bis 12. Sept. 1683 Wien belagerten, aber mit Hülfe eines Reichsheeres vertrieben wurden. Unterdessen hatte ein neuer Angriff Ludwigs XIV. auf die Spanischen Niederlande den Kaiser bewogen, mit Spanien, Schweden u. den Niederlanden ein Vertheidigungsbündniß zu schließen, doch Ludwig überlistete die Verbündeten durch den 20jährigen Waffenstillstand zu Regensburg mit Spanien u. Österreich den 26. Aug. 1684 u. blieb im Besitz der reunirten Länder. Neue übertriebene Forderungen wegen des Allodialnachlasses des 1685 verstorbenen Kurfürsten von der Pfalz, welche 1686 die große Allianz zu Augsburg gegen ihn veranlaßten, u. seine Einmischung in die streitige Erzbischofswahl zu Köln, bewirkte 1688 den Ausbruch des Krieges, welchen Frankreich mit einem Einfall in Badin u. Württemberg u. einer beispiellos unmenschlichen Verheerung der Rheinpfalz begann. Die Grausamkeiten der französischen Truppen bewogen die Reichsfürsten zu einer kräftigen Theilnahme an dem Kriege gegen Frankreich u. bewirkten die Schließung des großen Wiener Bundes den 12. Mai 1689 durch Wilhelm III. von England mit Österreich, Spanien, Savoyen u. Holland (daher dieser Krieg der Coalitionskrieg genannt wird). Die Verbündeten führten diesen Krieg meist glücklich (s.u. Ludwigs XIV. Kriege) u. beendigte denselben 1697 durch den Frieden zu Ryswijk. Frankreich trat die Réunionen auf dem rechten Rheinufer, namentlich Philippsburg u. Kehl, wieder ab, behielt aber das Elsaß mit Strasburg. Nachtheilig wurde den Evangelischen der 4. Artikel des Ryswijker Friedens, da nach demselben eine Menge Kirchen u. Schulen, deren die Katholiken sich während des Krieges bemächtigt hatten, diesen abgetreten werden mußten. Die Evangelische Kirche erfuhr auch noch andere Benachtheiligungen u. Bedrückungen. Der Kurfürst von der Pfalz strebte in seinen Landen die Katholische Religion zur herrschenden zu machen, wodurch viele Pfälzer zur Auswanderung gezwungen wurden; auch traten mehrere deutsche Fürsten zur Römischen Kirche über. Um sich die Anhänglichkeit eines ihm befreundeten Fürstenhauses zu versichern, verlieh Leopold J. 1692 der jüngeren Braunschweig-lüneburgischen Linie die Kurfürstenwürde, wogegen viele altfürstlichen Häuser heftigen Widerspruch erhoben u. den Fürstenverein stifteten. Die Anerkennung erfolgte erst 1708. Das Erlöschen des gräflich Oldenburgischen Hauptstammes 1667 erregte Streit wegen der Erbfolge zwischen den Holsteinischen Linien. Durch das Aussterben der Herzöge von Liegnitz, Brieg u. Wohlau 1675 war das Erbrecht auf deren Lande an Kurbrandenburg[57] gefallen, doch Österreich, die wachsende Macht Brandenburgs fürchtend, ergriff von der Erbschaft Besitz. Als 1694 das Haus Veldenz ausstarb, geriethen wegen der Erbfolge die pfälzischen Stammvettern in einen Zwist, der erst 1733 beigelegt wurde. In Mecklenburg bewirkte 1695 das Erlöschen der Güstrower Linie einen Erbfolgestreit, in welchem das sich einmischende Schweden den kaiserlichen Sequester vertrieb. Strelitz begab sich seiner Ansprüche u. erhielt dafür Ratzeburg mit Mirow u. Nemerow. Auch Lauenburg Ascanischen Stammes war mit Julius Franz 1689 erloschen; Braunschweig, Anhalt, Kursachsen, Brandenburg u. Mecklenburg machten Ansprüche auf die Erbschaft, u. der Streit währte bis 1732, wo er zu Gunsten von Braunschweig entschieden wurde. Kaiser Leopold erhob mehrere Grafenhäuser, als Fürstenberg, Schwarzenberg, Öttingen, Waldeck, Nassau, Taxis u. Schwarzburg in den Fürstenstand. Ein folgenreiches Ereigniß war die Selbsterhebung Preußens zum Königreiche 1701. Zwar blieb das Kurfürstenthum Brandenburg als solches beim Reiche, aber es bildete zugleich einen Theil einer vom Kaiser anerkannten selbständigen Monarchie, welche nun ihre eigenthümliche historische Entwickelung nahm u. im Norden D-s ein Gegengewicht gegen Österreich bildete. Schon vorher war ein deutscher Reichsfürst zugleich König eines fremden Staates geworden, dies war Friedrich August von Sachsen, welcher die Königskrone von Polen angenommen hatte, aber diese Verbindung hatte nur kurzen Bestand, da König Karl XII. von Schweden den Kurfürsten 1706 zwang, der polnischen Krone zu entsagen, u. Friedrich August, als er 1709 wieder zur Regierung kam, die Erblichkeit der polnischen Krone in seinem Hause nicht zu erreichen vermochte. Mehr hierüber s.u. Nordischer Krieg. Von größerer Bedeutung u. wichtigeren Folgen für das Reich wurde der Spanische Erbfolgekrieg. Dem Rechte gemäß sollte nämlich Österreich nach Karls II. Tode die spanische Krone erhalten, u. zwar war der Erzherzog Karl (später als Kaiser Karl VI.) König von Spanien zu werden bestimmt. Der französische Gesandte wußte aber im Interesse Ludwigs XIV. u. im Bunde mit Karls II. Gemahlin diesen auf dem Todbette 1708 zu bewegen, daß er Philipp, Herzog von Anjou, Ludwigs XIV. Sohn, der schon durch weibliche Linie näher stand, zum Nachfolger zu ernennen. Anfangs wurde dieser, außer von Österreich, allgemein anerkannt, aber 1702 erklärten Preußen, Holland, England u. einzelne deutsche Fürsten, sowie am 30. Septbr. 1702 das ganze Reich u. später auch Portugal an Frankreich den Krieg u. stifteten die große Allianz gegen die herrschsüchtigen Absichten Ludwigs XIV., s. Spanischer Erbfolgekrieg. Am 5. Mai 1705 st. Leopold I. Merkwürdig für D. ist Leopold I. noch dadurch, daß er den Reichstag zu einem perpetuirlichen machte, welcher seinen Sitz in Augsburg erhielt u. welcher von den Mitgliedern durch Gesandte beschickt wurde.

Ihm folgte sein älterer Sohn Joseph I., während dessen Regierung der Spanische Erbfolgekrieg mit glücklichem Erfolge für die Verbündeten, bes. in den Niederlanden u. in Italien, fortgesetzt wurde. Der Papst, der sich auf französische Partei neigte, wurde 1708 u. 1709 gezwungen, dieser Allianz zu entsagen u. den Erzherzog Karl als König von Spanien anzuerkennen. Weniger Erfolg hatten die Operationen der Reichsarmee am Oberrhein gegen Frankreich, u. die Sache, um welche sie kämpfte unterlag in Spanien ganz. In diesem Kriege schien es 1706, als ob König Karl XII. von Schweden sich gegen die Alliirten erklären wolle (s.u. Nordischer Krieg), jedoch Joseph machte auf Verlanger Schwedens den schlesischen Protestanten mehrere Concessionen, worauf Karl XII., welcher, ohne Widerstand zu finden, durch Schlesien nach Sachsen eingedrungen war, wieder abzog. Unter Joseph I. währten die Unruhen in Ungarn fort, die erst 1711 ein Friede endete. Um die Neutralität des nördlichen D-s zu erhalten, vereinigten sich der Kaiser, Preußen, Rußland u. die Seemächte 1710 zum sogenannten Haager Concert. Kaiser Joseph I., welcher die Perpetuität des Reichstags befestigte u. 1704 die, durch Mißhelligkeiten unter den Mitgliedern gehemmte Thätigkeit des Reichskammergerichts wiederherstellte, starb 17. April 1711.

Nach seinem Tode wurde sein Bruder, Karl VI., zum Kaiser gewählt u. mußte eine strengere Wahlcapitulation als bisher unterzeichnen. Dieser war gleich nach empfangener Nachricht von seines Bruders Tode aus Spanien, wo seine Sache schon verloren war, herbeigeeilt. Seine Hoffnungen auf den spanischen Thron vernichtete der Congreß zu Utrecht End-1711 u. der daraus hervorgehende, im April 1712 abgeschlossene Separatfriede von Utrecht, zwischen England u. Holland auf der einen u. Frankreich u. Spanien auf der anderen Seite unterzeichnet. Zwar versuchte Karl VI. das Kriegsglück noch einmal, aber der Feldzug 1713 am Rhein gab keine Resultate, u. es entschlossen sich daher 1714 Kaiser u. Reich endlich zum Frieden, der auch zu Rastatt am 6. Mai 1714 u. zu Baden den 7. Sept. 1714 zu Stande kam u. den Spanischen Successionskrieg endete. Der Kaiser trat Spanien u. die spanischen Colonien an Philipp V. ab, erhielt aber die spanischen Nebenländer in Europa, nämlich die Spanischen Niederlande, Neapel, Sardinien, Mailand nebst einigen Nebenstaaten, u. wurde so der mächtigste Monarch in Europa. Sicilien kam an Savoyen. Dem Reich gab Frankreich Breisach, Freiburg u. Kehl zurück, u. die geächteten Kurfürsten wurden wieder eingesetzt. Die Türkenkriege, welche 1718 der Friede von Passarowitz endete, sowie die Händel Österreichs mit Frankreich u. Spanien blieben dem Deutschen Reiche fremd. Die nun folgenden Friedensjahre benutzte Karl VI., um das neue Erbfolgegesetz seines Hauses, die Pragmatische Sanction, nach dem in Ermangelung von männlichen Succedenten auch die weibliche Linie nachfolgen u. also, nach dem Tode seines einzigen Sohnes, seine Tochter, Marie Theresia, alle Erbstaaten erben sollte, zu befestigen, Schon 1713 war die Pragmatische Sanction (s.u. Österreichischer Erbfolgekrieg) gegeben worden. Von 1720–23 bewog Karl VI. die Stände von Schlesien, Böhmen u. Mähren, Österreich, Ungarn u. Siebenbürgen, in diese neue Erbfolgeordnung zu willigen, proclamirte dann 1724 die Pragmatische Sanction öffentlich u. suchte die deutschen Reichsstände dafür zu gewinnen. Anfangs stieß er damit auf Schwierigkeiten, indem die schnelle Versöhnung Spaniens mit Österreich den Argwohn anderer Mächte anregte u. 1725 das Vertheidigungsbündniß zu Herrenhausen zwischen England, Frankreich u. Preußen hervorrief; dagegen[58] machte Österreich aber Preußen durch den geheimen Vertrag zu Wusterhausen, worin Preußen die Erbfolge in Kleve verheißen wurde, von jener Allianz abwendig u. verbündete sich mit dieser Macht u. dem Kurfürsten von Pfalz, Köln, Baiern u. Trier u. mit Rußland zu Wien. Dagegen traten die Niederlande, Dänemark, Schweden, Hessen-Kassel u. Braunschweig-Wolfenbüttel dem Herrenhauser Vertrage bei. Zwar wurde der unvermeidlich scheinende Krieg diesmal noch abgewendet u. die Fortdauer des Friedens durch den Papst vermittelt. Erst als Spanien, durch Österreich mit Versprechungen hingehalten, auf die Seite Frankreichs trat u. dadurch das Herrenhauser Bündniß factisch aufgelöst wurde, erlangte Karl VI. die Zustimmung des ganzen Deutschen Reiches zur Pragmatischen Sanction, ungeachtet der Protestation Baierns, der Pfalz u. Sachsens, die wegen früherer Heirathen mit österreichischen Prinzessinnen u. durch frühere ausdrückliche Verträge Ansprüche auf die künftige österreichische Erbschaftmachten. 1733 erregte der Tod Augusts II., Königs von Polen, einen neuen Krieg des Kaisers mit Frankreich. Letzteres trat auf Seiten Stanislaus Leszczynski's, Rußland u. Österreich aber stellten den Kurfürsten von Sachsen, August III., als Gegenkönig auf. Karl VI. bewog das Deutsche Reich. an diesem Kriege wegen der polnischen Königswahl Theil zu nehmen, ungeachtet mehrere Reichsfürsten hiergegen protestirten, Spanien u. Sardinien schlossen sich an Frankreich an. Der Krieg fiel unglücklich aus; zwar wurde Stanislaus aus Polen vertrieben u. August III., Kurfürst von Sachsen, als König anerkannt, aber am Rhein erlitten die Reichstruppen mehrere Schlappen, in Italien machten die Spanier bedeutende Fortschritte u. Lothringen wurde von den Franzosen erobert. Mehr über diesen Krieg s.u. Polen, Gesch.). Karl VI. hatte selbst wenig Luft zum Kampfe, u. so kamen denn 1735 die Wiener Präliminarien, welche 1738 der Definitivfriede von Wien bestätigte, zu Stande. Spanien erhielt Neapel u. Sicilien (das Karl VI. schon 1718 gegen Sardinien von Savoyen eingetauscht hatte), Sardinien aber einige Grenzdistricte von Mailand; Lothringen wurde von dessen Herzog Franz, dem Gemahl Maria Theresia's, der Erbtochter Karls VI., an den König von Polen, Stanislaus Leszczynski, der wiederum seinerseits auf die polnische Krone Verzicht leistete, abgetreten u. Franz von Lothringen erhielt dafür Toscana. Nach Stanislaus Tode sollte Lothringen an Frankreich fallen. Zugleich erkannte Spanien u. Frankreich die Pragmatische Sanction an; Sachsen hatte schon früher (1733) seinen Beitritt zu derselben erklärt. Kaum war Friede geschlossen, als ein 1736 neu beginnender Türkenkrieg Karls Thätigkeit wieder in Anspruch nahm. Der Ausgang desselben war unglücklich, da Österreich sich auf dem Frieden von Belgrad zur Abtretung eines Theils von Ungarn verstehen mußte. Alle diese Kriege interessirten zwar das Deutsche Reich wenig, sie wirkten aber mittelbar sehr auf dasselbe ein. Karl VI. bedurfte zur Durchführung u. Anerkennung der Pragmatischen Sanction sowie zur Führung seiner Hauskriege der Unterstützung der Reichsfürsten u. mußte sich deshalb zu immer neuen Concessionen verstehen, welche die Landeshoheit der Fürsten mehr u. mehr befestigten, dagegen die kaiserliche Macht in Bezug auf das Reich völlig vernichteten. Der Reichstag, von den Fürsten selbst nicht mehr besucht, sondern durch Stellvertreter beschickt, verlor, in leere Formalitäten verkommen, ebenfalls immer mehr an Bedeutung. Ähnlich erging es mit dem Reichsgerichte. Dagegen entwickelte sich in den Einzelstaaten, bes. indem protestantischen Norden, ein lebendigeres ständisches Verfassungswesen, an welchem der Bürgerstand immer größeren Antheil gewann. Das nationale Bewußtsein erstarkte von Neuem u. äußerte sich zunächst auf dem Gebiete der Sprache u. Literatur im Kampfe mit dem Franzosenthum. Im Innern des Reiches hatten der Religion wegen viele Unruhen Statt u. ließen den Ausbruch eines Religionskrieges befürchten. Die Jesuiten regten damals die Gemüther durch eine Menge Schmähschriften auf. Der Kurfürst Karl Philipp von der Pfalz verbot 1719 den Heidelberger Katechismus, entzog seinen protestantischen Unterthanen die Kirchen u. zwang dieselben, ihre Kinder in katholische Schulen zu schicken. Braunschweig-Lüneburg u. Brandenburg brauchten Repressalien, schlossen die katholische Kirche in Celle u. den Dom in Minden u. nöthigten dadurch Karl Philipp seine Bedrückungen einzustellen. In Salzburg verfolgte der Erzbischof seit 1729 die Protestanten, so daß 1731 20,000 Salzburger größtentheils nach Preußen auswanderten (s.u. Salzburg). Wichtige Streitigkeiten hatten 1735 die Herzöge von Mecklenburg mit einander u. mit der Stadt Rostock. Bedeutsamer aber noch wurde der 1732 erneuerte Erbschaftsstreit wegen Jülich u. Berg zwischen Brandenburg u. Pfalz-Sulzbach, der nur durch Vermittelung auswärtiger Mächte beigelegt wurde. An Länderveränderungen sind unter Karl VI. zu bemerken: die Abtretung von Bremen u. Verden von Schweden an Hannover 1719 nach Beendigung des Nordischen Krieges u. eines Theils von Vorpommern nebst Stettin an Brandenburg, dann der Anfall der Grafschaft Hanau an Hessen Mit Karl VI., der am 20. Oct. 1740 starb, erlosch die männliche Linie des Hauses Habsburg-Österreich.

E) Vom Beginn des Österreichischen Erbsolgekrieges bis zu der Aufhebung des Deutschen Reichsverbandes, 1740 bis 1806. Kaum hatte Karl VI. die Augen geschlossen, als die Pragmatische Sanction von verschiedenen Seiten angegriffen wurde. Baiern, Sachsen u. Spanien machten Ansprüche auf Theile der österreichischen Staaten, Sardinien forderte Mailand u. Friedrich II. von Preußen rückte, während diese Mächte noch ihre Ansprüche zu beweisen strebten, Ende 1740 in Schlesien ein, um einige dem Kurhause Brandenburg entzogene Fürstenthümer (in der That aber das Ganze) zu erobern, u. so begann der Österreichische Erbfolgekrieg (s.d.). Friedrich II. nahm inzwischen ohne Krieg Schlesien, welches ihm auch, nach mehreren gewonnenen Schlachten u. Erobernngen, durch den Breslauer Frieden am 11. Juni 1742 fast ganz abgetreten werden mußte, da Österreich, von den verbündeten Frankreich, Spanien, Baiern u. Sachsen 1741 an anderen Punkten angegriffen, zum schleunigen Abschluß eines Friedens genöthigt wurde. Auf Österreichs Seite war Anfangs nur Großbritannien, später Sachsen, wogegen Preußen 1744 u. 1745 wieder im Zweiten Schlesischen Kriege gegen Österreich auftrat, bis es nebst Sachsen durch den am 28. Decbr. 1745 in Dresden geschlossenen Frieden wieder von dem Kriegsschauplatz abtrat. Österreich, das durch den [59] Frieden von Füssen mit Baiern (s. unten) u. durch den zu Dresden Luft erhielt, setzte mit Englands Hülfe den Kampf mit wechselndem Glück in Italien, Deutschland u. den Niederlanden fort u. ging endlich im Frieden zu Aachen 1748 unbesiegt aus ihm hervor, s. Österreichischer Erbfolgekrieg. Der preußische Staat wurde, außer mit Schlesien, auch 1744 durch den Anfall von Ostfriesland vermehrt. Als Maria Theresia die Regierung antrat, hatte sie ihren Gemahl, den Großherzog Franz von Toscana, zum Mitregenten erklärt, doch die Kaiserkrone ihm zu erwerben, vermochte sie nicht. Auf Frankreichs Antrieb wurde vielmehr der Kurfürst Karl Albrecht von Baiern, als Karl VII., am 24. Jan. 1742 zum Kaiser gewählt. Nach einem kurzen Kriegsglück gegen Österreich wurde er aus Baiern vertrieben u. lebte zu Frankfurt in Mangel u. Verachtung. Er starb wenige Monate, nachdem er im Gefolge eines französischen Heeres nach München zurückgekehrt war, den 20. Jan. 1745, u. sein Sohn Maximilian Joseph schloß den 22. April 1745 den Frieden zu Füssen, in welchem Baiern alles Eroberte von Österreich zurückerhielt, aber die Pragmatische Sanction anerkannte.

Nun wurde am 13. Septbr. 1745 Franz I., Sohn des Herzogs Leopold von Lothringen, Gemahl der Kaiserin Maria Theresia, Großherzog von Toscana, zum Kaiser erwählt u. am 4. October in Frankfurt gekrönt. 1756 brach der Dritte Schlesische od. Siebenjährige Krieg aus, welchen Friedrich II im August durch den Einbruch in Sachsen eröffnete, um einem Angriff zuvorzukommen, zu welchem sich Österreich, Rußland, Frankreich, Schweden u. Sachsen verbündet hatten. Preußen erhielt Anfangs nur von Großbritannien, später auch von Braunschweig u. Hessen-Kassel Beistand. Das Deutsche Reich nahm seit dem 17. Jan. 1757 Theil an dem Kriege gegen Friedrich, da sein Angriff auf Sachsen für einen Landfriedensbruch erklärt wurde. Vergebens strebten aber das Deutsche Reich u. noch mehr die eben genannten Mächte, Preußen durch die Übermacht zu besiegen. Friedrich blieb meist Sieger u. hielt seinen Gegnern, die einen großen Theil seines Gebiets, namentlich Preußen, besetzt hielten, stets das Feld; ebenso vermochte Frankreich nicht, Preußens Verbündete im NW. D-s zu besiegen. Durch den Tod der Kaiserin Elisabeth von Rußland den 5. Jan. 1762 verlor der König von Preußen eine mächtige Gegnerin u. wurde seinen Gegnern um so mehr gewachsen, da. auch Schweden bald darauf die Waffen niederlegte. Österreich u. Sachsen wurden zum Frieden zu Hubertusburg am 13. Febr. 1763 bewogen, worin der Besitzstand aller kriegführenden Theile unverändert blieb, jedoch versprach Preußen seine Kurstimme für den ältesten Sohn der Kaiserin, Joseph, zur römischen Königswahl; mehr hierüber s.u. Siebenjähriger Krieg. Ganz Norddeutschland war durch diesen Krieg verwüstet, doch trug er viel dazu bei, die Religionsstreitigkeiten auszugleichen. Kaiser Franz I. starb am 18. August 1765.

Ihm folgte sein ältester Sohn Joseph II. Während seiner Regierung herrschte Ruhe im Deutschen Reich. Die wichtigsten Besitzveränderungen waren: durch den Tod des Markgrafen Friedrich Christian 1769 fiel Baireuth an Ansbach, durch Erlöschung der Linie Baden-Baden 1771 wurden alle badenschen Länder vereinigt, das herzogliche Holstein wurde 1773 gegen Oldenburg u. Delmenhorst vertauscht, Baiern fiel durch das Erlöschen der kurfürstlich baierischen Linie mit Maximilian Joseph 1777 an Kurpfalz u. Kurfürst Karl Theodor von Pfalz, der indessen keine ehelichen Erben besaß, war zu einer Abtretung eines Theils von Baiern an Österreich gegen Begünstigung seiner natürlichen Söhne geneigt. Dadurch wäre die Macht Österreichs überwiegend geworden, auch war. die Verletzung von Pfalz-Zweibrücken, dem die Succession in Baiern nach Karl Theodors Tode zustand, augenscheinlich. Darüber kam es 1778 zum Baierischen Erbfolgekrieg (s.d.), der indessen schon 1779 endete u. die Sachen so ziemlich beim Alten ließ. Zwar wollte Joseph II. später Baiern für die Österreichischen Niederlande, mit Ausschluß von Luxemburg u. Limburg, eintauschen, doch Friedrich II. trat dagegen auf u. hinderte es 1785 durch die Stiftung des Fürstenbundes (s.d.), welchem Hannover, Kursachsen, Braunschweig, Gotha, Weimar, Hessen-Kassel, Anhalt, Osnabrück u. Kur-Mainz beitraten. Durch den Tod der Kaiserin Maria Theresia 1781 gelangte Joseph II. zur alleinigen Regierung in den österreichischen Erbstaaten u. führte die nunmehr längst vorbereiteten Reformen, welche bes. gegen die Geistlichkeit u. Klöster gerichtet waren, ein. Papst Pius VI. erschien 1782 selbst in Wien, um dagegen zu wirken, doch ohne wesentlich etwas auszurichten, u. Josephs Beispiel fand bald Nachahmer unter den deutschen Fürsten. Um die Freiheiten der Katholischen Kirche in D. gegen den Papst zu bewahren, stifteten die deutschen Erzbischöfe 1786 die Vereinigung zu Ems, die aber durch Baierns u. der Bischöfe Widersprüche unwirksam wurde. Mit den Holländern gerieth der Kaiser 1782 wegen des Barrieretractats u. der Eröffnung der Schelde in einen Streit, welcher 1784 durch den Tractat von Fontainebleau beigelegt wurde. Ein Streit des Bischofs von Lüttich mit dem Magistrate u. der Stadt Lüttich 1786 wurde durch Preußens u. Österreichs Dazwischenkunft geschlichtet, doch brachen 1787 neue Unruhen aus. Wichtiger aber war die Empörung der Österreichischen Niederlande 1789, welche durch des Kaisers rasche Reformen veranlaßt wurde. Bald nach deren Ausbruch starb Joseph II. den 20. Febr. 1790.

Leopold II., Josephs Bruder, wurde nun zum Kaiser gewählt. Dieser beruhigte durch Zurücknahme der Josephinischen Verordnungen sein Reich, schloß 1791 mit den Türken einen Frieden zu Sistowa u. dämpfte 1791 durch weise Mäßigung den Aufruhr in den Niederlanden. Inzwischen weckte der Ausbruch der Französischen Revolution die Besorgniß der deutschen Fürsten vor ähnlichen Bewegungen in Deutschland, weshalb Leopold mit dem Könige von Preußen, dessen Reich eben damals durch die Erwerbung Ansbachs u. Baireuths einen bedeutenden Gebietszuwachs erhalten hatte, in Pillnitz 27. August 1791 eine Zusammenkunft hatte u. 7. Febr. 1792 ein Bündniß gegen die bestehende Herrschaft in Frankreich für den König Ludwig XVI. schloß; allein bald darauf starb Leopold II. am 1. März 1792.

Franz II., Leopolds Sohn u. Nachfolger, war noch nicht zum Kaiser gewählt, als ihm am 20. April 1792 Frankreich schon als König von Ungarn u. Böhmen den Krieg erklärte. Österreich, Preußen, Hessen u. die Emigranten vereinigten sich u. ihre [60] Heere ruckten unter dem Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig in Frankreich ein u. der Französische Revolutionskrieg (s.d.) begann. Das Deutsche Reich, von Frankreich angegriffen, nahm gleichfalls an diesem Kriege Theil. Die verbündeten Heere machten Anfangs in der Champagne 1792 u. in Flandern 1793 bedeutende Fortschritte, mußten sich aber später vor dem französischen Befehlshaber Custine zurückziehen; dieser drang nun nach Mainz u. Frankfurt vor. Kurmainz machte 1784 dagegen Vorschläge zu einem deutschen Landsturm u. später zu einem Reichsfrieden; da aber zeigte sich, wie weit die Auflösung des Reichs schon gediehen war. Die Eifersucht der einzelnen Fürsten ließ das gemeinsame deutsche Interesse nicht mehr aufkommen. Im Angesicht der dem Reiche drohenden Gefahr schloß Preußen am 5. Mai 1795 mit Frankreich einen Separatfrieden zu Basel u. am 17. einen Neutralitätsvertrag für das nördliche D., welchem Hessen-Kassel beitrat. Die Last des Kriegs fiel nun allein auf Österreich u. die süddeutschen Fürsten, von denen die meisten nach u. nach Österreich verließen, welches aber dessenungeachtet 1796 glücklich gegen die Franzosen focht u. dieselben aus Süd-D. vertrieb. Die Fortschritte der Franzosen in Italien drängten Österreich 17. Oct. 1797 zum Frieden von Campo Formio; darauf folgte der Congreß zu Rastatt, wo für das Deutsche Reich der Friede bewirkt werden sollte. Währenddem capitulirten Mainz u. Ehrenbreitenstein, u. die Franzosen besetzten diese Festungen. Die übertriebenen Forderungen der Französischen Republik verhinderten den Frieden, der Congreß löste sich April 1799 auf u. zwei der französischen Gesandten wurden auf ihrer Rückreise von Unbekannten getödtet (Rastatter Gesandtenmord, s. Französischer Revolutionskrieg). Österreich, im Bunde mit Rußland u. England, erneuerte den Krieg u. die verbündeten Heere befreiten Italien von den Franzosen. Später wechselte das Glück, u. Paul I., welcher den russischen Thron eben bestiegen hatte, zog plötzlich, von seinem früher befolgten Systeme abgehend, seine Heere zurück, u. nun wurde das südliche D. von den Franzosen abermals überschwemmt. Nach mehreren Siegen der Franzosen kam endlich am 9. Febr. 1801 der Friede von Luneville zu Stande, in welchem das Deutsche Reich mit eingeschlossen war. Die ganze linke Rheinseite wurde an Frankreich abgetreten u. die Reichsstände für ihre dadurch verlorenen Besitzungen durch säcularisirte geistliche Gebiete u. durch Reichsstädte entschädigt. Österreich erhielt die Bisthümer Brixen u. Trient; der Großherzog von Toscana Salzburg u. Eichstädt; der Herzog von Modena den Breisgau; Preußen Hildesheim, Paderborn u. den größten Theil von Münster; Baiern Würzburg, Bamberg, Freisingen u. Augsburg; Baden die auf der rechten Rheinseite gelegenen Theile der Rheinpfalz, Kostnitz u. einige Theile der Bisthümer Speier, Strasburg u. Basel; Württemberg mehrere schwäbische Klöster u. Reichsstädte; Hannover Osnabrück; Nassau Oranien Fulda u. Corvey; Oldenburg ernige Theile von Münster u. das Bisthum Lübeck. Die drei geistlichen Kurfürstenthümer gingen ein, dagegen erhielten Hessen-Kassel, Baden, Württemberg u. Salzburg die Kurwürde, u. ein an Stelle des Kurfürsten von Mainz ernannter Kurerzkanzler erhielt das Bisthum Regensburg u. die Städte Regensburg u. Wetzlar. Von den Reichsstädten blieben nur noch sechs: Augsburg, Nürnberg, Frankfurt, Hamburg, Lübeck u. Bremen. Die Entschädigungen für die kleineren Fürsten u. Grafen wurden durch säcularisirte Stiftsländereien u. Klöster bewirkt. Über diesen Frieden u. die ihm 1792–1801 vorausgegangenen Kriege s. mehr unter Französischer Revolutionskrieg. Da der 1803 zwischen Frankreich u. England geschlossene Friede zu Amiens von beiden Theilen nicht gehalten wurde, so besetzten die Franzosen im Mai 1803 Hannover. Die Eingriffe der Französischen Republik in die Rechte europäischer Mächte u. des Deutschen Reichs veranlaßten 1805 einen Bund Österreichs, Englands u. Rußlands, u. ein neuer Krieg brach aus, bei welchem D. abermals der Kriegsschauplatz wurde (mehr hierüber s.u. Österreichischer Krieg von 1805). Der unglückliche Ausgang dieses Krieges, nach den Schlachten von Ulm u. Austerlitz u. der Einnahme von Wien, veranlaßte abermals große Besitzveränderungen im Deutschen Reiche. Österreich trat in dem Frieden zu Preßburg den 26. Decbr. 1805 Tyrol, Burgau, einen Theil von Passau u. Vorarlberg an Baiern, seine schwäbischen Besitzungen an Baden u. Württemberg ab. Für das an Baiern abgetretene Eichstädt erhielt Österreich Salzburg, dessen Besitzer der Kurfürst von Salzburg (sonst Großherzog von Toscana) durch Würzburg entschädigt wurde. Preußen, das im Begriff gewesen war, an diesem Kriege gegen Frankreich Theil zu nehmen, schloß nun einen Vertrag mit Napoleon Bonaparte, welcher 1799 erster Consul der Französischen Republik u. 1804 Kaiser der Franzosen geworden war, trat darin Ansbach an Baiern, Neufchatel u. Kleve an Frankreich ab u. nahm dafür Hannover zur Entschädigung. Napoleon that nun den entscheidenden Schritt zur völligen Auflösung des Deutschen Reichs. Von ihm aufgefordert, nahmen die Kurfürsten von Baiern u. Württemberg am 1. Jan. 1806 die Königswürde an; sein Schwager Murat erhielt die Herzogthümer Kleve u. Berg. Am 12. Juli 1806 stiftete Napoleon den Rheinbund (s.d.), erklärte, daß er kein Deutsches Reich mehr anerkenne, u. wurde Protector dieses Bundes, der Kurerzkanzler Fürst Primas des Reiches; die großherzogliche Würde erhielten Baden, Darmstadt, Berg u. Würzburg. Franz II., der schon 11. Aug. 1804 den Titel eines Kaisers von Österreich angenommen hatte, legte am 6. Aug. 1806 die römisch-deutsche Kaiserkrone nieder.

XII. Von der Auflösung des Deutschen Reiches bis zur Gründung des Deutschen Bundes, 1806–1814. Preußen, wegen der Besetzung von Hannover mit England u. Schweden in einen Krieg gerathen, scheiterte mit seiner Absicht, einen Nordischen Bund zu stiften, um dem mit Frankreich verbundenen Rheinbunde die Wage zu halten. Während Schweden u. Dänemark ihre deutschen Besitzungen mit ihren Stammländern vereinigten, verband sich Preußen mit Sachsen u. Rußland zum Krieg von 1806. In den Schlachten bei Jena u. Auerstädt wurden den 14. Octbr. 1806 die preußischen Heere gänzlich geschlagen, die preußischen Festungen gingen durch Verrätherei verloren, u. bevor die Russen, als Preußens Verbündete, auf dem Kampfplatze erschienen, waren nebst der Hauptstadt schon mehr als zwei Drittel der preußischen Monarchie in französischen Händen. Sachsen schloß mit Napoleon am 11. Dec. 1806 den Frieden zu Posen u. nahm die Königswürde an. Die Herzöge von Sachsen[61] u. Mecklenburg, die Fürsten von Anhalt, Schwarzburg, Lippe, Reuß, dann Würzburg u. Oldenburg traten in den Rheinbund u. stellten gegen Preußen Contingente. Unaufhaltsam drang Napoleon nach Polen vor, wurde dort mit Enthusiasmus aufgenommen u. bezog nach der unentschiedenen Schlacht bei Eylau Winterquartiere in Ostpreußen Im Frühjahre nahmen die Franzosen Danzig, siegten bei Friedland u. es kam am 7. Juli 1807 zum Frieden zu Tilsit, wo mehr als die Hälfte der preußischen Staaten an Napoleon abgetreten wurde. Mehr über diesen Krieg s.u. Preußisch-russischer Krieg gegen Frankreich 1806 u. 1807. Außer Südpreußen u. allen Ländern auf dem linken Ufer der Elbe, welche Preußen abtrat, wurden Hessen-Kassel u. Braunschweig, wegen Einverständnisses mit Preußen, ihren Landesherren genommen u. daraus u. aus den meist vormals preußischen Provinzen auf dem linken Elbufer, nebst einigen hannöverischen Besitzungen, das Königreich Westfalen (s.d.) gebildet, zu dessen Herrscher Napoleon seinen jüngsten Bruder, Hieronymus, einsetzte. Die Unbilden, welche Preußen von Frankreich erfahren hatte, riefen die Stiftung eines sittlich-wissenschaftlichen Vereins zur moralischen Kräftigung des preußischen Volkes ins Leben, Tugendbund (s.d.), welcher 1808 von Königsberg ausging, bald auch in dem übrigen D. viel Unklang fand u., obgleich er bereits 1809 auf Napoleons Drängen aufgelöst wurde, zur Erhebung D-s 1813 wesentlich beitrug.

Die Unfälle, welche Frankreich in Spanien erlitten hatte, u. die Hoffnung auf den Beistand der deutschen Fürsten u. Englands, bewogen Österreich 1809, den Krieg gegen Frankreich wieder aufzunehmen. Erzherzog Karl trat an die Spitze der reorganisirten Armee. Die Österreicher drangen Anfang April in Baiern bis nach München u. über die Isar vor. Zugleich erregte in Westfalen der Oberst von Dörnberg einen Aufstand, u. der preußische Major von Schill zog mit seinem Regimente aus Berlin gegen die Franzosen nach Sachsen, der Herzog von Braunschweig-Öls errichtete in Böhmen ein Freicorps u. fiel damit in Sachsen ein u. die Tyroler unter dem Sandwirth Andreas Hoferrhoben sich u. vertrieben die Baiern aus Tyrol. Die Niederlagen der Österreicher in Baiern u. der Rückzug bis Wien u. über die Donau neutralisirten aber alle diese Anstrengungen; der Sieg bei Aspern nutzte wenig u. die verlorene Schlacht bei Wagram im Juli führte zu einem Waffenstillstand, welchem am 14. Oct. der Friede zu Wien folgte. Mehr über diese Vorgänge s.u. Österreichischer Krieg gegen Frankreich 1809. Österreich trat in D. Salzburg, Berchtesgaden, das Innviertel mit Braunau, das Hausruckviertel, den Villacher Kreis von Kärnten, Krain, das Gebiet von Triest, Fiume, das Litorale u. Rezüns, seine noch übrigen Besitzungen in Italien an das Königreich Italien u. einen Theil von Galizien an das Großherzogthum Warschau u. einen anderen an Rußland ab. Baiern erhielt außerdem Baireuth u. Regensburg, dagegen trat es Südtyrol an Italien ab. Der Fürst Primas wurde Großherzog von Frankfurt u. erhielt Hanau, Fulda u. die Stadt Frankfurt; Württemberg wurde durch die Besitzungen des im April 1809 aufgehobenen Deutschen Ordens u. einige Landstriche in Franken vergrößert. Am 1. März 1810 wurde der Rest der hannöverischen Lande, der bis dahin von französischen Beamten verwaltet worden war. mit Westfalen vereinigt, doch am 10. Decbr. zum Theil wieder davon getrennt u. Nordwest-D., nämlich die Länder zwischen Ost- u. Nordsee, Rhein, Ems, Weser u. einem von da quer durch das ehedem Hannöverische nach dem Lauenburgischen durchgehenden Strich, Hamburg, Lübeck, das Bisthum Lübeck etc. wurden mit Frankreich vereinigt. Zugleich wurde das Gebiet mehrerer Rheinbundsfürsten, so der Herzöge von Oldenburg u. Aremberg, der Fürsten von Salm u. Kyrburg zu Frankreich geschlagen, ohne daß von einer Entschädigung die Rede war. Gewaltmaßregeln jeder Art traten ein: um England, den letzten Feind Frankreichs, zum Frieden zu zwingen, führte Napoleon die Continentalsperre (s.d.) ein; privat- u. völkerrechtliche Grundsätze wurden verletzt, um Europa zu einer Napoleonischen Universalmonarchie zu machen; strenge Censurordnungen u. Büchersperren wurden auf französischen Befehl angeordnet, deutsche Unterthanen ohne weitere Anfrage bei ihren Regierungen auf Befehl französischer Generale weg. geführt, deutsche Heere in dem Spanisch-portugiesischen Kriege geopfert, u. als Napoleon 1812 den Krieg gegen Rußland begann, mußten abermals mehr als 150,000 deutsche Krieger, darunter 22,000 Preußen u. 30,000 Österreicher, als Auxiliarcorps mit den französischen Heeren sich vereinigen, um für Frankreich zu kämpfen.

Während dieser Zeit der Erniedrigung Deutschlands fehlte es indeß nicht an Männern, welche, voll edler Gesinnung u. vom tiefsten Haß gegen die Fremdherrschaft beseelt, das Gefühl für nationale Ehre aufrecht erhielten u. die Hoffnung auf eine Befreiung u. Wiedergeburt des Vaterlandes nicht sinken ließen; namentlich war es der Philosoph Fichte, welcher mit seinen Reden an die Deutsche Nation großen Einfluß auf die gebildeten Klassen übte, während die preußischen Minister Stein u. Hardenberg den König Friedrich Wilhelm III., sobald der günstig-Augenblick erschien, zum Abfall von dem französischen Bündniß zu bewegen wußten. Der Untergang der französischen Heere 1812 in Rußland war die Losung für Preußen, den Kampf allein unter den deutschen Fürsten mit Hülfe Englands wieder aufzunehmen. Im Februar 1813 erfolgte des Königs Aufruf an das Volk, dem mit Begeisterung von allen Seiten entsprochen wurde. An Preußen schlossen sich nur die beiden Mecklenburg. Aber das Glück Napoleons in den Schlachten bei Lützen (am 2. Mai), Bautzen (am 20. Mai) u. der erfolgte Waffenstillstand zu Poischwitz am 4. Juni rückte die Hoffnung D-s, des französischen Joches ledig zu werden, nur etwas weiter hinaus. Nach einigen mit Napoleon vergeblich gepflogenen Unterhandlungen zu Prag, trat zuerst Österreich der großen Allianz gegen Napoleon bei, u. im Aug. 1813 begann der Befreiungskrieg. Zwar mißlang der erste Schlag bei Dresden, doch die Niederlagen der Franzosen an der Katzbach, bei Kulm, Großbeeren, Dennewitz u. Wartenburg u. die Schlacht bei Leipzig vom 16.–18. Octbr. entschieden über das Schicksal der Napoleonischen Herrschaft. Jetzt erfolgte die Auflösung des Rheinbundes, nachdem Baiern durch den Vertrag von Ried am 8. Oct. zur deutschen Sache übergetreten u. die Franzosen über den Rhein zurückgewichen waren. Mehr über diese Begebenheiten s.u. Russisch-deutscher Krieg 1812–1815. Nach blutigen [62] Schlachten bei Hanau u. in Frankreich bei Brienne, Laon etc., wurde Paris von den Verbündeten siegreich eingenommen, Napoleon abdicirte u. der erste Pariser Friede vom 30. März 1814 gab D. seine Unabhängigkeit u. seine Grenzen, fast wie es sie bis zum Jahre 1792 gehabt hatte, zurück.

XIII. Deutschland als Staatenbund: A) vom Wiener Congreß u. ersten Frieden von Paris, 1814, bis zu 1830. D. erhielt zwar seine. vorigen Grenzen wieder, aber der innere Zustand D-s war nicht mehr derselbe, wie vor den Revolutionskriegen. Von allen Seiten wurden Forderungen u. Ansprüche laut: vertriebene Regenten verlangten ihre Staaten zurück, Preußen u. Österreich sollten für die früheren Verluste entschädigt werden, Rußland sollte das Großherzogthum Warschau erhalten. So entstanden eine Menge Verwickelungen der Interessen, welche zu lösen eine Hauptaufgabe des Wiener Congresses (s.d.) war, der im November 1814 eröffnet wurde. Als Schadloshaltung für die verlorenen Provinzen Süd- u. Westpreußen, für Ansbach u. Baireuth, für Kleve u. Berg, für Hildesheim u. Ostfriesland, sollte Preußen nach einer vorläufigen Verabredung mit Rußland, welcher Anfangs auch Österreich beizutreten geneigt war, das Königreich Sachsen erhalten, welches seit der Leipziger Schlacht unter der Verwaltung eines russischen Generalgouvernements, Fürsten Repnin, gestanden hatte. Dagegen protestirten der König von Sachsen, Frankreich u. Baiern, die auf der völligen Herstellung Sachsens bestanden. Nun sprachen sich Österreich u. Großbritannien ebenfalls gegen die Einverleibung Sachsens aus u. verlangten, daß dem König von Sachsen wenigstens 1 Mill. Menschen verbleiben sollten. Den Antrag einer Entschädigung am Rhein schlug der König von Sachsen aus. Endlich vereinigte man sich am 8. Febr. 1815 dahin, daß von Polen das Großherzogthum Posen für Preußen getrennt, Sachsen aber so getheilt wurde, daß Sachsen 3/5 behielt, 2/5 aber an Preußen kam. Auch die Entschädigung Baierns, das nebst Tyrol u. Vorarlberg nochdas Inn- u. Hausruckviertel u. Salzburg an Österreich abtreten sollte, die versprochene Vergrößerung Hannovers, Weimars, Oldenburgs u. Hessen-Homburgs gab Ansiände, vor allen aber die Wiederherstellung einer den veränderten Verhältnissen entsprechende Reichsverfassung. Wollten die Fürsten die erlangte Souveränetät nicht preisgeben, so war es unmöglich, einen Bundesstaat aufzurichten, u. daß, falls ein solcher zu Stande kommen sollte, das ständische Princip darin aufgenommen werden müsse, schien nothwendig zu sein, um der centralen Staatsgewalt eine sichere Basis in der Nationalvertretung, gegenüber dem Particularismus der Fürsten, zu geben. Aber die liberalen u. nationalen Bestrebungen preußischer u. hannöverscher Staatsmänner fanden, namentlich an Österreich, Baiern u. Württemberg, energischen Widerstand. Während der Unterhandlungen verließ Napoleon seinen Verbannungsort Elba, landete den 1. März 1815 in Frankreich, drang im Triumphzuge ohne Schwertschlag unaufhaltsam vor u. zog am 20. März in Paris ein. Dies beschleunigte die Wiener Verhandlungen, die streitigen Punkte wurden unbestimmt gestellt u. die Deutsche Bundesacte am 8. Juni unterzeichnet. Die gemeinsame Gefahr vereinigte von Neuem die schon einmal gegen Napoleon alliirten Staaten. Napoleon wollte die Preußen u. Engländer überraschen u. einzeln schlagen; Anfangs siegte er bei Ligny, aber desto entschiedener war seine Niederlage durch die Verbündeten bei Belle-Alliance (Waterloo) am 18. Juni; die zweite Einnahme von Paris am 6. Juli u. die Wegführung Napoleons nach St. Helena endete den Krieg, s. Russisch-Deutscher Krieg von 1813–1815. Durch den Kampf der Jahre 1813–15 hatten die Verhältnisse der deutschen Staaten bedeutende Umwandelungen erlitten. Die vertriebenen Regenten von Hessen-Kassel, Hannover, Braunschweig u. Oldenburg hatten ihre Länder, die Freien Städte Hamburg, Lübeck, Bremen u. Frankfurt ihre Unabhängigkeit zurück erhalten; aufgelöst waren dagegen wieder das Königreich Westfalen u. die Großherzogthümer Berg u. Frankfurt. Die wieder gewonnene linke Rheinseite (mit Ausnahme Lüttichs u. des ehemaligen Burgundischen Kreises) war unter Preußen, Baiern, Hessen-Darmstadt, Oldenburg, Sachsen-Koburg u. Hessen-Homburg vertheilt worden. Letzteres erhielt 1817 die Souveränetät, wogegen Isenburg u. Leyen mediatisirt wurden. Das Großherzogthum Luxemburg wurde dem Könige der Niederlande, doch als deutsches Bundesland, zu Theil, u. Holstein, mit der Krone Dänemark vereinigt, trat dem Deutschen Bunde wieder bei. Hannover wurde zum Königreich erhoben u. Weimar, Mecklenburg u. Oldenburg zu Großherzogthümern. Als diese Vertheilung erfolgt war, löste sich auch die Centralcommission, die bisher nur noch für die Gouvernements Mittelrhein, Niederrhein u. Belgien bestanden hatte, definitiv auf. Gegen die Deutsche Bundesacte, welche eine Anzahl souveräner Herren durch Mediatisirung beseitigte, erhoben viele dieser Mediatisirten Protest, ebenso der Papst, welcher das Kaiserthum wieder aufgerichtet wissen wollte. Beide Proteste blieben aber ohne Wirkung.

Am 9. Sept. 1815 trat die Bundesversammlung zum ersten Male zusammen, um das halbvollendete Verfassungswerk weiter zu führen. Die Mängel dieser Verfassung zeigten sich nur zu bald; der Deutsche Staatenbund war ein locker zusammengesetztes Ganze, ohne einen Mittelpunkt, u. daher ohne Einfluß auf die Entwickelung der inneren Wohlfahrt, ohne Macht u. Ansehen gegenüber dem Auslande (vgl. Deutscher Bund). Was den Deutschen als Nation versagt war, eine Vertretung des Volkes bei dem Bunde, schien Anfangs wenigstens von den einzelnen Staaten erreicht werden zu sollen. Aber das Mißtrauen, welches zwischen Volk u. Regierungen trat, hinderte od. verkümmerte die Erfüllung der Versprechungen, welche in den Tagen der Begeisterung gegeben waren. Die Deutsche Bundesacte ließ die nationalen Wünsche u. Hoffnungen unbefriedigt u. die Heilige Allianz (16. Septbr. 1815) erregte den Verdacht absolutistischer Tendenzen, denen gegenüber sich Mißstimmung kund gab. Besorgniß vor revolutionären Bewegungen erfüllte die Regierenden, u. die dagegen ergriffenen Maßregeln erregten nur noch größere Erbitterung, namentlich unter den Mittelklassen. Nassau gab am 2. September 1814 eine Verfassung mit zwei Kammern; die von König Friedrich I. von Württemberg im März 1815 octroyirte Verfassung wurde, nachdem sie von der Volksvertretung zu wiederholten Malen abgelehnt worden war, am 25. Sept. 1819 mit einigen Veränderungen angenommen; in Weimar berief[63] der Großherzog Karl August am 11. April 1816 eine ständische Berathung, welche die gebotene Verfassung schon am 1. Mai d. I. annahm. Um dieselbe Zeit war in Schwarzburg-Rudolstadt, in Schaumburg-Lippe, in Waldeck, in Hildburghausen, in Lippe-Detmold (hier erst im Aug. 1821), in Koburg u. Meiningen (erst im Septbr. 1824) Ähnliches erfolgt. In Baiern gab der König Max Joseph am 20. Mai 1818 dem Staate eine Repräsentativverfassung mit zwei Kammern, u. der Großherzog Karl von Baden am 22. Aug. 1818 seinem Lande eine ähnliche Constitution; am 18. März 1820 ließ auch der Großherzog von Hessen-Darmstadt eine ständische Verfassung mit zwei Kammern proclamiren; in Österreich stellte der Kaiser in den wiedererlangten deutschen Provinzen (so in den deutsch-illyrischen Provinzen im August 1816, in Tyrol im April 1816 u. in Krain 1818) die alten landständischen Verfassungen wieder her, während sie in den österreichisch gebliebenen nie verändert worden war; Preußen führte am 5. Juni 1823 Provinzialstände ein; im Königreich Sachsen wurden die alten Landstände ohne Modificationen wieder hergestellt; Hannover erhielt im December 1819 eine Verfassung mit zwei Kammern. Im Kurfürstenthum Hessen scheiterte das Verfassungswerk an dem Widerstande der Feudalstände. In Braunschweig wurde im April 1821 unter englischer Vormundschaft eine Verfassung, die nur wenig von der alten abwich, eingeführt; aber als Herzog Karl 1823 die Regierung selbst antrat, erkannte er weder diese noch eine andere ständische Verfassung an. In den beiden Mecklenburg dauerte die landständische Verfassung fort, u. die Stände selbst widersetzten sich einer Umbildung des Grundgesetzes; in Oldenburg, Gotha-Altenburg, Schwarzburg-Sondershausen blieb es beim Alten, u. in dem Fürstenthum Liechtenstein wurde eine Verfassung eingerichtet (9. Nov. 1818), welcher die österreichische zu Grunde lag; Holstein verhieß der König von Dänemark zwar eine Repräsentativverfassung, die aber lange noch nicht ins Leben trat. Der Mißwachs im Jahr 1816 erzeugte in mehreren Gegenden D-s eine Hungersnoth, die durch das Stocken aller Gewerbe noch fühlbarer wurde. Beides, verbunden mit den Nachwehen des Krieges, namentlich der Last vermehrter Steuern, trug gleichfalls dazu bei, die allgemeine Mißstimmung zu vermehren. Ähnlich wirkten in einzelnen Staaten besondere Umstände, so konnte man in dem Königreich Sachsen lange die Theilung nicht verschmerzen, die Ostfriesen fühlten sich unbehaglich, hannöverisch u. nicht mehr preußisch zu sein; auf Hessen lastete ein schwerer Steuerndruck u. die von Preußen, Baiern u. Württemberg aufgestellten Zolllinien trennten D. auch in handelspolitischer Hinsicht. Am lautesten regte sich der Drang nach größeren politischen Freiheiten u. Rechten bei der studirenden Jugend, aber erst die polizeilichen Maßregeln, welche der Deutsche Bund gegen die kundgegebenen Bestrebungen ergriff, gab diesen zumeist eine Bedeutung u. regte in den Betheiligten die Meinung von der hohen Wichtigkeit ihrer Ideen u. Bestrebungen. Dies sprach sich namentlich aus auf dem am 18. Oct. 1817 abgehaltenen Wartburgsfeste. Es fehlte daher nicht an Leuten, welche zu den extravagantesten Handlungen in dem Glauben hingerissen werden konnten, der deutschen Freiheit damit einen Dienst zu erweisen. So erstach am 23. März 1819 der jenaische Student Karl Sand den russischen Staatsrath Kotzebue zu Manheim u. machte der Apotheker Löning einen Versuch, den nassauischen Präsidenten Ibell zu ermorden. Am meisten griff das System des Mißtrauens in Preußen Platz, nachdem dessen hervorragende, dem Liberalismus huldigende Staatsmänner von dem Schauplatz ihrer Wirksamkeit abgetreten waren. Die Turnvereine u. die Studentenverbindungen wurden untersagt, der Turnmeister Jahn u. mehrere seiner Anhänger, ebenso auch Studenten u. Professoren (Arndt, Welker u. m. A.) verhaftet u. das ganze Unterrichtssystem überwacht. Fast gleichzeitig trat im Aug. 1819 ein Congreß der Gesandten der deutschen Höfe zu Karlsbad zusammen, um Beschlüsse zur Sicherung gegen befürchtete Unruhen zu fassen (s. Karlsbader Ministercongreß). In Folge dieses Congresses wurde überall in den deutschen Bundesstaaten auf 5 Jahre eine Censur der Druckschriften unter 20 Bogen verfügt, die bestehende Censur verschärft u. auch eine aus 7 Mitgliedern bestehende Centraluntersuchungscommission in Mainz niedergesetzt, vor deren Forum alle demagogischen Umtriebe gehören sollten, die gegen den Deutschen Bund od. die Verfassung einzelner deutschen Staaten gerichtet wären. Diese Beschlüsse wurden am 20. Sept. 1819 dem Bundestag in Frankfurt mitgetheilt u. von demselben vollzogen. Unmittelbar darauf wurde am 25. Novbr. 1819 in Wien ein Ministercongreß aller Mitglieder des Deutschen Bundes eröffnet u. aus ihm die aus 65 Art. bestehende, am 8. Juni 1820 in Frankfurt a. M. bekannt gemachte Wiener Schlußacte (s.u. Deutscher Bund), welche die auswärtigen Verhältnisse des Bundes feststellte, die Militärangelegenheiten regelte u. die Regierungen gegen etwaige Widersetzlichkeiten der Unterthanen sicherstellte, gegeben. Am 1. Mai 1822 erstattete die Centraluntersuchungscommission in Mainz ihren ersten Bericht über die demagogischen Umtriebe an den Bundestag. Obgleich schon fast alle zur Untersuchung gezogenen Personen wieder freigegeben worden waren, so wurde das Verfahren doch fortgesetzt u. neue Untersuchungen begannen. Dieselben waren zunächst gegen den Bund der Jungen gerichtet, welcher 1821 aus der Burschenschaft hervorgegangen war. Erst 1828 wurde die Mainzer Centraluntersuchungscommission aufgelöst. Am 1. Juli 1824 beschloß unterdessen der Bundestag die Fortdauer des 1819 auf 5 Jahre gegebenen Censuredicts auf unbestimmte Zeit; verordnete, daß in den Bundesstaaten darüber gewacht werden sollte, daß bei Ausübung der landständischen Rechte das monarchische Princip unverletzt erhalten werde; u. hob die bisherige Veröffentlichung der Bundestagsverhandlungen auf.

Außer von politischen Calamitäten wurde D. in dieser Zeit auch von dergleichen ökonomischen betroffen. Seit dem Jahre 1817 war eine unverhältnißmäßig wohlfeile Zeit auf die Theuerung gefolgt, dadurch trat eine Entwerthung des Grundbesitzes ein, u. die Industrie konnte die günstige Zeit nicht nutzen, weil englische Fabrikate den Markt überschwemmten. Zwar traten einige Privatgesellschaften zur Hebung der heimischen Industrie zusammen, aber ohne wesentlichen Erfolg, zumal bald darauf (1826) eine schwere Handelskrisis eintrat. Auf dem religiösen Gebiete griff das Sectenwesen[64] wieder um sich u. fand namentlich der Mysticismus zahlreiche Anhänger. Die Regierungen erkannten ihrerseits die Nothwendigkeit, die äußern Angelegenheiten der Kirche zu ordnen u. dem Cultus seine Würde wieder zu ertheilen. In der protestantischen Kirche wurde die Vereinigung der Lutherischen u. Reformirten Glaubenspartei in Preußen, Baden u. theilweise in andern deutschen Ländern begonnen u. vollbracht (s. Union). Gleichzeitig wurden die Synoden u. in Preußen eine neue Agende (nicht ohne erheblichen Widerspruch) eingeführt. Die durch die Abschaffung des Kaiserthums völlig aufgelöste Verbindung, welche zwischen der Katholischen Kirche u. dem Reich bestand, mußte auf irgend eine Weise wieder hergestellt werden. Es geschah dies auf dem Wege der Concordate, s.d. Innerhalb der Katholischen Kirche traten gleichfalls Spaltungen ein. Mehrere Geistlichen u. gelehrte Laien erklärten sich gegen die römische Hierarchie u. reclamirten die Freiheiten u. Rechte der Deutschen Kirche. Man trug in Schlesien, in den preußischen Rheinlanden, in Württemberg u. Baden auf die Abschaffung des Cölibats, auf Einführung der deutschen Sprache bei dem Gottesdienst u. auf Verbesserungen des kirchlichen Ritus an. Dagegen kämpfte die andere Partei für das Fortbestehen des Altherkömmlichen in der Kirche u. für die unbeschränkte Gewalt des Papstes in Kirchensachen. In Österreich fanden die Piaristen u. Liguorianer reiche Unterstützung u. in Baiern wurden Mönchs- u. Nonnenklöster neu errichtet. Von den außerpolitischen Bestrebungen jener Zeit, welche auf die Gesammtentwickelung Deutschlands von Einfluß waren, verdient bes. der Eifer hervorgehoben zu werden, mit welchem König Ludwig I. von Baiern den Sinn für bildende Kunst anregte. München war die Pflanzschule einer neuen deutschen Malerschule, während die Düsseldorfer Akademie zugleich, von der preußischen Regierung gehoben, eine neue Schule heranbildete. Immer dringender sprach sich inzwischen das Bedürfniß aus, die Zollgrenzen zwischen den kleinen Staaten zu entfernen, sollte nicht Deutschlands Handel u. Industrie in steter Abhängigkeit vom Auslande bleiben. 1828 einigte sich Württemberg mit Baiern zu einem Zollverein; ferner formirten sich Sachsen, Hannover, Kurhessen, Nassau, Oldenburg, Braunschweig, die Sächsischen Herzogthümer, die Fürstenthümer Reuß, Schwarzburg u. Lippe zu einem Mitteldeutschen Handelsvereine, der indeß sich bald wieder auflöste. Hessen-Darmstadt trat in demselben Jahre dem Preußischen Zollverein bei, welcher sich meist nur auf die enclavirten Landestheile fremder Herrscher erstreckte. Ein Erbfolgestreit, welcher 1825, nach dem Erlöschen der Linie Gotha-Altenburg, zwischen Meiningen, Koburg u. Hildburghausen entstand, wurde unter königlich sächsischer Vermittelung im Novbr. 1826 dahin verglichen, daß der Herzog Friedrich von Hildburghausen sein ganzes Land an Meiningen abtrat u. dafür fast ganz Altenburg als besonderes Herzogthum erhielt, Koburg-Saalfeld u. mehrere koburgische Ämter u. Römhild auch an Meiningen abtrat u. dafür Gotha erhielt. Dieser Gebietswechsel war, außer dem Aussterben von Nassau-Usingen 1816, die einzige Territorialveränderung, die in dieser Periode in D. vorkam.

B) Von der Julirevolution in Frankreich 1830 bis 1848. Die Erfolge der Pariser Julirevolution 1830 belebten von Neuem die Wünsche u. Hoffnungen der mit den bestehenden Zuständen in D. Unzufriedenen. Außer Braunschweig, wo sogar der Herzog Karl vertrieben u. sein Bruder Wilhelm auf den Thron gerufen wurde (was der Bundestag sanctionirte), waren namentlich Sachsen, Hessen-Kassel u. Altenburg von der politischen Bewegung ergriffen, u. die Herrscher sahen sich zur Verleihung von Repräsentativverfassungen genöthigt. Auch in Preußen, Weimar, Hamburg, Lübeck, Mecklenburg-Schwerin, Baden u. Nassau kam es an einigen Orten zu Excessen, welche indeß keine ernsteren Folgen hatten. Mehr Mühe machten die Unruhen in Hannover, die im September 1830 in Osnabrück, Lüneburg etc. ausbrachen; dieselben hatten zur Folge, daß der König Georg IV. den unbeliebten Minister Grafen Münster entließ, den Herzog von Cambridge zum Vicekönig einsetzte u. ein freisinniges Staatsgrundgesetz gab. Über alle diese Begebenheiten s. die Geschichte der einzelnen Staaten. Während der Bundestag diesen Bewegungen gegenüber am 25. Novbr. 1830 proclamirte, daß sämmtliche Regierungen, im Fall sie dazu von einer andern aufgefordert würden, zu schneller Hülfsleistung verpflichtet sein sollten, kam er in die Lage, die Rechte Deutschlands dem Auslande gegenüber wahren zu müssen. In Folge der belgischen Revolution war das zum deutschen Bundesgebiet gehörige Großherzogthum Luxemburg, mit Ausnahme der Festung, im October 1830 von den Belgiern besetzt worden. Gegen diese Verletzung des Bundesgebietes wurden Bundestruppen an der Grenze zusammengezogen, die Sache aber wurde durch Vermittelung Englands u. Frankreichs ausgeglichen. Der polnische Aufstand u. die Sympathie Frankreichs für Polen trieb D. in die Arme der russischen Politik, deren Einfluß namentlich auf die Mittel- u. Kleinstaaten auch am Bundestage zur Geltung kam. Im deutschen Bürgerstande war inzwischen der seit den Befreiungskriegen allgemein verbreitete Franzosenhaß ziemlich erloschen u. hatte einer andern Ansicht von der Stellung der Nationen zu einander Platz gemacht: als der Ausbruch eines allgemeinen Krieges mit Rußland u. Deutschland auf der einen, Frankreich u. England auf der andern Seite den Frieden Europas zu stören drohte. Die großen Mächte rüsteten ernstlich, Preußen stellte 3 Armeecorps am Rhein, ebenso viel in Posen auf, Österreich 40,000 M. in Gallizien, 70,000 M. in Italien; Frankreich vervollständigte sein Heer auf 250,000 M. Infanterie, 40,000 M. Cavallerie u. 11 Artillerieregimenter. Rußland, das gleich Anfangs 180,000 M. an die Grenze beordert u. eine drohende Stellung gegen Frankreich angenommen hatte, war indeß bis zum August 1831 in Polen beschäftigt, u. während der Deutsche Bund u. die deutschen Großmächte eine zuwartende Politik einschlugen, entschieden England u. Frankreich auf der Londoner Conferenz über Belgiens Schicksal u. setzten 1832 den Prinzen Leopold von Koburg zum König von Belgien ein. Viel trug auch die 1831 in Europa ausbrechende Cholera dazu bei, den Krieg zu verhindern.

Inzwischen dauerten die politischen Bewegungen im Innern Deutschlands fort, so fanden im Februar u. April 1831 in Dresden, am 31. August in Leipzig, am 7. Decbr. 1831 in Kassel, am 5. Jan. 1832 in Hanau Unruhen Statt. Die allgemeine Burschenschaft, 1824 aufgelöst, war 1826 wieder constituirt[65] worden; sie hatten sich in 2 Verbindungen, Arminia u. Germania, gespalten, von denen die Letztere ihre Wirksamkeit auch auf Politik ausdehnte, ohne jedoch mit ihren Bestrebungen die gesetzlichen Schranken zu überschreiten. Zu Ende 1830 organisirten sich geheime Vereine, bes. am Rhein, mehrere Tagesschriftsteller suchten ihren liberalen Ansichten durch Flug- u. Zeitschriften, z.B. Wirth (in der Deutschen Tribüne), Siebenpfeifer (im Westboten), Strohmeyer (im Wächter am Rhein), Hochdörfer (im Volksfreund), beim Volke Eingang zu verschaffen. Neue Maßregeln gegen die Presse erfolgten von Seiten der Regierungen, namentlich als der Durchzug der polnischen Emigranten hier u. da zu politischen Demonstrationen Anlaß gab. Um trotzdem die freie Meinungsäußerung zu sichern, wurde in Zweibrücken ein Preß- od. Vaterlandsverein gegründet, welcher die Presse zur Wahrung der Volksrechte aufrief, die Schriftsteller u. Drucker wegen der ihnen von den Gerichten zuerkannten Strafen durch gemeinschaftliche Beiträge entschädigen wollte u. bes. in den Städten Süddeutschlands Verbreitung fand. Am 27. Mai 1832 veranstalteten mehrere Vorkämpfer des Liberalismus, u. And. Wirth u. Siebenpfeifer auf der Schloßruine Hambach bei Neustadt an der Hardt, zur Feier der baierischen Constitution (die am 26. Mai 1818 gegeben war), ein Fest, das von mehr als 30,000 Menschen besucht wurde. Dieser Demonstration, welche indeß ohne Ruhestörungen verlief, folgten noch einige andere ähnliche, darunter solche von offenbar revolutionären Absichten. Während die Regierungen der Staaten, wo Solches vorkam, zur Beschränkung der gemißbrauchten Freiheiten griffen, drang auch der Bundestag auf verschärfte Maßregeln gegen mehrere Zeitschriften u. Publicisten, stellte den Grundsatz auf, daß dem Landesherrn die Bewilligung der Steuern zum öffentlichen Bedarf von den Ständen nie versagt werden dürfe, u. untersagte den Preßverein streng. Schon früher war eine neue Untersuchungscommission wegen der demagogischen Umtriebe, der früheren in Mainz ähnlich, eingesetzt worden. Dagegen wuchs die liberale Partei von Tage zu Tage. Gegen die Bundesbeschlüsse, bes. gegen die, die Preßfreiheit beschränkende Wiedereinschärfung der Censuredicte von 1819, machten mehrere Ständeversammlungen, bes. die badischen, ihren Landesherrn, wiewohl vergeblich, Vorstellungen. Das Centralcomité des Vaterlands- (Preß-) vereins, der nach Frankfurt a. M. verlegt den Namen Männerbund annahm, setzte sich mit mehreren Vereinen zu gleichen Zwecken in Verbindung; eine Militärconspiration wurde von dem württembergischen Oberlieutenant Koseritz im August zu Ludwigsburg angezettelt; auch die Burschenschaften traten mit diesen Vereinen in Verbindung, u. es kam zwischen ihnen zur Verabredung eines bestimmten Angriffsplans gegen die Bundesbehörden. In der Hoffnung, von den Bürgern Unterstützung zu erhalten, sobald nur der erste Schritt geschehen sei, brachen die Verschworenen, außer den Frankfurtern an 40 Köpfe stark, am 3. April 1833 los (Frankfurter Attentat). Der Plan der Revolutionäre war indeß schon vorher verrathen, u. das Attentat nahm einen kläglichen Ausgang. Die Untersuchungscommission bemühte sich, den Ursachen desselben nachzuspüren; zahlreiche Verhaftungen erfolgten, je weiter man den Verzweigungen der revolutionären Propaganda auf die Spur kam. Den Hauptherd der demagogischen Umtriebe glaubte man aber in der Schweiz zu finden, wo ein größtentheils von politischen Flüchtlingen, namentlich Schriftstellern, gebildeter Verein, das Junge Deutschland, im Juli 1834 mit ähnlichen Flüchtlingsvereinen, von Polen u. Italienern gegründet, zu einem Jungen Europa zusammentrat. In Folge dessen wurde vom Bundestag das Einwandern der Handwerksgesellen in die Schweiz untersagt, u. alle dort befindliche deutsche Arbeiter zurückberufen. Später griff jedoch bei den Regierungen mehr u. mehr die Überzeugung Platz, daß der Kern des Volkes dem aufrührerischen Treiben einer irre geleiteten Jugend fern stehe, u. man begann auch das Attentat selber im milderen Lichte zu betrachten. Weniger ernste Überlegung als jugendlicher Thatendurst hatte die Verschworenen bei ihrem verbrecherischen Unternehmen geleitet, u. diesem Gesichtspunkte verdankten die meisten der zu schweren Strafen, ja zum Tode verurtheilten Theilnehmer am Frankfurter Attentat den theilweisen od. völligen Straferlaß. Besonders zog die preußische Begnadigung aller politisch Verurtheilten od. in politischer Untersuchung Befindlichen, nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV. 1840, gleiche Maßregeln in andern Staaten nach sich. Große Befürchtung vor einem etwaigen Vorgehen im Sinne des Absolutismus erregten bei den Liberalen die Unterredungen des Kaisers von Rußland mit dem König von Preußen u. Kaiser von Österreich zu Schwedt u. Münchengräz im September 1833 u. der Ministercongreß in Wien, der von Ende 1833 bis Mitte 1834 dauerte. Inzwischen entwickelte sich der Constitutionalismus in den kleinen u. Mittelstaaten Deutschlands unter fortwährenden Kämpfen mit den Anhängern des Bestehenden. Der Bundestag überwachte die Thätigkeit der Kammern, um zu verhüten, daß das von ihm gewährte Maß politischer Freiheit überschritten werde. In dem Verfassungsstreit zwischen dem König u. den Ständen von Hannover (s.d., Gesch.), 1837, wo von Letzteren die Hülfe des Bundestages angerufen wurde, erklärte sich derselbe incompetent, u. die der Aufhebung der dortigen Verfassung von 1833 nachfolgenden Ereignisse, so namentlich die Entlassung der Sieben Göttinger Professoren, verfehlten nicht, mehrfach Mißstimmung gegenden Bundestag zu erregen u. das Interesse an der politischen Fortbildung D-s von Neuem zu beleben. Da der Bundestag eine Handelseinheit in D. herzustellen nicht vermochte, so suchte Preußen eine solche durch Separatverträge mit den einzelnen Staaten zu erreichen u. legte 1831 den Grund zu dem Deutschen Zollverein (s.d.), welchem zuerst, außer den enclavirten Gebietstheilen fremder Herrscher, die beiden Hessen beitraten. 1834 schloß sich Württemberg, Baiern, Sachsen, Weimar, die Sächsischen Herzogthümer, Schwarzburg u. Reuß, dann 1835 noch Baden, Nassau u. Frankfurt dem Preußisch-hessischen Zollverein an, eine Menge lästiger Sperrlinien u. kostspieliger Mauthanstalten kamen nun in Wegfall u. für den Handel u. die Industrie begann mit dieser Vereinigung eine neue Ara. Gewerbvereine u. Industrieschulen, theils von den Regierungen, theils von Privatpersonen angelegt, hoben besonders in Sachsen u. Preußen die industrielle Thätigkeit. Im Herbst 1838 einigten sich die Zollvereinsstaaten auf dem Münzcongreß[66] in Dresden dahin, daß innerhalb der Gebiete des Zollvereins nur zwei Münzsysteme existiren sollten, das System des Vierzehnthalerfußes in Norddeutschland u. Preußen u. das System des 241 Guldenfußes. Als Vereinsmünze wurde das 2 Thaler- od. 31/2 Guldenstück geschlagen; die Münzconvention trat 1841 ins Leben. Dem preußischen Zollverein gegenüber schlossen 1833 Hannover, Braunschweig u. Oldenburg einen Zollverein, dem auch Waldeck u. beide Lippe beitraten; Braunschweig, Lippe-Detmold u. Waldeck schlossen sich indeß am 1. Jan. ebenfalls dem Preußischen Zollverein an. Neue Wirren entstanden inzwischen auf dem religiösen Gebiete, namentlich die Differenzen, die sich über die Hermesianischen Streitigkeiten (s.d.) u. später über die gemischten Ehen (s.d.) zwischen Preußen u. der Römischen Curie erhoben. Der König von Preußen ließ 1840 den Erzbischof von Köln, Freiherrn Droste von Vischering, weil er gegen sein Versprechen bei Übernahme seines Amts die gemischten Ehen untersagt hatte, verhaften. Die dadurch herbeigeführte Aufregung unter den streng Katholischen wurde noch gesteigert, als Gleiches mit dem Erzbischof von Posen, Dunin, erfolgte. Nach dem später erfolgten Abkommen mit der Römischen Curie, blieb es den katholischen Geistlichen gesetzlich überlassen, ob sie die Trauung von Paaren, wo ein Theil katholisch, der andere protestantisch wäre, vollziehen wollten od. nicht, wozu sie früher nach dem Preußischen Landrecht verpflichtet waren. 1840, als das Ministerium Thiers in Frankreich nicht übel Luft zeigte, die Rheingrenze wiederherzustellen, sprach sich das deutsche Nationalgefühl in überaus kräftiger Weise aus. Die Augen aller Derer, denen die Erhebung Deutschlands aus seiner untergeordneten Stellung gegenüber dem Auslande am Herzen lag, waren damals auf Preußen gerichtet, wo der König Friedrich Wilhelm IV. durch seine ersten Regierungsacte die Hoffnung auf eine Wendung in der innern Politik Preußens erweckte. Wurden auch die gehegten Hoffnungen nicht in ihrer Ausdehnung erfüllt, so erstarkte doch dort die Agitation für eine constitutionelle Volksvertretung, u. die Stimmen für Preßfreiheit u. andere politische Rechte wurden auch in den Kammern der kleineren Staaten mit jedem Jahre lauter. Die von Seiten des Bundestages (20. Juni 1833) eingesetzte Centraluntersuchungsbehörde über die revolutionären Versuche in D. wurde 1842 vertagt. Im J. 1845 beschloß der Bundestag in Übereinstimmung mit England, Österreich, Preußen u. Rußland auf den Nogerhandel die Strafe des Seeraubes zu setzen. In demselben Jahre erhielt der 1837 angeordnete Schutz gegen Nachdruck von Bundeswegen eine Erweiterung auf die Lebensdauer u. noch 30 Jahre nach dem Tode der Urheber literarischer u. Kunsterzeugnisse. Am 4. October verfügte die preußische Regierung die Aufhebung der Censur bei Büchern über 20 Bogen, welcher Verfügung auch die sächsische Regierung später sich anschloß. Mit der Errichtung eines Obercensurgerichts in Berlin that Preußen den ersten Schritt, die Censur auf den Rechtsboden zu verlegen. Von großer handelspolitischer Bedeutung war der in Berlin abgehaltene Zollcongreß, welcher den Zollverein mehr consolidirte, eine freisinnigere Handelspolitik verfolgte u. eine freiere Bewegung des internationalen Verkehrs namentlich in Bezug auf England anbahnte. Mit der industriellen Lage D-s in engster Beziehung standen die unruhigen Bewegungen des Jahres 1844. Vorzüglich in Schlesien, wo unter den Webern schon seit längerer Zeit ein drückender Nothstand geherrscht, brachen dieselben, meist durch das Benehmen der Fabrikherren hervorgerufen, in bedenklicher Weise aus. Gleiche Erscheinungen aus gleichen Ursachen gab es in Böhmen, wo die durch Lohnherabsetzung erbitterten Drucker in Prag u. Smichow eine Menge Maschinen u. dann in Verbindung mit einer großen Anzahl von Eisenbahnarbeitern am 8. Juli die Eisenbahn zerstörten.

Neue Besorgniß erweckte die Bewegung an dem kirchlichen Gebiete, die ultramontanen Bestrebungen griffen immer weiter um sich u. die Streitigkeiten des katholischen Clerus mit den Regierungen nahmen wieder zu; zwischen dem Erzbischof von Freiburg u. der badenschen Regierung entstand ein Conflict wegen der gemischten Ehen (s.d.), in Kurhessen u. Preußen wegen Bevorzugung der in dem Collegium german. in Rom gebildeten Priester bei Stellenbesetzungen, in Westfalen noch bes. wegen Beaufsichtigung u. Besetzung der Schulen durch die weltliche Obrigkeit, im Nassauischen wegen Einführung der Barmherzigen Schwestern, Abhaltung von geistlichen Übungen etc. Mit diesem Hervortreten des Ultramontanismus hing auch eine Aufforderung des Bischofs Arnoldi von Trier vom 6. Juli 1844 zusammen, an einer allgemeinen Wallfahrt zu dem Heiligen Rock in Trier gegen vollkommenen Ablaß Theil zu nehmen (s.u. Trier). Je unverholener die Bestrebungen der römischen Partei ans Licht traten, eine um so wachsamere u. schärfere Opposition riefen sie im Lager des Protestantismus u. fast mehr noch unter den freisinnigeren Katholiken hervor. Des katholischen Priesters Ronge offener Brief an den Bischof Arnoldi, sowie die von dem Priester Czerski in Schneidemühl sammt seiner Gemeinde schon im August abgegebene Erklärung der Lossagung von der Römischen Kirche, hatte die rasche Bildung von Deutsch katholischen Gemeinden zur Folge, welche nachdem im Januar 1845 die erste in Breslau entstanden war, sich am Schlusse des Jahres schon auf 300 beliefen. Schon im Februar schlossen sich Berlin, Leipzig, Dresden, Magdeburg, Elberfeld, Offenbach, Annaberg der Bewegung an, die bes. in den mittleren Ständen zahlreiche Anhänger fand. Das Verhalten der Regierungen gegenüber der neuen Bewegung war Anfangs ein schwankendes, nur Österreich u. Baiern traten gegen dieselbe entschieden auf. Preußen verbot Anfangs die Einräumung von Kirchen u. gestattete sie dann; in Sachsen erklärte die Regierung das Votum der Stände abwarten zu wollen; Hannover verbot selbst die Führung des angenommenen Namens; Württemberg u. Braunschweig öffneten den Gemeinden protestantische Kirchen; s.u. Deutschkatholiken. Unterdessen gewann auch die durch das maßlose Eisern der orthodoxen Partei hervorgerufene Bewegung auf dem Gebieteder protestantischen Kirche gleichfalls an Ausdehnung. Die bis Anfang des Jahres 1845 in der Provinz Sachsen u. Anhalt-Köthen entstandene Secte der Protestantischen Freunde (Lichtfreunde) verbreitete sich seit der Frühjahrsversammlung in Köthen über das Königreich Sachsen, Anhalt, Schlesien, die Provinz Preußen, Brunschweig, Baden u. Hessen, s.u. [67] Protestantische Freunde. Gegen die von ihnen gegründeten sogen. Freien Gemeinden schritten die Regierungen ein, da sie nicht nur eine Erschütterung des Kirchenglaubens, sondern auch eine Abnahme des religiösen Sinnes fürchteten u. hinter der kirchlichen Bewegung auch politische Tendenzen verborgen glaubten. Endlich erhoben sich auch selbst im Schoße des Judenthums durch Anstoß von Berlin u. Breslau aus reformatorische Bestrebungen, die auch bereits am Schlusse des Jahres 1845 zur Bildung von Genossenschaften für Reform des Judenthums führten, s.u. Hebräer. Waren somit auch in den Jahren 1844 u. 1845 die kirchlichen Fragen um den Vordergrund getreten, so zeigte sich auch im politischen Leben große Regsamkeit. Namentlich zog die badische Kammer, in welcher das deutsche Interesse warme Vertheidiger fand, die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Nachdem zufolge des Zittelschen Antrages auf Religionsfreiheil gegen die Kammer durch die ultramontane Partei eine künstliche Aufregung hervorgerufen worden war, erfolgte die Auflösung des Landtags im Februar 1846. Gleiches widerfuhr den Ständeversammlungen von Hessen-Kassel u. Braunschweig in Folge der Budgetdebatte. Der baiersche Landtag machte systematische Opposition gegen das ganze System des Abelschen Ministeriums. In den sächsischen Kammern von 1845 wurden vorzugsweise die kirchlichen Fragen in freisinniger Weise besprochen. Die schleswig-holsteinischen Provinziallandtage lösten sich selbst (3. August 1846) wegen Verkümmerung ihrer ständischen Rechte auf. Die Ständeversammlungen von Hannover u. Nassau verlangten völlige Öffentlichkeit der Verhandlungen. Das schriftliche u. geheime Strafverfahren wurde fast in allen Kammern bekämpft. Auch die preußischen Provinziallandtage, bes. von Preußen, Posen, Rheinland u. Schlesien, sprachen für eine allgemeine Landesverfassung, Preßfreiheit, vermehrte Vertretung der Städte- u. Landgemeinden, Öffentlichkeit der ständischen u. Stadtverordnetenversammlungen, Geschwornengerichte, Emancipation der Juden, Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit. Dagegen untersagte die preußische Regierung 1844 seinen Justizbeamten die Theilnahme an der projectirten Versammlung der Mainzer Anwälte, verbot 1845 die für Hebung des Communallebens bestimmten Bürgerversammlungen in Königsberg (Jacobi, Walesrode etc.) u. ließ im Mai 1845 die badischen Deputirten v. Itzstein u. Hecker aus Berlin ausweisen. Die Haltung der sächsischen Regierung gegenüber der kirchlichen Bewegung führte in Leipzig am 12. August d. I. zu einer Demonstration vor der Wohnung eines Prinzen, welche einen blutigen Conflict zwischen Militär u. Bürgern zur Folge hatte. Die dadurch hervorgerufene Aufregung wurde durch zahlreiche Volksversammlungen eher genährt als beschwichtigt, weshalb die sächsische u. andere Bundesregierungen das Vereinsrecht zu beschränken sich genöthigt sahen. Am 18. October erfolgte die Grundsteinlegung der Bundesfestungen Rastatt u. Ulm. Einen erfreulichen Beweis von der Hebung des Nationalwohlstandes u. dem Fortschritte im Gewerbewesen gaben bes. die beiden Gewerbeausstellungen in Berlin 1844 u. in Wien 1845. Beide trugen wesentlich dazu bei, das Nationalgefühl zu beleben u. die verschiedenen deutschen Stämme zum Wetteifer auf dem friedlichen Gebiete des Handels anzufeuern.

Lebhafter noch wurde das nationale Interesse im folgenden Jahre durch die Streitigkeiten der dänischen Krone mit den holsteinischen Ständen angeregt; der Offene Brief des Königs Christian VIII. von Dänemark über die Successionsverhältnisse in Schleswig u. Holstein, vom 8. Juli 1845, vernichtete die selbständige Stellung der Herzogthümer innerhalb der dänischen Monarchie (s.u. Dänemark [Gesch.] IV. B). Die Wirkung, welche das Document auf D. machte, war außerordentlich; alle politischen Bestrebungen richteten sich zunächst der Erhaltung der gefährdeten deutschen Gebietstheile zu Zahllose Adressen aus allen Theilen D-s wie aus allen Ständen gingen nach Holstein ab; die Ständekammern Braunschweigs, Baierns, Württembergs, Badens, Sachsens, Hannovers traten entschieden für Wahrung der Rechte der Herzogthümer auf; auch der Großherzog von Oldenburg, wie die Herzöge von Glücksburg u. Augustenburg, legten sofort als Agnaten eine Rechtsverwahrung gegen den Offenen Brief ein. Die holsteinischen Stände erließen am 3. August nach vergeblichen Vorstellungen bei dem König eine Eingabe an die Deutsche Bundesversammlung u. lösten sich dann freiwillig auf. Desgleichen verwahrten sich die schleswigschen Provinzialstände am 2. November in einer Adresse an den König gegen die Trennung von Holstein u. jede andere Vererbung als im Mannsstamme. Auch die Deutsche Bundesversammlung begann eine diplomatische Erörterung der Streitfrage u. wurde über ein u. ein halbes Jahr von Dänemark mit Unterhandlungen hingehalten. ohne zu einer Entscheidung zu kommen, u. erklärte zuletzt, sie erwarte, daß der König bei endlicher Feststellung der in dem Offenen Briefe vom 8. Juli besprochenen Verhältnisse die Rechte Aller u. Jeder, bes. ab er des Deutschen Bundes, erbberechtigter Agnaten u. der gesetzmäßigen Landesvertretung Holsteins beachten werde; die Geltendmachung ihrer verfassungsmäßigen Rechte behalte sie sich vor; den in den Deutschen Bundesstaaten kundgewordenen patriotischen Gesinnungen zolle sie ihren Beifall, wenn sie auch gehässige Anschuldigungen u. Aufregungen beklage. Die Angelegenheit blieb von da an als Gegenstand nationalen Streites u. politischer Agitation offen, bis 1848 die Entscheidung durch die Waffen versucht wurde. Der im Februar 1846 in Krakau ausgebrochene Aufstand berührte D. insofern, als der Freistaat im März gemeinschaftlich von österreichischen, preußischen u. russischen Truppen besetzt wurde, bis im November nach Übereinkunft zwischen den 3 Staaten Krakau mit seinem Gebiet an Österreich zurückgestellt wurde. Ein Zeichen der Zeit war das auffallende Zunehmen von größeren Versammlungen deutscher Männer, die zwar zunächst wissenschaftlichen Zwecken dienten (wie in diesem Jahre Naturforscher in Kiel, Land- u. Forstwirthe in Grätz, wo sich ihnen die deutschen Wein- u. Obstproducenten anschlossen, Philologen in Jena, Realschulmänner in Mainz, Architekten u. Baumeister in Gotha etc.), dennoch aber das wachsende Streben nach nationaler Einigung hinlänglich bekundeten; von tieferer Bedeutung war die zuerst im September in Frankfurt abgehaltene Germanistenver sammlung (s.d.), welcher der Gedanke einer Einigung[68] über vaterländische Sprache u. Geschichte, wie auch über vaterländisches Recht zu Grunde lag.

Das Jahr 1847 begann mit einer allgemeinen drückenden Theuerung, die bes. im März u. April zu vielfachen Unruhen führte, so in Landsberg a. d. W., Eisleben, Berlin, Merseburg, Halle, Stettin, Posen, Bernburg, Nürnberg, Ulm, Stuttgart, Hamburg. Weder die umfänglichen, von den Regierungen ergriffenen Maßregeln, noch die reichen Privatunterstützungen vermochten dem Übel ausreichend abzuhelfen; dem einmal unruhig gewordenen niederen Volke aber blieb die Luft zum Krawall, zumal die socialistischen Bestrebungen, von Frankreich nach Deutschland verpflanzt, in Folge des materiellen Nothstandes leichter Eingang fanden. Der Anfang des Jahres 1847 bezeichnet einen für D. wichtigen Wendepunkt der inneren Politik Preußens. Durch das Patent vom 3. Februar trat Preußen in die Reihe der constitutionellen Staaten, indem die Provinzialstände zu einem vereinigten Landtage nach Berlin berufen wurden. Wenn auch dadurch, daß diesen Ständen nur eine berathende Stimme eingeräumt war, die Verfassung einen Theil des Volkes nicht befriedigte, so war immerhin damit ein wichtiger Schritt zur Fortentwickelung des preußischen Staatswesens gethan. Auch die Verfassungen in den kleineren deutschen Staaten erhielten nun einen Rückhalt u. sahen sich weniger in ihrer Fortentwickelung bedroht, seit Preußen dem Zuge der Zeit gefolgt war. Der ernste Wille Preußens, auf zeitgemäße Reformen einzugehen, konnte um so weniger bezweifelt werden, als bald darauf durch königliches Patent vom 30. März den preußischen Unterthanen völlige Bekenntnißfreiheit zugesichert wurde. Außerdem erschien ein Gesetz über Öffentlichkeit u. Mündlichkeit im Gerichtsverfahren. Wichtiger noch für das deutsche Gesammtinteresse war der im Juni von Preußen beim Bundestag gestellte Antrag auf Aufhebung der provisorischen Bestimmungen über die Presse u. die unter Genehmigung des Königs im November veröffentlichte Denkschrift des Militärbevollmächtigten am Deutschen Bunde, General v. Radowitz, über die Entwickelung des Bundes in Bezug auf Wehrhaftigkeit, Rechtsschutz u. materielle Interessen. In dieselbe Zeit fällt der Sturz des Ministeriums Abel in Baiern, worauf ein liberaleres Cabinet ans Ruder kam (s. Baiern, Gesch.). Im Mai erschien eine königliche Entschließung über Reform der Gesetzgebung im Civil- u. Strafverfahren, Trennung der Verwaltung von der Rechtspflege, mündliche Verhandlung im Civil- u. Strafproceß, u. im December hob eine Verordnung die Censur von Zeitungsartikeln über innere Landesangelegenheiten auf. In Baden wurde gleichfalls bei Eröffnung der Ständeversammlung im December neben mehreren erwünschten Gesetzentwürfen angekündigt, daß der Großherzog bei dem Bunde Schritte für Aufhebung der Censur gethan habe. Unter solchen Umständen entfaltete das politische Leben D-s eine immer größere Regsamkeit. Die nationalen Bestrebungen fanden ihren Einigungspunkt zunächst in Associationen u. Verbänden theils mit verhüllter, theils mit offen ausgesprochener politischer Tendenz. Die Sänger- u. Turnvereine bemühten sich die Schranken aufzuheben, welche Deutsche von Deutschen in Folge der politischen Zersplitterung trennten, u. die schon seit 1839 fast alljährlich abgehaltenen Versammlungen von liberalen Deputirten deutscher Ständekammern erhielten jetzt durch Veröffentlichung ihrer Verhandlungen eine gewisse Bedeutung. Die weitere Ausbildung des Vereinswesens erregte indeß bei einigen Regierungen Besorgnisse. In mehreren Ländern wurden die Turnvereine geschlossen u. in Württemberg erließ die Regierung eine Verordnung gegen communistische Vereine. Die Bewegungen, die unterdessen schon in diesem Jahre in Italien entweder bereits begonnen hatten od. doch sich deutlich genug vorbereiteten, sowie die zu dem Sonderbundskriege führenden Zerwürfnisse in der. Schweiz konnten D. nicht unberührt lassen, zumal Österreich bei den italienischen Händeln wegen der Lombardei, Preußen bei den Schweizer Wirren wegen des Fürstenthums Neuenburg interessirt war. Bei Anbruch des Jahres 1848 hatte sich zwar die Schweiz allmälig beruhigt, dagegen war die Gährung in Italien bedenklich gewachsen; auch in der Lombardei deuteten alle Anzeigen auf einen revolutionären Ausbruch, so daß Österreich seine Heere daselbst bis auf 60,000 Mann verstärken mußte. In D. erregte der Tod des Königs Christian VIII. von Dänemark (20. Januar), der einen bedeutenden Umschwung in den Angelegenheiten der Herzogthümer verhieß, sowie die Thronbesteigung Friedrichs VII. u. sein Rescript vom 28. Januar über die ständische Vertretung Schleswigs u. Holsteins, kaum noch Sensation, so sehr waren die Gemüther bereits auf die Entwickelung der nächstliegenden Verhältnisse gespannt. Auf die Richtung der Zeit deutete bes. die beifällige Aufnahme hin, welche Bassermanns am 5. Februar in der 2. badischen Kammer gestellter Antrag auf Volksvertretung bei dem Deutschen Bunde in D. fand. Die Kunde von der Pariser Februarrevolution traf D. auch nach andern Seiten von gährenden Elementen umringt: an der nordöstlichen Grenze, wo nach Unterdrückung der letzten polnischen Bewegung (1847) eine immerwährende Aufregung herrschte, in Italien, wo die freisinnigste Reformation bereits von der Revolution überholt wurde, in der Schweiz, wo eben die liberale u. radicale Richtung den Sieg über die reactionäre Partei davongetragen hatte. Sie fand im deutschen Volke selbst in politischer Beziehung neben der alten Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen, eine von radicalen Schwärmern u. revolutionären Emissären künstlich genährte Erregung; in kirchlicher Hinsicht die alten Bande gelockert, in socialer Beziehung das Proletariat im Kampfe gegen das Elend, zugleich aber auch zum Gebrauch seiner Macht gereizt.

C) Vom Ausbruch der Revolution im März 1848 bis zur Reactivirung der Bundesversammlung. a) Die Revolution. Der Weg, welchen die Nachricht von dem Sturze des Hauses Orleans in Frankreich durch D. nahm, bezeichnet fast genau den Gang der durch dies Ereigniß in den einzelnen deutschen Ländern hervorgerufenen Bewegungen. Baden wurde zunächst davon ergriffen. Schon am 27. Februar fand eine Volksversammlung in Manheim statt, die sich über folgende Anträge an den Landtag einigte: Volksbewaffnung mit freier Wahl der Offiziere, unbedingte Preßfreiheit, Einführung von Schwurgerichten u. Zusammenberufung eines Deutschen Parlaments. Diese Punkte bildeten nun die Grundauge[69] zu den bald allenthalben laut werdenden Volkswünschen, die sich allmälig zu einer Höhe steigerten, daß durch ihre Erfüllung nicht nur das Fortbestehen der Monarchien, sondern überhaupt die Möglichkeit irgend einer Regierungsform in Frage gestellt worden wäre. In den eben in Karlsruhe versammelten Kammern wurden jene Manheimer Wünsche noch erweitert durch Anträge auf Aufhebung der Karlsbader u. Wiener Beschlüsse, auf Vereidigung der Staatsdiener u. des Militärs auf die Verfassung, auf politische Gleichberechtigung aller Glaubensbekenntnisse, auf Aufhebung des Feudalwesens u. der privilegirten Gerichtsstände, auf Einführung einer progressiven Vermögens- u. Einkommensteuer. Ehe die Kammer der Abgeordneten diese Forderungen fast einstimmig angenommen hatte, war bereits Preßfreiheit gewährt, Volksbewaffnung u. Schwurgerichte zugesichert. Die Befürchtungen vor revolutionären Bewegungen durch die massenhaft aus allen Landestheilen herbeieilenden Deputationen erfüllten sich nicht, s.u. Baden V. C). Drohender gestalteten sich die Dinge in Baiern, wo der Boden bereits durch die Ereignisse vom 9.–11. Februar (s. Baiern X. B) mehr als anderswo vorbereitet war. Trotz schleuniger Zugeständnisse der Regierung kamen am 3. März arge Excesse des Pöbels vor. Die gereizte Stimmung des Volkes wurde durch die endlich schon auf den 10. März anberaumte Einberufung der Kammern besänftigt. König Ludwig legte am 20. März die Regierung nieder; König Max wurde mit Vertrauen empfangen. Die Rheinpfalz beschloß in Neustadt a. d. H. einen provisorischen Volksausschuß zu bilden, da die Regierung nicht frei von dem Einflusse des bewaffneten Volkes in München sei u. die ausgesetzte Lage der Pfalz verlange, daß das Volk sich selbst berathe. In Württemberg fielen nach den allmälig der Regierung vom Volke abgerungenen Zugeständnissen keine Ruhestörungen vor, während es in Nassau, wo der Herzog eben abwesend war, um so unruhiger herging, bis mit der Rückkehr des Fürsten aus Berlin die Genehmigung der vom Ministerium gemachten Zugeständnisse erfolgte; schon am 6. März eröffnete der Herzog den Landtag. Die in Frankfurt am 4. März, trotz der Nachgiebigkeit des Senats, ernstlich bedrohte Ruhe wurde durch das kräftige Auftreten der Bürgerschaft gesichert. In Hessen-Darmstadt, wo in der Kammer bereits die Nothwendigkeit der Aufstellung eines interimistischen Hauptes für Deutschland wie einer Volksrepräsentation neben einem Fürstenrathe ausgesprochen wurde, folgte den zahlreichen Petitionen um Erweiterung der politischen Rechte eine schnelle Gewährung u. die Unruhen beschränkten sich nur auf einen rohen Ausbruch gegen die Juden in Reichelsheim. In Hessen-Kassel nahm die Bewegung einen gefährlicheren Charakter an. Als den bes. von Hanau aus in der determinirtesten Weise gestellten Forderungen nur die Zusage der Preßfreiheit folgte, trat die Bürgerschaft von Hanau, verstärkt durch Zuzüge aus der Nachbarschaft, entschieden feindselig dem Kurfürsten gegenüber u. stellte demselben endlich eine kurze Bedenkzeit, bis er am 11. März alle Forderungen erfüllte. Im Königreich Sachsen ging die Bewegung von Leipzig aus. Die Adressen dieser u. anderer Städte bewogen den König ein liberales Ministerium zu berufen u. die Erweiterung der politischen Freiheit zuzusagen. Den Fürsten der kleinen Staaten wurden die allgemein verlangten Zugeständnisse mit geringer Mühe abgetrotzt. In Hannover weigerte sich der König Anfangs, den an ihn gestellten Anforderungen zu willfahren, sah sich aber am 17. März, als die Haltung des Volkes drohender wurde, zur Nachgiebigkeit u. zur Bildung eines verantwortlichen Ministeriums veranlaßt. Braunschweig führte seine Umgestaltung im Ganzen friedlich durch; der Herzog erklärte unter allen deutschen Fürsten sich zuerst bereit, zu Gunsten eines Reichsoberhauptes auf seine Souveränetät zu verzichten. In Mecklenburg hatten die neuen Zeitideen den größeren Theil des Volkes noch so wenig berührt, daß der Großherzog noch am 12. März alle Volkswünsche zurückweisen konnte, obgleich er sich schon zu verfassungsmäßig zu erzielenden Verbesserungen bereit erklärte. Doch hob er am 16. die Censur auf, machte am 23. weitere Zugeständnisse u. berief am 27. den Landtag. Der Großherzog von Oldenburg sicherte bereits am 7. März die verlangte Einberufung von Landständen zu u. verhieß am 10. die Verleihung einer freisinnigen Verfassung. Auch in Hamburg u. Bremen kam es zu ernsten Auftritten, welche den Senat zu Concessionen nöthigten. Die Herzogthümer Holstein u. Schleswig, im Streite mit dem dänischen Könige begriffen, schlossen sich rasch der deutschen Bewegung an u. bildeten eine provisorische Regierung, nachdem durch einen am 18. März von Bezirksabgeordneten erwählten Landesausschuß die Ständeversammlung zusammenberufen war. Während so die Regierungen der kleineren deutschen Staaten dem plötzlichen u. überraschenden Andrange der Zeitströmung hatten nachgeben müssen, wurde von den beiden deutschen Großmächten, Österreich u. Preußen, ein Widerstand versucht, welcher indeß nur von kurzer Dauer war. In den österreichischen Staaten ergriff Ungarn (s.d.) die Initiative, indem von dem dortigen Reichstage am 3. März eine auf das bestehende Regierungssystem bezügliche Vorstellung an den Kaiser beschlossen u. angenommen wurde. Diese Ansprache brachte jedoch in der Wiener Hofkanzlei keine andere Wirkung hervor, als den Beschluß, die ungarische Ständetafel aufzulösen. Aber ehe derselbe in Ausführung kommen konnte, brach am 13. März ein Aufstand in Wien selbst aus (s. Österreich, Gesch.). Am 15. erfolgte die Proclamation einer Repräsentativverfassung. In Preußen trat die Katastrophe nur wenige Tage später ein. Die bei den obwaltenden Zeitverhältnissen mit großen Hoffnungen erwartete königliche Botschaft bei dem Schlusse des Vereinigten Ausschusses am 6. März hatte mit dem einzigen Zugeständnisse einer regelmäßigen Einberufung des Vereinigten Landtages nicht genügt. Volksversammlungen wurden gehalten, um Adressen wegen Gewährung der Wünsche des deutschen Volkes zu entwerfen; Conflicte zwischen den Volksmassen u. dem Militär begannen, welche sich endlich am 18. März in einen inneren Krieg verwandelten, welcher am 19. unter mancherlei Verheißungen beendigt wurde, s. Preußen (Gesch.). Der Ausgang der Berliner Bewegung wirkte beruhigend auch auf die anderen größeren Städte der preußischen Monarchie. Eine mehrfache Begeisterung für die Aufrichtung eines freien u. einigen Deutschland gab sich überall kund u. die Zeit, wo D. nicht mehr ein geographischer[70] Begriff, sondern ein achtunggebietender Staat werden sollte, schien endlich gekommen zu sein. Über die Form dieses einigen D. herrschten freilich noch sehr dunkle Vorstellungen, auch fehlte es den nationalen Bestrebungen noch an einem Centralorgan, welches der Leitung der Bewegung gewachsen gewesen wäre. Ein solches Organ war um so nothwendiger geworden, als die Autorität der bestehenden Regierungen tief erschüttert war u. bereits Selbstsucht u. Unverstand an der Auflösung des Staates in ein anarchisches Chaos arbeiteten.

b) Das Vorparlament. An die Seite des Bundestages trat das sogenannte Vorparlament, hervorgegangen aus einer Versammlung von deutschen Ständemitgliedern, welche am 5. März in Heidelberg zusammentrat. Dieselbe beschloß die Berufung einer deutschen Nationalversammlung, die aus früheren od. jetzigen Volksabgeordneten u. anderen bewährten Freiheitsfreunden bestehen sollte. Ein Ausschuß von 7 Mitgliedern (Binding, Gagern, Itzstein, Römer, Stadtmann, Welcker, Willich) übernahm die Vorarbeiten u. lud auf den 30. März nach Frankfurt ein. Vergebens suchte der Bundestag, nachdem ein nach Potsdam ausgeschriebener Fürstenrath am Widerspruche der süddeutschen Regierungen gescheitert war, die Ausführung dieses. Beschlusses dadurch zu verhindern, daß er sich zur Änderung der Bundesverfassung unter Zuziehung von 17 Vertrauensmänneru bereit erklärte; der Beschluß der Heidelberger Versammlung fand so viel Anklang, daß in kürzester Zeit ohne die formelle Wahl durch die Ständeversammlungen aller Orten die nöthigen Wahlen für die Frankfurter Versammlung vollzogen waren. Die Erwählten hatten keine Regierungsvollmachten aufzuweisen, u. doch lag in ihrer Wahl wie in ihrem Kommen der Abschluß der Revolution ausgesprochen. So hatten sich am 30. März gegen 600 Männer in Frankfurt versammelt, unter ihnen die Stimmführer des Liberalismus, meist Universitätsprofessoren u. Kammermitglieder, Uhland, Römer, Robert u. Moritz Mohl aus Württemberg, Eisenmann aus Baiern, Struve, Hecker, Welcker, Mittermaier, Soiron, Mathy, Brentano aus Baden, Gagern, Zitz aus Hessen-Darmstadt, Jordan aus Hessen-Kassel, Blum, Biedermann aus Sachsen, Heinrich u. Ludwig Simon, Raveaux, Venedey aus Preußen, Heckscher aus Hamburg u. A. Aus Öfterleich waren nur 2 erschienen, Wiesner u. Bissing. Am 31. März begannen, nachdem Mittermaier zum Präsidenten, Dahlmann, Itzstein, Blum u. Jordan zu Vicepräsidenten erwählt waren, die Sitzungen des Vorparlaments in der Paulskirche. Schon in den Vorverhandlungen machte sich der Gegensatz zwischen monarchischem u. republikanischem Princip geltend. Als Chorführer der republikanischen Partei stellte Struve gleich nach Eröffnung der Verhandlungen im Namen von 18 Genossen einen Antrag, welcher auf Aufhebung der erblichen Monarchie hinauslief. Derselbe wurde jedoch mit großer Majorität abgelehnt, dagegen Eisenmanns Antrag angenommen, mit Beseitigung aller anderen Anträge nur die Grundsätze über Wahl u. Bildung eines deutschen Parlaments zu berathen. Das Verhältniß der Abgeordnetenzahl zur Volkszahl wurde so festgestellt, daß auf 50,000 Einwohner ein Abgeordneter kam, aber auch die Staaten, deren Seelenzahl weniger als 50,000 betrug, einen Vertreter erhielten. Übrigens sollte sowohl Schleswig, als auch Ost- u. Westpreußen als deutsches Bundesgebiet anerkannt werden, über Posen wurde die Frage offen gehalten. Am 2. Tage wurde wegen des Wahlmodus beschlossen, die directe Wahl als Princip anzuerkennen, jedoch für jetzt den einzelnen Staaten die Freiheit zu lassen, davon abzugehen u. nach Bedürfniß zu handeln; im Übrigen sollte gewählt werden ohne Rücksicht auf Census, Glaubensbekenntniß u. Standesverhältniß; jeder volljährige Mann sollte Wähler, jeder Deutsche, die politischen Flüchtlinge nicht ausgenommen, wahlfähig sein. Weiter wurde bestimmt, daß die constituirende Versammlung binnen 4 Wochen, u. zwar in Frankfurt, zusammentreten solle. In der 4. u. letzten Versammlung wurde der Beschluß gefaßt, daß die constituirende Nationalversammlung einzig u. allein die künftige Verfassung D-s zu bestimmen habe, doch daß dadurch die Verständigung mit den Regierungen nicht ausgeschlossen sein solle. Schließlich nahm die Versammlung die Wahl des bleibenden Ausschusses vor u. ging dann auseinander. Noch an demselben Tage trat der Funf zigerausschuß zusammen u. wählte Soiron zum Vorsitzenden, Blum u. Abegg zu Stellvertretern desselben. Der Bundestag fügte sich den Beschlüssen des Vorparlaments, wie er denn schon vorher dem Andrang der Bewegung gewichen war, indem er am 1. März einen Aufruf an die deutsche Nation zur Erhaltung der Einigkeit u. gesetzlichen Ordnung erlassen, durch Beschluß vom 3. März die Censur aufgehoben, am 7. die Veröffentlichung seiner Beschlüsse decretirt u. am 9. die Farben Schwarz-Roth-Gold wieder zu den deutschen Reichsfarben erhoben hatte. Bei den fortwährenden Ruhestörungen, welche als Folge der mißverstandenen Freiheit zum Theil unter dem Einfluß communistischer Agitationen an verschiedenen Orten D-s ausbrachen, hielt es der Funfzigerausschuß für gerathen, einen Sicherheitsausschuß zu ernennen, welchem zugleich die Pflicht oblag, dafür zu sorgen, daß die einzelnen Regierungen den Beschlüssen des Funfzigerausschusses Folge leisteten. Aber bei dem Mangel aller materiellen Mittel, um seiner neuerworbenen, noch zu keiner Consistenz gelangten Autorität Nachdruck geben zu können, fand dieser Ausschuß wenig Gehorsam. So vermochte er nicht den republikanischen Aufstand, der in Baden unter Heckers u. Struves Leitung ausbrach, durch gütliche Mittel zu dämpfen u. mußte es badischen u. bairischen Truppen überlassen, mit Waffengewalt die Insurrection niederzuwerfen. Auch befand sich derselbe dem Bundestage gegenüber in einer schwierigen Lage, da die Grenzen der Gewalt, welche beide in Anspruch nahmen, gänzlich unbestimmt waren, so daß es an Conflicten nicht fehlte. Der Bundestag fuhr fort, das Souveränetätsrecht auszuüben, er schrieb die Wahlen zum Parlamente aus, erkannte die provisorische Regierung von Holstein u. Schleswig an, beschloß den Rückzug der Dänen nöthigenfalls zu erzwingen, das Recht Holsteins auf seine unzertrennliche Verbindung mit Schleswig zu wahren Inzwischen hatte Preußen schon am 13. April den Einmarsch seiner Truppen in Schleswig angezeigt u. wurde vom Bundestage zur Oberleitung des Krieges beauftragt. Ein anderer Conflict erwuchs dem Funfzigerausschuß aus dem Grundsatz der Anerkennung der Nationalitäten, indem die Czechen[71] in Böhmen ihre Betheiligung am Deutschen Parlament verweigerten. Bei dieser Frage trat zum ersten Male der für die spätere Entwickelung des deutschen Verfassungswerkes wichtige Gegensatz zwischen D. u. dem Kaiserthum Österreich in den Vordergrund, indem der Minister Pillersdorf erklärte, daß Österreich sich unter allen Umständen die Zustimmung zu den Frankfurter Beschlüssen vorbehalten müsse, wogegen der Funfzigerausschuß sich dahin aussprach, daß die Aufgabe der constituirenden Versammlung einzig dahin gehe, ein einiges D. zu gründen, wobei die, dieser Aufgabe nicht widersprechenden Sonderinteressen möglichst geschont werden sollten, alle damit unvereinbaren aber sich diesem höchsten Zwecke unterordnen müßten. Am 2. Mai nahm der Bundestag auf Preußens Antrag die deutschen Bezirke des Großherzogthums Posen in den Deutschen Bund auf. Immer gespannter wurde das Verhältniß zwischen der gesetzlichen u. der revolutionären Staatsgewalt. Jeder Theil suchte sich wenigstens den Schein selbständigen Handelns zu wahren, indem der Bundestag die Beschlüsse des Funfzigerausschusses entweder anticipirte, od. sofort, nachdem sie erfolgt waren, auch zu den seinigen machte, während der Funfzigerausschuß erst durch seine Zustimmung das Verfahren des Bundestags als legal anerkannt wissen wollte. Der Funfzigerausschuß beschloß seine Thätigkeit mit einem Aufruf zur Bildung einer Deutschen Flotte. Um den Bundestag stand damals noch ein Kreis von Männern, welche als Vertrauensmänner nach einem Bundestagsbeschluß zu dessen Beistand in der Verfassungsangelegenheit von den einzelnen Regierungen nach Frankfurt abgeschickt waren, aber wegen ihrer ungewissen Stellung zum Bundestage u. zum Funfzigerausschuß nicht viel wirken konnten. Nachdem sie in der 37. Sitzung des Bundestages die wichtigen Anträge auf allgemeine Volksbewaffnung u. den Schutz D-s zur See gestellt hatten, blieb ihnen als Hauptaufgabe fast nur die Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfes. Dieser Entwurf (Siebzehnerentwurf), welcher weder vom Bundestage noch später vom Parlament in weiteren Betracht gezogen wurde, stellte einen deutschen Erbkaiser mit einem Ober- u. Unterhause auf. Am Tage vor dem Zusammentritt des Parlaments, am 17. Mai, beendeten die Siebzehner ihre Thätigkeit. Die Lage D-s war inzwischen von Außen u. im Innern gefährlicher geworden. Der Krieg in Holstein war Anfangs lässig geführt worden, so daß es den Dänen möglich wurde, mit einer schnell in Flensburg gelandeten Armee die neugebildeten schleswig-holsteinischen Truppen bei Bau am 8. April zu überfallen u. über 1000 Mann von ihnen gefangen zu nehmen, worauf sie bis zum 22. April ganz Schleswig bis an die Eider besetzen konnten. Die Preußen unter General Wrangel rückten nun mit verstärkter Macht an, stürmten am 23. April das Danewerk, siegten bei Schleswig u. besetzten am 25. Flensburg. Nachdem selbst die Festung Fridericia von den Dänen geräumt war, lag Jütland dem Einmarsch der Deutschen offen. Am 2. Mai wurde die Grenze überschritten; doch nur auf kurze Zeit. Da Rußland mit Krieg drohte, wenn Jütland nicht geräumt werde, so wurde ein Waffenstillstand geschlossen, nach welchem General Wrangel sich Ende Mai bis über Apenrade u. Flensburg zurückzog (s.u. Holstein [Gesch.]). Dänische Schiffe hatten während des Krieges dem deutschen Handel großen Schaden zugefügt. Gleichzeitig hatte Preußen die Reichsgrenze gegen die aufständischen Polen zu vertheidigen (s.u. Preußen [Gesch.]). Am 12. April hatten Hecker u. Struve die Republik in Constanz proclamirt, schon Tags darauf war die Empörung über den ganzen Seekreis verbreitet; schnell zogen die dagegen entbotenen Truppen heran. Am 19. fand ein Gefecht bei Kandern statt, in welchem General Friedr. v. Gagern meuchlings getödtet wurde; am 24. machten die einrückenden Baiern der Republik in Constanz ein Ende u. am 27. beendete das Gefecht bei Dossenbach den ganzen Aufstand, indem dadurch die Aufständischen gänzlich zersprengt wurden; s.u. Baden V. C) b). Im Innern fehlte es gleichzeitig nicht an Symptomen, welche einen Fortgang der revolutionären Bewegung fürchten ließen. Die Furcht vor einer gewaltsamen Reaction führte in Berlin u. Wien, welches der Kaiser am 15. Mai verließ u. nach Innsbruck ging, zu unruhigen Auftritten, während auf der anderen Seite die Furcht vor der Anarchie u. dem Siege der radicalen Richtung die Gemüther gefangen hielt. Das Parlament sollte Erlösung von allen diesen Übeln bringen.

c) Das Parlament in Frankfurt. Am 18. Mai betraten die Abgeordneten des deutschen Volkes in feierlichem Zuge die Paulskirche, u. nachdem die Versammlung sich für constituirt erklärt hatte, ließ der Alterspräsident, Lang aus Verden, eine Begrüßungsschrift des Bundestages verlesen, darauf wurde einstweilen die vom Funfzigerausschuß entworfene Geschäftsordnung angenommen. Auf Grund derselben wurde am nächsten Tage Heinrich v. Gagern zum Präsidenten u. Soiron zum Vicepräsidenten erwählt. Nachdem die nächsten Sitzungen mit Erledigung formeller Geschäfte vergangen waren, sprach das Parlament den Grundsatz aus, daß es sich in die Verwaltungsmaßregeln der einzelnen Staatsregierungen nicht zu mischen habe. Dagegen erklärte es sich in Bezug auf die Befugniß der einzelnen Ständeversammlungen in Verfassungsfragen für souverain, so daß Territorialverfassungen keine Bestimmungen enthalten sollten, welche der Gesammtverfassung zuwiderliefen. Dieser Beschluß gab nun zunächst Veranlassung zu einer festeren Parteibildung, u. die verschiedenen Meinungen über die Machtvollkommenheit des Parlaments u. dessen Verhältniß zu den Regierungen konnten vorläufig als genügende Unterscheidungszeichen für die einzelnen Parteiprogramme gelten. Die äußerste Rechte (im Steinernen Hause, später im Café Milani) hatte zu Führern Radowitz u. Vincke; die Rechte (später im Casino) ermangelte eines eigentlichen Führers u. zählte unter ihren Mitgliedern namentlich Bassermann, Mathy, Soiron, Beseler, Dahlmann, Heckscher, Jürgens, Welcker, Schmerling etc. u. war die stärkste u. darum mächtigste Partei; das linke Centrum (im Württemberger Hof), darunter Mittermaier, Biedermann, Mohl, Rießer, Wydenbrugk etc., spaltete sich schon im Juli, indem eine gemäßigte Linke unter Raveaux u. H. Simon die Partei der Westendhall. gründete; die eigentliche Linke (im Deutschen Hof) erkannte als Haupt Rob. Blum u. nach dessen Tode Vogt aus Gießen an u. zählte unter ihren Mitgliedern Itzstein, Nauwerk, Rösler, Schüler, Wigard, Löwe, Eisenstuck; die äußerste Linke endlich, die unbedingt republikanische [72] Partei (im Donnersberg), bestand namentlich aus Ruge, Brentano, Fröbel, Schlössel, Trützschler, Zitz. Im Ganzen jedoch blieb die Parteigestaltung bis in die letzten Monate des Jahres 1848 immer noch eine flüssige. Am 31. Mai wurde von der Versammlung eine feierliche Erklärung über die Gleichberechtigung aller Nationalitäten abgegeben (ein Votum, das freilich ohne alle praktische Folge blieb) u. Heinr. v. Gagern definitiv zum Präsidenten erwählt. Die nächste Sorge des Parlaments war nun auf die Bildung einer Executivgewalt an Stelle des Bundestages gerichtet. Während der Vorbereitungen zur Lösung dieser Frage beschäftigte sich die Versammlung noch mit den Verhältnissen Posens, Schleswigs u. Böhmens. Hinsichtlich der Schaffung einer deutschen Kriegsflotte wurde der Ausschußantrag auf Verwilligung von 6 Millionen hierfür angenommen, mit Vorbehalt der Verwendung durch die künftige Centralgewalt. Am 19. Juni begann die Verhandlung über Begründung der Reichsgewalt. Außer dem Antrage der Mehrheit, welche sich für ein mit der Vollziehungsgewalt bekleidetes Directorium von 3 Personen entschieden hatte, waren noch eine Menge Anträge gestellt. Unter sehr heftigen Debatten, aus denen sich ergab, daß das Parlament viele glänzende Redner u. gelehrte Staatstheoretiker, aber sehr wenig praktische Staatsmänner umfaßte, verfloß die Zeit, bis endlich Gagern am 24. Juni den Ausschlag gab, indem er den Erzherzog Johann zum Reichsverweser vorschlug, nicht weil er, sondern obgleich er ein Fürst sei. Am 27. Juni wurde das Gesetz über die provisorische Centralgewalt (Reichsverweser mit verantwortlichen Ministern) angenommen u. am 29. Juni Erzherzog Johann von Österreich mit 436 unter 516 Stimmen gewählt u. sofort eine Deputation abgesendet, welche dem Erzherzog die auf ihn gefallene Wahl verkündigen sollte.

d) Der Reichsverweser. Österreich legte der Wahl keine Hindernisse in den Weg, um seine schwierige Lage durch einen unzeitigen Conflict nicht noch schwieriger zu machen. Venedig hatte sich frei gemacht, die Ungarn rangen immer entschiedener nach Selbständigkeit, die slawischen Völker nach einer geschlossenen Sonderstellung, u. Sardinien gedachte die österreichische Herrschaft in Italien zu vernichten. Wien selbst war noch in Gährung in Folge des Versuchs, welchen der Minister Pillersdorf am 26. Mai zur Aufhebung der allgebietenden akademischen Legion gemacht hatte (s. Österreich [Gesch.]); in Südtyrol waren bereits italienische Freischaaren eingefallen, u. Triest blieb trotz dem am 20. Juni vom Parlamente gefaßten Beschlusse, daß jeder Angriff auf Triest als Kriegserklärung gegen D. zu betrachten sei, beständig von einer sardinischen Flotte eingeschlossen. Die Czechen hatten in Prag eine provisorische Regierung gebildet, die mit Desavouirung des unter studentischer Despotie stehenden Ministeriums nur den Kaiser als höhere Autorität anerkannte. Der Slawencongreß in Prag, welcher auf Begründung eines Staatenbundes zwischen allen slawisch-österreichischen Völkerschaften abzielte, hatte vom 12. Juni an einen fünftägigen Aufstand in Prag zur Folge, welcher vom Fürsten Windischgrätz nach blutigem Kampfe unterdrückt wurde. In der Nationalversammlung zu Frankfurt gab die slawische Angelegenheit schon seit dem 5. Juni Veranlassung zu mehrfachen Verhandlungen u. zu Schritten, um die Interessen D-s zu schützen. Nachdem der Bundestag Preußen, Baiern u. Sachsen zur Bereithaltung von Truppen für den Einmarsch in Böhmen aufgefordert hatte, beruhigte man sich hierbei. Am 11. Juli kam Erzherzog Johann in Frankfurt an, erschien Tags darauf in der Reichsversammlung u. erklärte nach Verlesung des Gesetzes über Einführung der provisorischen Centralgewalt, er werde dasselbe halten u. halten lassen. Der Bundestag legte an dem selben Tage sein Amt in die Hände der Centralgewalt nieder. Während also die Nationalversammlung unternommen hatte, den Kampf gegen die Reaction wie gegen die Anarchie fortzuführen u. zwischen beiden hindurch D. einer einheitlichen Gestaltung entgegenzuführen, strebten die beiden von ihr bekämpften Elemente um so mehr außerhalb derselben zur Geltung zu kommen. Von den großen Regierungen ging der erste Anstoß gegen die in Frankfurt vertretene Einheit aus, indem sie ihre Ständeversammlungen um sich beriefen, welches Beispiel die kleineren Staaten bald nachahmten, so daß D. außer dem Parlamente in Frankfurt gleichzeitig 2 constituirende Reichstage in Berlin u. Wien, beide aus allgemeinen Wahlen hervorgegangen, u. außerdem Landtage in Sachsen, Baiern, Württemberg, Hannover, beiden Hessen, Baden, Nassau, Braunschweig u. bis abwärts in die kleinsten Staaten hatte. Wurde hierdurch die Aufmerksamkeit zersplittert u. das Ansehen der Nationalversammlung geschwächt, so arbeitete die radicale Partei, nachdem ihr klar geworden, daß sie in Frankfurt kaum über den vierten Theil der Stimmen zu gebieten habe, mit allem Eifer nach demselben Ziele hin. Daß sie in den kleineren Staaten immer mächtiger wurde, lag jetzt noch mehr in den Verhältnissen als in einem voraus berechneten Plane. Zugleich aber waren auch Wien u. Berlin als Brennpunkte ihrer Agitation, die bereits offen die Republik auf dem Schilde führte, ausersehen. Denn während in Wien, wo die Akademiker nur die ausführende Gewalt geheimer Agitatoren waren, die Verhältnisse sich in oben berührter Weise gestalteten, war auch Berlin zum Herde der republikanischen Bewegung geworden. Die Verhandlungen der Kammer wurden immer stürmischer unter dem Einflusse, welchen die von Demagogen bearbeitete Volksmasse außerhalb der Versammlung auf die Haltung derselben ausübte; dieselbe griff wegen angeblicher Desavouirung der Märzrevolution mehrere Minister u. mißliebige Abgeordnete auf der Straße thätlich an u. stürmte u. plünderte am 14. Juni das Zeughaus. Die Berliner Nationalversammlung lehnte kurz darauf den auf dem Zweikammersystem beruhenden Verfassungsentwurf der Minister ab, worauf eine Veränderung des Ministeriums (Auerswald) folgte. Neue Aufregung erregten die am 7. Juli nach Berlin gezogenen Truppen (s.u. Preußen [Gesch.]). Auf solche Weise sah sich die gemäßigte liberale Partei immer mehr von dem Kampfplatze gedrängt; der Tag rückte näher heran, wo zwischen Monarchie u. Republik entschieden werden mußte. Auch entwich dem Frankfurter Parlament, während endlose Debatten über die deutschen Grundrechte u. über die künftige Verfassung mit einem großen Aufwand von tiefer Gelehrsamkeit geführt wurden, der Boden, dem es seine Existenz u. seinen Halt verdankte.[73] Schwankend zwischen zwei extremen Richtungen, verlor die Mittelpartei von Tage zu Tage mehr an Ansehen.

In dem vom Reichsverweser ernannten Reichsministerium übernahm Fürst von Leiningen das Präsidium, Schmerling das Innere, Heckscher das Äußere, v. Mohl die Justiz, v. Peucker den Krieg, Duckwitz den Handel u. v. Beckerath die Finanzen. Der erste Conflict zwischen der neu gegründeten Centralgewalt u. den Territorialgewalten brach bei der von der ersteren angeordneten Huldigung des Militärs aus, welche theils ganz unterblieb, theils auf Andringen von Stände- u. Volksversammlungen den Regierungen abgetrotzt wurde. Der König von Hannover verwahrte beim Schluß der dortigen Ständeversammlung am 8. Juli die Selbständigkeit seiner Krone gegenüber den der Reichsgewalt beigelegten Rechten. Doch erklärte in Folge einer dadurch im Lande selbst hervorgerufenen Aufregung die hannöversche Regierung nachträglich, daß sie das Gesetz vom 28. Juni über die Reichsgewalt anerkenne. Weniger glücklich war die Nationalversammlung Österreich gegenüber; ihr Beschluß wegen Aufhebung des Verbotes der Geldausfuhr aus Österreich war gänzlich erfolglos. Von nachhaltiger Wirkung dagegen waren die Debatten über die Vermehrung der deutschen Streitkräfte. Nachdem bes. Radowitz dargelegt hatte, daß die von der Linken beantragte Beschränkung der Streitmacht auf die Volkswehren in jeder Weise unstatthaft sei, u. daß letztere sich stets an das stehende Heer anlehnen müßten, wurde am 13. Juli die Vermehrung des Bundesheeres auf 2 Procent der Bevölkerung genehmigt. Am 22. Juli kamen die völkerrechtlichen Verhältnisse D-s zu Frankreich u. Rußland zur Sprache, u. es wurde hinsichtlich derselben beschlossen, daß D-s Ehre u. Recht über jede andere Rücksicht zu setzen sei, daß jedoch jede Einmischung in die Entwickelung fremder Staaten vermieden, die Ostgrenze durch Verstärkung der deutschen Streitkräfte gesichert u. die Anerkennung der französischen Republik durch Absendung eines Gesandten bethätigt werden solle. Am 27. Juli wurde über die Wiederherstellung Polens debattirt. Die Versammlung genehmigte endlich den Antrag Preußens, die Einverleibung der deutschen Bezirke von Posen in den Deutschen Bund, die Zulassung der Abgeordneten dieser Landestheile, einstweilige Anerkennung der gezogenen Demarcationslinie u. die Gewährleistung der Nationalität der in dem polnischen Antheil verbleibenden deutschen Einwohner. Wie in Berlin, so bot auch in Frankfurt die radicale Partei alle Mittel auf, statt das Verfassungswerk zu fördern, den provisorischen Zustand zu verlängern, indem sie durch Zwischenfragen müssige Debatten über Principien herbeiführte. Auf den Tribünen u. auf den Straßen kam es zu tumultuarischen Scenen, u. offenbar ging das Streben der äußersten Linken dahin, durch die Furcht vor dem aufgereizten Volke die Nationalvertretung zu extremen Beschlüssen zu treiben. Vom 12. bis 16. Aug. trat eine Unterbrechung in den Verhandlungen ein, da eine Deputation der Nationalversammlung den Reichsverweser zu dem Kölner Dombaufeste begleitete. Die dortige Zusammenkunft des Erzherzogs mit dem Könige von Preußen sollte dazu beitragen, den Gegensatz zwischen der preußischen Monarchie u. dem neuen Deutschen Reiche zu vermitteln, Äußerlich wurde dieser Zweck auch erreicht, aber im Inneren blieb der Gegensatz bestehen.

Unterdessen waren wieder an verschiedenen Orten Aufstände ausgebrochen, so am 12. Aug. in Gera, wo ein blutiger Kampf zwischen Bürgerwehr u. Landvolk stattfand, der die Besetzung der Stadt durch sächsische Truppen zur Folge hatte; am 21. Aug. in München, wo gleichfalls ein blutiger Zusammenstoß zwischen Volk u. Militär wegen eines durch beunruhigende Gerüchte über die Entfernung des Kronschatzes hervorgerufenen Auflaufes erfolgte. An demselben Tage zeigte der Reichsminister des Auswärtigen der Nationalversammlung die Ernennung von Gesandten der Reichsgewalt an: Andrian für London, Raumer für Paris, Welcker für Schweden, Raveaux für die Schweiz, Liebe u. Bernhard für Holland, Drachenfels für Belgien. Max v. Gagern wurde nach Schleswig gesandt, um den Zwist mit Dänemark schlichten zu helfen. Bald darauf erhielt die schleswig-holsteinische Angelegenheit eine Wendung, welche für die Nationalversammlung in der Weise folgewichtig wurde, daß ihr Fortbestand dadurch in Frage gestellt wurde. Am 5. Juni waren die Feindseligkeiten gegen die Dänen durch General Wrangel wieder eröffnet worden; Major von der Tann erfocht zwischen Flensburg u. Apenrade einen entscheidenden Sieg, besetzte Apenrade u. zog am 1. Juli in Hadersleben ein. Die Dänen zogen sich über die jütische Grenze zurück, wohin ihnen General Wrangel nicht folgen durfte. Von da an ruhte der Krieg, während die diplomatischen Verhandlungen um so lebhafter betrieben wurden. Zwar wurde nach dem, am 14. Juli auf 3 Tage geschlossenen u. dann bis zum 24. verlängerten Waffenstillstande von der Reichsgewalt wieder eine ansehnliche Truppenverstärkung in die Herzogthümer geworfen, aber der am 26. Aug. von Preußen einseitig abgeschlossene Waffenstillstand von Malmöe lähmte jede weitere Thätigkeit des Heeres. Bedingungen des Vertrages waren: Waffenruhe auf 7 Monate, Aufhebung aller seit dem 17. März für die Herzogthümer erlassener Gesetze, Einsetzung einer neuen Regierung, für welche Dänemark u. Preußen im Namen des Bundes je 2 Mitglieder ernennen, während der Präsident von Beiden gemeinschaftlich gewählt wird; die Dänen räumen die Herzogthümer, von den deutschen Bundestruppen bleiben 2000 Mann daselbst, die schleswigschen Truppen werden von den holsteinischen getrennt; die aufgebrachten deutschen Schiffe werden zurückgegeben, die Preußen stellen die jütische Contribution zurück. Von der Reichsgewalt war im ganzen Vertrage kein Wort; Preußen contrahirte einzig im Namen des Deutschen Bundes. Der Unmuth der Holsteiner über diesen Vertrag äußerte sich sofort in der Vertreibung des zum Präsidenten der neuen Regierung in Schleswig-Holstein bestimmten Grafen Moltke. Die am 4. Sept. in Rendsburg eröffnete Landesversammlung faßte sofort die Beschlüsse, daß ohne Bewilligung der Landesversammlung weder sie selbst aufgelöst, noch eine Veränderung in der bestehenden Landesregierung vorgenommen, noch die seit 24. März von der provisorischen Regierung erlassenen Gesetze aufgehoben, noch neue Gesetze erlassen u. neue Steuern auferlegt werden könnten, wie die bestehenden Steuern u. Abgaben sammt anderen Staatseinkünften bis Ende 1848 nur von der durch die Landesversammlung[74] anerkannten Regierung fortzuerheben seien. Ferner wurde die Abfassung u. Einsendung zweier Eingaben an den Reichsverweser u. die Nationalversammlung beschlossen, um die Zurückweisung des Vertrages vom 26. Aug. zu motiviren u. um Nichtgenehmigung desselben nachzusuchen. So war die ganze Hoffnung des Landes auf Frankfurt gestellt. Die Nationalversammlung sprach auf Antrag Dahlmanns die Sistirung aller Maßregeln zur Ausführung mit 238 gegen 221 Stimmen aus; in Folge dieses Beschlusses trat das Ministerium zurück. Weder Dahlmann, noch nach ihm v. Herrmann vermochte ein neues Ministerium zu Stande zu bringen, u. während noch Unterhandlungen darüber gepflogen wurden, erfolgte der Rückzug des deutschen Heeres aus den Herzogthümern. Inzwischen kam die zweite Berathung der Nationalversammlung heran, die Entscheidung der Frage, ob man den Waffenstillstand überhaupt bestätigen od. verwerfen solle. Schon vorher war ein Umschwung der Meinungen eingetreten; außerdem stellte die dänische Regierung nachträgliche Zugeständnisse in Aussicht, u. nach dreitägiger heftiger Verhandlung beschloß die Nationalversammlung am 16. Sept. die Vollziehung des Malmöer Waffenstillstandes nicht länger zu hindern. Diesen Beschluß benutzte die radicale Partei, die Majorität der Versammlung öffentlich des Verraths an Deutschland u. den Herzogthümern anzuklagen. Schon am Abend des 16. Sept. fanden Ruhestörungenin Frankfurt Statt, bei denen mehrere Abgeordnete bedroht od. thätlich angegriffen wurden. Am 17. Sept. faßte eine Volksversammlung auf der Pfingstweide, zu welcher starke Zuzüge fremder Demokratenvereine eingetroffen waren, die extremsten Beschlüsse u. erklärte alle Mitglieder der Majorität vom 16. Sept. für Volksverräther. Bei der drohenden Lage der Dinge übernahmen die abgetretenen Minister provisorisch von Neuem die Leitung der Geschäfte. Noch in der Nacht kamen auf ihre Anordnung 2400 Mann preußisches u. österreichisches Militär aus Mainz in Frankfurt an, denen bald andere Truppen aus Darmstadt folgten. Dies Ereigniß brachte die Gährung zum Ausbruch. Kaum hatte die Nationalversammlung am 18. Septbr. ihre Sitzung begonnen, als ein bewaffneter Volkshaufen gegen die Paulskirche anrückte, der nur mit Mühe vom Militär zurückgehalten werden konnte. Trotzdem setzte die Versammlung ihre Berathung über die Grundrechte bis 2 Uhr fort. Unterdessen war der Straßenkampf ausgebrochen, welcher bis zum Abend währte u. mit völliger Niederlage der Aufrührer endete. Unter den zahlreichen Opfern des Kampfes befanden sich auch die Abgeordneten Fürst Lichnowski u. General von Auerswald. Frankfurt wurde am nächsten Tage in Belagerungszustand erklärt. Ein Erlaß des Reichsministeriums vom 24. Sept. forderte die Justizminister der einzelnen Staaten zu strenger Anwendung der Gesetze gegen die Presse u. Vereine auf, deren zügellose Ausfälle den Frieden des Reiches immer mehr bedrohten. Das Reichsministerium übernahm nun wieder definitiv die Leitung der Geschäfte; nur Fürst von Leiningen u. der Minister des Auswärtigen, Heckscher, traten aus, des Letzteren Geschäfte gingen provisorisch auf Schmerling über. Mit dem republikanischen Aufstande in Frankfurt im engsten Zusammenhange stand eine neue Bewegung in Baden; Struve brach in der Nacht auf den 21. Sept. mit einem Haufen Schweizer u. deutscher Flüchtlinge von der Schweiz aus in Baden ein, besetzte Lörrach u. proclamirte die Deutsche Republik. Badische Truppen machten den Putsch zunichte; Struve wurde gefangen u. den Gerichten überliefert. Ein gleicher Aufstandsversuch in Württemberg u. Hohenzollern verlief ohne weitere Folgen. Noch weniger fest begründet als im Innern war das neue Reichsregiment dem Auslande gegenüber. So weigerte sich die französische Regierung beharrlich, den deutschen Gesandten amtlich zu empfangen. Am 29. Sept. wurde das erste Reichsgesetzblatt ausgegeben, welches ein am 23. Sept. von der Nationalversammlung beschlossenes Gesetz über die Bekanntmachung der Reichsgesetze enthielt, wonach die Gültigkeit derselben 20 Tage nach ihrer Verkündigung eintreten sollte. Inzwischen wurde die Stellung der Centralgewalt immer schwieriger; die Ereignisse vom 18. Sept. hatten das Vertrauen auf die Nationalversammlung tief erschüttert, u. immer eifriger arbeiteten die alten Staatsgewalten an ihrer Reconstituirung, indem sie die Schwäche der Centralregierung zu ihrem Vortheil benutzten. Um die Pläne der ultrademokratischen Partei zu vereiteln, beorderte die Centralgewalt die Zusammenziehung von Bundestruppen auf den bedrohten Punkten u. einen Garnisonwechsel an verschiedenen Plätzen, wo man eine Sympathie zwischen Militär u. Volk befürchtete. Diese Maßregeln vermehrten die Erbitterung, mit der die so in ihren Plänen aufgehalten Partei von da ab die Nationalversammlung u. das Reichsministerium verfolgte, nachdem die Versuche der demokratischen Mitglieder des Parlaments, wie einzelner Ständeversammlungen, die Anordnungen rückgängig zu machen, an der Festigkeit der Reichsregierung gescheitert waren. Am 9. Oct. entsandte der Reichsverweser zwei Abgeordnete zur Übernahme der in Hamburg ausgerüsteten Schiffe für die deutsche Flotte. In der Nationalversammlung wurde das Gesetz zum Schutz der Reichsversammlung angenommen.

Unterdessen waren die Nachrichten über die Octoberereignisse in Wien eingegangen u. warfen neuen Zündstoff in die erregten Gemüther. Wien war auch nach Eröffnung des Reichstages u. der Rückkehr des Kaisers, die am 12. Aug. erfolgte, ein Herd beständiger Agitation geblieben. Bald hier, bald dort brachen in der Hauptstadt, bes. nach dem blutigen Arbeiteraufstande vom 23. Aug., gefährliche Unruhen aus. Andererseits arbeitete die Regierung mit Geschick an der Verfolgung ihrer Pläne, nachdem der italienische Kampf glorreich beendigt worden war. Mit Hülfe der slawischen Bevölkerung Croatiens unter der Führung des Banus Jellachich war es gelungen, die Ungarn einigermaßen in Schach zu halten. Kossuth war indeß an die Spitze des ungarischen Ministeriums getreten u. drängte zur Losreißung von Österreich; diese erfolgte, als am 25. Sept. Graf Lamberg vom Kaiser zum Oberbefehlshaber aller Truppen in Ungarn ernannt wurde; am 28. Sept. wurde Graf Lamberg in Pesth von dem Pöbel ermordet. Als am 4. Oct. Jellachich zum Oberbefehlshaber in Ungarn ernannt u. ein Theil der in Wien liegenden Regimenter nach Presburg dirigirt wurde, so brach in dem bereits gährenden u. mit den Ungarn sympathisirenden Wien die Revolution aus. Schon seit dem[75] 5. Oct., entschiedener am 6. Oct. wurden die abmarschirenden Regimenter durch Volksmassen zurückgehalten; ein Theil der Soldaten trat über, die der Regierung treu gebliebenen wurden in die Flucht getrieben. Der hierüber entstehende Kampf wälzte sich von den Thoren in die Stadt; das Kriegsministerium wurde erstürmt, Graf Latour ermordet. Der Kaiser verließ noch in der Nacht Schönbrunn, Wien rüstete sich zur Vertheidigung. Von allen Seiten rückte Militär heran, Jellachich erschien gleichfalls vor Wien u. vereinigte sich daselbst mit den dort concentrirten Truppen, über welche Fürst Windischgrätz den Oberbefehl erhielt. Die Versuche des Reichstages, durch vermittelnde Unterhandlungen mit dem Hofe den Bürgerkrieg abzuwenden, scheiterten; die Hoffnungen der Wiener auf die Hülfe der Ungarn aber blieben vergeblich. Die Centralgewalt schickte am 13. Oct. zwei Reichscommissäre nach Wien behufs genauerer Erkundigung u. Anordnung erforderlicher Maßregeln; dieselben vermochten sich jedoch in keiner Weise Geltung zu verschaffen u. kehrten unverrichteter Dinge zurück. Die äußerste Linke der Nationalversammlung hatte unterdessen einseitig eine anerkennende Adresse an die Wiener erlassen u. dieselbe durch 4 ihrer Parteigenossen, darunter Blum u. Fröbel, abgesandt. Am 28. Oct. begann der Kampf vor den Thoren Wiens, am 31. Oct. war mit Erstürmung der inneren Stadt der Aufstand besiegt. Unter den ersten Opfern des alsbald verkündeten Standrechts fielen der Commandant von Wien Messenhauser u. der Reichstagsabgeordnete Blum. Der Reichstag wurde hierauf nach Kremsier verlegt u. daselbst am 22. Nov. neu eröffnet, während der Ungarische Krieg von nun an mit Eifer fortgeführt wurde; s.u. Österreich (Gesch.).

In dieselbe Zeit fällt ein scharfer Notenwechsel zwischen der Schweiz u. der Centralgewalt auf Veranlassung der wenigstens passiven Unterstützung der gegen Deutschland gerichteten Freischaarenzüge von Seiten der ersteren. Am 14. Oct. brachte das Reichsgesetzblatt den Erlaß des Reichsverwesers wegen Erhebung der ersten 3 Millionen Thaler für den Bau der deutschen Kriegsflotte. Am 23. October begann das Parlament endlich die Berathung der Reichsverfassung. Am 27. Oct. wurden §. 2 u. 3 der Verfassung angenommen, wodurch jene verfängliche Frage über die Stellung Österreichs zum Deutschen Bundesstaate in einer Weise entschieden wurde, daß Ersteres entweder auf seinen Fortbestand als deutsche Großmacht od. auf die staatsrechtliche Verbindung mit D. Verzicht leisten mußte. Mit dieser Abstimmung war der Grund zu einer neuen Parteibildung gelegt, indem die Großdeutsche Partei, welche ein D. mit Österreich, der Kleindeutschen, welche D. ohne Österreich wollte, gegenübertrat u. die österreichischen Abgeordneten in eine schiefe Stellung zur Nationalversammlung geriethen. Zu gleicher Zeit hatten auch in diesem Ausschlusse Österreichs die um ihre Souveränetät besorgten Höfe von Baiern, Württemberg u. Sachsen einen Grund zu einer offeneren Opposition gegen die Nationalversammlung gefunden. Um den particularistischen Bestrebungen der einzelnen Staaten entgegen zu wirken, beschloß darauf die Nationalversammlung am 7. Nov. die Niedersetzung eines Ausschusses, welcher das Verfahren einzelner Regierungen gegen die Souveränetät der Nationalversammlung prüfen sollte Auf ihre Souveränetät fußend, sandte die Reichsgewalt den hessischen Generallieutenant von Schäffer-Bernstein zur Feststellung der Demarcationslinie nach Posen. Einen heftigen Sturm erregte innerhalb des Parlaments am 14. Nov. die erste Nachricht von der Hinrichtung des Reichstagsabgeordneten Blum in Wien (s. oben), man glaubte darin eine offene Verhöhnung der Reichsversammlung erkennen zu müssen u. beschloß am nächsten Tage, das Reichsministerium zu den nachdrücklichsten Maßregeln aufzufordern, um die unmittelbar u. mittelbar Schuldtragenden zur Verantwortung u. Strafe zu ziehen. Dieser Beschluß blieb jedoch ohne allen Erfolg. Unterdessen hatten aber auch in Preußen die Dinge eine Gestalt angenommen, welche die Aufmerksamkeit der Reichsgewalt erregten u. diese veranlaßten, den Unterstaatssecretär Bassermann mit besonderen Vollmachten nach Berlin abzuschicken. Der revolutionäre Geist Berlins hatte sich bereits lebhaft in den Provinzen, bes. in Schlesien u. Sachsen, zu regen begonnen. Die Kunde von den Vorgängen in Wien steigerte die Erregtheit der Massen, welche die Preußische Nationalversammlung in der bedenklichsten Weise zu terrorisiren anfingen. Man verlangte Krieg gegen Österreich u. hielt die Abgeordneten bis Mitternacht unter Todesdrohungen gefangen, bis dieselben mühsam durch Bürgerwehr befreit wurden. Da zeigte am 2. Nov. Graf Brandenburg an, daß er mit Bildung eines neuen Ministeriums betraut sei; dasselbe kam bis zum 8. Nov. zu Stande u. begann seine Thätigkeit am 9. Nov. mit der Vertagung der Landesversammlung bis zu dem Wieder zusammentritt in Brandenburg. Am 10. Nov. rückte General Wrangel mit einer imposanten Truppenmacht in Berlin ein u. zwang die der Vertagung widerstrebende Versammlung zur Auflösung. Von Local zu Local gedrängt, ließ sich dieselbe endlich zu dem Beschlusse der Steuerverweigerung hinreißen. Dieser Act arbeitete der Contrerevolution in die Hände, u. die conservative Partei sah sich plötzlich durch einen bedeutenden Zuwachs verstärkt. Selbst die Liberalen fühlten sich befriedigt, als nach Auflösung der Brandenburger Versammlung eine freisinnige Verfassung vom Könige octroirt wurde. Am 18. Nov. erstattete Bassermann der Versammlung zu Frankfurt Bericht über seine ebenfalls erfolglose Sendung nach Berlin, wogegen diese zwar den Beschluß der preußischen Volksvertreter hinsichtlich der Steuerverweigerung für rechtswidrig erklärte, aber dem preußischen Volk ihren Schutz für die ihm gewährten Rechte zusicherte. Ähnlichen Inhalts war ein Aufruf des Reichsverwesers an das deutsche Volk vom 21. Nov. Während dessen hatte der Reichsverweser am 15. Nov. die Einsetzung einer vorläufigen Reichsbehörde für das deutsche Kriegsseewesen verfügt; Prinz Adalbert von Preußen wurde zum Vorsitzenden derselben erwählt. Am 24. Nov. sprach sich die Versammlung gegen eine Vereinigung Limburgs mit Holland aus u. genehmigte die Bekanntmachung der in Leipzig berathenen Wechselordnung als Reichsgesetz nebst dem darüber ergangenen Einführungsgesetze.

Die Frage über das künftige Oberhaupt D-s, wie die hiermit zusammenhängende über die Stellung Österreichs im Bunde erneuerte den Parteikampf der Groß- u. Kleindeutschen Partei. Die letztere Frage war namentlich durch das Programm des österreichischen [76] Ministeriums vom 27. Nov. in den Vordergrund gerückt worden. In demselben war ausgesprochen, daß Österreich, da es die staatliche Einheit aller seiner bisherigen Länder nicht aufgeben wollte, sich zu dem Beitritt zu einem Bundesstaate, wie er in der Absicht der Frankfurter Majorität lag, nicht entschließen könne. Das Übergewicht der Kleindeutschen Partei machte die Stellung v. Schmerlings als Reichsminister unhaltbar, so daß er gegen Mitte Decembers sein Amt niederlegte. An seine Stelle trat v. Gagern, der bisherige Präsident der Nationalversammlung; sein Programm, zunächst auf dem österreichischen Ministerprogramm vom 27. Nov. fußend, kam der Hauptidee nach darauf hinaus, daß der Deutsche Bundesstaat ohne Österreich zu Stande gebracht werden müsse u. zwischen Österreich u. dem Bundesstaat nur ein völkerrechtliches Bündniß auf dem Wege gesandtschaftlicher Unterhaltung herzustellen sei. Die Nationalversammlung, die zu Gagerns Nachfolger Simson aus Königsberg zum Präsidenten erwählt hatte, beschloß, das Gagernsche Programm an einen Ausschuß zu verweisen. Unterdessen vollendete sich auf Grund dieses Programms die Zersetzung der Parteien vollständig. Die Linke erhielt einen starken Zuwachs durch ihr bisher gänzlich fern stehende Österreicher, Baiern u. Ultramontane. Die Verwirrung stieg durch das Eintreffen einer neuen österreichischen Note, die einen Protest gegen Gagerns Programm enthielt u. zugleich die Erklärung aussprach, daß Österreich seine Stellung in D. zu behaupten wissen werde. Am 11. Jan. kam die ganze Angelegenheit zur Verhandlung vor die Nationalversammlung. Der Ausschuß hatte sich in eine Mehrheit, die gegen Österreichs Ausschließung stimmte, u. in eine dem Gagernschen Programme günstige Minderheit gespalten, welche letztere bei der Beschlußfassung am 13. Januar mit 261 gegen 224 Stimmen siegte. Die Heftigkeit, mit welcher dieser Kampf geführt worden, erklärt sich dadurch, daß hinter der Frage über Österreichs Ausschluß zugleich die Frage über das künstige Oberhaupt D-s verborgen lag, die auch bereits am 15. Jan. in der Versammlung zur Verhandlung kam. Nachdem die verschiedenen Amendements auf Errichtung eines von Österreich, Preußen, Baiern, Württemberg u. Sachsen gebildeten Directoriums (Rotenhan), ferner auf Wechsel der Regierungsgewalt zwischen den beiden mächtigsten Regierungen von 6 zu 6 Jahren (Welcker), auf Erwählung eines Reichsoberhauptes, wozu jeder Deutsche wählbar sei (Schüler u. Consorten), eines verantwortlichen Präsidenten (Dieskau) u. m. a. gefallen waren, wurde am 19. Jan. der Ausschußantrag, die Würde des Reichsoberhauptes einem der regierenden Fürsten zu übertragen, mit 258 gegen 211 Stimmen angenommen. Die Minorität bestand aus den Mitgliedern der Linken, aus den Ultramontanen, Baiern u. Österreichern mit wenigen Ausnahmen u. einigen Hannoveranern. Hinsichtlich der Erblichkeitsfrage kam dagegen, nachdem am 23. Jan. alle hierauf bezügliche Anträge verworfen waren, gar kein Beschluß zu Stande, während der Paragraph: das Reichsoberhaupt führt den Titel Kaiser der Deutschen, am 25. Jan. durchging. In dieser Zeit erließ das preußische Cabinet ein Rundschreiben an die deutschen Regierungen, worin, im Gegensatze zu der von der Nationalversammlung beanspruchten Souveränetät, derselben blos die Vollmacht, die Verfassung vorzulegen, zugeschrieben wurde, die deutschen Regierungen aber zur Verständigung über die vollendete Reichsverfassung eingeladen u. zugleich die Hoffnung ausgesprochen wurde, daß die österreichische Regierung die Möglichkeit, des Anschlusses an den Bund finden werde. Die Nationalversammlung gelangte am 3 Febr. zum Schluß der Debatte über den formellen Theil der Verfassung, worauf die also aus der ersten Lesung hervorgegangene Verfassung vom Reichsministerium den Einzelstaaten behufs einer Erklärung über dieselbe zugefertigt wurde. Eine neue österreichische Note vom 4. Febr., die aufs Neue gegen die in Frankfurt angestrebte Einheit D-s u. gegen eine Unterordnung Österreichs unter ein Reichsoberhaupt protestirte, wurde von der Nationalversammlung am 12. Februar dem Verfassungsausschusse überwiesen. Nachdem hierauf noch einige rückständige Artikel der Grundrechte erledigt waren, ging man an die Berathung des Wahlgesetzes u. entschied sich für unmittelbare Wahlen u. geheime Abstimmung. Ein großer Theil der deutschen Regierungen hatte sich inzwischen schon vom Januar an für die erbliche Kaiserwürde ausgesprochen, namentlich Baden, die beiden Hessen, die Thüringschen Fürsten, Braunschweig, Oldenburg, Nassau, sowie auch die meisten Kammern. Nur beide baierische Kammern hatten sich gegen ein preußisches Kaiserthum, u. die württembergische 2. Kammer zwar für Alleinberechtigung der Nationalversammlung zur Schaffung der Verfassung, aber gegen den Ausschluß Österreichs erklärt. Preußen sprach in einer neuen Note vom 16. Febr. aus, daß der von ihm vorgeschlagene Weg der Verständigung sich der fast ungetheilten Zustimmung der verbündeten Regierungen zu erfreuen gehabt habe, u. daß diese durch ihre Bevollmächtigten in Frankfurt zu gemeinsamen Berathungen zusammentreten würden; als obersten Grundsatz erkenne Preußen an, daß die Verfassung nur durch die freie Zustimmung der dabei betheiligten Regierungen endgültig zu Stande zu bringen sei, u. obgleich es wünsche, daß der Bund alle deutschen Stämme umfassen möge, so bleibe doch nicht ausgeschlossen, daß neben dem weiteren zugleich ein engerer Bund begründet werde, zu welchem die durch gleiche Interessen geleiteten Staaten zusammentreten würden. Bereits am 24. Febr. übergaben auch die Bevollmächtigten der meisten deutschen Regierungen die von denselben gestellten Veränderungsanträge; 26 Regierungen hatten sich der preußischen Erklärung angeschlossen, deren bemerkenswerthester Antrag darin bestand, statt Reich den Ausdruck Bundesstaat, statt Reichsgewalt Bundesgewalt zu gebrauchen. Bis zum 28. Februar hatten sich auch Württemberg u. Baiern erklärt, u. zwar Beide, dem preußischen Project entgegen, für das Verbleiben Österreichs im Bunde; während aber Württemberg die unbedingte Anerkennung des von der Nationalversammlung über die Verfassung zu fassenden Beschlusses zusagte, behielt sich Baiern die Prüfung desselben vor, sprach sich namentlich für ein Directorium aus u. ließ seine Absicht durchblicken, die Begründung des engeren Bundes möglichst zu verhindern.

Während die Entscheidung über die endgültige Annahme der Verfassung immer näher rückte, benutzte Dänemark die durch die Verfassungsfrage entstandene[77] Zerrissenheit D-s, um seine Forderungen aufs Neue mit bewaffneter Hand zu betreiben Nachdem es bei den Unterhandlungen über den Definitivfrieden in London unannehmbare Bedingungen gestellt hatte, kündigte es den Waffenstillstand u. setzte den Anfang der Blockade für die Herzogthümer auf den 27. März fest. Die Centralgewalt traf sofort Anstalten, so daß bis zum 26. März eine hinreichende Kriegsmacht in den Herzogthümern stand, bestehend aus Truppen Baierns, Württembergs, Badens, der Thüringischen Länder, Hannovers, Sachsens u. Preußens; den Oberbefehl führte der preußische Generallieutenant von Prittwitz. Inzwischen hatte auch Österreich durch Note vom 27. Febr. seine Erklärung über die Verfassung abgegeben u. den Vorschlag eines Directoriums von 7 Mitgliedern mit 9 Stimmen gemacht, von denen Preußen u. Österreich je 2 haben u. abwechselnd den Vorsitz führen sollten. Nun drängten die Ereignisse darauf hin, endlich zwischen Österreich u. Deutschland zu entscheiden. Die Krisis wurde durch die neusten Vorgänge in Österreich noch beschleunigt. Nachdem nämlich der Kaiser Ferdinand seine Krone am 2. December 1848 zu Gunsten seines Neffen, des Erzherzogs Franz Joseph, niedergelegt hatte, war der Krieg gegen Ungarn mit Nachdruck eröffnet worden, jedoch bis dahin ohne bleibende Erfolge für die österreichischen Waffen. Auch die Dinge in Italien, wo Feldmarschalllieutenant Haynau am 18. Febr. in den Kirchenstaat eingerückt war, um das päpstliche Ansehen wieder herzustellen, während zugleich ein Krieg gegen Sardinien in Aussicht stand, hatten eine drohende Gestalt angenommen. Dies Alles hielt jedoch das Ministerium Schwarzenberg (seit 21. Nov. 1848) nicht ab, mit einem neuen energischen Schritte in den inneren Angelegenheiten vorzugehen. Der Reichstag zu Kremsier, welchem Ende Febr. endlich von seinem Verfassungsausschusse der Entwurf einer Verfassung vorgelegt worden war, wurde durch kaiserliches Patent vom 4. März aufgelöst u. eine octroirte Verfassung, zugleich mit einer Verordnung über Ablösung der Roboten zur Beruhigung des Landvolkes, am 7. als Gesetz verkündigt. In dieser Verfassung wurden alle Provinzen als gleich berechtigt u. gleich verpflichtet hingestellt, weshalb die Frankfurter Verfassung kaum noch eine Anwendung auf die deutsch-österreichischen Länder finden konnte. Daher, u. weil man in Frankfurt das Gerücht über ein Bündniß Österreichs mit Rußland nicht gleichgültig aufnahm, trat am 12. März der Abgeordnete Welcker, obschon bisher unbedingt auf Seiten der Großdeutschen Partei, in der Nationalversammlung mit dem überraschenden Antrage hervor, die Versammlung wolle beschließen, die gesammte deutsche Reichsverfassung durch einen Gesammtbeschluß anzunehmen u. die in derselben festgestellte erbliche Kaiserwürde dem Könige von Preußen zu übertragen. Sofort erhoben sich die Österreicher im Bunde mit den Ultramontanen gegen eine solche Überrumpelung, ebenso die Linke, u. die Versammlung verschob die Discussion über den Welckerschen Antrag bis zu dem 21. März, wo derselbe mit 283 gegen 252 Stimmen abgelehnt wurde. Um nun in der Entscheidung über die Frage des Erbkaiserthums den Sieg zu erhalten, sah sich die Majorität genöthigt, der Linken Concessionen zu machen. Dem zufolge erlangte die Linke von den Centren den Wegfall des Reichsrathes, die Beibehaltung des allgemeinen Wahlrechtes u. des Suspensivveto, u. zugleich gaben gegen 80 Mitglieder der erbkaiserlichen Partei die schriftliche Zusicherung, sich jeder wesentlichen Abänderung der Verfassung widersetzen zu wollen. Am 28. März wurde die Verfassung in der veränderten Weise angenommen. Präsident Simson erklärte die Reichsverfassung, vorbehaltlich der förmlichen Unterzeichnung, für verkündigt u. ließ sodann zum Namensaufruf für die Kaiserwahl schreiten. Von 538 anwesenden Mitgliedern stimmten 290 für den König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, 248 enthielten sich der Abstimmung. Von den 538 bei der Kaiserwahl anwesenden Mitgliedern der Nationalversammlung weigerten sich 172, meist Österreicher u. Ultramontane, die Verfassungsurkunde zu unterzeichnen. Die an den König von Preußen abgeordnete Deputation der Reichsversammlung erhielt vom Könige eine unbestimmte Antwort, u. die Annahme der Kaiserkrone wurde von der vorhergängigen Zustimmung aller deutschen Fürsten, sowie einer genaueren Prüfung der Verfassung abhängig gemacht. Am 5. April verließ die Deputation Berlin, ohne ihren Zweck erreicht zu haben.

Unter den deutschen Regierungen, die sammtlich von dem preußischen Cabinet durch Rundschreiben vom 3. April zur Erklärung über die Reichsverfassung u. zum Beitritt zu einem Bundesstaate, dessen vorläufige Leitung zu übernehmen Preußen bereit sei, aufgefordert waren, sprach sich Österreich am frühesten u. zwar entschieden gegen den von der Nationalversammlung eingeschlagenen Weg aus, indem es die Abordnung eines zu weiterer Vereinbarung nach Frankfurt abzusendenden Bevollmächtigten ablehnte, gegen alle dort, namentlich hinsichtlich der Oberhauptsfrage, zu fassenden Beschlüsse feierlichst protestirte u. der Nationalversammlung jedes Recht auf fernere Thätigkeit absprach. Zugleich erfolgte die Abberufung der österreichischen Abgeordneten aus Frankfurt. Baiern lehnte die Verfassung gleichfalls ab, der König von Württemberg erklärte einer Kammerdeputation, zwar die Reichsverfassung anerkennen, nicht aber dem Hause Hohenzollern, eher noch dem österreichischen Kaiser sich unterordnen zu wollen. Sachsen u. Hannover hielten zwar noch mit ihren Ansichten zurück, aber es unterlag keinem Zweifel, daß auch sie die Anerkennung verweigern würden. Dagegen erklärten 28 der kleineren Regierungen (Baden, Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Oldenburg, Mecklenburg, Holstein, Lauenburg, Braunschweig, Nassau, die Thüringschen, Schwarzburgschen, Hohenzollernschen u. Anhaltinischen Fürsten sammt den Freien Städten, Reuß, Waldeck etc.) am 14. April durch ihre Bevollmächtigten in Frankfurt sich für die unbedingte Anerkennung der Reichsverfassung, also auch für die preußische Hegemonie. Auch die Kammern der Einzelstaaten, früher theilweis so oft in directem Widerspruche gegen die Centralvertretung D-s, traten jetzt meist zur Unterstützung derselben auf. Die Nationalversammlung setzte am 11. April einen Dreißigerausschuß zur Berathung der Mittel für Durchführung der Verfassung nieder u. hielt immer noch an der Hoffnung fest, die Regierungen zur Annahme der Verfassung zu vermögen, obschon hinsichtlich der Ansichten über die hierfür zu ergreifenden Mittel die künstliche Coalition zwischen der Linken u. den Centren einen immer tieferen Riß erhielt. Dieser wurde bes. verstärkt durch die[78] am 11. von der Versammlung angenommenen, in der Meinung der Linken jedoch viel zu rücksichtsvollen Beschlüsse: die Würde des Reichsoberhauptes hängt von der Anerkennung der Verfassung ab; zu solcher Anerkennung sind die Regierungen, welche sich noch nicht darüber erklärt haben, aufzufordern, sie haben sich zugleich aller Maßregeln zu enthalten, wodurch das Volk verhindert wird, seinen Willen auszusprechen, namentlich der Kammervertagung od. Kammerauflösung; die Reichsgewalt hat über die Vollziehung dieser Beschlüsse bis zum 3. Mai Bericht zu erstatten; der Dreißigerausschuß bleibt in Wirksamkeit. Nach Ablauf der von der preußischen Regierung zur endgültigen Entscheidung über die Verfassung festgestellten 14tägigen Frist lief am 18. April eine Erklärung an das Reichsministerium ein, worin eine neue Frist verlangt wurde. So waren Ende April die Dinge in D. bis zu einem Punkte gelangt, daß eine friedliche Ausgleichung unmöglich schien. Die deutschen Regierungen zerfallen unter sich, zerfallen mit ihren Völkern, die Nationalversammlung bereits wieder in zwei feindliche Heerlager zerspalten, zum Theil schon nicht mehr von den Regierungen anerkannt u. den Keim ihrer Selbstauflösung in sich tragend, ja selbst der Reichsverweser über die Absendung von Commissarien an die dissentirenden Regierungen in Conflict mit seinem Ministerium. Die an die Regierungen von Baiern etc. gesendeten Commissäre kehrten unverrichteter Dinge nach Frankfurt zurück. Unterdessen sagte sich Preußen durch Note vom 28 April von der Reichsverfassung, wegen ihrer Unausführbarkeit, los. Zugleich wurden in einem Rund screiben die einzelnen Regierungen aufgefordert, Bevollmächtigte nach Berlin zu senden, um sich mit der königlichen Regierung über eine Verfassung zu verständigen, für welche dieselbe mit Vorschlägen entgegenkommen werde; bei etwaigen durch starres Festhalten der Nationalversammlung an der Frankfurter Verfassung in einzelnen Ländern hervorgerufenen gefährlichen Auftritten werde Preußen den verbündeten Regierungen die erforderliche Hülfe leisten. Die Nationalversammlung, immer mehr zusammenschmelzend, da viele Mitglieder an den Ausgang verzweifelnd austraten, wurde nun immer weiter nach links gedrängt. Sie beschloß am 50. April, der Präsident sei ermächtigt, die Versammlung zu jeder Zeit u. an jeden Ort zu berufen, u. dieselbe solle in Anwesenheit von 150 Mitgliedern beschlußfähig sein. Nachdem der 3. Mai ohne befriedigende Erklärung der unwillfährigen Regierungen verflossen war, faßte die Versammlung weitere Beschlüsse, namentlich folgende: die Regierungen, Stände, Gemeinden, das gesammte Volk werden aufgefordert, die Reichsverfassung zur Anerkennung u. Geltung zu bringen; am 15. August soll der neue Reichstag zusammentreten; der Regent des mächtigsten Staates unter den verfassungstreuen Regierungen führt als Reichsstatthalter die Reichsregierung, bis Preußen sich zu deren Übernahme herbeiläßt. Die Anträge der Linken gingen bereits viel weiter, auf Erwählung eines Präsidenten, Aufruf an das Volk zur Bekämpfung jedes Widerstandes gegen Einführung der Verfassung etc. Inzwischen hatte das Ministerium Gagern dem Reichsverweser ein neues Programm vorgelegt, das auf energische Einführung der Verfassung abzielte, u. als der Erzherzog demselben seine Zustimmung versagte, gab das Reichsministerium seine Entlassung ein, die am 10. Mai angenommen wurde.

Von da an nahmen die Erklärungen des Austritts aus der Versammlung täglich zu. Der offene Kampf, in welchen nun die Nationalversammlung mit den Regierungen der einzelnen Staaten getreten war, hatte bald an verschiedenen Orten aufrührerische Bewegungen zur Folge. Die Durchführung der Verfassung sollte auf dem Wege der Revolution bewerkstelligt werden. Namentlich war die demokratische Partei in Sachsen eifrig bemüht, das Volk zu offener Empörung zu verleiten, u. vom 2. bis 9. Mai wüthete der Dresdner Aufstand (s.u. Sachsen [Gesch.]), welcher mit Hülfe preußischer Truppen niedergeworfen wurde. Ebenso dämpften preußische Truppen am 13. Juni den in der Pfalz tobenden Aufstand von entschieden republikanischer Tendenz. Einen hartnäckigeren Charakter hatte die Revolution in Baden, wo ihr sogar der Schein der Berechtigung fehlte, da die Regierung die Reichsverfassung längst anerkannt hatte. Sie brach am 13. Mai in Karlsruhe los u. verbreitete sich rasch über das ganze Land; selbst die Festung Rastatt fiel in die Hände der Aufständischen. Nachdem der Großherzog das Land verlassen hatte, zog am 14. der in Offenburg gewählte Landesausschuß in Karlsruhe ein u. ernannte eine provisorische Regierung. Reichstruppen unter Peucker u. Preußen unter dem Prinzen von Preußen zogen gegen den Aufstand, u. bereits am 25. Juni mußten die revolutionären Gewaltendie Hauptstadt räumen, s.u. Baden (Gesch.) V. C) f). Am entschiedensten nächst der Pfalz, Baden u. Sachsen erhob der Aufstand noch in Preußen (s.d.) sein Haupt. In Breslau brach die Bewegung am 5. Mai aus u. steigerte sich in einer Weise, daß sie erst nach heftigem Straßenkampfe in der Nacht vom 7. zum 8. Mai blutig niedergeworfen wurde. Nicht weniger drohend sah es in der Rheinprovinz u. Westfalen aus. Vom 6. Mai an widersetzte sich die Landwehr in Elberfeld, Krefeld, Dortmund etc., am 10. wurde sogar ein Versuch gegen das Siegburger Zeughaus unternommen. In Düsseldorf kam es am 8. Mai zum ernsten Straßenkampfe wegen Verhinderung des Abmarsches der Truppen nach Elberfeld. In Elberfeld, wohin reicher demokratischer Zuzug strömte, bildete sich sogar ein Vertheidigungsausschuß zur Leitung des Aufstandes, der jedoch rechtzeitig unterdrückt wurde. Blutig war dagegen der Ausgang in Iserlohn, das von mehreren 1000 Kämpfern für die Reichsverfassung vertheidigt wurde, bis am 17. eine starke militärische Macht die Stadt erstürmte. Befand sich das Innere D-s nach dem Scheitern der Verfassung an Preußens Widerstand in dem traurigsten Chaos, so gewährte dagegen der im Norden von deutschen Truppen gegen die Dänen geführte Krieg dem Patriotismus die vollste Befriedigung. Vom 3. April an hatten die Dänen den Krieg aufs Neue begonnen; am 5. April wurde der Sieg bei Eckernförde errungen, der die Dänen 2 ihrer größten Kriegsschiffe kostete, u. am 13. April wurden die Schanzen bei Düppel erstürmt. Am 20. April überschritt General von Bonin die jütische Grenze u. schlug den General von Bülow bei Kolding am 23. April. Am 16. Mai begann die Belagerung von Friedericia, bis der am 10. Juli in Berlin geschlossene Waffenstillstand alle weiteren kriegerischen Unternehmungen unterbrach. [79] Österreich hatte unterdessen den Krieg in Italien durch die am 23. März gewonnene Schlacht von Novara glücklich beendet. Die Ungarn kämpften aber so hartnäckig gegen die österreichischen Heere, daß Fürst Schwarzenberg zu einem Bündnisse mit Rußland seine Zuflucht nehmen mußte. Die Hauptmacht der Russen betrat Anfang Juni den ungarischen Boden, u. von da an verlor die junge Republik fast täglich an Terrain. Während Preußen mit seiner Truppenmacht die revolutionären Elemente niederwarf, ging es mit der Centralgewalt in Frankfurt täglich mehr bergab. Die Nationalversammlung, soviel davon noch übrig war, arbeitete mit wahrer Hast an ihrem eigenen Untergange. Am 10. Mai stellte v. Reden den Antrag: dem Bruche des Reichsfriedens, den die preußische Regierung durch unbefugtes Einschreiten im Königreiche Sachsen sich hat zu Schulden kommen lassen, ist durch alle zu Gebote stehenden Mittel entgegenzutreten; die Bestrebungen des Volks für Durchführung der Reichsverfassung sind gegen jede Unterdrückung in Schutz zu nehmen; die provisorische Centralgewalt ist zur Durchführung dieser Beschlüsse aufzufordern. Nachdem der Antrag mit 188 gegen 148 Stimmen angenommen war, wurde beschlossen, den Reichsverweser um die Erklärung zu ersuchen, ob er schlennigst ein Ministerium zu bilden geneigt sei, das die Beschlüsse der Versammlung zu vollziehen übernehme. Nachdem der Erzherzog ausweichend geantwortet, beschloß die Versammlung mit 163 gegen 142 Stimmen, es sei die gesammte bewaffnete Macht D-s sammt Landwehr u. Bürgerwehr zur Aufrechthaltung der Reichsverfassung feierlich zu verpflichten, die Centralgewalt habe das demgemäß Erforderliche unverzüglich zu veranlassen. Das neue Reichsministerium, das der Reichsverweser endlich berief, bestand aus Grävell, Wittgenstein, Detmold, Merk u. Jochmus. Die Versammlung empfing dasselbe mit Mißachtung; in seiner Gegenwart stellte sie die aufrührerische Pfalz unter ihren Schutz u. erklärte die Abberufung der österreichischen u. preußischen Bevollmächtigten (letztere am 15. Mai eingetroffen) für nichtig. Am 20. Mai traten nun auch die Koryphäen der Centren, Gagern an der Spitze, aus. Über 2/3 der Abgeordneten waren ausgeschieden; die Rechte fehlte ganz, das Centrum größtentheils, nur Linke u. äußerste Linke waren noch vollständig. In Folge dessen wurde die beschlußfähige Anzahl der Mitglieder auf 100 herabgesetzt, was neue Austrittserklärungen veranlaßte. Extreme Beschlüsse folgten einander rasch. Endlich wurde am 30. Mai als letzter Beschluß mit 71 gegen 64 Stimmen Vogts Antrag angenommen: die nächste Sitzung wird im Laufe nächster Woche in Stuttgart abgehalten; sämmtliche abwesende Mitglieder sollten hierzu bis zum 4. Juni einberufen, die Centralgewalt wie die Bevollmächtigten der verfassungstreuen Staaten eingeladen werden, sich gleichfalls nach Stuttgart zu begeben. Der Präsident Reh legte hierauf sofort seine Stelle nieder. Damit schloß die letzte Sitzung in der Paulskirche. Das Rumpfparlament in Stuttgart wurde durch das Mißverhältniß des Willens zur Kraft zur Carricatur, u. sein Ausgang war eben so kläglich, als der Anfang der Nationalversammlung großartig gewesen. Nachdem die Versammlung an Stelle des Reichsverwesers eine Regentschaft, bestehend aus Raveaux, Vogt, Schüler, H. Simon u. Becher ernannt u. diese eine Anzahl Decrete erlassen hatte, welchen Niemand Folge leistete, ließ der württembergische Minister Römer am 18. Juni in Übereinstimmung mit den Kammern die Versammlung der Abgeordneten sprengen.

e) Das Dreikönigsbündniß. Während nun die letzten Monate alle Hoffnung auf eine Ausführbarkeit der Frankfurter Verfassung mehr u. mehr vernichtet hatten, war von Preußen aus der Plan zu einer anderweiten Neugestaltung D-s um so eifriger verfolgt worden, u. es kam am 26. Mai ein Bündniß zwischen Preußen, Hannover u. Sachsen (Dreikönigsbündniß) auf die Dauer eines Jahres zu Stande, dessen Zweck Erhaltung der äußeren u. inneren Sicherheit D-s, Unabhängigkeit u. Unverletzlichkeit der einzelnen Staaten u. gegenseitige Hülfsleistung war. Die neue Verfassung sollte alle Bundesländer umfassen, mit Ausnahme Österreichs, mit welchem ein weiterer Bund zu bilden sei, der die völkerrechtlichen Zielpunkte des Deutschen Bundes von 1815 festhalte. Baiern versagte dem Vertrage wenigstens vorläufig die Unterschrift, bes. wegen der dem Reichsvorstande (Preußen) eingeräumten umfassenden Befugnisse. Hierauf sich berufend, vollzogen auch Sachsen u. Hannover den Contract nur unter; jedoch erst später bekannt gewordenen Vorbehalten, Hannover hinsichtlich der Zustimmung Österreichs, Sachsen außerdem noch hinsichtlich der Zustimmung Baierns, u. überhaupt Beide unter der Voraussetzung des Beitrittes von ganz D. Österreich hatte schon unter dem 16. Mai ablehnend auf die Berliner Vorschläge geantwortet. Weitere Verhandlungen zwischen den beiden Cabineten führten zu keiner Verständigung. Am 11. Juni veröffentlichte Preußen eine Denkschrift als Erläuterung u. Begründung des Berliner Verfassungsentwurfes, um den Regierungen Gelegenheit zu ihren Beitrittserklärungen zu geben. Das Wesentliche des preußischen Verfassungsentwurfes war: Kein Kaiser, sondern ein Reichsvorstand (Preußen) an der Spitze eines Fürstencollegiums aus 6 Stämmen u. ein beschränktes Wahlsystem; die Feststellung des Verhältnisses Österreichs zum Deutschen Reiche bleibt gegenseitiger Verständigung vorbehalten; die drei Staaten errichten unter sich ein provisorisches Bundesschiedsgericht mit seinem Sitze zu Erfurt. Die meisten kleineren Regierungen waren schnell zum Beitritt bereit; auch fand Preußen eine unverhoffte Unterstützung in der Gagern'schen Partei, welche sich am 3. Juni in Frankfurt versammelt u. von dort die Einladung zu einem Nachparlamente an ihre Glieder erlassen hatte, welches sich am 26. Juni in Gotha versammeln sollte. Die Idee zu einer solchen Privatzusammenkunft der Partei war nach Veröffentlichung der octroirten Verfassung des Dreikönigsbündnisses entstanden; es sollte die gegenwärtige Lage des Vaterlandes in Erwägung gezogen u. über die geeigneten Mittel berathen werden, um auf das Zustandekommen der Wahlen zu einem gemeinsamen Deutschen Reichstage in verschiedenen Kreisen in übereinstimmender Weise hinzuwirken. Bei der am 26. Juni eröffneten Versammlung waren 160 ehemalige Parlamentsglieder erschienen, meist aus dem Norden D-s, aus Baiern nur 6, aus Baden u. Württemberg je 3. Als Ergebniß der dreitägigen Sitzung wurde ein Programm erlassen, dessen Unterzeichner sich verpflichteten, auf den Anschluß der dem Bündnisse noch[80] nicht beigetretenen Staaten an den der Berliner Conferenz dargelegten Entwurf hinzuwirken u. an den Wahlen zum nächsten Reichstag sich zu betheiligen. Die Partei trug von da an den Namen der Gothaischen Partei. Unterdessen hatte der auf Grund des Dreikönigsbündnisses zusammengetretene Verwaltungsrath am 18. Juni seine Thätigkeit begonnen. Beigetreten waren Baden, Bernburg, Weimar, Nassau, Strelitz, Kurhessen, Braunschweig, Altenburg, Hamburg, Schwerin, Reuß ä. L., Darmstadt, Reuß j. L., Oldenburg, Koburg-Gotha, Dessau, Köthen, Rudolstadt, Sondershausen, Meiningen, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe, Lübeck u. Waldeck, später noch Bremen. Nachdem der Verwaltungsrath sich in seiner Majorität für Berufung eines Reichstags nach Erfurt erklärt hatte, schieden der sächsische u. hannöversche Bevollmächtigte am 20. Octbr. aus u. verließen Berlin. Dieser Schritt änderte indeß nichts in der Sachlage, u. am 17. Novbr. wurde die Einberufung des Reichstages nach Erfurt definitiv angeordnet.

In der Zwischenzeit hatte sich in dem Verhältniß der deutschen Mächte wieder Vieles anders gestaltet. Am 22. Juni hatte Preußen seinen Bevollmächtigten bei der Centralgewalt abgerufen u. somit die letzte Verbindung mit derselben abgebrochen. Dies zeigte sich namentlich in dem von Preußen einseitig vollzogenen Abschluß des Waffenstillstandes mit Dänemark vom 10. Juli. Das Reichsministerium erklärte durch Rundschreiben vom 4. Aug., daß es zwar die thatsächliche Vollziehung des Vertrages nicht hindern könne, aber demselben die rechtliche Gültigkeit abspreche u. namentlich alle Ansprüche der Herzogthümer, D-s u. der Reichsgewalt an dem Abschlusse eines künftigen Friedens wahren müsse. Noch einmal entbrannte der Streit zwischen Preußen u. der Centralgewalt im Septbr., zunächst wegen der Verfügung über die Fregatte Gefion, die auf Anordnung der Reichsgewalt aus dem Hafen von Eckernförde in den Kieler Hafen bugsirt werden sollte. Der preußische Befehlshaber in Eckernförde widersetzte sich jedoch diesem Vorhaben, u. es lief darauf von Berlin die Weisung ein, jeden Versuch einer Abführung der Gefion mit Gewalt zu verhindern, so daß der Centralgewalt, als im Octbr. die Besorgniß vor einer Wegnahme des Schiffes durch die Dänen entstand, nichts übrig blieb, als den Befehlshaber desselben anzuweisen, die Gefion äußersten Falls in die Luft zu sprengen. Die Nordseeflotte wollte Preußen wieder gegen den Willen des Reichsverwesers in die Ostsee od. in die Elbmündung zur Überwinterung geführt wissen, u. nur der Umstand, daß der Reichsverweser von Hannover einen Vorschuß von 20,000 Thlrn. zu Soldzahlungen für die Flottenmannschaft erhielt, machte es demselben möglich, die Flotte auf hannöverschem u. oldenburgischem Gebiete bergen zu lassen.

f) Die ferneren Versuche zu einer Neugestaltung Deutschlands. Einigen Halt gewann das politische Leben D-s wieder, als zwischen Preußen u. Österreich am 30. Sept. endlich ein Vertrag zur provisorischen Ersetzung der provisorischen Bundescentralgewalt (Interim) durch Bevollmächtigte beider Staaten, bis 1. Mai 1850, abgeschlossen wurde. Die wirkliche Einsetzung derselben verzögerte sich indeß, da mehrere Regierungen ihre Zustimmung erst spät u. theilweis nur sehr bedingt, so bes. Baiern u. Württemberg, abgaben. Erst im November trafen die von beiden Staaten ernannten Bundescommissare, Kübeck u. Schönhals für Österreich u. Radowitz u. Bötticher für Preußen, in Frankfurt ein. Am 20. Dec. 1849 fand endlich die Übergabe der provisorischen Bundescentralgewalt von Seiten des Erzherzogs Johann an die. Bundescommissäre Fürst Schwarzenberg (von Österreich) u. Graf Bernstorff (von Preußen) u. somit der Rücktritt des Reichsverwesers Statt. Am 1. Jan. 1850 verließ der Erzherzog Frankfurt. Das Verharren Preußens bei seiner kleindeutschen Politik führte zu Anfang dieses Jahres zu einem lebhaften Notenwechsel mit Österreich. Österreich hatte unter dem 12. Nov. v. I. bereits gegen die Berufung des Reichstages, welche eine Verletzung der Bundespflichten enthalte, protestirt (welchem Protest Baiern sich anschloß) u. wiederholte am 28. Nov. die Einsprache, indem es die fortwährende Gültigkeit des Bundesrechtes behauptete u. die durch die europäischen Verträge gewährleistete Beständigkeit des Bundes in der Bundescentralcommission erkannte, während Preußen wenigstens die ununterbrochene Fortdauer der Bundesgewalt nicht zugestehen wollte u. darauf bestand, daß die Bundesglieder eine neue Form der Einigung suchen könnten, während den einzelnen Regierungen das Recht zustehe, sich ohne Verletzung der allgemeinen Bundespflichten näher an einander zu schließen. Hannover sagte sich am 21. Febr. 1850 völlig von dem Maibündnisse los u. Sachsen war auch daran, diesem Beispiele zu folgen, indem es sich bereits an einem eben jetzt aus Licht tretenden großdeutschen Gegenbunde betheiligte. Es waren nämlich inzwischen Baiern, Sachsen, Württemberg u. Hannover in Verhandlungen über einen neuen Sonderbund getreten, dem man den Namen des Vierkönigsbündnisses gab. Dasselbe beruhte auf einem neuen Entwurfe einer Reichsverfassung (an die Spitze des neuen Bundesstaates sollte ein Directorium, von Österreich, Preußen, den vier Königreichen u. beiden Hessen gebildet, treten, die Nationalversammlung aber aus 300 Mitgliedern, gewählt durch die Landstände, bestehen). Hannover verweigerte zuletzt seinen Beitritt; Österreich, Preußen u. die mit ihm verbündeten Staaten, die beiden Hessen ausgenommen, lehnten den Entwurf ab, u. von da an wurde seiner nicht weiter gedacht. Unterdessen hatte der Berliner Verwaltungsrath in seiner Sitzung vom 26. Febr. eine Zusatzacte zu dem Maientwurf angenommen, durch welche dem Bündniß nur der Name eines Vereins verblieb u. dem Recht der Kriegsführung gegen Mitglieder des Deutschen Bundes entsagt war. Die Berufung des zum Vereinstage zusammengeschrumpften Parlamentes war nun auf den 20. März festgesetzt. Gegenstände der Vereinbarung mit demselben sollten die Verfassung sammt Zusatzacte u. Wahlgesetz, so wie sofortige Einsetzung einer Vereinsregierung sein. Im Verwaltungsrathe trat Radowitz an Bodelschwinghs Stelle in den Vorsitz ein. Am 4. März war beschlossen worden, Hannover wegen seines Rücktrittes vor dem Bundesschiedsgerichte zu verklagen; der preußische Gesandte wurde am 6. aus Hannover abberufen. Die Spannung zwischen Preußen u. Österreich nahm indessen beständig zu. Noch am 26. Febr. hatte das Berliner Cabinet dem Wiener versichert, daß Preußen in Erfurt nur eine häusliche Angelegenheit betreiben u. nicht über die Grenzen des engeren Bundes hinaus gehen werde.[81] Trotzdem prokestirte Österreich noch durch Note vom 15. März wiederholt gegen den Vereinstag u. verband zugleich durch Note vom 24. März mit diesem Protest einen zweiten gegen die von Preußen mit mehreren Vereinsstaaten (Braunschweig etc.) geschlossenen Militärconventionen. Preußens Antwort vom 12. April war abweisend. So wurden denn die Vorbereitungen für das Erfurter Parlament mit Eifer betrieben. Der Verwaltungsrath schloß seine Sitzungen in Berlin, um nach Erfurt überzusiedeln.

Zur Leitung der parlamentarischen Verhandlungen in Erfurt wurden erwählt: Radowitz, Carlowitz aus Sachsen, Vollpracht aus Nassau, Lepel aus Darmstadt u. Liebe aus Braunschweig. Im Volke zeigte sich für die Reichstagswahlen große Gleichgültigkeit. Die demokratische Partei enthielt sich grundsätzlich aller Wahlen; in der Feindschaft gegen das Maibündniß trafen mit ihr zusammen die großdeutsche, ultramontane u. handelspolitische Partei. Nur die Gothaische Partei, aus deren Reihen die meisten Vertreter nach Erfurt deputirt waren, hielt die Hoffnung, Kleindeutschland zu einem Bundesstaate zu einigen, fest. Die Großdeutschen u. die Anhänger des specifischen Preußenthums, beide darauf ausgehend, durch eine Majorität im Parlamente den Bund zu sprengen, befanden sich in beiden Häusern in der Minderzahl. Am 20. März fand die Eröffnung des Unions parlamentes zu Erfurt statt. In beiden Häusern saßen Fürsten, Herzöge u. Prinzen u. nahezu 200 Beamte, zum Theil vom höchsten Range; das Staatenhaus zählte 68, das Volkshaus 175 Abgeordnete; die Gothaer Partei bildete die Linke, der Ultramontanismus u. das specifische Preußenthum die Rechte. Präsident im Staatenhause wurde v. Auerswald, im Volkshause Simson. Die raschen Verhandlungen führten endlich Mitte April zu der Enblocannahme der Verfassung. Die Restaurationspolitik, welche seit der Auflösung des Parlaments in fast allen deutschen Staaten den Status quo wieder herzustellen suchte, war indessen auch in Preußen längst hinter die Grenze zurück gegangen, welche sie das Jahr zuvor gezogen hatte. Die Erfurter Verfassung war den Restaurationspolitikern jetzt viel zu liberal, u. so wurde von Preußen selbst eine Beschränkung nach der anderen gefordert. Als die Arbeiten der Versammlung beendigt waren, folgte sofort am 29. April die Vertagung derselben, ohne daß eine Erklärung der Regierungen über die Billigung der gefaßten Beschlüsse abgegeben worden wäre. Damit endete jede volksthümliche Betheiligung an den politischen Angelegenheiten D-s Die Leitung der Geschicke D-s ging von nun an wieder allein in die Hände der Diplomatie über.

Die Staatshandlungen der seit 20. Decbr. 1849 fungirenden provisorischen Centralgewalt (Interim) beschränkte sich auf die Verhinderung der von Württemberg beabsichtigten einseitigen Aufhebung des Postlehnsvertrages mit dem Hause Taxis, ferner auf die Einmischung in den mecklenburgischen Verfassungsstreit u. die in deren Folge unter dem 28. März angeordnete Bestellung eines Schiedsgerichtes, endlich auf das Gebotan die Statthalterschaft von Schleswig-Holstein, sich den Bestimmungen des Waffenstillstandes vom 10. Juli 1849 nicht zu widersetzen, der Verwaltung Schleswigs sich zu enthalten u. jedes militärische Einschreiten zu unterlassen, wozu Preußen wieder neu ermächtigt wurde. Die Verhandlungen über eine Erneuerung des Interim, dessen Zeit am 1. Mai ablief, hatten zu keinem Resultat geführt, die Cabinete von Wien u. Berlin konnten sich einestheils darüber nicht verständigen, anderentheils zeigten die übrigen deutschen Regierungen, zumal die Königshöfe, geradezu Abneigung gegen eine solche Maßregel. Nun bemächtigte sich das im Innern wieder befestigte Österreich der Leitung der deutschen Angelegenheiten u. lud alle Bundesregierungen ein, Bevollmächtigte zu einer am 10. Mai zu haltenden Plenarversammlung nach Frankfurt zu senden, um durch dieselbe zunächst die Bildung eines neuen provisorischen Centralorgans u. dann eine Revision der Bundesverfassung vornehmen zu lassen. Dem entgegen erließ Preußen am 1. Mai eine Einladung an die Unionsfürsten (mit Ausnahme des Königs von Hannover) zu einem Fürstencongresse nach Berlin Am 9. Mai wurde der Congreß eröffnet. Von den Eingeladeneu fehlten nur der König von Sachsen, der Großherzog von Hessen u. der Herzog von Nassau, welche beide Letztere jedoch durch den Kurfürsten von Hessen u. den nassauischen Ministerpräsidenten Wintzingerode vertreten waren. In seiner Eröffnungsrede erklärte sich der König bereit, Österreichs Anmuthungen nöthigen Falls mit gewaffneter Hand entgegenzutreten. Da die Congreßmitglieder sich über Annahme der Erfurter Verfassung nicht einigen konnten, so entschied sich die Majorität für eine Provisorische Unionsregierung, aus dem Unionsvorstand, dem Fürstencollegium u. einem zwischen Beiden stehenden Ministerialorgane bestehend; als Schlußtermin des neuen Provisoriums wurde der 15. Juli 1850 allgemein angenommen. Die Frage wegen Beschickung des Frankfurter Congresses wurde einstimmig bejaht; von der überwiegenden Majorität aber der preußischen Auffassung gemäß anerkannt, daß dem Congresse der Charakter des früheren Bundesplenums in keiner Weise zukomme, derselbe vielmehr lediglich als eine Vereinigung der 35 deutschen Regierungen zu bestimmten Zwecken zu betrachten sei, weshalb der Zusammenkunft auch kein Recht zugestanden werde, Beschlüsse im Namen des Bundes zu fassen, welche für die nicht zustimmenden Regierungen bindend wären. Mit dem Schluß des Fürstencongresses am 16. Mai war nichts Anderes gewonnen, als ein neues Provisorium u. die Gewißheit, daß manche der verbündeten Regierungen nur noch durch ein sehr lockeres Band an der Union hingen, wie denn auch Sachsen (5. Juni) u. Strelitz in kürzester Zeit von derselben zurücktraten. An demselben Tage, an welchem der Berliner Fürstencongreß zusammentrat (9. Mai), war auch der Congreß in Frankfurt als außerordentliche Plenarversammlung des Deutschen Bundes vom Grafen Thun eröffnet worden. Von den 17 Stimmen des alten Bundes waren nur 9 vertreten: Österreich, Baiern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogthum Hessen, Tänemark wegen Holstein u. Niederlande wegen Luxemburg; die Zulassung des dänischen Gesandten erfolgte ungeachtet des von Baiern dagegen erhobenen Widerspruches. Die Abgeordneten der Union fanden sich zwar auch bald ein, ohne sich jedoch mit der sogenannten Plenarversammlung zu vereinigen, da Österreich auf die Forderung Preußens nicht einging, wonach die Berathungen den Charakter freier Conferenzen annehmen sollten. Bei der immer[82] schrofferen Stellung, welche Österreich Preußen gegenüber annahm, suchte das Letztere durch Rußlands Vermittelung seinem Ziele näher zu kommen. Am 27. Mai traf der Prinz von Preußen in Warschau mit dem Kaiser von Rußland zusammen; auch der österreichische Ministerpräsident Schwarzenberg erschien daselbst. Der Kaiser erklärte sich aufs Bestimmteste für Aufrechthaltung der Verträge von 1815, u. so blieb die Warschauer Conferenz für Preußen ohne das gewünschte Resultat.

Das provisorische Fürstencollegium der Union wurde an Stelle des Verwaltungsrathes am 12. Juni in Berlin constituirt; doch fehlten bei der Vertretung bereits Sachsen, Hannover, Strelitz, Kurhessen, Großherzogthum Hessen u. Lippe-Schaumburg. Trotz der dadurch herbeigeführten Reduction der Union auf ein, abgesehen von Preußen, sehr geringes Gebiet, begannen die Verhandlungen. Das Provisorium vom 14. Mai wurde am 5. Juli auf weitere drei Monate verlängert. Die ersten Verhandlungen des Fürstencollegiums betrafen ein neues Wahl- u. Preßgesetz, ein Gesetz über Reichsbürger- u. Heimathsrecht etc. Unterdessen war zwischen Berlin u. Wien über die verschiedenen Differenzen verhandelt worden, namentlich über die Abführung der badenschen Truppen nach Preußen; über Hamburg, wo seit der in Folge des Waffenstillstandes den preußischen Waffen widerfahrenen Beschimpfung noch immer preußische Truppen standen; endlich über Schleswig-Holstein, dessen Pacification Österreich eifrig betrieb. Die meisten Noten betrafen die Wiedereinsetzung des Bundestages. Preußen hielt an der Auffassung fest, daß durch das Gesetz vom 28. Juni 1848, über Gründung einer provisorischen Centralgewalt die Bundesversammlung nicht nur thatsächlich, sondern auch rechtlich zu bestehen aufgehört habe. Gemäß dieser Ansicht verweigerte Preußen auch die Gutheißung der weiteren Schritte des Frankfurter Congresses, welcher sich am 2. Septbr. aus einer außerordentlichen in eine ordentliche Plecarversammlung umgewandelthatte. An dieser Umwandelung nahmen Theil: Österreich, Baiern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Hessen-Darmstadt, Holstein, Luxemburg, Strelitz, Liechtenstein, Schaumburg-Lippe u. Hessen-Homburg. Außer der Ratification des Friedensvertrages mit Dänemark war bes. Gegenstand der ersten Verhandlungen die Fortdauer der Bundescentralcommission für die Verwaltung des Bundeseigenthums (Interim). Nachdem hinsichtlich der letzteren Angelegenheit beantragt worden war, daß die österreichische Regierung deshalb geeignete Vorschläge machen möge, gab diese die Erklärung ab, sie sehe sich außer Stande, bezüglich der Niedersetzung einer sogenannten neutralen Commission Vorschläge zu machen, u. überlasse deshalb die Initiative Preußen, welches die Bildung einer solchen Commission verlange; jedoch erklärte sich Österreich für die Beendigung der bisherigen Thätigkeit der Bundescommission u. deren alleinige Beschränkung auf die, die Verwaltung des Bundeseigenthums betreffenden Fragen. Demgemäß rief es auch seine Beamten größtentheils ab.

Soweit waren die Verwickelungen gediehen, als die Zustände in Hessen-Kassel einen förmlichen Bruch zwischen Österreich u. Preußen herbeizuführen drohten. Da nämlich der hessische Minister Hafsenpflug, welcher seit dem 23. Febr. 1850 an die Spitze des Ministeriums getreten war, mit seinen verfassungswidrigen Verfügungen nicht nur bei der Landesvertretung, sondern selbst bei den eigenen Regierungsbehörden auf energischen Widerstand stieß, so sah er sich veranlaßt, vom Bundestage militärische Hülfe zur Unterdrückung der gegen ihn gerichteten Bewegung zu requiriren (vgl. Hessen-Kassel). Während um diese Zeit, den 12. Octbr., eine. Zusammenkunft in Bregenz zwischen dem Kaiser von Österreich u. den Königen von Baiern u. Württemberg den Großdeutschen Bund neu befestigte, rief Preußen nochmals die Vermittelung Rußlands an. In Folge dessen fand 25. Oct. die zweite Warschauer Conferenz statt, auf welcher die beiden Ministerpräsidenten von Österreich u. Preußen, Graf Brandenburg u. Fürst Schwarzenberg, persönlich mit einander verhandelten. Die Verhandlungen führten zu keinem Resultate; aber Österreichs Stellung verstärkte sich durch Rußland begünstigt. Die von dem kurhessischen Ministerium vom Bunde erbetene Hülfe war zugesagt, u. trotz Preußens Protest rückten am 1. Nov. Baiern u. Österreicher als Bundestruppen in Hessen ein; dagegen trafen auch schon am 2. Nov. Preußen in Kassel ein. Dem Kurfürsten notisicirte der Commandirende, General v. d. Gröben, seinen Einmarsch als einen freundlichen, der nur die Besetzung der preußischen Etappenstraßen zum Zweck habe; der kurhessische Bevollmächtigte bei dem Bundestage dagegen bezeichnete denselben als feindliche Invasion u. rief die Hülfe des Bundes an. Demselben machte Preußen jetzt wesentliche Concessionen: es rief seine Militärpflichtigen aus dem schleswig-holsteinischen Heere ab u. zog seine Truppen aus Hamburg u. Baden zurück. Dem Bunde genügten diese Concessionen nicht; Preußen sollte auch Hessen räumen. Da beschloß der König, das ganze preußische Heer sammt Landwehr mobil zu machen, u. an den General v. d. Gröben ging die Weisung, nunmehr blos nach militärischen Rücksichten zu verfahren. Der Krieg schien unvermeidlich; die Preußen wie die Bundestruppen rückten vorwärts. Sie begegneten sich am 8. Novbr. bei Bronzell, wo einige Schüsse gewechselt wurden; auf ein ernstliches Gefecht war es nicht abgesehen. Die Preußen zogen sich zurück u. räumten selbst ihre Stellung bei Fulda. Beide Heere nahmen eine zuwartende Stellung ein, u. bis zum 15. war eine Demarcationslinie gezogen, die vorläufig alle Conflicte unmöglich machte. Preußen, an dem Zustandekommen der Union verzweifelnd, trat von Neuem in diplomatischen Verkehr mit Österreich, deren Ende war, daß auf Andringen des Bundestages der österreichische Gesandte in Berlin am 25. Novbr. die bestimmte Anfrage an das preußische Cabinet richtete, ob die Regierung die Bundestruppen nach Kassel durchlassen wolle od. nicht; eine definitive Erklärung sei binnen 48 Stunden abzugeben. Die Lösung dieser Frage wurde auf der Olmützer Conferenz gegeben, welche zwischer Schwarzenberg u. Manteuffel, unter Assistenz des russischen Gesandten v. Meyendorf, am 29. u. 30. November stattfanden. Man einigte sich über eine Punctation von vier Paragraphen als Basis eines friedlichen Abkommens: hinsichtlich Kurhessens u. Schleswig-Holsteins erklären beide Regierungen ihre Absicht, eine definitive Regelung der betreffenden Verhältnisse durch die gemeinsame Entscheidung aller deutschen Regierungen herbeizuführen; behufs der Cooperation der in Frankfurt vertretenen,[83] wie der auf Seite Preußens stehenden Regierungen soll beiderseits je ein Commissär ernannt werden, welche über die gemeinschaftlich zu treffenden Maßregeln in Einvernehmen zu treten haben; wegen Kurhessens u. der Herzogthümer wird vorläufig festgestellt: Preußen stellt der Action der vom Kurfürsten von Hessen herbeigerufenen Truppen kein Hinderniß in den Weg; ein Bataillon Preußen u. ein Bataillon von den Bundestruppen sollen mit Zustimmung des Kurfürsten in Kassel verbleiben; nach Holstein werden Österreich u. Preußen schleunigst Commissäre schicken, welche im Namen des Bundes unter Androhung von Execution von der Statthalterschaft Einstellung der Feindseligkeiten, Zurückziehung der Truppen hinter die Eider u. Reduction der Armee auf 1/3 der jetzigen Stärke verlangen; beide Regierungen werden aber auch auf das dänische Gouvernement einwirken, daß dasselbe im Herzogthum Schleswig nicht mehr Truppen aufstelle, als zur Erhaltung der Ordnung nothwendig sind. Die Ministerialconferenzen werden unverzüglich in Dresden stattfinden; die Einladung dazu wird von Österreich u. Preußen gemeinschaftlich ausgehen, so daß die Eröffnung Mitte Decbr. erfolgen kann.

Die nächste Folge dieses Vertrages war die Pacificirung Holsteins. Die österreichischen u. preußischen Commissäre, Graf Mensdorff u. General von Thümen, trafen am 6. Januar 1851 in Kiel ein u. stellten, außer den durch die Olmützer Punctation bestimmten Forderungen, auch die weiteren Bedingungen auf Auflösung der Landesversammlung u. Einstellung aller für Fortsetzung der Feindseligkeiten angeordneten Maßregeln. Im Weigerungsfalle wurde der Einmarsch von 50,000 Mann Österreicher u. Preußen angedroht. Statthalterschaft u. Landesversammlung unterwarfen sich am 11. Jan. den preußisch-österreichischen Forderungen. Unterdessen war auch Hessen-Kassel durch die Bundesexecution vollständig beruhigt. Am 16. trafen die Commissäre Österreichs u. Preußens, Graf Leiningen u. General Peucker, am 22. die Bundestruppen in Kassel ein. Auch in den andern Ländern wurden die Spuren der durch die Revolution hergestellten Zustände mehr u. mehr verwischt. In Sachsen lebte unter Mitwirkung der alten Stände die frühere Verfassung von 1831 in ihrer Integrität wieder auf; in Mecklenburg wurde die alte Verfassung durch Schiedsgerichtsspruch wieder hergestellt; im Großherzogthum Hessen fand im September wegen Steuerverweigerung eine Kammerauflösung statt, worauf eine neue 1. Kammer wie ein neues Wahlgesetz octroyirt wurden. Auch Württemberg erlebte im November die Auflösung der Landesversammlung, da dieselbe die Kosten der Kriegsrüstung für den Bundestag nicht verwilligt hatte, worauf ernste Conflicte zwischen Regierung u. ständischem Ausschuß ausbrachen. Gegen die periodische Presse wurden fast überall, namentlich in Preußen, Sachsen, Strelitz etc., strenge Maßregeln ergriffen. Die Eröffnung der Ministerialconferenzen zu Dresden im Brühl'schen Palais geschah am 23. Decbr. durch Fürst Schwarzenberg. Als Aufgabe der Conferenzen wurde von ihm, gegen die ursprüngliche preußische Auffassung, nur die Revision der Bundesacte u. der aus ihrer Entwicklung hervorgegangenen Gesetze bezeichnet; Zweck dieser Revision solle namentlich die Stärkung des monarchischen Princips sein. In derselben Zeit hielt das Fürstencollegium in Berlin seine letzte Sitzung, nachdem ein gemeinsames Auftreten in den Dresdener Conferenzen verabredet worden war. Noch einmal hatten die bisher treu gebliebenen Regierungen ihr Festhalten an der Union erklärt, mit Ausnahme Badens u. Schwerins, die (Letzteres Ende Novbr. 1850) förmlich austraten. Anfang Jan. 1851 begannen die eigentlichen Arbeiten der Dresdener Conferenzen. Die Verhandlungen führten zu keinem Ziel. Das Zustandekommen eines fester geschlossenen Staatenbundes mit einer nur von 11 Stimmen abhängigen Executivbehörde (an Stelle des aus 17 Stimmen bestehenden Bundesraths) scheiterte an dem Widerstande der um ihre Souveränetät besorgten kleineren Staaten. Ebenso fiel das Project einer Bundesmilitärmacht von 125,000 Mann, welche stets zur Verfügung der Centralbehörde stehen sollte, aus denselben Gründen. Als endlich am 15. Mai die Conferenzen geschlossen wurden, befanden sich die Angelegenheiten fast noch auf demselben Standpunkte, wie vorher. Während dieser Zeit war der Bundestag beständig thätig gewesen; er hatte namentlich die Execution in Kassel wie das Vorschreiten in Holstein geleitet, an dem auch nun Preußen Theil nahm, trotz der bisher verweigerten Anerkennung der Bundesbehörde. Am 7. Febr. betraten die österreichischen Truppen als Bundestruppen den holsteinischen Boden u. besetzten gemeinschaftlich mit einem preußischen Truppenkörper das Land. Eine neue in Kiel von den Commissären eingesetzte Oberste Landesregierung aus fünf Mitgliedern, unter der Oberaufsicht der Bundescommissäre, sollte zugleich über die Aufhebung. od. das Fortbestehen der seit 1848 erlassenen Gesetze u. Verordnungen entscheiden. Die reducirte holsteinische Armee erhielt einen dänischen Oberbefehlshaber, Friedrichsort wurde von den Dänen besetzt, ebenso das Kronenwerk der Festung Rendsburg, während diese selbst österreichische u. preußische Besatzung erhielt. Die Verbindung Schleswigs mit Holstein wurde thatsächlich gelöst; in Schleswig die Dänische Sprache als Kirchen- u. Schulsprache eingeführt u. die Absetzung u. Verbannung über eine bedeutende Anzahl deutschgesinnter weltlicher u. kirchlicher Beamten ausgesprochen. So nahmen die Dinge in Holstein fast ganz dieselbe Gestalt an, welche sie vor 1848 hatten.

D) Von der Wiederherstellung des Bundestags bis auf die Gegenwart. Der Bundestag, wie er vor 1848 bestanden hatte, war die letzte Zuflucht für die deutschen Regierungen, um aus dem Provisorium herauszukommen; auch Preußen erkannte dies endlich an. Die Bundesversammlung trat Ende Mai 1851 in ihrer früheren Zusammensetzung wieder in Wirksamkeit, eine feierliche Neueröffnung erfolgte nicht, nicht einmal begann eine neue Numerirung der Protokolle mit Preußens Eintritt, obgleich der preußische Gesandte den vor seinem Eintritt in die Versammlung gefaßten Beschlüssen die Anerkennung verweigerte. Die Bundescentralcommission wurde am 5. Juni aufgelöst u. die von ihr besorgte Verwaltung des Bundeseigenthums vorläufig einem Siebener-Ausschuß überwiesen. Noch immer hielt Österreich an dem Gedanken fest, mit seinen gesammten Provinzen in den Bund einzutreten. Doch scheiterte dieser Plan theils an dem Verhalten [84] Preußens, welches am 3. Octbr. mit seinen östlichen Provinzen wieder aus dem Verbande trat, theils an dem Widerspruch Frankreichs u. Englands. Auf ähnliche Schwierigkeiten stieß Österreich bei der Frage über die deutsche Flotte, als Preußen die Zurückerstattung der zur Unterhaltung derselben gemachten Vorschüsse forderte. Österreich wünschte die Flotte in der Weise zu erhalten, daß sie in drei Abtheilungen, eine österreichische für das Adriatische Meer, eine preußische für die Ostsee u. eine von den übrigen Staaten zu stellenden für die Nordsee, getheilt werde, u. verlangte für jede Abtheilung eine jährliche Dotation von 1 Mill. Thaler. Die Mehrzahl der Bundesstaaten sprach sich gegen das Project aus; namentlich forderte Preußen, sich gegen jedes weitere Opfer verwahrend, eine baldige Entscheidung über das Schicksal der verhandenen Flotte, u. auch die Binnenstaaten zeigten meist keine Geneigtheit für fernere Zahlungen. Darauf beschloß der Bundestag, es soll den einzelnen deutschen Staaten überlassen bleiben, die vorhandene Nordseeflotte gegen Regulirung der darauf haftenden Entschädigungsansprüche aufzulösen od. eine neue Nordseeflotte zu bilden. In der Sitzung vom 8. Juli stellten Österreich u. Preußen einen Antrag auf Errichtung einer Bundescentralpolizei; derselbe fand jedoch bei den, um ihre Selbständigkeit besorgten Mittelstaaten so wenig Unterstützung, daß das Project aufgegeben wurde. Ein Bundesbeschluß vom 23. August erklärte auf Antrag Österreichs die Grundrechte für ungültig u. forderte die Einzelregierungen auf, alle dem allgemein anerkannten Bundesrechte widersprechenden Bestimmungen aus den Gesetzgebungen ihrer Länder, nöthigenfalls mit Zuziehung der Bundeshülfe, zu entfernen. Die Bundesverfassung selbst ernannte aber einen Ausschuß, welcher die Verfassungen mit Rücksicht auf ihre etwa bundeswidrigen Bestandtheile prüfen sollte. Zugleich wurde hinsichtlich der Presse beschlossen, daß der betreffende Ausschuß schleunigst Vorschläge über allgemeine Bestimmungen zur Verhinderung des Mißbrauchs der Presse einreichen solle, den Regierungen aber wurde zur Pflicht gemacht, die vorhandenen gesetzlichen Mittel zur Unterdrückung u. Bestrafung von Zeitschriften anzuwenden, welche atheistische, socialistische od. andere auf den Umsturz berechnete Lehren verbreiteten. Das Material der Dresdener Commissionsarbeiten wurde am 10. Juli an drei Ausschüsse zur weiteren Verarbeitung überwiesen; ein wesentliches Resultat ist jedoch aus den Arbeiten derselben nicht gewonnen worden. Ersprießlicher waren die wegen Beschleunigung des Geschäftsganges vom Bunde gefaßten Beschlüsse, wonach eine bestimmte kurze Frist für Einholung der Instructionen festgesetzt wurde, nach deren Verlauf die säumige Regierung für zustimmend erachtet werden sollte. Auf Österreichs Antrag wurde der Beschluß vom 7. Nov. gefaßt, betreffend die Veröffentlichung der Bundestagsverhandlungen im Auszuge u. soweit sich dieselben für die Öffentlichkeit eigneten. Wirklich brachte auch die Oberpostamtszeitung vom 12. Dec. die erste derartige Mittheilung. Preußen erklärte sich jedoch von vorn herein gegen eine solche unvollständige u. darum leicht mißverständliche Publication, u. deshalb unterblieben die ferneren Veröffentlichungen. Bezüglich der militärischen Verhältnisse sanctionirte der Bundestag am 6. August den Dresdener Gesammtbeschluß, wonach sämmtliche Bundesmitglieder verpflichtet sein sollten, binnen acht Tagen nach Verlangen des Bundes eine Militärmacht von 2/5 der Contingente marschfertig aufzustellen. Für den Schutz der Bundesversammlung aber wurde am 30. Septbr. der Antrag auf Aufstellung eines Armeecorps, nächst der Frankfurter Garnison aus preußischen, baierischen, hessischen u. nassauischen Truppen bestehend, zum Beschluß erhoben.

Die Thätigkeit des Bundestages in Bezug auf besondere Verhältnisse einzelner Personen u. Staaten wurde zunächst von dem Herzoge von Augustenburg in Anspruch genommen, indem derselbe am 22. Juni einen Protest gegen die ihn betreffende königliche dänische Verfügung vom 10. Mai einreichte u. die Verwendung des Bundes wegen Wiedererstattung seiner Güter anrief. Die Angelegenheit wurde einem Ausschusse überwiesen, kam jedoch zu keiner Entscheidung, da Preußen seine Vermittelung zur Auswirkung einer gütlichen Abfindung des herzoglichen Hauses erbot (s.u. Dänemark). Eine Beschwerdeschrift des Hamburger Senats vom 8. Juli wegen der von dem Befehlshaber der österreichischen Bundestruppen in Folge eines Zusammenstoßes des Volkes mit seinen Truppen in der Vorstadt St. Pauli über diesen Stadttheil verhängten Besetzung durch österreichisches Militär, wurde vom Bundestage am 1. Aug. unter der Erklärung abgewiesen, daß der österreichische General den Umständen gemäß nicht anders habe handeln können, daß es jedoch dem Senat unbenommen sei, eine Berechnung über die Kosten der Besetzung beizubringen. Die Ritterschaft von Lüneburg u. Osnabrück beschwerte sich gegen die hannöversche Regierung wegen der von dieser mit den Kammern einseitig beschlossenen Änderung der Provinzialverfassungen, wogegen die Ritterschaft sich das Recht der Zustimmung bei Reorganisation ihrer eigenen Corporation gewahrt wissen wollte. Der Bundestag forderte unter dem 3. Octbr. die Regierung auf, in der Sache nicht weiter vorzuschreiten; der bald darauf erfolgende Wechsel des hannöverschen Cabinets brachte aber von selbst eine Wendung in die Verhältnisse. Der Senat von Bremen rief am 17. Nov. die Hülfe des Bundestags gegen die renitente Bürgerschaft an, worauf im März 1852 ein Bundescommissär nach Bremen abgesandt wurde, um die Verfassungsabänderungen durchzusetzen (s.u. Bremen) Während Preußen auf dem Felde der deutschen Politik von Österreich überflügelt war, suchte es seine Stellung auf dem Gebiete der Handelspolitik zu erhalten u. zu kräftigen. Der deutsche Zollverein, den es geschaffen u. groß gezogen hatte, vereinigte Preußen mit dem außerösterreichischen Deutschland zu einem geschlossenem Ganzen, dessen Auflösung, so oft sie vielleicht durch die particulare Politik einzelner Staaten gewünscht wurde, an den materiellen Interessen des Volkes, namentlich des Handelsstandes scheiterte. Am 7. Septbr. 1851 erhielt der Zollverein (s.d.) durch den Beitritt Hannovers, welchem später auch Oldenburg u. Schaumburg-Lippe folgten, einen wichtigen Zuwachs. Da aber die übrigen Staaten des Zollvereins, verletzt durch die, ohne irgend eine Zuziehung von ihrer Seite geschehene Abschließung des Vertrags, keine Neigung zeigten, demselben ohne Weiteres beizutreten, mußte sich Preußen entschließen, [85] Mitte November den Zollverein zu kündigen, unter der Erklärung, daß die bestehenden Verträge nur unter denjenigen Modificationen in die neue Vereinsperiode übergehen könnten, welche sich einestheils unmittelbar aus dem preußisch-hannöverschen Vertrage anderntheils aus den gesammelten Erfahrungen ergäben. Die Kündigung wurde jedoch von keiner anderen Regierung erwidert, so daß das Fortbestehen des Vereins in der bisherigen Weise noch für die nächsten 12 Jahre gelten mußte. Diesen kritischen Zeitpunkt nahm nun Österreich wahr, um die Aufnahme seines ganzen Staatencomplexes in den Zollverein durchzusetzen. Am 25. November schrieb die österreichische Regierung für den 2. Jan. des nächsten Jahres einen Handels- u. Zollcongreß der deutschen Staaten nach Wien aus, dessen Beschickung Preußen am 6. December ablehnte. Während auf diese Weise die Zolleinigung noch als Project stehen blieb, war Österreich bereits in Bezug auf das Post- u. Telegraphenwesen mit D. verschmolzen. Außer Limburg u. Lauenburg waren sämmtliche deutsche Staaten 1851 dem Postvereine beigetreten. Weitere Erleichterung des internationalen Verkehrs zwischen einzelnen deutschen Bundesstaaten schuf die, am 11. Juli zwischen 18 deutschen Regierungen zu Gotha abgeschlossene Übereinkunft über die Landesangehörigkeit u. die gegenseitige Verpflichtung zur Übernahme von Personen, die keinen festen Wohnsitz haben, welchem Vertrage später noch mehrere andere deutsche Staaten beitraten.

In den einzelnen Staaten machte die Restauration weitere Fortschritte. Die Aufhebung der Grundrechte, gemäß dem Bundesbeschlüsse, erfolgte unter vergeblichen Protestationen der meisten Kammern in allen Staaten, welche dieselben einst angenommen hatten, doch zumeist unter der Zusicherung, daß die aus ihnen in die Landesverfassung übergegangenen Bestimmungen unangetastet bleiben sollten. Nicht minder wurden, in Folge der Aufforderung des Bundestages, allenthalben strenge Preßgesetze erlassen u. das Vereinsrecht beschränkt. Die Schwurgerichte wurden in Österreich aufgehoben, anderwärts mehrfach modificirt. Staatsprocesse waren noch in nicht geringer Anzahl im Gange, wie der Oberlautenbacher im Großherzogthum Hessen, der Pfälzer Aufruhrproceß u. der Rottweiler u. Ludwigsburger in Württemberg. Auf dem Gebiete der Kirche strebten die Regierungen die Bekenntnißfreiheit einzuschränken. In Preußen erlangte die katholisch-bischöfliche Gewalt durch mehrere nicht unwichtige Zugeständnisse eine Erweiterung, während in Baiern die Regierung wenig Geneigtheit zeigte, auf die vom Episkopat erhobenen Ansprüche einzugehen. Österreich verbot unter dem 16. November alle unter dem Namen Lichtfreunde, Deutschkatholiken u. Freie Gemeinden entstandenen Vereine, nachdem Sachsen schon unter dem 11. August die Freien Gemeinden untersagt, Baiern diesen u. den Deutschkatholiken unter dem 2. November die früher zugestandenen Rechte wieder entzogen hatte; in gleicher Weise ging auch Preußen gegen die Freien Gemeinden mit Maßregeln vor, welche deren weitere Existenz mehr u. mehr unmöglich machten. Im Jahre 1852 kam die Frage über die deutsche Flotte zur definitiven Lösung. Da Preußen das Anerbieten machte, die Schiffe Gefion u. Barbarossa zu dem Taxwerth von 262,000 u. 451,200 Fl. baar zu übernehmen u. darauf 160,000 Fl. baar einzuzahlen, den Restbetrag aber auf seine Flottenbeiträge in Gegenrechnung zu bringen, so beschloß der Bundestag, nachdem Hannover vergeblich die Bildung eines Nordseeflottenvereins angestellt hatte, am 2. April die sofortige Auflösung der Flotte u. ließ am 10. April die bezeichneten Schiffe an Preußen ausliefern. Da auf die übrigen Schiffe keine annehmbaren Gebote erfolgten, so wurde zur Versteigerung geschritten. Unter dem 27. April ging den vier Freien Städten von Bundeswegen die Mahnung zu, ihren Verfassungen den Charakter christlicher Staaten zu bewahren, wobei zugleich dem Senat von Hamburg die Punkte des Verfassungsentwurfes von 1850 bezeichnet wurden, gegen welche der Bund Einsprache erhob. In den Frankfurter Verfassungswirren wurde dem Senat durch Beschluß vom 12. August die Rückführung der Verfassung auf die Bestimmungen der Ergänzungsacte vom Jahre 1816 zur Pflicht gemacht. Rücksichtlich Kurhessens endlich setzte der Bundesbeschluß vom 27. März die Verfassung von 1831 nebst den Ergänzungen u. Abänderungen von 1848 bis 1849 außer Wirksamkeit u. forderte die Regierung auf, eine dem Resultate der Besprechungen zwischen ihr u. den Bundescommissären entsprechende revidirte Verfassung nebst Wahlgesetz u. Geschäftsordnung alsbald zu veröffentlichen. Die schleswigholsteinische Angelegenheit fand ihre Erledigung, indem am 29. Juli die von Österreich u. Preußen mit Dänemark getroffenen Übereinkünfte in Betrest Holsteins u. Lauenburgs vom Bundestage angenommen wurden, während am 12. August das Gesuch zum Einschreiten gegen die von Dänemark für ungültig erklärten holsteinischen Anleihen ohne Berücksichtigung blieb. Zum Ausbau der Bundesfestungen wurden 500,000 Fl. bewilligt. Für die Ausgleichung der Kriegskosten seit 1848 wurde Preußens Verlangen, daß Berechnungen der Leistungen Seitens aller Regierungen aufgestellt. würden, von der Mehrheit angenommen u. somit Österreichs am 12. August gestellter Antrag auf Verzichtleistung od. nur annähernde Abfindung der am stärksten betroffenen Regierungen beseitigt. Der Beschluß vom 24. Juni ordnete den Gerichtsstand der Bundestruppen in Strafsachen. Am 30. December erfolgte die Anerkennung des französischen Kaiserreiches von Seiten des Deutschen Bundes.

Bei dem am 5. Januar 1852 in Wien eröffneten Zollcongreß waren vertreten Königreich Sachsen, Baiern, Württemberg, Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Baden u. Nassau, doch wohnten auch Bevollmächtigte von Hannover, Oldenburg, Braunschweig u. den Freien Städten den Verhandlungen bei. Die Berathungen währten bis zum 20. April u. ergaben kein definitives Resultat. Unterdessen hatte auch Preußen unter dem 6. März die Zollvereinsstaaten zum Zollcongreß nach Berlin für Mitte April eingeladen u. dabei dem Wiener Cabinet die Mittheilung gemacht, es handle sich dabei nicht um freie, von bisherigen Grundlagen unabhängige Berathungen, sondern um die weitere Fortsetzung des Zollvereines unter dem Hinzutritt neuer Mitglieder. Anfang April waren jedoch die Vertreter von Baiern, Sachsen, Württemberg, Baden, den beiden Hessen u. Nassau zu Darmstadt zusammengetreten u. hatten es als Aufgabe ihrer Staaten anerkannt, bei den in Berlin zu eröffnenden[86] Zollverhandlungen gemeinsam dahin zu wirken, daß eine Verständigung zwischen Österreich u. den Staaten des Zollvereines gleichzeitig mit dessen Erneuerung u. Erweiterung durch den Anschluß des bisherigen Steuervereines erreicht werde (Darmstädter Coalition). In diesem Sinne unterhandelte der handelspolitische Sonderbund im Laufe der nächsten Monate mit Preußen, welches aber endlich erklärte, daß es mit der Gesammtheit der Zollvereinsglieder nicht weiter unterhandeln könne, u. die einzelnen Regierungen zur Vereinbarung eines neuen Zollverbandes aufforderte, u. da Österreich selbst von einem friedlichen Entgegenkommen die beste Förderung seiner Wünsche erwartete, so wurde nach der von Preußen erklärten Bereitwilligkeit, auf Verhandlungen wegen eines Zollvertrages einzugehen, v. Bruck am 8. Dec. nach Berlin entsendet, um dort die diesfallsigen Unterhandlungen anzuknüpfen. Besonders fördernd auf deren Erfolg schien aber der Besuch des Kaisers von Österreich in Berlin, vom 17. December an, einzuwirken. Die gegenseitige Gereiztheit schwand von da an mehr u. mehr, u. das gute Einvernehmen zwischen Österreich u. Preußen nöthigte auch die unter Baierns Ägide vereinigten Staaten ihre Sonderstellung aufzugeben. Der neue österreichische Zolltarif war übrigens bereits am 1. Februar in Wirksamkeit getreten. Wichtige Verträge zur Erleichterung des Handels u. der Schifffahrt schloß Österreich im Laufe des Jahres mit Sardinien, Spanien, der Türkei, Parma u. Modena, Preußen zugleich für den Zollverein mit Belgien u. den Niederlanden. Die zwischen zehn Elbuferstaaten vereinbarte Herabsetzung der Elbzölle trat mit dem 1. Januar u. der revidirte deutsch österreichische Postvertrag am 1. Juli in Kraft.

Im Laufe des Jahres 1853 kam die holsteinische Angelegenheit zu einem Abschluß. Nachdem ein königlich dänisches Manifest vom 27. Januar die Form, nach welcher die dänische Gesammtmonarchie künftig regiert werden sollte (s.u. Dänemark), verkündigt hatte, erfolgte am 18. Februar die Übergabe Holsteins an die dänischen Minister u. der Abmarsch der Occupationstruppen. Eine beschränkte Amnestie wurde verkündigt, die von den Zwischenregierungen contrahirten Anleihen für ungültig erklärt, die Festung Rendsburg geschleift u. eine große Zahl compromittirter Beamten entlassen. Der Deutsche Bund gab zu der von Österreich u. Preußen herbeigeführten Beilegung mit Dänemark am 29. Juli seine Beistimmung. Das Londoner Protokoll vom 8. Mai übertrug die Erbfolge für sämmtliche Theile der dänischen Monarchie auf den Prinzen von Glücksburg u. dessen Nachkommen u. verbürgte die Erhaltung der dänischen Gesammtmonarchie. Der Herzog von Augustenburg stellte unter dem 30. December an Dänemark eine Cessionsacte aus, worin er seine Besitzungen im Lande dem König abtrat u. der künftigen Anordnung der dänischen Erbfolge nicht entgegenzutreten gelobte. Im Jahre 1853 trat die Wirksamkeit des Bundestages gegen die vorhergehenden Jahre in den Hintergrund, um so mehr, da der Beginn der großen europäischen Verwickelungen, bei denen dem Bunde keine hervorragende Rolle zufiel, die Aufmerksamkeit der Großmächte schon fast ausschließlich anderweit beschäftigte. In einzelnen Fällen hatte jedoch der Ausschuß für die inneren Verfassungsangelegenheiten der einzelnen Bundesstaaten, dessen Wirksamkeit bis zum 30. Juni 1854 verlängert wurde, noch immer Veranlassung zum Einschreiten. Bei dem Verfassungsstreite in Lippe (s.d.), dessen landständischer Ausschuß bei dem Bundestage mit einer Anklage gegen die Regierung auf Verfassungsbruch eingekommen war, erklärte sich der Bundestag für die Maßregeln der Regierung. Gegenüber der Kettenburgschen Beschwerde über Beeinträchtigung der Religionsfreiheit in Mecklenburg (s.d.) erklärte sich die Bundesversammlung am 9. Juni für incompetent. Erfolglos blieb auch die Beschwerde des Fürsten Löwenstein-Werthheim wegen Entziehung der den vormals reichsständischen Häusern zugestandenen Rechte. Rücksichtlich des Bentinckschen Erbfolgestreites (s.d.) wurde am 12. Mai lediglich die Bekanntmachung des Bundesbeschlusses vom 12. Juni 1845 verfügt. Endlich wurden die Pensionsansprüche mehrerer vormals schleswig-holsteinischer Offiziere anerkannt, u. ein Ausschuß zur Prüfung der einzelnen Fälle ernannt. Die in Gotha im Jahre 1851 getroffene Vereinbarung wegen Regelung der Heimathsverhältnisse wurde zum Bundesbeschluß erhoben. Am thätigsten erwies sich die Bundesversammlung in der Fürsorge für die Wehrhaftigkeit des Bundes. Am 10. März wurde mit 10 gegen 7 Stimmen die Vermehrung des Bundesheeres um 1/6 der Zuzüge, also um 50,000 Mann, beschlossen. Durch Beschluß vom 24. Juni wurde die seit 1846 unterlassene Inspection der einzelnen Bundescontingente zum Zweck der Berichterstattung an den Bund aufs Neue angeordnet. Der Ausführung dieser Maßregel entzog sich nur Dänemark, angeblich wegen der Cholera. Die Orientalische Frage berührte den Deutschen Bund anfangs nur insoweit, als Österreich der Versammlung zeitweilig amtliche Mittheilungen über den Stand der Dinge zugehen ließ. Namentlich erklärte es am 10. November, es werde sich an dem ausgebrochenen Streit nicht betheiligen, so lange nicht die eigenen Interessen des Kaiserstaates dadurch bedroht würden, u. deshalb sei auch eine Reduction der Armee eingetreten. Die zwischen Österreich u. Preußen zu Stande gekommene Einigung fand zunächst ihren Ausdruck in dem am 19. Februar zu Berlin unterzeichneten Handels- u. Zollvertrag zwischen dem österreichischen Kaiserstaate u. dem Zollverein. Derselbe trat mit Anfang des Jahres 1854 auf 12 Jahre in Kraft u. schaffte dem Verkehr große Erleichterungen. Mit diesem Vertrage eng verbunden war die Erneuerung des Zollvereins auf weitere 12 Jahre. Von besonderer Wichtigkeit war die Bestimmung des Vertrages, daß die Consulate aller verbündeten Staaten angewiesen seien, sich der Verbündeten gleich wie der eigenen Unterthanen anzunehmen. Auch Modena, Parma u. Liechtenstein traten, in Gemäßheit ihrer seit dem 1. Jan, bestehenden Zollverbindung mit Österreich, dem Österreichisch-deutschen Handels- u. Zollvertrage bei. Am 6. Juli erfolgte die Vollendung des langerwarteten Bundespreßgesetzes. Ferner schloß der Bundestag ein Übereinkommen wegen Auslieferung gemeiner Verbrecher auf dem Bundesgebiet u. vereinfachte auf Preußens Antrag die Geschäftsordnung, um den Gang der Verhandlungen zu beschleunigen. Die noch rückständige Ausgleichung wegen der Beitragsquoten zu den Bundeskosten der ehemaligen Deutschen Flotte erfolgte am 3. Aug. durch Bestätigung einer Abrechnung, wonach Österreich auf Rückerstattung[87] der eingezahlten Summe von 1,188,736 Fl. verzichtete, die noch Restirenden, Preußen, Baiern, Sachsen, Kurhessen, Luxemburg, Weimar, Gotha u. Sondershausen ihre Schuld anerkannten u. den übrigen Staaten die Zurückzahlung von 810,395 Fl. zugesprochen wurde. Zum vollständigen Ausbau der Bundesfestungen Ulm u. Rastatt verwilligte der Bundestag 1,878,848 Fl. u. erklärte Landau auf Baierns Antrag zur Bundesfestung. Von den kriegerischen Eventualitäten des Jahres 1854 wurde der Deutsche Bund nur mittelbar berührt. Österreich durch die Besetzung der Donaufürstenthümer von Seiten der Russen zunächst an der Lösung der orientalischen Frage betheiligt, vertrat zu gleicher Zeit die deutschen Interessen, welche sich an die Donauschifffahrt knüpften. Da die active Betheiligung Österreichs an dem Kriege gegen Rußland nicht mehr fern lag, so suchte das Wiener Cabinet die Unterstützung der Deutschen Bundesstaaten zu gewinnen, den Bund als solchen u. als eine schwerbewegliche Masse einstweilen außer Betracht lassend. Preußen entsprach zuerst dem Wunsche Österreichs u. schloß mit diesem am 20. April einen Allianzvertrag, in welchem die Garantie des Besitzes gegen jeden Angriff, von welcher Seite er auch komme, u. der Schutz der deutschen Interessen stipulirt wurde. Darauf gaben beide Regierungen am 23. Mai am Bundestage eine dem Allianzvertrage entsprechende Erklärung ab u. luden die übrigen Deutschen Staaten zum Beitritt ein. Am 26. Mai traten die Bevollmächtigten der Mittelstaaten (Baiern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Baden, die beiden Hessen u. Nassau) zu einer Conferenz in Bamberg zusammen, um ihre eigene Politik zu verfolgen. Das Auftreten dieser Coalition hatte ein engeres Aneinanderschließen der beiden deutschen Großmächte zur Folge, u. am 8. Juni trafen der Kaiser von Österreich u. der König von Preußen in Tetschen zusammen, um sich über eine gemeinsame Haltung gegenüber der Bamberger Conferenz zu verständigen. Im Ganzen wurde den Anforderungen derselben, soweit sie eben erfüllbar waren, nachzugeben beschlossen. Darauf wurde der Aprilvertrag der Bundesversammlung am 20. Juli mit dem Ansuchen um ihren Beitritt vorgelegt, u. nachdem der für die orientalische Angelegenheit besonders niedergesetzte Ausschuß seine Annahme empfohlen hatte, trat die Bundesversammlung, mit Ausnahme von Mecklenburg (welches die Erfüllung seiner Bundespflichten wohl zusagte, aber den Widerspruch des Bündnisses mit den Grundgesetzen des Bundes hervorhob), am 24. Juli dem Vertrage bei. Am 26. Nov. unterzeichnete Preußen, nachdem alle Mittel Rußland auf diplomatischem Wege zur Nachgiebigkeit zu vermögen, erschöpft waren, einen Zusatzartikel zum Aprilvertrag, wonach zunächst die vier Punkte, welche das Minimum der Forderungen Englands u. Frankreichs an Rußland enthielten, als geeignete Grundlagen für Friedensunterhandlungen bezeichnet u. die Bemühung für deren Anerkennung zugesichert wurde, während Preußen zugleich seine Hülfe zusagte, falls die Österreicher in den Donaufürstenthümern angegriffen werden würden. Die Bundesversammlung, Mecklenburg ausgenommen, trat diesem Zusatzartikel am 9. Dec. bei. Während Österreich eifrig rüstete, um seine Position in den Donaufürstenthümern zu behaupten, verhielt sich Preußen u. der Deutsche Bund völlig neutral u. beide weigerten sich dem von Österreich gestellten Ansuchen einer Mobilisirung der Armee Folge zu geben. Als inzwischen Frankreichs Haltung Preußen u. den mit ihm überein stimmenden Deutschen Staaten gegenüber immer drohender wurde, fand der Bundestag eine willkommene Auskunft, indem er gemäß dem, von seinen vereinigten Ausschüssen, nach Ablehnung des österreichischen Antrages, am 30. Jan. auf den preußisch-baierischen Antrag gefaßten Beschlusse, am 8. Febr. sich statt der Mobilmachung für eine Kriegsbereitschaft entschied, der zufolge das Hauptcontingent 14 Tage nach erfolgter Aufforderung durch den Bund marsch- u. schlagfertig aufgestellt sein müsse. Diesem Beschlusse folgte ein lebhafter Notenwechsel zwischen Wien u. Berlin, in welchem Österreich hauptsächlich Preußen zu einer Erklärung über das Wesen der Kriegsbereitschaft, ob dieselbe in russenfreundlichem od. im Sinne der Alliirten zu nehmen sei, nöthigte. Die übrigen Deutschen Staaten, in denen die Kriegsbereitschaft vollzogen wurde, verhielten sich im Übrigen meist passiv, die Darmstädter u. Bamberger Coalirten gingen jetzt mit Preußen, die Anhänger der früheren Union mit Österreich in russenfeindlichem Sinne Eine völlig neue Wendung in der verwickelten Angelegenheit u. damit wieder eine neue Veranlassung zur Erweite rung des österreichisch-preußischen Zwiespaltes geschah durch die Erklärung des russischen Gesandten am Bundestage, daß Rußland auch bei Erfolglosigkeit der Wiener Conferenzen die allseitig vereinbarten beiden ersten Punkte, die aber speciell das deutsche Interesse berührten, für D. in Kraft bestehen lassen wolle, so lange die deutschen Höfe an ihrer strengen Neutralität festhielten. Dagegen erhob sich Österreich in einem Rundschreiben vom 17. Mai. Obwohl Preußen die in diesem Rundschreiben aufgestellten Punkte zum Theil bestritt, so hielt es doch an dem Vertrage vom 20. April fest u. lehnte Rußlands Vorschläge ab. Später suchte Österreich noch einmal den Bund zu bestimmen, die in Wien aufgestellten 4 Punkte als Grundlage eines Friedens mit Rußland anzuerkennen, aber vergebens.

Die Einnahme von Sebastopol im Sept. 1855 eröffnete neue Friedensaussichten. Bei der Wiedereröffnung der Sitzungen des Bundestags am 25. Oct. 1855 übernahm Graf Rechberg den Vorsitz, indem von Prokesch als österreichischer Gesandter nach Constantinopel ging. Die Haltung Deutschlands hing von dem Erfolge der diplomatischen Bestrebungen Österreichs in Petersburg ab u. hatte keine Schwierigkeit mehr, als die russische Regierung erklärte, daß sie die von Österreich gestellten vorläufigen Friedensbedingungen vorbehaltlos annehme. Am 7. Febr. 1856 theilte nun Österreich der Bundesversammlung die bisherigen Erfolge mit, lud sie ein, diesen Grundlagen des abzuschließenden Friedens beizutreten, u. sprach die Hoffnung aus, daß ganz Deutschland bei dieser Gelegenheit im Verein mit Österreich diese Grundlagen aufrecht erhalten werde. Der Bundestag erkannte durch Beschluß vom 21. Febr. an, daß in Übereinstimmung mit seinen früheren Beschlüssen die Friedensbedingungen dankbar anzunehmen seien, da der Friede dringendes Bedürfniß sei, behielt sich jedoch bei näherer Bestimmung der einzelnen Punkte freie Entschließung vor u. sprach die Hoffnung aus, daß Preußen u. Österreich, wie bisher[88] auch hinfüro im Interesse des gemeinsamen Vaterlandes handeln würden. Nachdem am 8. Mai Österreich u. Preußen den Pariser Friedensvertrag der Bundesversammlung mitgetheilt hatte, erklärte daher diese am 15. Mai dafür u. für die mit Erfolg gekrönten, im Interesse Deutschlands geleiteten Verhandlungen ihren Dank. Diese große Krise war demnach mit verhältnißmäßig geringen Opfern u. auf eine Weise überwunden, welche zeigte, daß Deutschland sich durch nichts bestimmen läßt, als durch seinen eignen Willen, mochte England u. Frankreich auch eine fast drohende Haltung annehmen, um D. ihren Zweck dienstbar zu machen. Im Herbste 1856 schienen die Ansprüche Preußens auf Neuenburg auch für D. von Einfluß werden zu sollen, indem die Bundesversammlung am 6. Nov. dem Londoner Protokoll vom 24. Mai 1852 beitrat, welches die Rechte Preußens anerkannte u. die Schritte der preußischen Regierung in der Neuenburger Angelegenheit zu unterstützen versprach, ohne weitere Folge, da die Sache friedlich zum Austrag kam. Ein Bundesbeschluß aus derselben Zeit dehnt den Schutz des literarischen u. künstlerischen Eigenthums (Gesetz vom 9. Nov. 1837 u. vom 19. Juni 1845) bis zum 9. Nov. 1867 zu Gunsten der Familien derjenigen Schriftsteller u. Künstler aus, welche vor dem 9. Nov. 1837 gestorben sind. Am 4. Dec. zeigte der Großherzog von Luxemburg der Bundesversammlung die Maßregeln an, welche er zur Wiederherstellung seiner Kronrechte habe ergreifen müssen, u. diese beschloß hierauf am 29. Jan. 1857, die großherzogliche Regierung sei verpflichtet, den Bundesbeschluß vom 23. Aug. 1851 zur Ausführung zu bringen, da die Verfassung Luxemburgs von 1848 mit den Grundsätzen des Deutschen Bundes unvereinbar sei. Schon während der orientalischen Krise hatte sich gezeigt, daß bei der Unfruchtbarkeit der Verhandlungen des Bundestags das deutsche Nationalgefühl anfing unruhig zu werden. Im Jahre 1855 stand die Umgestaltung der deutschen Bundesverfassung von Neuem aus der Tagesordnung nicht nur der öffentlichen Blätter, sondern auch in den Kammern von Baiern, Württemberg, Hessen-Darmstadt u. Baden. Die Regierungen ergriffen Sicherheitsmaßregeln, da die revolutionäre Partei nicht nur diese Stimmung, sondern auch die anhaltende Theuerung benutzen zu wollen schien. Auf der andern Seite sah man aber auch ein, daß dem wirklichen Bedürfnisse deutscher Einigung Rechnung getragen werden müsse. Die bedauernswerthe, aus dem Mangel einer politischen Nationalität entstehende Lage der Deutschen in fernen, bes. überseeischen Landen trat wieder einmal recht grell hervor, als am 29. Decbr. 1855 der englische Gesandte am Bundestage der Bundesversammlung anzeigte, daß in Neubraunschweig 56 deutsche Auswanderer im Armenhause hätten untergebracht werden müssen, u. daß die dortigen Behörden Maßregeln ergreifen würden, die Einwanderung von Deutschen zu hindern. Mehrere deutsche Regierungen boten daher bereitwillig die Hand zu gemeinsamer Vereinbarung über Deutsches Recht, die Auswanderungsfrage, allgemeine deutsche Münzen, Maße u. Gewichte, Heimathsrecht, Eisenbahnen u. Anderes dieser Art. Im Januar 1856 beschloß auch die Bundesversammlung den Hauptinhalt ihrer Verhandlungen durch die Zeitungen zu veröffentlichen. Die deutschen Eisenbahnen sind mehrmals mit Rücksicht auf die Wehrverfassung Gegenstand der Bundesverhhandlungen gewesen Die Angelegenheit der deutschen Herzogthümer Holstein u. Lauenburg (vgl. Dänemark) wurde neuerdings Gegenstand der Bundesverhandlungen, da Österreich u. Preußen sich veranlaßt fanden, den Bund aufzufordern, seine Rechte gegen Dänemark zu wahren u. die Mithülfe der Bundesmitglieder anzurufen (29. Oct. 1857) u. auch die Stände Hvisteins u. des Herzogthums Lauenburg Beschwerden gegen die dänische Regierung beim Bunde einreichten. Die Bundesversammlung erkannte an, daß die dänische Regierung in der Angelegenheit der Herzogthümer ihre Verbindlichkeiten gegen Deutschland nicht erfüllt habe, u. forderte sie auf, denselben nachzukommen, ohne daß dadurch bis jetzt etwas Thatsächliches erzielt werden konnte. In den zwischen einzelnen deutschen Regierungen u. deren Unterthanen schwebenden Conflicten sprach der Bundestag am 2. April 1857 in Beziehung auf Württemberg die Erwartung aus, daß sich die dortigen Standesherren mit der Vereinbarung vom März 1856 wegen deren vermögensrechtlichen Verlusten u. Stellung im Staate befriedigt fühlen u. der Vollziehung der abgeschlossenen Übereinkünfte kein Hinderniß entgegen stellen würden; doch haben die Standesherren, weil die bezüglichen Gesetzentwürfe jener Vereinbarung nicht entsprachen, eine neue Vorstellung an den Bundestag abgegeben. Die Übereinkunft der reichsritterlichen Familien in Württemberg vom 16. Decbr. 1857, wodurch der Beeinträchtigung des Rechtszustandes derselben abgeholfen wurde, wurde am 24. April 1858 vom Bundestag als angemessen anerkannt. In Folge einer Beschwerde der Standesherren im Großherzogthum Hessen wegen Beeinträchtigung ihrer Vermögensrechte durch das Ablösungsgesetz vom 7. Aug. 1848, womit sich dieselben 1853 an den Bundestag wendeten, forderte dieser 20. Mai 1857 die großherzogliche Regierung zur Erklärung darüber auf; die Sache schwebt noch Im Fürstenthum Lippe hatte die Regierung in Folge des Bundesbeschlusses vom 16. Febr. 1854 den Ständen einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, die Stände aber denselben abgelehnt, u. die desfallsige Erklärung der Regierung an den Bundestag wurde am 30 Oct. 1857 dem politischen Ausschuß zum Referat überwiesen. Am 29. Oct. 1857 wurde auch die neue Erklärung der Sachsen-Gothaischen Regierung, gegenüber den Beschwerden der Ritterschaft, wegen unrechtmäßiger Aufhebung der landschaftlichen Verfassung u. Entziehung landständischer Rechte, von der Bundesversammlung dem Reclamationsausschuß überwiesen. In Folge eines erneuten Antrages der Gesammtlandschaft in den Anhaltischen Herzogthümern, forderte der Bundestag durch Beschluß vom 22. April 1858 die Äußerung der herzoglichen Regierungen deshalb ein. Hinsichtlich der militärischen Verhältnisse des Deutschen Bundes u. der Sicherung gegen Kriegseventualitäten von Westen, brachte das Jahr 1857 einige wichtige Ereignisse. Zunächst die Vollendung des Baues der Bundesfestung Ulm, dann den Abschluß des Vertrages zwischen Baden u. Frankreich über den Bau einer stehenden Rheinbrücke von Kehl nach Strasburg. Die badische Regierung ersuchte den Bundestag um Genehmigung des Projectes zugleich mit dem Erbieten, die Kosten der Befestigung des diesseitigen Brückenkopfes zum [89] Schutze des Bundesgebietes zu tragen. Eine Erweiterung der Bundesfestung Mainz durch Befestigung des von der Pulverexplosion zerstörten Stadttheiles (der alte Kästrich) steht noch in Aussicht. Über das österreichische Besatzungsrecht in Rastatt erhob sich in der Bundesversammlung ein Streit, da namentlich Preußen eine gemischte Besatzung wünschte; eine Entscheidung dieser Frage ist noch nicht erfolgt. Einen für die handelspolitischen Verhältnisse folgereichen Beschluß faßte die Bundesversammlung 1856, nachdem sie den auf den Pariser Friedensconferenzen stipulirten Grundsätzen in Bezug auf das Recht der neutralen Flaggen beigetreten war, auf Antrag Baierns, indem sie zur Ausarbeitung eines allgemeinen deutschen Handesgesetzbuches eine Conferenz von Bevollmächtigten der deutschen Bundesstaaten nach Nürnberg ausschrieb. Nachdem die Arbeiten derselben bis Ende 1857 bis zum. letzten Abschnitt, das Seewesen betreffend, vorgeschritten waren, wurde dieselbe Anfang 1858 nach Hamburg verlegt, um ihr Werk zu vollenden. Außerdem hatten die deutschen Einheitsbestrebungen auf dem Gebiete der materiellen Interessen auch außerhalb der Bundesversammlung einige wesentliche praktische Erfolge; der wichtigste war der am 24. Jan. 1858 abgeschlossene Münzvertrag zwischen den Staaten des Zollvereins einerseits u. dem österreichischen Kaiserstaate mit Liechtenstein andererseits, indem derselbe einen mit Beginn des Jahres 1859 eintretenden gemeinsamen Münzfuß (den 30 Thalerfuß), wenn auch kein gleichartiges Münzsystem herbeiführte (s. Deutschland Geogr.). Ferner erfolgte Anfang 1858 die Befreiung der Schifffahrt auf der Donau von den den Verkehr hemmenden Territorialgesetzen, gemäß der zu Folge der Pariser Conferenzen eingeleiteten Vereinbarung der Donauuferstaaten (s. Donau). Wichtig für die Entwickelung des deutschen Handels war auch der Bau einer stehenden Brücke über den Rhein bei Köln, gegen welche mehrere Uferstaaten im Interesse der freien Schifffahrt Einspruch erhoben, während dieselben andererseits dem Verlangen Preußens nach völliger Aufgebung der Schifffahrtszölle nicht nachzukommen für gut fanden. Preußen glich die Differenz durch Bewilligung einer Entschädigung für die durch den Brückenbau bedingten Veränderungen in der Construction der Rheinschiffe aus. Sehr fühlbar machte sich in den letzten Jahren der Mangel gemeingültiger Bestimmungen in Bezug auf das Recht der Einzelstaaten zur Creirung von Papiergeld u. zur Übertragung dieses Rechtes an Privatgesellschaften. Das Überhandnehmen von notenemittirenden Bankinstituten in den kleineren Staaten, in Folge der von Frankreich ausgehenden Speculationssucht, nöthigten Preußen, gegen die Überschwemmung seines Geldmarktes mit fremden Werthpapieren, Prohibitivmaßregeln zu ergreifen u. Unterhandlungen mit den betreffenden Regierungen über diesen Punkt einzuleiten. Ebenso sah sich das Königreich Sachsen veranlaßt, fremde Noten von seinem Marktverkehr auszuschließen, jedoch mit Zulassung solcher, welche im Lande von daselbst etablirten Auswechselungskassen jeder Zeit zu Geld gemacht werden können. Zur Wahrung ihrer Interessen trat diesen Maßregeln gegenüber eine Anzahl der betroffenen Creditinstitute durch Bevollmächtigte in Frankfurt zusammen, jedoch ohne eine Lösung des Conflictes herbeizuführen, welche erst nach der Einigung der Bundesstaaten zu einem gemeinsamen Handelsgesetzbuche erwartet werden darf. Die Furcht vor der unsoliden Basis der meisten dieser Institute u. vor dem Mangel derselben an Lebensfähigkeit rechtfertigte indessen die Ende 1857 auch D. berührende Handels- u. Creditkrisis nicht. Keine einzige der neuentstandenen Zettelbanken stellte ihre Zahlungen ein, während namentlich die Exportplätze für den überseeischen Handel, vor Allen Hamburg, von der Krisis hart betroffen wurden (s. Credit C). Lübeck setzte einseitig, um die Folgen der Verkehrsstockung von seinem Handelsstande abzuwenden, den §. 29 der Deutschen Wechselordnung außer Kraft, annullirte jedoch bald darauf wieder diesen mit dem Deutschen Bundesrecht in Widerspruch stehenden Beschluß. Ungünstig, mehr hemmend als fördernd für die deutschen Volksinteressen, war das Verhalten des Deutschen Zollvereins seit der an 17. Juni 1856 in Eisenach zusammengetretener, Conferenz seiner Bevollmächtigten. An den Sonderinteressen einzelner Staaten scheiterte die für den Transitohandel D-s ungemein wichtige Abschaffung der Durchfuhrzölle, so wie auch andere Bestre bungen zur Annäherung der Politik des Zollvereines an die Grundsätze des Freihandels auf hartnäckigen Widerstand stießen.

Literatur. I. Quellen: Äneas Sylvius Germania, Strasb. 1515; Im. Schardius, Germanicarum rerum IV celebriores vetustiores que chronographi, Frkf. 1566, Fol.; Schardius redivivus s. rerum germanic. scriptores varii. herausgeg. von Hieron. Thomas, Gieß. 1673, 4 Thle., Fol.; Pistorius, Rerum germanicarum scriptores VI, herausgeg. von Struve, Regsb 1726, 3 Bde., Fol.; M. Freher, Rerum germanicarum scriptores aliquot insignes, herausgeg von Struve, 3. Ausg. Strasb. 1717, 3 Bde. Fol.; M. Goldast, Rerum alamannicarum scriptores aliquot vetusti, 3. Ausg. von Ch. Senkenberg, Frkf. 1730, 3 Thle., Fol.; H. Meibom, Rerum germanicarum scriptores, Helmst. 1688, 3 Bde., Fol.; I. M. Heineccius u. I. G. Leuckfeld, Scriptores rerum germ., Frkf. 1707, Fol.; I. G. Eccard, Corpus historic. medii aevi, Lpz. 1733, 2 Bde. Fol.; Ch. Schöttgen u. G. Ch. Kreisig, Diplomataria et scriptores historiae germanic. medii aevii, Altenb. 1753, 3 Bde. Fol.; Monumenta Germaniae historica etc., herausgeg. von G. H. Pertz, Hannov. 1826 ff., Fol.; Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit in deutscher Bearbeitung, herausgeg. von Pertz, I. Grimm u. A., Berl. 1848 ff. II. Handbücher u. größere Werke: M. Sachse, Neue Kaiserchronica von Jul. Cäsar bis auf Rudolph II., Magdeb. 1606, Fol.; I. Ph. a Vorburg, Historia romano-germanica, Frkf. u. Würzb. 1645 ff., 12 Thle., Fol.; I. P. Ludewig, Entwurf der Reichshistorie, 2. Aufl. Halle 1710; I. C. Spener, Historia Germaniae, ebd. 1716 f., 2 Thle.; B. G. Struve, Vollständige deutsche Reichshistorie etc., Lpz. 1717; Dessen Corpus historiae germ., herausgeg. u. ergänzt von Buder, Jena 1753, 2 Bde.; Hahn, Einleitung zu der deutschen Staats-, Reichs- u. Kaiserhistorie, Halle 1721 ff., 5 Thle.; v. Bünau, Deutsche Kaiser- u. Reichshistorie etc., Lpz. 1728 ff., 4 Bde.; Mascov, Einleitung zu der Geschichte des Römisch-deutschen Reichs bis zum Absterben Kaiser Karls VI., ebd. 1747; I. D. Köhler, Deutsche Reichshistorie etc.[90] Frkf. 1767; Häberlein, Die deutsche Geschichte (bis 1558), Halle 1767 ff.; Dessen Neueste deutsche Reichsgeschichte, vom 21. Bde. an fortgesetzt von K. R. von Senkenberg, ebd. 1774–1804, 28 Bde.; Pütter, Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Deutschen Reichs, ebd. 1798, 3 Thle.; Schmidt, Geschichte der Deutschen, fortgesetzt von Jos. Milbiller u. L. von Dresch, Ulm 1778–1830, 27 Bde.; Ch. G. Heinrich, Geschichte des Deutschen Reichs, Riga 1778, 1779, 3 Bde.; Dessen Deutsche Reichsgeschichte, Lpz. 1787–1805, 9 Bde.; Galletti, Geschichte von D., Halle 1787–1796, 10 Bde.; Risbeck, Geschichte der Deutschen, Zürich 1787 bis 1790, 4 Bde., fortgesetzt von I. Milbiller, ebd. 1795, 2 Bde.; Posselt, Geschichte der Deutschen, fortgesetzt von Pölitz, Lpz. 1789 bis 1805, u. Aufl. ebd. 1820 f., 4 Bde.; K. A. Menzel, Die Geschichte der Deutschen (bis Maximilian I.), Bresl. 1815–23, 8 Bde.; Dessen Neuere Geschichte der Deutschen (von der Reformation bis zur Bundesacte), ebd. 1826–41, 9 Bde. (noch unvollendet); Luden, Geschichte des deutschen Volkes, Gotha 1825–37, 12 Bde. (unvollendet); I. Ch. Pfister, Geschichte der Deutschen (bis 1807), Hamb. 1820–35, 5 Bde.; W. Menzel, Geschichte der Deutschen bis auf die neuesten Tage, 2 Aufl. Stuttg. 1837, 2 Abtheil.; Söltl, Geschichte der Deutschen. Freib. 1835 f., 4 Bde.; E. Duller, Geschichte des deutschen Volkes, Lpz. 1839 f.; Duller, Vaterländische Geschichte, fortgesetzt von Hagen, Frankf. 1852 ff.; Hagen, Deutsche Geschichte von Rudolf von Habsburg bis auf die neueste Zeit, ebd. 1855–57, 2 Bde.; Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit, Braunschw. 1855 ff.; I. I. Moser, Reichsfama, Frkf. u. Lpz. 1727–38, 23 Bde.; Ch. v. Schmidt-Phiseldeck, Repertorium der Geschichte u. Staatsverfassung von D., Halle 1789–1794, 8 Abtheil.; (Posselt) Archiv für ältere u. neuere, bes. deutsche Geschichte etc., Memming. 1790, 2 Thle.; P. A. Winkopp, Der rheinische Bund, Frkf. u. Aschaffenb. 1807–1811, 23 Bde.; Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde etc., herausgeg. von Büchler, Dümge, Pertz u. Böhmer, Frkf. u. Hannov. 1819–39, 7 Bde.; Hegewisch, Allgemeine Übersicht der deutschen Culturgeschichte bis zu Maximilian I., Hamb. 1788; Dessen Charaktere u. Sittengemälde aus der deutschen Geschichte des Mittelalters, Lpz. 1786; Herzog, Versuch einer allgemeinen Geschichte der Cultur der deutschen Nation, Erf. 1795; Briefe eines in D. reisenden Deutschen, Stuttg. 1826–1828, 4 Bde.; Kaltenborn, Geschichte der deutschen Bundesverhältnisse von 1806–1856, Berl. 1857 ff.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 20-91.
Lizenz:
Faksimiles:
20 | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 | 30 | 31 | 32 | 33 | 34 | 35 | 36 | 37 | 38 | 39 | 40 | 41 | 42 | 43 | 44 | 45 | 46 | 47 | 48 | 49 | 50 | 51 | 52 | 53 | 54 | 55 | 56 | 57 | 58 | 59 | 60 | 61 | 62 | 63 | 64 | 65 | 66 | 67 | 68 | 69 | 70 | 71 | 72 | 73 | 74 | 75 | 76 | 77 | 78 | 79 | 80 | 81 | 82 | 83 | 84 | 85 | 86 | 87 | 88 | 89 | 90 | 91
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Leo Armenius

Leo Armenius

Am Heiligen Abend des Jahres 820 führt eine Verschwörung am Hofe zu Konstantinopel zur Ermordung Kaiser Leos des Armeniers. Gryphius schildert in seinem dramatischen Erstling wie Michael Balbus, einst Vertrauter Leos, sich auf den Kaiserthron erhebt.

98 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon